TE UVS Steiermark 1998/08/10 30.12-39/98

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Veröffentlicht am 10.08.1998
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Wigbert Hütter über die Berufung des Herrn Josef Ferdinand B, B-Straße 6, L, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung vom 14.07.1998, GZ.: 15.1-1998/5894, wie folgt entschieden:

Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im folgenden VStG) wird

1.) der Berufung zu Punkt 1.) Folge gegeben, das Straferkenntnis diesbezüglich aufgehoben und das Verfahren nach § 45 Abs 1 Z 1 VStG eingestellt;

2.) die Berufung zu Punkt 2.) abgewiesen.

Nach § 64 Abs 1 und 2 VStG hat der Berufungswerber als Kostenbeitrag zum Berufungsverfahren den Betrag von S 600,-- binnen vier Wochen bei Exekution zu bezahlen.

Der Spruch des Punktes 2.) des Straferkenntnisses wird wie folgt neu gefaßt:

Herr Josef Ferdinand B, L, B-Straße 6, hat als Inhaber der Nebenjobbörse, J-A-S, als Beilage zur Wochenzeitung "der neue G" Nr. 7 vom 26.02.1998 ein Flugblatt mit dem Inhalt (auszugsweise): "Nebenjob ? Sie wollen dazu verdienen ? Wir vermitteln Nebenjobs für Sie und Ihn, für Schüler, Studenten, Arbeiter, Angestellte, Hausfrauen, Pensionisten .......Wir vermitteln weit über 100 Nebenjobs ! Sie benötigen eine Aushilfskraft ? Wir vermitteln weibliche und männliche Aushilfskräfte an Unternehmen, Privatpersonen und Institutionen für jede Tätigkeit. Vom Putz- und Bügeldienst über Nachhilfeunterricht, Rasenmähen, Haustouren, Schneeräumen, Aushilfskellner/-innen bis zum Dolmetscher, Messebetreuer... Für Sie und ihn in jedem Bereich." veröffentlicht und damit auf Arbeitsvermittlung gerichtete Tätigkeiten einem größeren Kreis von Personen angeboten, obwohl er die erforderliche Gewerbeberechtigung für einen Arbeitsvermittler nicht erlangt hatte.

Hiedurch wurde § 366 Abs 1 Z 1 Gewerbeordnung - GewO. 1994 iVm § 128 Abs 1 leg. cit. iVm § 1 Abs 4 zweiter Satz leg. cit. iVm § 9 Abs 5 Arbeitsmarktförderungsgesetz - AMFG verletzt. Weiters wird ausgesprochen, daß die Verhängung der Geldstrafe aufgrund des § 48 Abs 1 AMFG erfolgte.

Text

Die belangte Behörde (Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung als erste Instanz) warf dem nunmehrigen Berufungswerber mit Straferkenntnis folgende Sachverhalte vor:

1.) Er habe als Inhaber der Fa. Nebenjobbörse, J-A-S, Josef B von Februar bis März 1998 mittels einer Aussendung in der steirischen Wochenzeitung die Vermittlung von Nebenjobs aller Art bei Privatpersonen, Firmen und Institutionen angeboten, obwohl jede auf Arbeitsvermittlung gerichtete Tätigkeit, die durch die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes oder andere

gesetzliche Vorschriften nicht gedeckt ist, untersagt sei.

2.) Weiters habe er "in der Zeit Februar/März 1998" auf dem Standort L, B-jStraße 6 als Inhaber der Fa. Nebenjobbörse, J-A-S das Gewerbe Vermittlung von Arbeitskräften nach § 124 Z 1 Gewerbeordnung - GewO. selbständig regelmäßig und in der Absicht ausgeübt, einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen, obwohl er dafür keine Gewerbeberechtigung besitze. Er habe dieses Gewerbe durch Ankündigung in der steirischen Wochenzeitung angeboten.

Hiedurch sei betreffend Punkt 1.) § 48 Abs 1 iVm § 9 Abs 5 Arbeitsmarktförderungsgesetz - AMFG und zu Punkt 2.) § 366 Abs 1 Z 1 GewO. verletzt worden.

