Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Monika Gasser-Steiner über die Berufung der Frau Dkfm. Ursula P, geb. am 16.03.1939, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Peter F, W-straße 50, M, gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Graz vom 19.09.1997, GZ.: III/S 491/96, wie folgt entschieden:
Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im folgenden VStG) wird die Berufung hinsichtlich der Spruchpunkte 1.) und 2.) des bekämpften Bescheides abgewiesen.
Gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG hat die Berufungswerberin als Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens den Betrag von insgesamt S 480,-- binnen vier Wochen ab Zustellung des Bescheides bei sonstigem Zwang zu leisten.
Hinsichtlich Spruchpunkt 3.) des bekämpften Bescheides wird gemäß § 19 VStG die Geldstrafe mit S 1.000,-- (die Ersatzfreiheitsstrafe mit 30 Stunden) neu festgesetzt. Dadurch vermindert sich der Beitrag zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens auf den Betrag von insgesamt S 340,--. Dieser ist - ebenso wie die neu festgesetzte Geldstrafe - binnen vier Wochen ab Zustellung des Bescheides bei sonstigem Zwang zu leisten.
Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde der Berufungswerberin zur Last gelegt, am 18.12.1995 in der Zeit von 12.00 Uhr bis 12.30 Uhr in Graz, in der Limonigasse, Hof des Hauses Vorbeckgasse 3, als Lenkerin des Kraftfahrzeuges mit dem Kennzeichen MZ-1 ZBF mit einem Verkehrsunfall im ursächlichem Zusammenhang gestanden zu sein. Sie habe 1.) ihr Fahrzeug nicht sofort angehalten. 2.) habe sie nicht an der Sachverhaltsfeststellung mitgewirkt, da sie es durch Verlassen der Unfallstelle unmöglich gemacht habe, ihre körperliche und geistige Verfassung zum Unfallszeitpunkt festzustellen und 3.) habe sie nicht ohne unnötigen Aufschub die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle verständigt.
Wegen Übertretung der Rechtsvorschriften der §§ 4 Abs 1 lit. a und lit. c StVO und § 4 Abs 5 StVO wurden über die Berufungswerberin unter Hinweis auf die einschlägige Strafbestimmung zu allen drei Punkten jeweils eine Geldstrafe von S 1.200,--, bei deren Uneinbringlichkeit jeweils eine Ersatzfreiheitsstrafe von 40 Stunden verhängt.
Dagegen erhob Frau Dkfm. Ursula P rechtzeitig Berufung, in der sie begründend an ihr bisheriges Vorbringen im erstinstanzlichen Verfahren anknüpfte: 1. Sei am Fahrzeug der Frau Karin Sp kein wie immer gearteter Schaden entstanden. 2. Habe sich der Vorfall
-
und dies gehe aus dem Vorfallsbericht hervor - im Hof des Hauses Vorbeckgasse 3 ereignet. Eigentümer dieses Hofes sei die Firma Qu. Dieser Hof sei ein Privatgrundstück. Nachdem sich der Vorfall weder auf einer Straße mit öffentlichem Verkehr ereignet noch ein Sachschaden feststellbar gewesen sei, beantragte die Berufungswerberin die Einstellung des Verfahrens. Am 27. Mai 1998 fand vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat für die Steiermark eine öffentliche, mündliche Verhandlung unter Teilnahme des Rechtsvertreters der Berufungswerberin statt, in der als Zeugen der seinerzeitige Meldungsleger RI Wolfgang M sowie die Zweitbeteiligte, Frau Karin Sp, zur Sache befragt wurden. Aufgrund der Ergebnisse des Beweisverfahrens, gewonnen aus den durchwegs glaubwürdigen und sich nicht widersprechenden Angaben der vernommenen Zeugen wird nachstehender Sachverhalt der Entscheidung zugrunde gelegt:
