Der Unabhängige Verwaltungssenat Burgenland hat durch sein Mitglied
Dr Traxler über die Berufung des Herrn , geboren am ,
wohnhaft in , vertreten durch Rechtsanwalt ,
vom 27 03 1998, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Jennersdorf vom 10 03 1998, Zl 300-5223-1997, wegen Bestrafung nach § 5 Abs 2 StVO 1960 zu Recht erkannt:
Gemäß § 66 Abs 4 AVG in Verbindung mit § 51 Abs 1 VStG wird der Berufung keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis mit
der Maßgabe bestätigt, daß der zweite Satz des Spruches zu lauten
hat
wie folgt:
Sie haben am 16 11 1997 zwischen 20 30 Uhr und 20 55 Uhr den PKW mit dem Kennzeichen auf der B 65 in bis zum Haus Nr 2, somit auf einer Straße mit öffentlichem Verkehr, gelenkt.
Gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG ist ein Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens von 20 % der Strafhöhe, das sind S 2000,--, zu leisten.
Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde der Berufungswerber für schuldig erkannt, er habe sich am 16 11 1997 um 21 20 Uhr am Gendarmerieposten R gegenüber einem besonders geschulten und von der Behörde hiezu ermächtigten Organ der Straßenaufsicht geweigert, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen, obwohl vermutet werden konnte, daß er sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden habe. Er habe am gleichen Tag zwischen 20 30 Uhr und 20 55 Uhr ein Kraftfahrzeug auf einer Straße mit öffentlichem Verkehr gelenkt.
Dadurch habe er § 5 Abs 2 StVO 1960 verletzt.
Gemäß § 99 Abs 1 lit b) StVO 1960 wurde über ihn eine Geldstrafe von S 10000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe von 10 Tagen) verhängt.
In der Berufung wird vorgebracht:
1) Der Berufungswerber habe sich am 16 11 1997 weder während der Fahrt von 20 30 Uhr bis 20 55 Uhr, noch anläßlich der Anhaltung um 20 55 Uhr in in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden.
2) Die Aufforderung zur Durchführung der Atemluftmessung am Gendarmerieposten R sei rechtswidrig gewesen, da es sich dabei nicht um die nächste Dienststelle, bei der sich ein Alkomat befunden habe, gehandelt hat. Der Berufungswerber sei in P angehalten worden. Demnach sei die nächste Dienststelle mit einem Alkomaten der Gendarmerieposten H gewesen. Der Berufungswerber sei aber nicht
dorthin, sondern nach R gebracht worden. Mit Rücksicht auf den Gesetzeswortlaut sei daher die Aufforderung rechtswidrig, weshalb der
Berufungswerber ihr nicht Folge leisten habe müssen. Die von der Behörde I Instanz gewählte Auslegung sei nicht zulässig und für den Normunterworfenen nicht erkennbar gewesen.
3) Es sei nicht so gewesen, daß der Berufungswerber zum Zeitpunkt der
Aufforderung zum Alkotest bereits den Beamten des Gendarmeriepostens
R übergeben worden sei. Vielmehr sei er von einem Beamten der Patrouille H , GI , in R zum Alkotest aufgefordert
worden.
Hierüber hat der Verwaltungssenat nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung erwogen:
Gemäß § 5 Abs 2 StVO 1960 sind Organe des amtsärztlichen Dienstes oder besonders geschulte und von der Behörde hiezu ermächtigte Organe
der Straßenaufsicht berechtigt, jederzeit die Atemluft von Personen, die ein Fahrzeug lenken, in Betrieb nehmen oder zu lenken oder in Betrieb zu nehmen versuchen, auf Alkoholgehalt zu untersuchen. Sie sind außerdem berechtigt, die Atemluft von Personen, die verdächtig sind, in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand
1)
ein Fahrzeug gelenkt zu haben oder
2)
als Fußgänger einen Verkehrsunfall verursacht zu haben, auf Alkoholgehalt zu untersuchen. Wer zu einer Untersuchung der Atemluft aufgefordert wird, hat sich dieser zu unterziehen.