Nach § 48 Abs 1 AMFG und nach § 366 Abs 1 GewO. wurden jeweils Geldstrafen in Höhe von S 3.000,-- verhängt. Der Beschuldigte berief und führte begründend aus, (1.) er habe die Nebenjobbörse aufgrund einer Fehlinformation der Kammer als Adressenvermittlung gegründet, (2.) er habe nie die Absicht gehabt, das AMFG oder die GewO. zu übertreten oder jemanden zu schädigen, (3.) er habe bei Bekanntwerden des Gesetzesverstoßes sofort die Konsequenzen gezogen, die Firma liquidiert und das freie Gewerbe "Adressenbüro" per 30.04.1998 abgemeldet, (4.) er habe in der Zeit vom 01.02. bis 30.04.1998 keinerlei Vermittlungen getätigt und keine Honorare kassiert. Die Firma sei vom ersten Tag an ein Flop gewesen, der sich mit einem Verlust von S 500.000,-- zu Buche geschlagen habe. (5.)

Er selbst sei der einzige Geschädigte, habe aber keinen Gewinn aus der Tätigkeit erzielt, (6.) seine finanziellen Verhältnisse seien katastrophal, da er neben dem Verlust von S 500.000,-- weitere Verbindlichkeiten in Höhe von S 220.000,-- habe und kein Vermögen (weder Auto noch Grund noch Wohnung) besitze. Er habe kein privates Einkommen, habe aber monatliche Fixbelastungen von S 44.000,--.

Aus den angeführten Gründen und weil er 20 Jahre eine Firma geführt habe, ohne eine Übertretung zu begehen, ersuche er von einer Strafe abzusehen und das Verfahren einzustellen. Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark gelangt als nach § 51 Abs 1 VStG zuständige Berufungsbehörde aufgrund der Aktenlage - insbesondere auch der beiden Aktenvermerke je vom 07.08.1998 und aufgrund des Telefax des Bundessozialamtes Steiermark vom selben Tag - zu folgenden Feststellungen:

Herr Josef B erhielt am 03.02.1998 die Gewerbeberechtigung für das freie Gewerbe "Adressenbüro" mit dem Standort L, B-Straße 6, das am 30.04.1998 durch Endigung der Gewerbeberechtigung gelöscht wurde.

Er hatte keine Gewerbeberechtigung als Adressenvermittler erlangt.

Der Berufungswerber ließ ein Flugblatt drucken, das der Wochenzeitung "der neue G" Nr. 7 vom 26.02.1998 beigelegt wurde und (unter anderem) folgenden Text enthält: "Sie suchen einen Nebenjob ? Sie wollen dazu verdienen ? Wir vermitteln Nebenjobs für Sie und Ihn, für Schüler, Studenten, Arbeiter, Angestellte, Hausfrauen, Pensionisten ... Wir vermitteln weit über 100 Nebenjobs ! Sie benötigen eine Aushilfskraft ? Wir vermitteln weibliche und männliche Aushilfskräfte an Unternehmen, Privatpersonen und Institutionen für jede Tätigkeit von Putz- und Bügeldienst über Nachhilfeunterricht, Rasenmähen, Haustouren, Schneeräumen, Aushilfskellner/-innen bis zum Dolmetscher, Messebetreuer ... Für Sie und Ihn - in jedem Bereich. ... Natürlich fällt für unsere Arbeit auch ein Honorar an. Um es für Sie interessant zu machen, haben wir zum Einstieg einen besonders günstigen Tarif gestaltet. Sie zahlen ein Jahr lang mtl. ÖS 96,-- inkl. MWSt. (Normaltarif ÖS 126,-- inkl. MWSt.) oder die Jahresgebühr einmalig zum Sonderpreis von ÖS 1.000,-- inkl. MWSt. (Normaltarif ÖS 1.512,-- inkl. MWSt.)."

Der Berufungswerber hatte die im Flugblatt angekündigte Vermittlungstätigkeit dem Bundessozialamt Steiermark nicht angezeigt.

Dieser - vom Berufungswerber nicht bestrittene - Sachverhalt ergibt sich aus der Anzeige des Bundessozialamtes Steiermark vom 30.04.1998, dem dieser Anzeige beigeschlossenen Flugblatt sowie (bezüglich des Erscheinungsdatums) aus dem Aktenvermerk vom 07.08.1998.

