Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Gerhard Wittmann über die Berufung des Herrn Karl T, vertreten durch Mag. Gerhard M, Rechtsanwalt in M, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Murau vom 27.11.1997, GZ.: 15.1 1997/5850, wie folgt entschieden:
Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im folgenden VStG) wird die Berufung abgewiesen.
Gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG hat der Berufungswerber als Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens einen Betrag von S 200,-- binnen vier Wochen ab Zustellung dieses Bescheides bei sonstiger Exekution zu bezahlen.
Der Spruch des erstinstanzlichen Straferkenntnisses wird wie folgt neu gefaßt:
Sie wurden mit Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Murau vom 6.10.1997 (GZ.: 1997/4980) als Zulassungsbesitzer des Fahrzeuges mit dem Kennzeichen St-39 DO5 aufgefordert, binnen zwei Wochen der anfragenden Behörde bekanntzugeben, wer das angeführte Fahrzeug am 2.7.1997, um 15.25 Uhr, in Murau, im Bereich Anna-Neumann-Straße 24, gelenkt bzw. abgestellt hat. Sie wären verpflichtet gewesen diese Auskunft binnen zwei Wochen nach Erhalt des Schreibens zu erteilen. Sie haben die Auskunft nicht erteilt."
Im übrigen bleibt der Spruch unberührt.
Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Murau vom 27.11.1997, GZ.: 15.1 1997/5850, wurde dem Berufungswerber vorgeworfen, er sei mit Schreiben vom 6.10.1997 (GZ.: 1997/4980) als Zulassungsbesitzer des Fahrzeuges mit dem Kennzeichen St-39 DO5, aufgefordert worden, binnen zwei Wochen der anfragenden Behörde bekanntzugeben, wer das angeführte Fahrzeug am 2.7.1997, um 15.25 Uhr, in Murau, im Bereich Anna-Neumann-Straße 24, gelenkt bzw. abgestellt habe. Er wäre verpflichtet gewesen diese Auskunft bis 23.10.1997 zu erteilen. Er habe diese Auskunft nicht fristgerecht erteilt. Wegen einer Übertretung des § 103 Abs 2 KFG wurde über den Berufungswerber von der Bezirkshauptmannschaft Murau eine Geldstrafe von S 1.000,-- (im Uneinbringlichkeitsfall ein Tag Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt.
Gegen dieses Straferkenntnis erhob der Berufungswerber fristgerecht das Rechtsmittel der Berufung, wobei er vorbrachte, die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen zu haben. Am 6.10.1997 habe er sich im Krankenhaus befunden, und zwar bis 18.10.1997. Es sei daher auch die Lenkererhebung nicht ihm, sondern seiner Tochter zugestellt worden. Lenkererhebungen müßten gegen RSa zugestellt werden. Am selben Tag, an dem er die Lenkererhebung von seiner Tochter in die Hände bekommen habe, sei er zum Sachbearbeiter der Bezirkshauptmannschaft Murau gegangen und habe den Sachverhalt dahingehend aufgeklärt. In Ermangelung einer ordnungsgemäßen Zustellung einer Lenkererhebung zu seinen Handen sei der Tatbestand nach § 103 Abs 2 KFG nicht verwirklicht worden. Er beantrage die Verfahrenseinstellung. Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens, insbesondere der Berufungsverhandlung am 24.8.1998 können folgende Feststellungen getroffen werden:
Bei der Bezirkshauptmannschaft Murau wurde angezeigt, daß der Lenker des Fahrzeuges mit dem Kennzeichen St-39 DO5, am 2.7.1997, um 15.25 Uhr, im Ortsgebiet von Murau, im Bereich Anna-Neumann-Straße 24, im Bereich des Vorschriftszeichens Halten und Parken verboten