Gemäß § 5 Abs 4 StVO 1960 sind Organe der Straßenaufsicht berechtigt,
Personen, deren Atemluft auf Alkoholgehalt untersucht werden soll (Abs 2) zum Zweck der Feststellung des Atemalkoholgehaltes zur nächstgelegenen Dienststelle, bei der sich ein Atemalkoholmeßgerät befindet, zu bringen, sofern vermutet werden kann, daß sie sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befinden oder zur Zeit des Lenkens befunden haben.
Gemäß § 99 Abs 1 lit b) StVO 1960 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von S 8000,-- bis S 50000,--, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest von einer bis sechs Wochen zu bestrafen, wer sich bei Vorliegen der in § 5 StVO bezeichneten Voraussetzungen weigert, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen
oder sich vorführen zu lassen oder sich bei Vorliegen der bezeichneten Voraussetzungen nicht der ärztlichen Untersuchung unterzieht.
Aus der Anzeige und den Zeugenaussagen von GI und GI
ergibt sich folgender vom Berufungswerber unbestritten gebliebener
Sachverhalt:
Gegen den Berufungswerber wurde am Tattag ein mündlicher Haftbefehl
des Landesgerichtes , da er eine telefonische Morddrohung
gegenüber seiner Ehefrau geäußert habe, erlassen. In weiterer Folge
ersuchte die Gendarmerie in F die Patrouillen im Bezirk
um Mitfahndung nach dem Berufungswerber. Dieser sei vermutlich in
seinem PKW zum Wohnhaus seiner Lebensgefährtin nach unterwegs.
Hierauf begab sich die Patrouille H , bestehend aus GI und
GI , nach , um beim Wohnhaus der Lebensgefährtin des
Berufungswerbers Nachschau zu halten. Dort erhielten die Beamten per
Funk die Mitteilung, daß das Fahrzeug des Berufungswerbers in
vor dem Gasthaus , Haus Nr. 2, angehalten und der
Berufungswerber von der Patrouille M vorläufig in Verwahrung
genommen werden konnte. Hierauf begaben sich GI und GI zum
Gasthaus , wo sie um ca 21 Uhr eintrafen und nahmen vor dem
Gasthaus im Freien eine entsprechende Personsdurchsuchung und
Durchsuchung des Kraftfahrzeuges vor. Sodann wurde der
Berufungswerber von den genannten Beamten mit dem Dienstfahrzeug in
Richtung R gefahren. Wie die Beamten anläßlich der öffentlichen
mündlichen Verhandlung angaben, haben sie die
Alkoholisierungssymptome am Berufungswerber erst während dieser
Fahrt
wahrgenommen. Der Grund dafür lag darin, daß die Amtshandlung beim
Gasthaus im Freien durchgeführt worden war und sich die Beamten
vor allem auf das Gerichtsdelikt konzentriert hatten. Am
Gendarmerieposten R , wo schon die Beamten des Gendarmeriepostens
F warteten, forderte GI den Berufungswerber um 21 20 Uhr
zur
Vornahme eines Alkotestes auf, den dieser ohne Angabe von Gründen
verweigerte. Sodann wurde der Berufungswerber von den Beamten des
Gendarmeriepostens F nach F verbracht.
Dieser Sachverhalt wurde - wie bereits ausgeführt - vom Berufungswerber nicht bestritten. In der öffentlichen mündlichen Verhandlung ist lediglich neu hervorgekommen, daß den beiden Beamten erst anläßlich des Transportes von in Richtung R die Alkoholisierungssymptome aufgefallen sind. Deshalb erfolgte die Aufforderung zum Alkomattest auch erst am Posten R . Festzuhalten ist, daß die Berufungsbehörde an den glaubwürdigen Aussagen der beiden Zeugen, die unter Wahrheitserinnerung und im Bewußtsein der Strafdrohung des § 289 StGB ausgesagt haben, keinen Zweifel hegt.