Rechtsbeurteilung:

§ 9 AMFG ist mit "Arbeitsvermittlung" sowie mit "Begriff"

überschrieben und lautet auszugsweise wie folgt:

(1) Arbeitsvermittlung im Sinne dieses Bundesgesetzes ist jede Tätigkeit, die darauf gerichtet ist, Arbeitssuchende mit Dienstgebern zur Begründung von Dienstverhältnissen oder mit Auftraggebern (Zwischenmeistern, Mittelspersonen) zur Begründung von Heimarbeitsverhältnissen im Sinne des Heimarbeitsgesetzes 1960 BGBl. Nr. 105/1961

zusammenzuführen, es sei denn, daß diese Tätigkeit nur gelegentlich und unentgeltlich oder auf Einzelfälle beschränkt ausgeübt wird. Unter den Begriff Arbeitsvermittlung fällt auch die Vermittlung von Arbeitssuchenden von Österreich in das Ausland und vom Ausland nach Österreich.

(5) Jede auf Arbeitsvermittlung gerichtete Tätigkeit, die durch die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes oder andere gesetzliche Vorschriften nicht gedeckt wird, ist untersagt."

§ 10 AMFG:

Für die Arbeitsvermittlung gelten insbesondere nachstehende

Richtlinien:..e.) die Arbeitsvermittlung ist unentgeltlich und

unparteiisch durchzuführen, ..."

§ 17 a AMFG:

(1) Inhaber der Berechtigung zur Ausübung des Gewerbes der Arbeitsvermittlung dürfen, wenn sie dem zuständigen Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen die beabsichtigte Aufnahme der Vermittlungstätigkeit angezeigt haben und ihnen diese nicht binnen drei Monaten aus einem der im § 17 d Abs 1 oder in einer Verordnung gemäß § 17 d Abs 3 genannten Gründen untersagt wurde, die Arbeitsvermittlung nach Maßgabe folgender Bestimmungen durchführen. Stellt das zuständige Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vor Ablauf von 3 Monaten fest, daß keine Untersagungsgründe vorliegen, darf die Vermittlungstätigkeit sofort aufgenommen werden."

§ 17 b AMFG:

(1) Abweichend von der Bestimmung des § 10 lit e sind Entgeltleistungen der Dienstgeber für dieTätigkeit von Inhabern einer Gewerbeberechtigung für Arbeitsvermittler zulässig."

§ 48 Abs 1 AMFG:

Wer eine auf Arbeitsvermittlung gerichtete Tätigkeit ausübt, die gegen dieses Bundesgesetz (§ 9) oder andere gesetzliche Bestimmungen verstößt, begeht, sofern die Tat weder eine in die Zuständigkeit der Gerichte fallende noch eine nach dem Arbeitskräfteüberlassungsgesetz BGBl. Nr. 196/1988 strafbare Handlung bildet, eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von S 10.000,-- bis S 50.000,-- im Wiederholungsfall von S 20.000,-- bis S 100.000,-- zu bestrafen."

§ 1 Abs 4 GewO:

Auch eine einmalige Handlung gilt als regelmäßige Tätigkeit, wenn nach den Umständen des Falles auf die Absicht der Wiederholung geschlossen werden kann oder wenn sie längere Zeit erfordert. Das Anbieten einer den Gegenstand eines Gewerbes bildenden Tätigkeit an einen größeren Kreis von Personen oder bei Ausschreibungen wird der Ausübung des Gewerbes gleichgehalten."

§ 124 GewO:

Nicht bewilligungspflichtige gebundene Gewerbe sind die im

folgenden angeführten Gewerbe: 1.) Arbeitsvermittler (§ 128);

........."

§ 128 GewO:

(1) Einer Gewerbeberechtigung für das gebundene Gewerbe der Arbeitsvermittler (§ 124 Z 1) bedarf es für die Arbeitsvermittlung, das ist die Zusammenführung von Arbeitssuchenden mit Arbeitgebern zur Begründung von Arbeitsverhältnissen oder von Arbeitssuchenden mit Auftraggebern (Zwischenmeistern, Mittelspersonen) zur Begründung von Heimarbeitsverhältnissen im Sinne des Heimarbeitsgesetzes 1960 BGBl. Nr. 105/1961.

(2) Arbeitsvermittlung gemäß Abs 1 ist auch die Vermittlung von Arbeitssuchenden von Österreich in das Ausland oder vom Ausland nach Österreich."

