Der Unabhängige Verwaltungssenat Burgenland hat durch sein Mitglied Dr Traxler über die gemäß S 88 Abs 2 Sicherheitspolizeigesetz erhobene Beschwerde des Herrn geboren am ,
derzeit Polizeiliches Gefangenenhaus , vertreten durch Rechtsanwalt , vom 06 05 1998 wegen behaupteter Rechtsverletzung durch Beantragung der Ausstellung eines Heimreisezertifikates zu Recht erkannt:
Gemäß § 67 c Abs 4 AVG iVm S 88 Abs 2 Sicherheitspolizeigesetz wird die Beschwerde als unzulässig zurückgewiesen.
Gemäß § 79a AVG hat der Beschwerdeführer dem Bund (Bundesminister für Inneres) Kosten in der Höhe von S 3365,-- (Schriftsatzaufwand S 2800,-- und Vorlageaufwand von S 565,--) zu ersetzen.
Im Beschwerdeschriftsatz vom 06 05 1998 bringt der Beschwerdeführer
vor, daß er kongolesischer'Staatsangehöriger sei und am beim
Bundesasylamt den Antrag auf Gewährung von Asyl gestellt habe.
Dieses Verfahren sei noch anhängig.
Trotz dieses Umstandes habe die Bezirkshauptmannschaft am 14 04 1998 ein Schreiben an die Botschaft der Volksrepublik Kongo in Bonn gerichtet, mit welchem ein Antrag auf Ausstellung eines Heimreisezertifikates urgiert wurde. Demgegenüber werde in einer niederschriftlichen Einvernahme der Bundespolizeidirektion vom 01 041998 gegenüber dem Beschwerdeführer festgehalten, daß seine Schubhaft deshalb verlängert werden müsse, weil seine Identität nicht festgestellt werden könne.
Bei dieser Maßnahme der Beantragung der Ausstellung eines Heimreisezertifikates handle es sich sinngemäß um schlichtes Polizeihandeln gemäß § 88 Abs 2 Sicherheitspolizeigesetz. Die Vorgangsweise der belangten Behörde stehe im Widerstreit zu § 21 Abs 2 Asylgesetz 1997, welcher vorsehe, daß Asylwerber nicht in den Herkunftsstaat zurückgewiesen und überhaupt nicht zurückgeschoben oder abgeschoben werden dürfen, weiters, daß die Übermittlung personenbezogener Daten eines Asylwerbers an den Herkunftsstaat nicht zulässig sei.
Durch diese Vorgangsweise sei die zitierte Bestimmung des Asylgesetzes verletzt worden, sodaß der Beschwerdeführer ein konkretes Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit dieser Maßnahme habe. Die Zuständigkeit des Verwaltungssenates sei auch deshalb gegeben, weil er schon allein für behauptete Verletzungen von Bestimmungen über den Datenschutz zuständig sei (VfGH vom 26 06 1997, B 1565/96).
Hierüber hat der Verwaltungssenat erwogen:
Gemäß § 2 Abs 2 SPG besteht die Sicherheitsverwaltung aus der Sicherheitspolizei, dem Paß- und Meldewesen, der Fremdenpolizei, der Überwachung des Eintrittes in das Bundesgebiet und des Austrittes aus ihm, dem Waffen-, Munitions-, Schieß- und Sprengmittelwesen sowie aus dem Pressewesen und den Vereins- und Versammlungsangelegenheiten. Nach § 88 Abs 1 SPG erkennen die Unabhängigen Verwaltungssenate über Beschwerden von Menschen, die behaupten, durch die Ausübung unmittelbarer sicherheitspolizeilicher Befehls- und Zwangsgewalt in ihren Rechten verletzt worden zu sein (Art 129a Abs 1 Z 2 B-VG). Außerdem erkennen die Unabhängigen Verwaltungssenate gemäß § 88 Abs 2 SPG über Beschwerden von Menschen, die behaupten, auf andere Weise durch die Besorgung der Sicherheitsverwaltung in ihren Rechten verletzt worden zu sein, sofern dies nicht in Form eines Bescheides erfolgt ist.
§ 88 Abs 6 SPG bestimmt, daß dann, wenn für die Entscheidung des Unabhängigen Verwaltungssenates gemäß Abs 2 die Frage der Rechtmäßigkeit der Verwendung personenbezogener Daten nach den Bestimmungen des 4. Teiles maßgeblich ist, der Unabhängige Verwaltungssenat nach S 14 Abs 3 des Datenschutzgesetzes vorzugehen hat.
