TE UVS Wien 1998/08/04 04/G/33/366/98

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Veröffentlicht am 04.08.1998
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat durch sein Mitglied Dr Maukner über die Berufung des Herrn Karl Heinz G, vertreten durch Rechtsanwälte, gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den 9. Bezirk, vom 11.5.1998, Zl MBA 9 - S 2057/98, betreffend zwei Verwaltungsübertretungen von Bestimmungen der Gewerbeordnung 1994 (GewO 1994), nach durchgeführter öffentlicher mündlicher Verhandlung vom 8.7.1998 wie folgt entschieden:

Gemäß § 66 Abs 4 AVG wird der Berufung zu Spruchpunkt I) keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, daß zu diesem Spruchpunkt als verletzte Rechtsvorschrift zusätzlich Punkt 3.5 der ÖNORM B 3850 (idF vom 1.10.1986) zitiert wird. Gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG wird dem Berufungswerber zu diesem Spruchpunkt ein Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens in der Höhe von 20% der verhängten Geldstrafe, das sind S 500,--, auferlegt.

Gemäß § 66 Abs 4 AVG wird der Berufung zu Spruchpunkt II) Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis zu diesem Spruchpunkt behoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 3 VStG eingestellt. Gemäß § 65 VStG wird dem Berufungswerber zu diesem Spruchpunkt ein Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens nicht auferlegt.

Text

Begründung:

1. Das angefochtene Straferkenntnis enthält folgenden Spruch:

"Sie haben es als gewerberechtlicher Filialgeschäftsführer im Sinne des § 370 Abs 5 der Gewerbeordnung 1994 der M Warenhandels Aktiengesellschaft mit Sitz in N zu verantworten, daß diese Gesellschaft am 24.03.1998

I) beim Betrieb ihrer Betriebsanlage in Wien, W-Gasse, den zum Schutz der Kunden und Nachbarn vorgeschriebenen Auflagen insofern zuwider gehandelt hat, als

entgegen der Auflage Punkt 6) des rechtskräftigen Bescheides des Magistratischen Bezirksamtes für den 9. Bezirk vom 9.4.1990, Zl MBA 9 - Ba 25.682/1/89 ("Folgende Türen sind brandhemmend (T 30) gemäß ÖNORM B 3850 (Ausgabe 1. Oktober 1986) auszuführen: Die im Plan mit T 30 bezeichneten Türen.") die brandhemmende Türe (T 30), vom Verkaufsraum in das Lager, welche baulich der ÖNORM entspricht, mittels Schnur und Magnethalterung in Offenstellung fixiert war und somit nicht den Anforderungen der ÖNORM B 3850, Punkt 3.5, entsprach. (Das Fixieren in Offenstellung mittels Schnur und Magnethalterung entspricht nicht einer Feststellvorrichtung im Sinne der TRVB 148).

II) die genehmigungspflichtig geänderte Betriebsanlage in Wien, W-Gasse, welche mit Bescheid vom 9.4.1990, Zl MBA 9 - Ba 25.682/1/89 zur Ausübung des Handelsgewerbes erstmals genehmigt wurde, ohne die erforderliche Genehmigung geändert und betrieben hat, indem die im Einreichplan, welcher Bestandteil des Genehmigungsbescheides vom 9.4.1990, Zl MBA 9 - Ba 25.682/1/89 ist, vor dem Flaschenrückgabeautomaten dargestellte Brandschutztüre gänzlich fehlte. Die Genehmigungspflicht ergibt sich aus einer Änderung des Brandabschnittes, wodurch eine Gefährdung von Nachbarn im Brandfall nicht auszuschließen ist.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

ad I) § 367 Z 25 iVm § 370 Abs 5 Gewerbeordnung 1994 - GewO 1994, BGBl Nr 194/1994 idF BGBl I Nr 63/1997 im Zusammenhalt mit der zitierten Auflage des obgenannten Bescheides

ad II) § 366 Abs 1 Z 3 iVm § 81 Abs 1 GewO 1994, BGBl Nr 194/1994 idF BGBl I Nr 63/1997

Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über Sie folgende Strafe verhängt:

ad 1) Geldstrafe von Schilling 2.500,--, falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von 2 Tagen und 12 Stunden,

ad 2) Geldstrafe von Schilling 6.000,--, falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von 6 Tagen gemäß ad 1): § 367 Einleitungssatz und Z 25 iVm § 370 Abs 5 Gewerbeordnung 1994 - GewO 1994, BGBl Nr 194/1994 idF BGBl I Nr 63/1997 im Zusammenhalt mit der zitierten Auflage des obgenannten Bescheides sowie ad 2): § 366 Abs 1 Z 3 iVm § 81 Abs 1 und § 370 Abs 5 GewO 1994, BGBl Nr 194/1994 idgF.