Zur Tatörtlichkeit: Der Hof vor dem Hause Vorbeckgasse 3 in Graz kann von der Annenstraße - dort über die stadteinwärts führende Fußgängerzone - und in der Folge über die im rechten Winkel zur Annenstraße angelegte, zwischen zwei Gebäudefronten entlang verlaufende Limonigasse, die am Hofplatz Vorbeckgasse 3 endet, befahren werden. Unmittelbar bei der Einfahrt Annenstraße
-
Limonigasse ist an der rechten Gebäudefront am Gemäuer ein Fahrverbotsschild angebracht. Der Hof wird von drei Liegenschaften umschlossen; entlang der Hofbreite - von der Einfahrt her gesehen - verläuft ein Maschenzaun, der die Grenze zum Nachbargrundstück anzeigt. An diesem Maschenzaun war zum Vorfallszeitpunkt angeblich ein Zeichen angebracht, welches einen Abschleppvorgang abbildete. Die Abstellfläche im Hof - es hatten dort wenige Fahrzeuge Platz - wurde seinerzeit von Mitarbeitern der Firma Qu - diese ist Eigentümer des Hauses Vorbeckgasse 3 - und von zwei Mietern im Hause benützt. Die Mitarbeiter der Firma Qu wie auch die Berufungswerberin verfügten über eine Ausnahmebewilligung gemäß § 45 StVO, um über die Fußgängerzone und entgegen dem Fahrverbot am Beginn der Limonigasse zum Privatgrundstück zufahren zu können. Am 18.12.1995 parkte Frau Karin Sp - sie hatte seinerzeit ihren Arbeitsplatz bei der Firma Qu im 2. Stock des Hauses Vorbeckgasse 3 - ihr Spezialfahrzeug (Wohnmobil) mit dem Kennzeichen G-80 PGA im Hof des Hauses Vorbeckgasse 3 an einer der Abstellflächen entlang des dortigen Maschenzaunes. In der Zeit zwischen 12.00 Uhr und 12.30 Uhr beschädigte die Berufungswerberin als Lenkerin des PKWs, Kennzeichen
MZ-1 ZBF im Zuge mehrerer Reversiermanöver das Fahrzeug der Frau Karin Sp, bei dem an der vorderen Stoßstange eine Abschürfung in der Länge von ca. 8 cm entstand. Obwohl Frau Sp die Berufungswerberin vor Ort auf diesen Sachschaden hinwies, hielt diese ihr Fahrzeug nicht an, sondern verließ nach einer kurzen Bemerkung "Es wird schon nichts passiert sein" die Unfallsstelle. Frau Karin Sp erstattete am 18.12.1995, um 17.00 Uhr, bei der Bundespolizeidirektion Graz, Wachzimmer Eggenberg, Anzeige gegen die ihr namentlich unbekannt gebliebene Lenkerin.
Die Feststellungen zum Schadenshergang gründen sich im wesentlichen auf die durchwegs glaubwürdigen Aussagen der zweitbeteiligten Zeugin Karin Sp, die den Unfallshergang vom zweiten Stock des Hauses Vorbeckgasse 3 mitverfolgte. Die Zeugin schloß aus, daß der von ihr zur Anzeige gebrachte Schaden schon vor dem gegenständlichen Vorfall bestanden hat, nachdem ihr Fahrzeug damals eine neue Stoßstange bekommen hatte und die von ihr unmittelbar nach dem Vorfall festgestellte Abschürfung an der Stoßstange genau dort platziert war, wo die Berufungswerberin mit ihrem Fahrzeug mehrmals angefahren ist. Die Berufungswerberin selbst hat sich am Ermittlungsverfahren nicht beteiligt, sodaß zur Aktenlage keine weiteren Beweismomente mehr hinzutreten konnten: Bei ihrer Einvernahme am Wachzimmer Eggenberg am 22.12.1995 gab sie gegenüber dem Zeugen RI Wolfgang M nachfolgende Stellungnahme ab: "Es ist richtig, daß es zur angegebenen Zeit diesen Vorfall gegeben hat. Da der Anstoß aber so gering war, war ich der Meinung, daß kein Schaden entstanden ist. Bei meinem Fahrzeug ist kein Sachschaden entstanden" (Anzeige vom 24.12.1995). Damit hat die Berufungswerberin aber auch zu erkennen gegeben, daß sie einen Schaden am Fahrzeug der Zweitbeteiligten nicht ausschließen könne. Im Rahmen der freien Beweiswürdigung folgte der erkennende Senat den Angaben der Zeugin Sp; die vom Rechtsvertreter der Berufungswerberin vorgetragene Vermutung, es könne der gegenständliche Sachschaden von einem anderen Vorfall herrühren, konnte in seiner Allgemeinheit die schlüssigen Angaben der Zeugin Sp nicht entkräften.