Aus dem Fremdenpolizeiakt ergibt sich, daß der Beschwerdeführer am 03 02 1998 von Ungarn aus die österreichische Grenze illegal überschritten hat und von Grenzüberwachungsorganen festgenommen wurde. Mangels entsprechender Dokumente konnte der Beschwerdeführer seine Identität nicht nachweisen. In weiterer Folge wurde gegen ihn seitens der Bezirkshauptmannschaft die Schubhaft verhängt und die Ausweisung verfügt.
Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 03 04 1998 wurde der Asylantrag des Beschwerdeführers abgewiesen und gleichzeitig festgestellt, daß seine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in die Republik Kongo gemäß § 8 Asylgesetz 1997 zulässig sei.
Bereits am 01 04 1998 wurde der Beschwerdeführer niederschriftlich davon in Kenntnis gesetzt, daß die Schubhaft verlängert werden müsse, da seine Identität nicht feststehe. Mit Schreiben der Bezirkshauptmannschaft vom 14 04 1998 wurde an die Botschaft der Volksrepublik Kongo unter Bekanntgabe des Namens und des Geburtsdatums der Antrag auf Ausstellung eines Heimreisezertifikates für den Beschwerdeführer gestellt.
Der Beschwerdeführer bekämpft diese Antragstellung eines Heimreisezertifikates und die damit verbundene Übermittlung personenbezogener Daten an die Botschaft seines Heimatlandes.
Diese Beschwerde ist aus nachstehenden Gründen unzulässig:
Der Gesetzgeber ist bei der Beschlußfassung des Sicherheitspolizeigesetzes von folgendem Verständnis der Bestimmungen des § 88 Abs 1 und Abs 2 ausgegangen:
Seit Inkrafttreten der B-VG-Novelle, BGBl Nr 685/1988, am 01 01 1991, haben die Unabhängigen Verwaltungssenate gemäß Art 129a Abs 1 Z 2 B-VG über Beschwerden von Personen zu entscheiden, die behaupten, durch die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt in ihren Rechten verletzt worden zu sein.
Dem Abs 1 kommt keine eigenständige normative Kraft zu. Er gibt nur die durch das B-VG getroffene Regelung sicherheitspolizeispezifisch formuliert wieder.
Da sich in der Vergangenheit in der höchstgerichtlichen Judikatur immer wieder die Frage gestellt hat, ob tatsächlich einer bestimmten polizeilichen Maßnahme die Ausübung verwaltungsbehördlicher Befehlsund Zwangsgewalt zugrundelag, soll durch Abs 2 diese Begrenzung beseitigt werden. Damit wird auch das schlichte Polizeihandeln, sofern es in Rechte eingreift, beim Unabhängigen Verwaltungssenat einklagbar.
Daraus ist ersichtlich, daß § 88 Abs 2 Sicherheitspolizeigesetz eine Ausweitung des Rechtschutzes über die unmittelbare verwaltungsbehördliche Befehls- und Zwangsgewalt hinaus auch auf schlichtes Polizeihandeln bringt. Es sollte also der Typus des § 88 Abs 1 Sicherheitspolizeigesetz über unmittelbare hoheitliche Eingriffe mit Zwangsbefugnis auch auf anderes Verwaltungshandeln ausgedehnt werden. Dabei ist vorerst vom Begriffsverständnis, wie es in der Rechtsprechung (zB Verwaltungsgerichtshof vom 25 04 1991, Zahl 91/06/0052) herausgearbeitet wurde, auszugehen. Danach kann Gegenstand einer sogenannten Maßnahmenbeschwerde nur die Ausübung unmittelbarer behördlicher Befehlsund Zwangsgewalt gegen eine bestimmte Person sein.
Diese Zielrichtung muß auch für das schlichte hoheitliche Handeln gemäß § 88 Abs 2 Sicherheitspolizeigesetz gelten. Eine Beschwerde gemäß § 88 Abs 2 Sicherheitspolizeigesetz hat daher zur Voraussetzung, daß sich das schlichte hoheitliche Handeln unmittelbar auf die Person, die sich beschwert erachtet, bezieht. Dafür sprechen auch die oben zitierten Erläuterungen, weil danach § 88 Abs 2 SPG geschaffen wurde, um das Problem der Abgrenzung zwischen Zwangsmaßnahmen und schlichtem Polizeihandeln zu beseitigen.
Dies setzt aber voraus, das damit nur solches schlichte Polizeihandeln erfaßt werden soll, das - wie eine faktische Amtshandlung - unmittelbar gegenüber einer bestimmten Person wirksam wird.