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

850,-- Schilling als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, ds 10% der Strafe.

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten) beträgt daher 9.350,-- Schilling. Außerdem sind die Kosten des Strafvollzuges zu ersetzen."

In der dagegen erhobenen Berufung macht der Berufungswerber inhaltliche Rechtswidrigkeit und Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend. Tatsächlich sei im angefochtenen Straferkenntnis der dem Berufungswerber zur Last gelegte Sachverhalt nicht ausreichend konkretisiert und werde dieser auch bestritten. Weiters wird eingewendet, dass das Verschulden des Berufungswerbers selbst dann, wenn der ihm zur Last gelegte Sachverhalt zutreffen würde, gering wäre, da der Beschuldigte stets alles in seiner Macht Stehende unternommen habe, Verwaltungsübertretungen hintanzuhalten. Er habe insbesondere die ihm unterstehenden Mitarbeiter entsprechend geschult und laufend (zumeist täglich) kontrolliert. Dass es dennoch bisweilen zu Unzulänglichkeiten kommen könne, liege in der auch vom Beschuldigten nicht beseitigbaren Unvollkommenheit seiner Mitarbeiter. Darüber hinaus entspreche die über den Beschuldigten verhängte Strafe - selbst wenn der Sachverhalt vorliegen würde und strafbar wäre - nicht den Strafzumessungsregeln des VStG und sei daher rechtswidrig. Der Berufungswerber habe keine einschlägigen Vorstrafen und hätten die ihm zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen keine nachteiligen Folgen nach sich gezogen. Angesichts eines allfälligen geringen Verschuldens wäre gemäß § 21 VStG von einer Strafe abzusehen. Äußerst hilfsweise werde gerügt, dass die Strafzumessungsregeln des VStG nicht befolgt und die Strafe zu hoch bemessen worden sei. Das angefochtene Straferkenntnis erweise sich aus all den angeführten Gründen als rechtswidrig.

2. In der öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat Wien gab der Vertreter des Berufungswerbers zu Spruchpunkt I) des angefochtenen Straferkenntnisses folgendes zu Protokoll:

"Durch den Auflagenpunkt 6) des Betriebsanlagengenehmigungsbescheides wird vorgeschrieben, dass die Tür vom Verkaufsraum in das Lager brandhemmend gemäß ÖNORM B 3850 auszuführen ist. Vorgeschrieben ist hiermit eine bestimmte Art der baulichen Ausführung, nicht jedoch eine bestimmte Art der Verwendung der Türe. Das vorgehaltene Fixieren der Türe in Offenstellung, das im übrigen bestritten wird, ist kein baulicher Mangel, sondern eine Art der Verwendung. Schon aus diesem Grunde ist der Betriebsanlagengenehmigungsbescheid keine taugliche Rechtsgrundlage für eine Bestrafung im Verwaltungsstrafverfahren, selbst wenn durch die ÖNORM B 3850 in Unterpunkten eine bestimmte Art der Verwendung der Türe vorgeschrieben wäre, so hätte dieser Unterpunkt im Betriebsanlagengenehmigungsbescheid wörtlich angeführt werden müssen. Im übrigen verweise ich auf das Berufungsvorbringen und beantrage die Einstellung des Strafverfahrens."

Zu Spruchpunkt II) des angefochtenen Straferkenntnisses gab der Vertreter des Berufungswerbers folgendes zu Protokoll:

"Zu Spruchpunkt II) bringe ich vor, dass im Betriebsanlagengenehmigungsbescheid bloß ausgeführt wird, dass die gegenständliche Betriebsanlage nach Maßgabe des Planes mit der Betriebsbeschreibung, auf die sich dieser Bescheid bezieht, genehmigt wird. Welcher Plan und welche Betriebsbeschreibung dies sind, wird nicht ausgeführt und werden diese auch nicht näher im Betriebsanlagengenehmigungsbescheid individualisiert. Schon deswegen ist eine Bestrafung auf Grundlage eines Verstoßes gegen den Betriebsanlagengenehmigungsbescheid nicht zulässig, weil der Einreichplan nicht Inhalt des Betriebsanlagengenehmigungsbescheides wurde. Weiters wird vorgehalten, dass der Berufungswerber eine genehmigungspflichtig geänderte Betriebsanlage ohne die erforderliche Genehmigung geändert betrieben hat. Gemäß § 81 Abs 2 GewO 1994 ist eine Genehmigungspflicht bei Änderung einer Betriebsanlage ua dann nicht gegeben, wenn es sich um Änderungen handelt, die das Emissionsverhalten der Anlage nicht nachteilig beeinflussen. Selbst wenn daher eine vorgeschriebene Brandschutztüre gefehlt hätte (was bestritten wird), wäre eine Genehmigungspflicht nicht gegeben, da das Fehlen einer Brandschutztüre ohne Einfluß auf das Emissionsverhalten der gegenständlichen Betriebsanlage ist; daher ist § 366 Abs 1 Z 3 iVm § 81 Abs 1 GewO 1994 keine taugliche Grundlage zur Bestrafung wegen des vorgehaltenen Verstoßes. Im übrigen verweise ich auch hier auf das Berufungsvorbringen und beantrage daher auch zu Spruchpunkt 2) die Einstellung des Strafverfahrens. Zum Beweis für mein Vorbringen, beantrage ich die Beischaffung des gegenständlichen Betriebsanlagenaktes."

Das anzeigelegende Organ der Magistratsabteilung 36 sagte bei seiner zeugenschaftlichen Einvernahme aus wie folgt:

"Ich bin seit drei Jahren in der Magistratsabteilung 36 tätig und habe in dieser Zeit jährlich etwa 600 bis 700 Überprüfungen durchgeführt. Bei der gegenständlichen Überprüfung handelte es sich für mich um einen Routinefall. Ich kann mich im Wesentlichen an die Überprüfung noch erinnern.

Zu Spruchpunkt I) führe ich aus, dass die Tür vom Verkaufsraum in das Lager insofern dem Auflagenpunkt 6) des näher zitierten Bescheides nicht entsprochen hat, weil die Tür mittels eines Behelfsmittels (welches ich in der Anzeige vom 25.3.1998 näher umschrieben habe), in Offenstellung fixiert war.

Zu Spruchpunkt 2) führe ich aus, dass die im Bescheidplan mit T 30 bezeichnete Türe vor dem Flaschenrückgabeautomaten gänzlich fehlte, also der im Genehmigungsbescheid vorgeschriebenen Auflage Punkt 6), wie ich das in meinen Anzeigen vom 15.9.1997 und vom 25.3.1998 angegeben habe, nicht entsprochen wurde."

In seinen Schlußausführungen führte der Vertreter des Berufungswerbers folgendes aus:

"Ich bringe zu Spruchpunkt II) noch ergänzend vor, dass es nach ständiger VwGH-Judikatur nicht ausreicht, bloß abstrakt eine Gefährdung von Nachbarn im Sinne des § 81 Abs 1 GewO 1994 zu behaupten. Spruchpunkt II) ist auch mangels ausreichender Konkretisierung keine taugliche Rechtsgrundlage zur Bestrafung des Berufungswerbers, da das Vorhandensein von Nachbarn im Spruchpunkt II) nicht einmal behauptet wurde. Ansonsten verweise ich auf das bisherige Berufungsvorbringen."

Der Vertreter des Berufungswerbers hat auf die öffentliche Verkündung des Berufungsbescheides verzichtet.

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat erwogen:

a) Zur Bestätigung des angefochtenen Straferkenntnisses zu Spruchpunkt I):

Nach Auflagenpunkt 6 des Betriebsanlagenbescheides vom 9.4.1990, Zl MBA 9 - Ba 25.682/1/89, sind die im Bescheidplan mit T 30 bezeichneten Türen brandhemmend (T 30) gemäß ÖNORM B 3850 (Ausgabe 1.10.1986) auszuführen.

