TE UVS Wien 1998/08/03 07/L/08/187/98

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Veröffentlicht am 03.08.1998
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat durch das Mitglied Dr Pipal über die Berufung des Herrn Wolfgang O, vertreten durch RAe, gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den 18. Bezirk, vom 12.5.1998, Zl MBA 18-S 984/98, betreffend Übertretung des LMG 1975 iVm der LMKV, nach durchgeführter öffentlicher mündlicher Verhandlung entschieden:

Gemäß § 66 Abs 4 AVG wird der Berufung in der Schuldfrage keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

Die verletzte Verwaltungsvorschrift lautet: "§ 74 Abs 5 Z 2 LMG 1975 in Verbindung mit § 1 Abs 1 und § 10 Abs 2 LMKV"

Die Strafbestimmung lautet: "§ 74 Abs 5 LMG 1975"

Der Berufung wird hinsichtlich der Strafhöhe insofern Folge gegeben, als die Geldstrafe auf S 3.000,-- und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 3 Tage herabgesetzt wird. Der Beitrag zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens verringert sich gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG auf S 300,--, das sind 10 % der nunmehr verhängten Strafe.

Gemäß § 65 VStG wird daher kein Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens vorgeschrieben.

Text

Begründung:

I. Der Berufung liegt folgendes Verfahren in der ersten Instanz zugrunde:

1. Der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses lautet:

"Sie haben als verantwortlich Beauftragter gemäß § 9 Abs 2 VStG 1991 der B-Aktiengesellschaft für die weitere Betriebsstätte in Wien, M-straße zu verantworten, daß diese Gesellschaft am 08.10.1997 in dieser Filiale in Wien, M-straße verpackte Lebensmittel, nämlich 2 Packungen Weißbrot (Tramezzino Ti 207/97), die ohne weitere Verarbeitung für den Letztverbraucher bestimmt war, durch Feilbieten in Verkehr gebracht hat, die insofern nicht entsprechend den Bestimmungen der Lebensmittelkennzeichnungsverordnung 1993 gekennzeichnet war, als zufolge des Amtlichen Untersuchungszeugnisses der Lebensmitteluntersuchungsanstalt der Stadt Wien die Mindesthaltbarkeitsfrist bereits mit 7.10.1997 (Aufschrift auf der Packung "Morato Original italienisches Weißbrot maxi Tramezzino mindestens haltbar bis: 7.10.1997") abgelaufen war und dieser Umstand nicht deutlich und allgemein verständlich kenntlich gemacht worden ist.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§ 74 Abs 2 Z1 und Abs 5 Z 2 in Verbindung mit § 8 litg und § 7 Abs 1 lit b Lebensmittelgesetz - LMG 1975, BGBl Nr 86/1975 in der geltenden Fassung in Verbindung mit § 1 Abs 1 und 2 der Lebensmittelkennzeichnungsverordnung 1993, BGBl Nr 72/1993 in Zusammenhang mit § 10 Abs 2 der LMKV 1993

Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe von Schilling 4.000,--, falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von 4 Tagen, § 74 Abs 2 und Abs 5 Z 2 Lebensmittelgesetz in Verbindung mit § 9 Abs 2 VStG 1991

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

400,-- Schilling als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, ds 10% der Strafe.

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten) beträgt daher 4.400,-- Schilling. Außerdem sind die Kosten des Strafvollzuges zu ersetzen."

2. Dieser Vorwurf ergab sich aus einer Anzeige der Magistratsabteilung 59 vom 13.2.1998.

3. In der rechtzeitigen Berufung brachte der Beschuldigte vor, bei der fraglichen Ware sei das Mindesthaltbarkeitsdatum nach Tag, Monat und Jahr auf dem Etikett angeführt. Es sei dem mündigen Verbraucher jedenfalls zumutbar, aus dem Vergleich zwischen dem Tagesdatum und dem Mindesthaltbarkeitsdatum zu erkennen, ob letzteres abgelaufen sei. Diese Auslegung finde sich auch in dem Kommentar der Autoren Barfuß/Smolka/Onder. Nach dem Erkenntnis des VwGH vom 3.8.1995, Zl 94/10/0026, bedürfe es keiner zusätzlichen Kenntlichmachung einer Wertminderung, wenn die deklarierte Mindesthaltbarkeitsfrist abgelaufen sei.

In der öffentlichen mündlichen Verhandlung wies der Vertreter des Beschuldigten darauf hin, daß das Mindesthaltbarkeitsdatum nur um einen Tag überschritten gewesen sei, die Kontrolle um 10.00 Uhr stattgefunden und die Filiale ab 8.00 Uhr geöffnet gehabt habe. Der Berufungswerber sei noch nicht zur stichprobenweisen Überprüfung des Brotsortiments gekommen gewesen, zumal die Kontrolle um ca 9.30 Uhr begonnen habe, sodaß er mit der Kontrolle beschäftigt gewesen sei.

II. Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat erwogen:

1. Zuerst war die Schuldfrage zu überprüfen:

1.1. Der objektive Tatbestand war folgendermaßen zu beurteilen:

1.1.1. Die verletzte Verwaltungsvorschrift lautet:

Nach § 1 Abs 1 LMKV ist diese Verordnung auf alle verpackten Waren gemäß den §§ 2 und 3 LMG 1975 (Lebensmittel und Verzehrprodukte) - ausgenommen Kakao- und Schokoladeerzeugnisse und Waren, die dem Weingesetz 1985 in der geltenden Fassung unterliegen -, die - ohne weitere Verarbeitung - für den Letztverbraucher bestimmt sind, anzuwenden; dem Letztverbraucher sind Einrichtungen der Gemeinschaftsversorgung gleichzustellen.

§ 10 Abs 2 LMKV lautet:

Ist die Mindesthaltbarkeitsfrist bereits abgelaufen, ist dieser Umstand deutlich und allgemein verständlich kenntlich zu machen. Gemäß § 74 Abs 5 Z 2 LMG 1975 macht sich, wer den Bestimmungen einer auf Grund der §§ 15 Abs 7 oder 8 lit a oder b, 19 oder 31 Abs 1 erlassenen Verordnung zuwiderhandelt, sofern die Tat nicht nach den §§ 56 bis 64 oder nach anderen Bestimmungen einer strengeren Strafe unterliegt, einer Verwaltungsübertretung schuldig und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde mit Geldstrafe bis zu 25.000,-- S zu bestrafen.

1.1.2. Der Sachverhalt wird aufgrund der unbestritten gebliebenen Angaben in der Anzeige wie im Spruch umschrieben als erwiesen angenommen.

1.1.3. Die Beurteilung der Rechtsfrage ergab, daß der als erwiesen angenommene Sachverhalt den objektiven Tatbestand der verletzten Verwaltungsvorschrift erfüllt.

Bereits beim Inverkehrbringen eines Lebensmittels muß dessen Mindesthaltbarkeitsdatum gemäß § 4 Z 5 LMKV gekennzeichnet sein. Hätte also der Verordnungsgeber diese Kennzeichnung des Mindesthaltbarkeitsdatums auch noch nach dessen Ablauf für ausreichend gehalten, dann hätte die Bestimmung des § 10 Abs 2 LMKV überhaupt nicht nominiert zu werden brauchen. In der Berufung wird ein Kommentar zum Lebensmittelrecht zitiert; dieser weist allerdings auch auf die beim Ablauf der Mindesthaltbarkeitsfrist empfohlenen Vorkehrungen hin, zB das Anbringen von Hinweistafeln (vgl auch VwGH 11.5.1998, Zl 97/10/0250).

1.2. Das Verschulden war folgendermaßen zu beurteilen:

1.2.1. Nach § 5 Abs 1 VStG genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

1.2.2. Da die im vorliegenden Fall verletzte Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt und auch zu ihrem Tatbestand der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört, hätte also der Berufungswerber glaubhaft machen müssen, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Solche schuldbefreienden Umstände haben sich jedoch nicht ergeben.

Daher ist auch das Verschulden als erwiesen anzusehen.

2. Sodann war die verhängte Strafe zu überprüfen:

2.1. Die Strafbestimmung wurde bereits unter Punkt 1.1.1. wiedergegeben.

2.2. Über die Strafbemessung bestimmt § 19 VStG folgendes:

(1) Grundlage für die Bemessung der Strafe ist stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

(2) Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

2.3. Die Tat schädigte in nicht unerheblichem Ausmaß das Interesse am Konsumentenschutz im Lebensmittelverkehr.

Sonst zog die Tat keine nachteiligen Folgen nach sich. Erschwerend war eine einschlägige Vorstrafe zu werten, Milderungsgründe lagen nicht vor.

Das Verschulden war angesichts der näheren Umstände der Tat nicht bloß geringfügig, weil auch nicht anzunehmen ist, daß womöglich die Übertretung aus besonderen Gründen nur schwer hätte vermieden werden können.

Weiters war bei der Bemessung der Geldstrafe das Nettomonatseinkommen von S 15.000,-- sowie das Fehlen von Vermögen und Sorgepflichten zu berücksichtigen.

2.4. Bei diesen Strafbemessungsgründen und dem gesetzlichen Strafrahmen war die Strafe entsprechend herabzusetzen.

3. Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 64 bzw § 65 VStG.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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