Die rechtliche Beurteilung ergibt folgendes:
Die der Berufungswerberin angelasteten Verwaltungsübertretungen regeln das vorgeschriebene Verhalten bei Verkehrsunfällen. Als Verkehrsunfall ist jedes plötzliche, mit dem Straßenverkehr ursächlich zusammenhängende Ereignis anzusehen, welches sich auf Straßen mit öffentlichem Verkehr zuträgt und einen Personen- oder Sachschaden zur Folge hat (u.a. VwGH 12.07.1961, 404/61); das Schadensausmaß ist nicht begriffsbestimmend.
Grundvoraussetzung für eine Bestrafung wegen einer Übertretung des § 4 StVO ist demnach, daß sich das Ereignis auf einer Straße mit öffentlichem Verkehr im Sinne des § 1 Abs 1 StVO zugetragen hat. Gerade diesen Umstand bestritt die Berufungswerberin mit dem Argument, der Vorfall habe sich auf einem Privatgrundstück zugetragen. Ihr ist aus nachstehenden nicht zu folgen:
Nach dem 2. Satz des § 1 Abs 1 StVO gelten als Straßen mit öffentlichen Verkehr solche, die von jedermann unter den gleichen Bedingungen benützt werden können. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt es hiebei auf die tatsächliche Benützbarkeit und Benützung der betreffenden Fläche an. Unter Benützung für Jedermann unter den gleichen Bedingungen ist zu verstehen, daß irgendeine denkbare Benützung im Rahmen des Fußgänger- und Fahrzeugverkehrs jedermann offenstehen muß. Nicht aber kann der Begriff der Benützung unter den gleichen Bedingungen so ausgelegt werden, daß die Einschränkung einer Benützungsart auf einen bestimmten Personenkreis allein der Straße den Charakter einer öffentlichen Verkehrsfläche entzöge. Bei einer solchen Auslegung trete diese Folge nämlich immer schon dann ein, wenn z.B. Zufahrts-, Park- oder Haltebeschränkungen zugunsten eines sachlich oder persönlich umschriebenen Kreises von Benützern durchbrochen werden. So hat beispielsweise der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 25.04.1985, 85/02/0122, 0123 die Rechtsansicht des damaligen Beschwerdeführers, beim Vorplatz vor einem bestimmten Haus handle es sich um keine Straße mit öffentlichem Verkehr, weil diese mit Hinweiszeichen "Parken" mit dem Zusatz "Nur für Hausbewohner" versehen sei, verworfen. Im vorliegenden Fall sind die örtlichen Gegebenheiten ebenfalls solche, die der Qualifikation der Verkehrsfläche als Straße mit öffentlichem Verkehr im Sinne der StVO nicht entgegen stehen:
Der Vorplatz des Hauses Vorbeckgasse 3 ist von einer öffentlichen Straße (Limonigasse) her ungehindert - es besteht keine Abschrankung - befahrbar und begehbar; das Fahrverbotszeichen am Beginn der Einfahrt ändert nichts daran, daß jedermann - Fußgänger wie Lenker von Fahrzeugen - faktisch in der Lage ist, über die Limonigasse in den Hof des Hauses Vorbeckgasse 3 zu gelangen. Im Hofbereich deutete möglicherweise zwar ein "Abschleppzeichen" darauf hin, daß unbefugte Benützer der dortigen Abstellflächen mit einem zwangsweisen Entfernen des Fahrzeuges rechnen hätten müssen. Eine Hinweistafel "Abschleppen" alleine weist aber noch nicht auf eine Straße ohne öffentlichen Verkehr hin, zumal der Umstand, daß eine Verkehrsfläche nur von einer bestimmten Gruppe von Verkehrsteilnehmern (hier Mitarbeiter der Firma Qu, Mieter) befahren werden darf, ihr noch nicht das Merkmal der Öffentlichkeit nimmt. Entscheidend dafür sind - wie schon ausgeführt - die für den Verkehrsteilnehmer äußerlich wahrnehmbaren Verkehrsverhältnisse, nicht