Gemäß Punkt 3.5 der ÖNORM B 3850 ("Selbstschließung, Schließmittel") müssen Brandschutztüren nach dem Öffnungsvorgang selbsttätig schließen. Weiters müssen Türflügel eine selbsttätige Arretierung besitzen, die bei Erreichen der Geschlossenstellung den bzw die Türflügel wirksam verriegelt. Schließeinrichtung und Verriegelung müssen so ausgebildet sein, dass jederzeit ein neuerliches Öffnen samt darauffolgendem selbsttätigem Schließen einschließlich Verriegeln gewährleistet ist (Abs 3). Nach Abs 5 dieses Unterpunktes ist es zulässig, Brandschutztüren gemäß dieser ÖNORM in Offenstellung feststellbar einzurichten, jedoch nur dann, wenn diese Feststelleinrichtung im Brandfalle unwirksam wird und die Türanlage zuverlässig für den Schließvorgang freigibt. Dem angefochtenen Straferkenntnis liegt der Erhebungsbericht der Magistratsabteilung 36 vom 25.3.1998, Zl MA 36/A/9/98/1998, zugrunde, dem hinsichtlich Spruchpunkt I) zu entnehmen ist, dass die brandhemmende Tür (T 30) vom Verkaufsraum in das Lager insofern nicht den Anforderungen der ÖNORM B 3850 Punkt 3.5 entsprochen habe, da diese mittels Schnur und Magnethalterung in Offenstellung fixiert gewesen sei (was keinesfalls einer Feststellvorrichtung im Sinne der TRVB 148 entspreche). Wie sich aus den oben wiedergegebenen Ausführungen des Meldungslegers bei seiner zeugenschaftlichen Einvernahme ergibt, konnte er sich an die Fixierung der genannten Tür in Offenstellung mittels eines Behelfsmittels (welches er in der Anzeige vom 25.3.1998 näher umschrieben habe) noch erinnern.

Aufgrund der Aussage dieses Zeugen, der in der öffentlichen mündlichen Verhandlung einen sehr kompetenten Eindruck hinterließ, in Verbindung mit dem genannten Erhebungsbericht ist als erwiesen anzusehen, dass die Türe aus dem Verkaufsraum in das Lager im Tatzeitpunkt mittels Schnur und Magnethalterung in Offenstellung fixiert war. Da es sich bei dieser Fixierung nicht um eine Feststelleinrichtung im Sinne des oben zitierten Punktes 3.5 der ÖNORM B 3850 gehandelt hat, nämlich um eine solche, die im Brandfall unwirksam geworden und die Türanlage zuverlässig für den Schließvorgang freigegeben hätte, war vom Vorliegen des objektiven Tatbestandes auszugehen.

Insofern der Vertreter des Berufungswerbers einwendet, dass im Gegenstande eine bestimmte Art der baulichen Ausführung vorgeschrieben sei, nicht jedoch eine bestimmte Art der Verwendung der Türe (weshalb schon aus diesem Grunde der Betriebsanlagengenehmigungsbescheid keine taugliche Rechtsgrundlage für eine Bestrafung im Verwaltungsstrafverfahren sei), ist zunächst festzustellen, dass sich die ÖNORM B 3850 in der genannten Fassung vom 1.10.1986 nicht nur auf die bauliche Ausgestaltung, sondern auch auf die jeweilige Funktionstüchtigkeit der Türen in einem gegebenen Moment bezieht. Dies geht ua aus Punkt 3.5 der genannten ÖNORM hervor, worin etwa auf das "Funktionieren" der Schließfolgeregelung bei zweiflügeligen Türen Bezug genommen wird. Somit kann auch die eingangs des genannten Punktes 3.5 der ÖNORM B 3850 enthaltene Forderung, dass "Brandschutztüren nach dem Öffnungsvorgang selbsttätig schließen (müssen)", nur so verstanden werden, dass dieser Vorgang jederzeit "funktionieren" muß, dh gewährleistet sein muß. Dass aufgrund dieser Bestimmung nicht nur Konstruktionsmerkmale einer Brandschutztüre verboten sind, die die entsprechende Funktion in Frage stellen würden, sondern auch sonstige nachteilige (äußerliche) Einwirkungen auf den entsprechenden Funktionsmechanismus derartiger Türen, kann ua dem genannten Punkt der ÖNORM entnommen werden, der nicht nur das Ziel des selbsttätigen Schließens vorgibt, sondern auch (eher beispielsweise) gewisse, auf den Betrieb der Türe Bezug nehmende, Hindernisse für den Schließvorgang der Türe berücksichtigt. Es liegt auf der Hand, dass die ÖNORM B 3850 dabei nicht auf die in jedem Einzelfall gegebenen betrieblichen Umstände Bezug nehmen kann, die eben gerade dadurch "einbezogen" werden, dass eine Auflage in einem, eine konkrete Betriebsanlage genehmigenden, Betriebsanlagenbescheid auf diese ÖNORM und auf deren Zielvorgaben samt den dort enthaltenen speziellen technischen Anordnungen verweist.