§ 366 (1) GewO:

Eine Verwaltungsübertretung die mit Geldstrafe bis zu S 50.000,-

- zu bestrafen ist, begeht, wer 1.) ein Gewerbe ausübt, ohne die erforderliche Gewerbeberechtigung erlangt zu haben; .."

Zu Punkt 1.) des Straferkenntnisses:

Nach § 44 a Z 1 VStG hat der Bescheidspruch, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Die Tat ist hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, daß

1.)  die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und

2.)  die Identität der Tat (z.B. nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht. Dazu muß die Tat dem Beschuldigten im Spruch so konkretisiert vorgeworfen werden, daß er auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anbieten kann, um den Tatvorwurf zu widerlegen, und der Spruch geeignet sein, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens ein weiteres Mal zur Verantwortung gezogen zu werden (VwSlg. 11466A/1984).

Sache des Berufungsverfahrens ist der Tatvorwurf, daß der Berufungswerber als Inhaber der Nebenjobbörse mittels einer Aussendung in der steirischen Wochenzeitung die Vermittlung von Nebenjobs aller Art bei Privatpersonen, Firmen und Institutionen angeboten habe, "obwohl jede auf Arbeitsvermittlung gerichtete Tätigkeit die durch die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes oder anderen gesetzlichen Vorschriften nicht gedeckt ist, untersagt ist". Es wurde diesbezüglich § 9 Abs 5 AMFG iVm § 48 Abs 1 als verletzte Rechtsvorschrift bezeichnet.

Bei § 48 Abs 1 handelt es sich um eine Blankettstrafvorschrift. Diese enthalten keinen oder keinen vollständigen Tatbestand, sondern verweisen auf andere Vorschriften, die damit Teil des Verwaltungsstraftatbestandes werden (Walter-Mayer, Verwaltungsverfahrensrecht5 (1991), RZ 729). Die Norm, auf die § 48 Abs 1 AMFG verweist, ist § 9 AMFG, der den Begriff der Arbeitsvermittlung definiert und im Abs 5 seinerseits eine Blankettnorm enthält ("Jede ....Tätigkeit, die durch die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes oder andere gesetzliche Vorschriften nicht gedeckt wird, ist untersagt"). Die Verwaltungsstraftatbestände müssen aber dem Genauigkeitserfordernis des Artikel 18 Abs 1 BVG entsprechen (Walter-Mayer aaO. RZ 731) bzw. müssen Blankettstrafnormen die in ihnen enthaltene Verweisung deutlich erkennen lassen (Walter-Mayer aaO. RZ 732). Im vorliegenden Fall kann der Sachverhaltsteil laut Spruch "mittels einer Aussendung in der steirischen Wochenzeitung die Vermittlung von Nebenjobs aller Art bei Privatpersonen, Firmen und Institutionen angeboten" zwar dem 1. Halbsatz des § 48 Abs 1 AMFG ("wer eine auf Arbeitsvermittlung gerichtete Tätigkeit ausübt") unterstellt werden, das vollständige Tatbild im Sinn des § 9 Abs 5 AMFG ergibt sich aber erst daraus, daß diese Tätigkeit gegen das AMFG oder andere gesetzliche Bestimmungen verstößt, was erfordert, daß eine bestimmte Norm (Gebot oder Verbot) betroffen ist. Ein näher bezeichneter Verstoß ist nun aber weder dem Straferkenntnis noch der Verfolgungshandlung (der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 02.07.1998) zu entnehmen, d.h. es liegt keine Sachverhaltsumschreibung vor, die einer Vorschrift unterstellt werden kann, die Teil der Blankettstrafvorschrift ist. Die belangte Behörde hat nicht nur jenen (zweiten) Teil des Verwaltungsstraftatbestandes nicht genannt, sondern auch das sachverhaltsmäßige Verhalten, das den (genauen) Verstoß bilden soll, im Straferkenntnis und in der Verfolgungshandlung nicht angeführt. Der im Sinne des § 66 Abs 4 AVG die Sache des Berufungsverfahrens bildende Sachverhalt ist damit so umschrieben worden, daß nicht gesagt werden kann, wodurch der Berufungswerber gegen welche Vorschrift verstoßen hat. Es liegt hier somit kein Fall vor, in welchem ein ungenau ausgeführter Sachverhaltsvorwurf durch die Berufungsbehörde zu präzisieren wäre. Punkt 1.) des Straferkenntnisses war daher nach § 45 Abs 1 Z 1 VStG einzustellen. Nach dieser Ziffer hat die Einstellung zu erfolgen, wenn die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann oder keine Verwaltungsübertretung bildet. Gleiches hat zu gelten, wenn nicht gesagt werden kann, ob überhaupt eine relevante Tat vorliegt.