Es werden daher diese Aussagen der Zeugen der Entscheidung der Berufungsbehörde zugrundegelegt.
Zum Berufungsvorbringen im einzelnen:
Zu Punkt 1):
Der Berufungswerber übersieht, daß bei einer Übertretung des § 5 Abs 2 StVO die Frage der tatsächlichen Alkoholbeeinträchtigung kein Beweisthema ist (VwGH vom 28 09 1988, Zl 88/02/0079). Unbestritten ist, daß der Berufungswerber Alkoholisierungssymptome aufgewiesen und
auch zugestanden hat, das Fahrzeug in gelenkt zu haben. Damit aber sind die Voraussetzungen für die Aufforderung zum Alkotest gegeben.
Zu Punkt 2):
§ 5 Abs 4 StVO stellt eine Ermächtigungsnorm für jene Fälle dar, in denen sich an Ort und Stelle der Beanstandung kein Alkomat befindet und ermöglicht es den Organen der Straßenaufsicht, Personen, deren Atemluft auf Alkohol untersucht werden soll, zur nächstgelegenen Dienststelle, bei der sich ein Alkomat befindet, zu bringen. Diese Ermächtigung bedeutet unbestrittenermaßen eine Einschränkung der persönlichen Freiheit des zu Untersuchenden, weshalb der Eingriff möglichst gering gehalten werden soll und eine Verbringung nur zur nächstgelegenen Dienststelle, bei der sich ein Alkomat befindet, zulässig ist (vergleiche VwGH vom 28 02 1997, Zl 97/02/0051).
Daraus ergibt sich, daß der Zweck dieser Bestimmung darin besteht,
Personen, deren Freizügigkeit gegeben ist, zu schützen. Ist hingegen
die Freizügigkeit einer Person, weil sie verhaftet ist, nicht mehr
gegeben, kann § 5 Abs 4 StVO, soweit es um die Verbringung zur
nächstgelegenen Dienststelle geht, seine Schutzfunktion nicht
erfüllen. Dies gilt auch für den vorliegenden Fall. Der
Berufungswerber wurde nämlich in über gerichtlichen Auftrag in
Haft genommen und war nach F zu überstellen. Auf dem kürzesten
Weg dorthin wurde er am Gendarmerieposten R zum Alkotest
aufgefordert. Diesen hat er ohne Angabe von Gründen verweigert. Bei
dieser Sach- und Rechtslage konnte der Berufungswerber durch die
Verbringung nach R und die dort erfolgte Aufforderung zum
Alkotest
in keinem durch § 5 Abs 4 StVO geschützten Recht verletzt werden.
Vielmehr hätte sich seine Anhaltung dadurch, daß er von nach
H (also in die von Fürstenfeld aus gesehen entgegengesetzte
Richtung) gebracht worden wäre, zeitlich verlängert. Mit Rücksicht auf diese besondere Lage des Falles kann daher der Berufungswerber mit seinem Vorbringen nicht durchdringen.
Dazu kommt, daß die beiden einschreitenden Beamten anläßlich der
öffentlichen mündlichen Verhandlung aussagten, die
Alkoholisierungssymptome erst anläßlich der Fahrt von in
Richtung wahrgenommen zu haben. Wo genau diese Wahrnehmung
erfolgte, konnte nicht mehr festgestellt werden. Unter diesem
Gesichtspunkt bestehen auch keine Bedenken, daß die Aufforderung zum
Alkotest am Gendarmerieposten R erfolgte. Befanden sich doch die
Beamten auf der Fahrt dorthin und läßt sich der Ort, an dem die
Beamten die Alkoholisierungssymptome wahrnahmen, nicht mehr
feststellten. Es kann daher nicht geklärt werden, ob die Beamten die
Alkoholisierungssymptome näher zum Posten R oder näher zum Posten
H wahrgenommen habe. Auch aus diesen Gründen bestehen keine
Bedenken gegen die Vornahme der Amtshandlung am Gendarmerieposten
R .