In diesem Zusammenhang ist anzumerken, dass im vorliegenden Fall eine spezielle Bezugnahme auf die in der genannten ÖNORM enthaltenen Bestimmungen für "Feststelleinrichtungen" nicht erforderlich gewesen ist, weil weder behauptet wurde noch nach dem Sachverhalt offenkundig war, daß die Behelfsmittel der Fixierung (nämlich Schnur und Magnethalterung) dazu bestimmt, jedenfalls aber nach Lage des Falles zumindest erkennbar dazu geeignet gewesen wären, die Türe im Brandfall ausreichend schnell (rechtzeitig) "freizugeben", um den in Rede stehenden Schließvorgang zu ermöglichen.

Bei der gegenständlichen Verwaltungsübertretung handelt es sich um ein sogenanntes Ungehorsamsdelikt, weil zum Tatbestand weder der Eintritt eines Schadens noch einer Gefahr gehört. In einem solchen Fall ist gemäß § 5 Abs 1 VStG Fahrlässigkeit anzunehmen, wenn der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Das bedeutet, dass der Beschuldigte initiativ alles darzulegen hat, was für seine Entlastung spricht, was in erster Linie durch ein geeignetes Tatsachenvorbringen und durch die Beibringung von Beweismitteln bzw die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen hat. Die allgemein gehaltene Behauptung des Berufungswerbers, er habe stets alles in seiner Macht Stehende unternommen, um Verwaltungsübertretungen hintanzuhalten und habe insbesondere die ihm unterstehenden Mitarbeiter entsprechend geschult und laufend (zumeist täglich) kontrolliert, reicht jedenfalls nicht aus, mangelndes Verschulden darzutun, sodass die ihm im Spruchpunkt I) zur Last gelegte Verwaltungsübertretung auch in Ansehung der subjektiven Tatseite als verwirklicht anzusehen war.

Zur Strafbemessung (zu Spruchpunkt I)):

Gemäß § 19 Abs 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Gemäß § 19 Abs 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen. Gemäß § 21 Abs 1 erster Satz VStG kann die Behörde ohne weiteres Verfahren von der Verhängung einer Strafe absehen, wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind.

Gemäß § 367 Z 25 GewO 1994 begeht eine Verwaltungsübertretung, die nach dem Einleitungssatz dieser Gesetzesstelle mit Geldstrafe bis zu S 30.000,-- zu bestrafen ist, wer (ua) die gemäß den Bestimmungen der §§ 74 bis 83 in Bescheiden vorgeschriebenen Auflagen oder Aufträge nicht einhält.

Die Tat schädigt in nicht unerheblichem Maße das durch die gesetzliche Vorschrift geschützte Interesse an der Einhaltung von Bescheidauflagen für gewerbliche Betriebsanlagen, die ein gefahrloses Betreiben der Betriebsanlage gewährleisten sollen. Deshalb war der Unrechtsgehalt der Tat an sich, selbst bei Fehlen sonstiger nachteiliger Folgen, nicht als geringfügig anzusehen. Dass die Einhaltung der Auflage eine besondere Aufmerksamkeit erfordert habe oder dass die Übertretung aus besonderen Gründen nur schwer hätte vermieden werden können, ist weder hervorgekommen noch aufgrund der Tatumstände anzunehmen, weshalb auch das Verschulden des Berufungswerbers nicht als geringfügig angesehen werden kann.

Schon aus diesem Grund kam eine Anwendung des § 21 VStG nicht in Betracht.

Bei der Strafbemessung waren - wie bereits von der Erstbehörde - mehrere auf der gleichen schädlichen Neigung beruhende Verwaltungsstrafvormerkungen als erschwerend zu werten. Unter Bedachtnahme auf diese Strafzumessungsgründe und den bis S 30.000,-- reichenden gesetzlichen Strafrahmen sowie unter Berücksichtigung der als günstig zu beurteilenden Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse (der Berufungswerber hat dazu in dem beim Unabhängigen Verwaltungssenat Wien zur GZ: UVS-04/G/33/00128/98 anhängig gewesenen Berufungsverfahren folgende Angaben gemacht: monatliches Nettoeinkommen von S 30.000,--, kein Vermögen, Sorgepflichten für zwei Kinder) erscheint die verhängte Geldstrafe durchaus angemessen und keineswegs zu hoch, zumal Milderungsgründe im Verfahren nicht hervorgekommen sind.