Von einem solchen Begriffsverständnis gehen offenbar auch Antoniolli/Koja, Allgemeines Verwaltungsrecht, 3 Auflage, Seite 25-27 (insbesondere Seite 26 unten und Seite 27 oben) sowie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 25 06 1997, Zl 95/01/0600, aus. In diesem Erkenntnis hat der Verwaltungsgerichtshof ausgeführt, daß gemäß § 88 Abs 2 Sicherheitspolizeigesetz nicht jedwedes dienstliche Verhalten von Organen der Sicherheitsverwaltung von den Unabhängigen Verwaltungssenaten auf ihre Vereinbarkeit mit der Gesetzeslage überprüft werden könnte. Vielmehr ist davon auszugehen, daß es sich um eine solche Tätigkeit der Organe der Sicherheitsverwaltung handeln muß, die ein Mindestmaß an unmittelbarer Außenwirksamkeit aufweisen und sich, wenn auch nicht in Form körperlichen Zwanges oder in Befehlsform, individuell gegen einen Rechtsunterworfenen richten. Behördeninterne Vorgänge, die von vornherein nicht auf Außenwirkung ausgelegt seien wie im vorliegenden Fall die Übermittlung von Berichten würden durch § 88 Abs 2 Sicherheitspolizeigesetz nicht erfaßt.
Gleiches muß für den vorliegenden Fall gelten, in welchem die Behörde nicht unmittelbar gegenüber dem Beschwerdeführer, sondern gegenüber einer ausländischen Vertretungsbehörde gehandelt hat. Es fehlt daher das wesentliche Moment der unmittelbaren schlichten hoheitlichen Handlung gegenüber dem Beschwerdeführer, weshalb § 88 Abs 2 Sicherheitspolizeigesetz nicht zum Tragen kommen kann. Die Beschwerde ist daher unzulässig.
Die Unzulässigkeit der Beschwerde ergibt sich aber auch noch aus folgenden Erwägungen:
Die ständige Rechtsprechung der Höchstgerichte (vgl für viele das bereits erwähnte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshof vom 25 04 1991, Zl 91/06/0052) ist davon ausgegangen, daß Gegenstand einer Maßnahmenbeschwerde nicht etwas sein kann, was im Verwaltungsverfahren ausgetragen werden kann. Eine solche Beschwerdemöglichkeit ist, um Doppelgleisigkeiten zu vermeiden, als subsidiärer Rechtsbehelf anzusehen. Gleiches muß auch für Beschwerden gemäß § 88 Abs 2 Sicherheitspolizeigesetz gelten. Dem Beschwerdeführer, der sich durch die Übermittlung personenbezogener Daten entgegen der Bestimmung des § 21 Abs 2 Asylgesetz erschwert erachtet, steht nun diesbezüglich die Möglichkeit einer Anrufung der Datenschutzkommission gemäß § 36 Abs 1 Z 1 DSG zu. Die auf § 88 Abs 2 gestützte Beschwerde ist daher auch unter diesem Gesichtspunkt als unzulässig anzusehen.
Wenn der Beschwerdeführer vorbringt, der Verwaltungssenat sei nach dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 26 06 1977, B 1565/96, für die behauptete Verletzung von Bestimmungen Über den Datenschutz zuständig, so ist ihm zu entgegnen, daß dies gemäß § 88 Abs 6 Sicherheitspolizeigesetz nur für die Verwendung sicherheitspolizeilicher Daten nach den Bestimmungen des vierten Teiles dieses Gesetzes gilt. Um solche Daten geht es aber im vorliegenden Fall nicht. Vielmehr ist Gegenstand der Beschwerde die Übermittlung personenbezogener Daten, welche nicht nach dem Sicherheitspolizeigesetz, sondern in einem Verwaltungsverfahren nach dem Fremdengesetz und dem Asylgesetz stattgefunden hat. Für diese Fälle gilt aber die allgemeine Regelung des Datenschutzgesetzes.
Die Beschwerde war daher als unzulässig zurückzuweisen.
Gemäß § 79a AVG steht der Partei, die in Fällen einer Beschwerde obsiegt, der Ersatz der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Kosten zu. Die H 52 bis 54 VwGG gelten auch für diesen Aufwandersatz. Die Entscheidung betreffend die Zuerkennung der Kosten für Schriftsatz- und Vorlageaufwand gründet sich auf den diesbezüglichen Antrag der obsiegenden Partei, auf die angeführte Gesetzesstelle sowie auf die Aufwandersatzverordnung UVS, BGBl Nr 855/1995.