aber die nach außen hin nicht erkennbaren Eigentumsverhältnisse. Willenserklärungen des über die Fläche Verfügungsberechtigten, die auf eine Einschränkung der Benützung abzielen, jedoch nur gegenüber Einzelpersonen - wie hier Angestellte des Eigentümers, Mieter - abgegeben wurden und nicht durch allgemein erkennbare schriftliche oder durch Zeichen erfolgte Erklärungen am Parkplatz selbst erfolgten (z.B. Privatgrundstück, Benützung ausschließlich für die PKW, Kennzeichen ........), vermögen an der Qualifikation einer Straße mit öffentlichem Verkehr ebenso wenig etwas ändern, wie die Hinweise eines Bewohners des Hauses Vorbeckgasse 3, gegenüber "Unbefugten", "der Hof gehöre zum Haus
Vorbeckgasse 3". Mangels einer Abschrankung bzw. mangels gegenteiliger ausdrücklicher schriftlicher Hinweise und Zeichen ist die verfahrensgegenständliche Fläche als Straße mit öffentlichem Verkehr im Sinne des § 1 der StVO zu werten, auf der die Straßenverkehrsordnung Anwendung findet, mit der Folge, daß die Bestimmungen der Straßenverkehrsordnung über das Verhalten bei Verkehrsunfällen auf den gegenständlichen Vorfall Anwendung finden.
Gemäß § 4 Abs 1 lit a StVO haben alle Personen, deren Verhalten am Unfallsort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhange steht, wenn sie ein Fahrzeug lenken, sofort anzuhalten. Damit sollen die Lenker verpflichtet werden, unmittelbar am Unfallsort die Folgen des Unfalles zu prüfen, damit sie in der Lage sind, gegebenenfalls ihren weiteren Verpflichtungen, wie der Mitwirkungspflicht an der Feststellung des Sachverhaltes (§ 4 Abs 1 lit. c StVO) und der Meldepflicht (§ 4 Abs 5 StVO), nachkommen zu können.
Voraussetzung für die Anhalte-, Mitwirkungs- und Meldepflicht ist als objektives Tatbildmerkmal der Eintritt wenigstens eines Sachschadens und in subjektiver Hinsicht das Wissen von dem Eintritt eines derartigen Schadens, wobei der Tatbestand schon dann gegeben ist, wenn dem Täter objekte Umstände zu Bewußtsein gekommen sind oder bei gehöriger Aufmerksamkeit zu Bewußtsein hätten kommen müssen, aus denen er die Möglichkeit eines Verkehrsunfalles mit einer Sachbeschädigung zu erkennen vermochte (vgl. u.a. VwGH-Erkenntnis vom 26. Mai 1993, Zl. 92/03/0008).
Im vorliegenden Fall rechtfertigte sich die Berufungswerberin auch damit, es sei kein Sachschaden feststellbar gewesen. Diesem Vorbringen sind die Beweisergebnisse des Verfahrens entgegenzuhalten, die ergeben haben, daß am Fahrzeug der Zweitbeteiligten Sp zumindest ein geringfügiger Schaden vorgelegen hat. Vor allem aber ist hervorgekommen, daß die Berufungswerberin durch die Zweitbeteiligte vor Ort bereits auf den Schaden hingewiesen worden ist und damit die Berufungswerberin von der Möglichkeit eines Verkehrsunfalles mit Sachbeschädigung Kenntnis erlangt hatte. Unter diesen Umständen wäre sie verpflichtet gewesen, unmittelbar an der Unfallstelle anzuhalten, auszusteigen und den Hinweisen der Zeugin Sp nachzugehen. Dadurch, daß die Berufungswerberin mit der Bemerkung "Es wird schon nichts passiert sein" ihren Ausparkvorgang beendet und die Unfallsörtlichkeit verlassen hat, ohne Nachschau zu halten, ob am geparkten Fahrzeug der Zeugin Sp durch ihre Reversiermanöver ein Schaden entstanden ist, hat sie nicht entsprechend der Vorschriften der StVO gehandelt, mit der Folge, daß sie die ihr vorgehaltenen Verwaltungsübertretungen zu verantworten hat.