Aus Zweckmäßigkeitsgründen wird auf folgendes hingewiesen:

Aus dem Akt ergibt sich, daß der Berufungswerber gegen zwei

Bestimmungen verstoßen hat: Gegen die Pflicht, im Sinne des § 17 a Abs 1 AMFG dem zuständigen Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen die beabsichtigte Aufnahme der Vermittlungstätigkeit anzuzeigen, durch Unterlassung dieser Anzeige, sowie gegen § 10 lit e iVm § 17 b Abs 1 AMFG dadurch, daß er für die Vermittlung von Nebenjobs auch vom Arbeitssuchenden ein Entgelt einheben wollte, wie sich dies aus den Feststellungen ergibt. Hiebei scheint aber der Verstoß gegen § 17 a Abs 1 AMFG durch die Bestrafung gemäß Punkt 2.) des Straferkenntnisses konsumiert, da eine Anzeige an das Bundessozialamt ja nur der Inhaber einer entsprechenden Gewerbeberechtigung machen kann, diese Voraussetzung aber beim Berufungswerber nicht vorlag und wegen Letzterem die gegenständliche Strafe verhängt wurde. Bezüglich des Verstoßes gegen § 10 lit e iVm § 17 b (1) AMFG bildet die Begründung dieses Bescheides eine Verfolgungshandlung im Sinn des § 32 (2) VStG und ermöglicht eine (weitere) Strafverfolgung. Dabei steht

Artikel 4 des 7. Zusatzprotokolls zur EMRK, welcher die zweimalige Bestrafung eines Beschuldigten wegen desselben Deliktes verbietet, der Verfolgung nicht entgegen, da Sache des Verwaltungsstrafverfahrens die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat mit ihren wesentlichen Sachverhaltselementen unabhängig von ihrer rechtlichen Beurteilung ist (Ringhofer, Verwaltungsverfahrensgesetze II (1992, E 14 zu § 45 VStG), eine künftige Strafverfolgung im dargestellten Sinn aber mit der Sache des gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahrens nicht identisch ist.

Zu Punkt 2.) des Straferkenntnisses:

Der Berufungswerber hat in einem Flugblatt die Vermittlung von Nebenjobs angeboten. Im Sinne des § 1 Abs 4 zweiter Satz GewO. ist das Anbieten einer den Gegenstand eines Gewerbes bildenden Tätigkeit (an einen größeren Personenkreis) der Ausübung des Gewerbes gleichzuhalten.

Für eine Arbeitsvermittlung ist das Vorliegen einer Gewerbeberechtigung im Sinne des § 128 GewO. erforderlich. Diese Gewerbeberechtigung hatte der Berufungswerber nicht erlangt.

Beim Anbieten einer den Gegenstand eines Gewerbes bildenden Tätigkeit kommt es auf den in diesem Zusammenhang zu prüfenden objektiven Wortlaut an und nicht etwa auf die Absicht des Anbietenden. Der Tatbestand des Anbietens ist dann erfüllt, wenn einer an einen größeren Kreis von Personen gerichteten Ankündigung die Eignung zukommt, in der Öffentlichkeit den Eindruck zu erwecken, daß eine unter den Wortlaut der Ankündigung fallende gewerbliche Tätigkeit entfaltet wird (VwGH 91/04/0299 vom 31.3.1992 mit weiteren Judikaturhinweisen). Der Spruch des Straferkenntnisses zeigt, daß dort das Anbieten einer gewerblichen Tätigkeit zwar genannt ist, der objektive Wortlaut der Ankündigung aber nicht aufscheint. Da die Verfolgungsverjährungsfrist im Sinne des § 31 Abs 2 VStG im Zeitpunkt der Erlassung des Berufungsbescheides noch nicht abgelaufen ist, war die Berufungsbehörde berechtigt, den Spruch des Straferkenntnisses in der Sachverhaltsumschreibung durch Wiedergabe des objektiven Wortlautes der Ankündigung zu ergänzen.

