Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Gerhard Wittmann über die Berufung des Herrn Bernhard L, geb. am 29.8.1949, gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Graz vom 11.6.1997, GZ.: III/S-35.915/96, wie folgt entschieden:
Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im folgenden VStG) wird der Berufung Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG eingestellt.
Am 5.12.1996 begehrte die Bundespolizeidirektion Graz - Strafamt von Herrn Dr. Rudolf B als Zulassungsbesitzer des Kraftfahrzeuges mit dem Kennzeichen G-99 XZC Auskunft darüber, wer dieses Kraftfahrzeug zuletzt vor dem 27.11.1996, um 19.55 Uhr, in Graz, Schlossergasse 2, abgestellt hat. Die Lenkeranfrage, die mit 5.12.1996 datiert ist, wurde von einem Postbevollmächtigten für RSb-Briefe übernommen. Die Lenkerauskunft wurde nicht erteilt und mit 29.1.1997 erließ die Bundespolizeidirektion Graz gegen Dr. B eine Strafverfügung wegen einer Übertretung des § 103 Abs 2 KFG. In seinem dagegen erhobenen Einspruch brachte Dr. B vor, daß er Herrn Bernhard L (Berufungswerber) bevollmächtigt habe, in sämtlichen Verkehrsstrafangelegenheiten für ihn einzuschreiten und auch in seinem Namen zu zeichnen. In der Beilage übermittelte Dr. B eine Kopie dieser Vollmacht, die folgenden Inhalt hat:
Ich bevollmächtige Herrn Bernhard L mich in sämtlichen Verkehrsstrafangelegenheiten, insbesonders hinsichtlich der Kennzeichen G-99 XCZ und G-10 WZD, zu vertreten und für mich mit meinem Namen zu zeichnen.
Herr L ist der für die beiden erstgenannten Fahrzeuge, gemäß § 9 VStG verantwortlich Beauftragte und hat diese Beauftragung angenommen. Dies mit dem Recht, diese Verantwortung ganz oder teilweise weiter zu übertragen.
Die Vollmacht ist sowohl von Dr. B als auch vom Berufungswerber, von letzterem mit dem Zusatz angenommen, unterfertigt. Die Bundespolizeidirektion Graz stellte daraufhin das Strafverfahren gegen Dr. B gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG ein und erließ gegen den Berufungswerber eine Strafverfügung mit 16.4.1997, da er als Auskunftspflichtiger bzw. Verantwortlicher gemäß § 9 VStG die Lenkerauskunft vom 5.12.1996 nicht beantwortet habe. Nachdem der Berufungswerber gegen die Strafverfügung Einspruch erhob, leitete die Bundespolizeidirektion Graz das ordentliche Verfahren ein, welches schließlich mit Straferkenntnis vom 11.6.1997, Zahl: III/S- 35.915/96, abgeschlossen wurde. Darin wurde dem Berufungswerber vorgeworfen, er habe es als Auskunftspflichtiger bzw. Verantwortlicher gemäß § 9 VStG des Kraftfahrzeuges G-99 XZC unterlassen, der schriftlichen Aufforderung der Behörde vom 5.12.1996, zugestellt am 9.12.1996, innerhalb der gesetzlichen Frist von zwei Wochen ab Zustellung der Aufforderung Folge zu leisten und habe innerhalb dieser Frist keine Auskunft darüber erteilt, wer das Kraftfahrzeug mit dem Probefahrtkennzeichen G-99 XZC - VW-Käfer, Farbe rot - am 27.11.1996, um 19.55 Uhr, in Graz 1, Schlossergasse vor dem Haus Nr. 2 gelenkt habe bzw. zuletzt vor diesem Zeitpunkt dort abgestellt habe. Er habe auch sonst keine Person genannt, die die von ihm geforderte Auskunft erteilen könne. Das strafbare Verhalten habe mit Ablauf der gesetzlichen Frist von zwei Wochen, somit am 24.12.1996 begonnen. Wegen einer Übertretung des § 103 Abs 2 KFG wurde über den Berufungswerber von der Bundespolizeidirektion Graz eine Geldstrafe von S 1.500,-- (im Uneinbringlichkeitsfall 48 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt. Gegen dieses Straferkenntnis erhob der Berufungswerber fristgerecht das Rechtsmittel der Berufung. Als Begründung führte er an, daß er nie eine Auskunft nicht erteilt habe. Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark ist bei seiner Entscheidung von folgenden Überlegungen ausgegangen:
Gemäß § 103 Abs 2 KFG 1967 kann die Behörde Auskünfte darüber verlangen, wer zu einem bestimmten Zeitpunkt ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Kraftfahrzeug gelenkt oder einen nach dem Kennzeichen bestimmten Anhänger verwendet hat bzw. zuletzt vor einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort abgestellt hat. Diese Auskünfte, welche den Namen und die Anschrift der betreffenden Person enthalten müssen, hat der Zulassungsbesitzer - im Fall von Probe- oder von Überstellungsfahrten der Besitzer der Bewilligung - zu erteilen; kann er diese Auskunft nicht erteilen, so hat er die Person zu benennen, die die Auskunft erteilen kann, diese trifft dann die Auskunftspflicht; die Angaben des Auskunftspflichtigen entbinden die Behörde nicht, diese Angaben zu überprüfen, wenn dies nach den Umständen des Falles geboten erscheint. Die Auskunft ist unverzüglich, im Falle einer schriftlichen Aufforderung binnen zwei Wochen nach Zustellung zu erteilen; wenn eine solche Auskunft ohne entsprechende Aufzeichnungen nicht gegeben werden könnte, sind diese Aufzeichnungen zu führen (Verfassungsbestimmung). Gegenüber der Befugnis der Behörde, derartige Auskünfte zu verlangen, treten Rechte auf Auskunftsverweigerung zurück. Die belangte Behörde begründet ihre Entscheidung insbesondere damit, daß der Berufungswerber als Postbevollmächtigter die Lenkerauskunft übernommen habe. Dies bedeutet aber nur, daß der Berufungswerber berechtigt war als Postbevollmächtigter Schriftstücke für Dr. B entgegenzunehmen. Der Adressat des Poststückes -
nämlich Dr. B - änderte sich dadurch nicht. Es gibt im Verwaltungsstrafverfahren nur eine Lenkerauskunft, diese ist an Dr. B gerichtet. Die Vollmacht, die Dr. B für den Berufungswerber vorlegte, ist im übrigen nicht mit einem Datum versehen. In der Vollmacht wird der Berufungswerber für zwei näher genannte Fahrzeuge zum verantwortlichen Beauftragten gemäß § 9 VStG bestellt. Die belangte Behörde ging von einer rechtmäßigen Bestellung aus, da sie im Spruch des Straferkenntnisses den Berufungswerber als Auskunftspflichtigen bzw. verantwortlichen Beauftragten bezeichnete. Die Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten gemäß § 9 VStG ist aber nur bei juristischen Personen oder Personengemeinschaften ohne Rechtspersönlichkeit (nach § 9 Abs 1 VStG) bzw. Einzelunternehmen (nach § 9 Abs 3 VStG) möglich. Eine Privatperson, die Zulassungsbesitzer eines Kraftfahrzeuges ist, kann keinen verantwortlichen Beauftragten nach § 9 VStG bestellen. Im erstinstanzlichen Verwaltungsstrafakt, insbesondere in der Zulassungsdatei der Bundespolizeidirektion Graz scheint nur die Privatperson Dr. Rudolf B auf. Der Berufungswerber kann daher nicht als verantwortlicher Beauftragter für das gegenständliche Kraftfahrzeug zur Verantwortung gezogen werden. Als Auskunftspflichtiger kann der Berufungswerber nur dann belangt werden, wenn der Zulassungsbesitzer ihn innerhalb der gesetzlichen Frist (ansonsten liegt bereits eine strafbare Handlung nach § 103 Abs 2 KFG vor) als Auskunftspflichtigen nennt und die Behörde daraufhin eine Lenkeranfrage an den Auskunftspflichtigen richtet. Dies ist jedoch im gegenständlichen Fall nicht geschehen. Somit kann der Berufungswerber weder als verantwortlicher Beauftragter noch als Auskunftspflichtiger angesehen werden. Im übrigen kann dem Berufungswerber nicht vorgeworfen werden, daß er eine gar nicht an ihn adressierte Lenkerauskunft nicht beantwortet hat. Somit war bereits aus diesen Gründen seiner Berufung Folge zu geben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.