V.) Zur Strafbemessung bleibt noch auszuführen:
Gemäß § 19 Abs 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.
Die von der Berufungswerberin verletzten Rechtsvorschriften sollen gewährleisten, daß nach einem Verkehrsunfall mit Sachschaden die Schadensfeststellung vor Ort, insbesondere auch die Ursachen des Unfallsherganges bei Strittigkeit durch Beweisaufnahme an der Unfallsstelle wenn nicht geklärt, so doch durch Beweissicherung (z.B. Lichtbilder) einer späteren Befassung zugänglich sind. Letztendlich sollen auch die Geschädigten in die Lage versetzt werden, ihre Schadenersatzforderungen an den schuldtragenden Lenker zu stellen.
Dadurch, daß die Berufungswerberin trotz eines objektiven Hinweises auf einen möglichen Verkehrsunfall an der Unfallsstelle nicht angehalten hat, hat sie eine Sachverhaltserhebung in der oben beschriebenen Weise unmöglich gemacht und zusätzlich durch die Unterlassung der Schadensmeldung in Kauf
genommen, daß die Zweitbeteiligte den Schaden am Fahrzeug selbst zu tragen hat. Selbst wenn - wie hier - das Ausmaß des Schadens geringfügig war, so ist damit am Fahrzeug doch eine Wertminderung eingetreten.
Die Berufungswerberin hat den Hinweis auf einen möglichen Verkehrsunfall durch die Zweitbeteiligte nicht ernst genommen. Durch ihr situationsinadäquates Verhalten hat die Berufungswerberin eine Anzeige provoziert, die weitere - vermeidbare - Amtshandlungen und Ausforschungen durch die Gendarmerie zur Folge hatte. Dieser Unrechtsgehalt der Tat hat auch bei der Strafbemessung Berücksichtigung zu finden. Gemäß § 19 Abs 2 VStG sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.
Im Hinblick auf die oben zitierten Strafzumessungskriterien war von der Berufungsbehörde das Strafausmaß in den Punkten 1.) und 2.) trotz Vorliegens des noch nicht berücksichtigten Milderungsgrundes der Unbescholtenheit beizubehalten, da das Verschulden der Berufungswerberin an der Nichterkennbarkeit des vorliegenden Schadens als grob fahrlässig eingestuft werden muß, zumal sie ausdrücklich von der Zweitbeteiligten auf einen Schaden hingewiesen worden ist und diesen Umstand nicht zum Anlaß genommen hat, eine Überprüfung durchzuführen. Die Strafe zu Punkt 3.) des bekämpften Bescheides war deshalb herabzusetzen, weil der zur Anwendung kommende Strafrahmen ein niedrigerer ist als zu den ersten beiden Punkten und keine Erschwerungsgründe hervorgekommen sind, die ein gleich hohes Strafausmaß rechtfertigen.
Die persönlichen Verhältnisse der Berufungswerberin (geschätztes monatliches Nettoeinkommen von S 20.000,--, Sorgepflichten für ein oder zwei studierende Kinder, Liegenschaftsvermögen) waren von vornherein nicht geeignet, strafherabsetzend zu wirken, sollen die verhängten Strafen doch einen spürbaren Nachteil darstellen, um die Berufungswerberin in Hinkunft zur Aufbringung jener Sorgfalt zu ermahnen, die im Straßenverkehr erforderlich ist. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.