Nicht relevant ist, daß der Berufungswerber eine andere Gewerbeberechtigung, nämlich jene für ein Adressenbüro besessen hat, da auch dadurch der Tatbestand der unbefugten Gewerbeausübung des Gewerbes der Arbeitsvermittlung verwirklicht wurde (vgl. VwGH 20.10.1968, Zl. 1727/67). Im Falle des Anbietens einer gewerblichen Tätigkeit ist § 366 Abs 1 Z 1 iVm § 1 Abs 4 zweiter Satz die verletzte Verwaltungsvorschrift im Sinne des § 44 a Z 2 VStG (VwGH 31.3.1992, Zl. 91/04/0299). Zur Ergänzung des Spruches des Straferkenntnisses in diesem Sinne ist die Berufungsbehörde berechtigt und verpflichtet.

Es liegt somit ein Verstoß gegen § 366 Abs 1 Z 1 iVm § 128 Abs 1 leg. cit. iVm § 1 Abs 4 zweiter Satz GewO iVm § 9 Abs 5 AMFG vor.

Der Berufungswerber führte an, er sei auf eine Fehlinformation der Kammer hereingefallen, teilte aber laut Aktenvermerk vom 07.08.1998 mit, er wolle nicht, daß der betreffende Referent der Wirtschaftskammer als Zeuge vernommen werde. Damit liegt kein relevantes von der Berufungsbehörde einer Prüfung zu unterziehendes Vorbringen auf Vorliegen eines Rechtsirrtums vor. Sollte der Berufungswerber meinen, seine auf Arbeitsvermittlung gerichtete Tätigkeit sei ja durch seine Gewerbeberechtigung für ein Adressenbüro gedeckt gewesen und er habe sich deswegen in einem Rechtsirrtum befunden, ist ihm zu erwidern, daß aus der Vorschrift des § 1 der Verordnung des Bundesministers für Handel, Gewerbe und Industrie vom 27.03.1979 BGBl. Nr. 157 klar hervorgeht, daß sich die Tätigkeit eines Adressenbüros lediglich auf Grundstücke, Wohnungen, Geschäftsräume und Unternehmen bezieht, die Arbeitsvermittlung aber hievon nicht umfaßt ist, was ihm aufgrund der jeden Gewerbetreibenden treffenden Informationspflicht hätte bekannt sein müssen und einen Rechtsirrtum ausschließt.

Der Berufungswerber meint auch, er habe nie die Absicht gehabt, das AMFG oder die GewO. zu übertreten oder jemanden zu schädigen. Darauf ist ihm zu erwidern, daß ihm vorsätzliches Verhalten ohnedies nicht unterstellt wird, er aber mit der fehlenden Absicht auf Schädigung die Annahme fahrlässigen Verhaltens nicht beseitigen kann (§ 5 Abs 1 VStG).

Wenn er weiters ausführt, er habe sofort die Konsequenzen gezogen und die Firma liquidiert, ist ihm entgegenzuhalten, daß eine Fortsetzung des deliktischen Verhaltens sich in einer höheren Strafe niedergeschlagen hätte. Es kommt auch nicht darauf an, daß der Berufungswerber keine Menschen geschädigt hat (Punkt 5.) der Berufung), da es sich bei der unbefugten Gewerbeausübung um ein Ungehorsamsdelikt handelt, zu dessen Tatbestand der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört. Auch daß er keinen Gewinn aus der Tätigkeit erzielt hat, kann ihn nicht exkulpieren, da im Flugblatt die Absicht Gewinn zu erzielen hinreichend zum Ausdruck kommt. Der Hinweis auf die katastrophalen finanziellen Verhältnisse im Punkt 6.) der Berufung hat allenfalls bei der Strafbemessung Berücksichtigung zu finden. Ebenso jener auf den hohen Schuldenstand laut Punkt 7.).