Die Vorschreibung des Beitrages zu den Kosten des Berufungsverfahrens stützt sich auf die zwingende Vorschrift des § 64 Abs 1 und 2 VStG.

b) Zur Aufhebung und Verfahrenseinstellung zu Spruchpunkt II):

Das oben wiedergegebene Vorbringen des Vertreters des Berufungswerbers in der öffentlichen mündlichen Verhandlung zu diesem Spruchpunkt grenzt nicht nur an Mutwillen, sondern ist zum Teil auch noch ganz offensichtlich aktenwidrig. So bedarf es gar nicht der vom Vertreter des Berufungswerbers beantragten Beischaffung des gegenständlichen Betriebsanlagenaktes, sondern genügt eine Durchsicht des auch dem Genehmigungswerber mit drei Beilagen (Plan B1, Betriebsbeschreibungen B2, B3) zugestellten Betriebsanlagengenehmigungsbescheides vom 9.4.1990, Zl MBA 9 - Ba 25.682/1/89, um zu erkennen, dass der Genehmigungsbescheid auf den Seiten 1 und 2 eine Beschreibung der Betriebsanlage enthält und dass dieser Bescheid auf Seite 6 die ausdrückliche Feststellung enthält, die Beschreibung der Betriebsanlage sei auf Grund der an Ort und Stelle durchgeführten Augenscheinsverhandlung und des diesem Bescheid zugrunde gelegten Planes sowie der vom Antragsteller beigebrachten Betriebsbeschreibung erfolgt. Die Behebung des angefochtenen Straferkenntnisses zu Spruchpunkt II) und die Verfahrenseinstellung zu diesem Spruchpunkt war vielmehr aufgrund folgender Erwägungen vorzunehmen:

Zu Spruchpunkt II) wurde dem Berufungswerber eine Verwaltungsübertretung nach § 366 Abs 1 Z 3 GewO 1994 angelastet. Danach begeht eine Verwaltungsübertretung, die nach § 366 Abs 1 Einleitungssatz GewO 1994 mit Geldstrafe bis zu S 50.000,-- zu bestrafen ist, wer eine genehmigte Betriebsanlage ohne die erforderliche Genehmigung ändert oder nach der Änderung betreibt (§ 81). Gemäß § 81 GewO 1994 bedarf, wenn es zur Wahrung der im § 74 Abs 2 umschriebenen Interessen erforderlich ist, auch die Änderung einer genehmigten Betriebsanlage einer Genehmigung im Sinne der vorstehenden Bestimmungen. Diese Genehmigung hat auch die bereits genehmigte Anlage soweit zu umfassen, als es wegen der Änderung zur Wahrung der im § 74 Abs 2 umschriebenen Interessen gegenüber der bereits genehmigten Anlage erforderlich ist. Kern des Tatvorwurfes zu Spruchpunkt II) ist also das genehmigungslose Verändern des Konsenses des bestehenden Genehmigungsumfanges einer Betriebsanlage.

Die im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses näher umschriebene Betriebsanlage der M Warenhandels Aktiengesellschaft wurde, wie bereits oben ausgeführt, mit Bescheid des Magistratischen Bezirksamtes für den 9. Bezirk, vom 9.4.1990, MBA 19 - Ba 25.682/1/89, gewerberechtlich genehmigt. Aus der Betriebsbeschreibung dieses Betriebsanlagengenehmigungsbescheides lässt sich aber eine Bezugnahme auf eine Brandschutztüre vor dem Flaschenrückgabeautomaten nicht entnehmen, sondern wird der Betriebsinhaber durch den Auflagenpunkt 6 des gegenständlichen Betriebsanlagengenehmigungsbescheides (ua) verpflichtet, die im Einreichplan (welcher Bestandteil des Genehmigungsbescheides ist) vor dem Flaschenrückgabeautomaten mit T 30 bezeichnete Türe brandhemmend (T 30) gemäß ÖNORM B 3850 (Ausgabe 1. Oktober 1986) auszuführen.

Auch bei Anlastung zu Spruchpunkt II) handelt es sich daher - wie bei Spruchpunkt I) - um eine Übertretung nach § 367 Z 25 GewO 1994 iVm Auflagenpunkt 6 des zitierten Genehmigungsbescheides. (Im übrigen ist dem Straferkenntnis vom 16.12.1997, Zl MBA 9 - S 7617/97, zu entnehmen, dass dem Berufungswerber wegen einer gleichartigen Tathandlung der Vorwurf gemacht wird, § 367 Z 25 GewO 1994 iZm Spruchpunkt 6 des obgenannten Bescheides und der ÖNORM B 3850 in der Fassung 1.10.1986, Punkt 3.5, verletzt zu haben.)

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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