Was den Hinweis des Berufungswerbers auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 03 07 1991, Zl 91/03/0013, anbelangt, ist zu bemerken, daß dieses von einer anderen Rechtslage ausging. Nach der nunmehr bestehenden Rechtslage spielt es keine Rolle, ob das
Straßenaufsichtsorgan bei jener Dienststelle, bei der sich der Alkomat befindet und zu der der Proband gebracht wurde, Dienst versieht oder nicht. Es war daher die Aufforderung am
Gendarmerieposten R durch einen Beamten des Gendarmeriepostens
H rechtmäßig.
Zum Hinweis, der Berufungswerber habe die im obigen Sinn erfolgte Auslegung nicht dem Gesetzestext entnehmen können, ist zu bemerken, daß der Berufungswerber gegenüber dem Beamten nicht erwähnte, daß er aus diesem Grund die Vornahme des Alkotestes verweigere. Aus den unbestrittenen Zeugenaussagen der Beamten ergibt sich vielmehr, daß der Berufungswerber die Vornahme des Alkomattestes ohne Begründung ablehnte. Wie der Berufungswerber in seinem Schriftsatz vom 18 02 1998 ausgeführt hat, habe er den Alkotest ausschließlich aufgrund der
Ausnahmesituation, die sich aus dem Scheidungsverfahren ergeben hätte, verweigert. Allein dies sei die Erklärung für die an und für sich grundlose Verweigerung des Alkotestes. Dem späteren anderslautenden Vorbringen in der Berufung kommt daher keine Glaubwürdigkeit zu. Sonach kann ein unverschuldeter Rechtsirrtum gar nicht vorliegen.
Zu Punkt 3):
Diesbezüglich ist auf die obigen Ausführungen zu verweisen. Im übrigen ist es nicht maßgeblich, ob der Beschuldigte zum Zeitpunkt der Aufforderung zum Alkotest den Beamten des Gendarmeriepostens R übergeben worden war oder nicht. Dieser Umstand kann keinerlei Einfluß auf die Rechtmäßigkeit der Aufforderung zum Alkotest haben.
Zur Spruchberichtigung:
Sie konnte vorgenommen werden, weil Zeit und Ort des vorangegangenen Lenkens kein wesentliches Tatbestandsmerkmal dieser Übertretung darstellen.
Zur Strafbemessung:
Die der Bestrafung zugrundeliegende Handlung schädigte in nicht unerheblichem Maße das an der Verkehrssicherheit bestehende Interesse, dem die Strafdrohung dient.
Der objektive Unrechtsgehalt der Tat kann selbst bei Fehlen sonstiger
nachteiliger Folgen nicht als gering angesehen werden.
Daß die Einhaltung der Vorschrift eine besondere Aufmerksamkeit erfordert hätte oder, daß die Verwirklichung des Tatbestandes aus besonderen Gründen nur schwer hätte vermieden werden können, ist weder hervorgekommen noch auf Grund besonderer Tatumstände anzunehmen
und kann daher das Verschulden des Berufungswerbers nicht als geringfügig angesehen werden. Diesbezüglich ist auch auf die Ausführungen zu Punkt 2) des Berufungsvorbringens zu verweisen. Bei der Strafbemessung war der Milderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit zu berücksichtigen. Erschwerend war kein Umstand zu werten.
Gleichzeitig war auf die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Berufungswerbers Bedacht zu nehmen (Einkommen: S 9000,-- monatlich; Vermögen: ein halbes Haus; Sorgepflichten: keine).
Unter Bedachtnahme auf den gesetzlichen Strafsatz, den Unrechtsgehalt
der Tat und das Verschulden des Berufungswerbers ist die verhängte Strafe als angemessen anzusehen.
Im übrigen muß eine Strafe auch geeignet sein, den Berufungswerber von einer Wiederholung der Tat ausreichend abzuschrecken und generalpräventive Wirkungen zu entfalten.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.