Strafbemessung:

Die belangte Behörde verhängte die Geldstrafe aufgrund des § 366 Abs 1 Z 1 GewO. Dies erscheint unzutreffend: Das Arbeitsmarktförderungsgesetz zeigt, daß das Vorliegen einer entsprechenden Gewerbeberechtigung allein noch nicht zur Ausübung der Arbeitsvermittlung berechtigt, sondern zusätzliche Erfordernisse gegeben sind. § 48 Abs 1 AMFG stellt nun nicht nur jede auf Arbeitsvermittlung gerichtete Tätigkeit, die gegen dieses Bundesgesetz verstößt unter Strafe, sondern auch jede, die gegen "andere gesetzliche Bestimmungen verstößt." Unzweifelhaft ist die Ausübung des Gewerbes des Arbeitsvermittlers "eine auf Arbeitsvermittlung gerichtete Tätigkeit", die gegen eine "andere gesetzliche Bestimmung" - nämlich § 366 Abs 1 Z 1 GewO. verstößt. Die Bestrafung hat daher aufgrund des § 48 Abs 1 AMFG zu erfolgen.

Als Regel der Strafbemessung bestimmt § 22 Abs 1 VStG unter anderem, daß die Strafen nebeneinander zu verhängen sind, wenn eine Tat unter mehrere einander nicht ausschließende Strafdrohungen fällt. Handelt es sich aber um einander ausschließende Strafdrohungen, sind die Strafen nicht nebeneinander zu verhängen. Dies ist der Fall bei Scheinkonkurrenz, nämlich wenn dem Gesetz entnommen werden kann, ob mit der Unterstellung des inkriminierten Verhaltens unter einen der mehreren in Frage kommenden Deliktstatbestände der Unrechtsgehalt der Tat vollkommen erfaßt wird oder nicht (Ringhofer Verwaltungsverfahrensgesetze II (1992) FN 4 zu § 22 VStG). Sei es, daß § 48 Abs 1 AMFG den § 366 Abs 1 Z 1 GewO. zu einer subsidiären Bestimmung macht, sei es, daß § 48 Abs 1 AMFG lex specialis gegenüber der lex generalis des § 366 Abs 1 Z 1 GewO. ist, sei es, daß mit dem Deliktstatbestand des § 48 Abs 1 AMFG auch das im § 366 Abs 1 Z 1 GewO. typisierte Unrecht miterfaßt (konsumiert) wird, kann gesagt werden, daß für eine Bestrafung nach § 366 Abs 1 Z 1 GewO. neben § 48 Abs 1 AMFG kein Raum ist.

Gemäß § 19 Abs 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Gemäß § 19 Abs 2 VStG sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Zum Unrechtsgehalt ist auszuführen, daß die vorstehende Tat das schutzwürdige öffentliche Interesse am Ausschluß unberechtigter Personen an der Ausübung des Gewerbes der Arbeitsvermittlung in entsprechendem Ausmaß abstrakt schädigen konnte. Durch Anwendung der Strafbestimmung des § 366 Abs 1 GewO. die keine Mindeststrafe vorsieht, wurde die Geldstrafe von der belangten Behörde im Betrag von S 3.000,-- festgesetzt, was insofern der Mindeststrafe nach § 48 Abs 1 AMFG von S 10.000,-- widerspricht und nicht einmal durch Anwendung der außerordentlichen Strafmilderung im Sinne des § 20 VStG gerechtfertigt werden könnte. Da bei Berufung durch den Beschuldigten die Strafe nicht verschärft werden darf (§ 51 Abs 6 VStG), erübrigen sich weitere Ausführungen zur Strafbemessung. Insbesondere können auch die vom Berufungswerber ins Treffen geführten schlechten finanziellen Verhältnisse eine Strafherabsetzung nicht bewirken, es ist aber auf § 54 b Abs 3 VStG (Aufschub, Teilzahlung) zu verweisen.

Der Berufung war somit zu Punkt 1.) Folge zu geben, das Straferkenntnis aufzuheben und das Verfahren einzustellen, bezüglich Punkt 2.) war die Berufung abzuweisen.

Schlagworte
Arbeitsmarktförderung Gewerbeberechtigung Arbeitsvermittlung Verwaltungsvorschrift Strafbestimmung Konsumption Berufungsverfahren Sache Spruch Konkretisierung Verfolgungsverjährungsfrist Verfolungshandlung Tatbestandsmerkmal anbieten
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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