richtete die Bezirkshauptmannschaft Murau mit Schreiben vom 6.10.1997 an Herrn Karl T (Berufungswerber), p.A.: Anna-Neumann-Straße Nr. 28, 8850 Murau, eine Lenkeranfrage und ersuchte um Auskunft, wer das Fahrzeug mit dem Kennzeichen St-39 DO5, am 2.7.1997, um 15.25 Uhr, in Murau, im Bereich Anna-Neumann-Straße 24, gelenkt/abgestellt hat. Dieses Schreiben wurde mit einem RSb-Brief zugestellt und am 9.10.1997 von der Tochter des Berufungswerbers, Helga T, übernommen. Der Berufungswerber befand sich zu diesem Zeitpunkt im LKH Stolzalpe und wurde dort am 18.10.1997 entlassen. In den Tagen nach seiner Entlassung wurde dem Berufungswerber die in der Zwischenzeit an ihn gerichtete Post von seiner Tochter übergeben, darunter der RSb-Brief mit der Lenkeranfrage. Der Berufungswerber erteilte bis dato keine Auskunft darüber, wer das Fahrzeug am 2.7.1997, um 15.25 Uhr, im Bereich Anna-Neumann-Straße 24 in Murau gelenkt bzw. abgestellt hat. Der festgestellte Sachverhalt stützt sich auf den erstinstanzlichen Verwaltungsstrafakt, in dem sich die Lenkeranfrage der Bezirkshauptmannschaft Murau vom 6.10.1997 befindet sowie der RSb-Rückschein, woraus sich die Übernahmsbestätigung von Helga T am 9.10.1997 ergibt. Anläßlich der Berufungsverhandlung am 24.8.1998 wurde Helga T als Zeugin einvernommen und gab sie an, daß sie nach der Entlassung ihres Vater aus dem Krankenhaus diesem die Post, darunter auch den RSb-Brief mit der Lenkeranfrage gegeben habe, sodaß die Feststellung getroffen werden konnte, daß dem Berufungswerber in den Tagen nach seiner Entlassung aus dem Krankenhaus die Lenkeranfrage der Bezirkshauptmannschaft Murau tatsächlich zugekommen ist. Die Feststellung, daß sich der Berufungswerber bis zum 18.10.1997 im LKH Stolzalpe befunden hat, konnte auf Grund der Angaben des Berufungswerbers sowie auf Grund der eingeholten Krankengeschichte getroffen werden.
Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 103 Abs 2 KFG 1967 kann die Behörde Auskünfte darüber verlangen, wer zu einem bestimmten Zeitpunkt ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Kraftfahrzeug gelenkt oder einen nach dem Kennzeichen bestimmten Anhänger verwendet hat bzw. zuletzt vor einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort abgestellt hat. Diese Auskünfte, welche den Namen und die Anschrift der betreffenden Person enthalten müssen, hat der Zulassungsbesitzer - im Fall von Probe- oder von Überstellungsfahrten der Besitzer der Bewilligung - zu erteilen; kann er diese Auskunft nicht erteilen, so hat er die Person zu benennen, die die Auskunft erteilen kann, diese trifft dann die Auskunftspflicht; die Angaben des Auskunftspflichtigen entbinden die Behörde nicht, diese Angaben zu überprüfen, wenn dies nach den Umständen des Falles geboten erscheint. Die Auskunft ist unverzüglich, im Falle einer schriftlichen Aufforderung binnen zwei Wochen nach Zustellung zu erteilen; wenn eine solche Auskunft ohne entsprechende Aufzeichnungen nicht gegeben werden könnte, sind diese Aufzeichnungen zu führen (Verfassungsbestimmung). Gegenüber der Befugnis der Behörde, derartige Auskünfte zu verlangen, treten Rechte auf Auskunftsverweigerung zurück.
Die Lenkeranfrage der Bezirkshauptmannschaft Murau vom 6.10.1997 wurde an die Adresse Anna-Neumann-Straße 28, 8850 Murau, verschickt. Dort betrieb der Berufungswerber bis zum Jahre 1991 eine Eisenhandlung, 1991 ging er in Pension und das Geschäft wurde bzw. wird von seiner Tochter Helga T weitergeführt. Es ist daher dem Berufungswerber Recht zu geben, wenn er ausführt, daß die Adresse Anna-Neumann-Straße 28 in Murau keine Abgabestelle im Sinne des § 4 Zustellgesetz dargestellt hat. In diesem Fall ist aber zu prüfen, ob eine Heilung dieses Zustellmangels im Sinne des § 7 Zustellgesetz stattgefunden hat. Eine Heilung von Zustellmängel (wie zum Beispiel: bei der Nennung einer falschen Abgabestelle) gilt in dem Zeitpunkt als vollzogen, in dem das Schriftstück der Person, für die es bestimmt ist (Empfänger), tatsächlich zugekommen ist. Das Ermittlungsverfahren hat ergeben, daß Helga T ihrem Vater nach seiner Entlassung aus dem Krankenhaus den RSb-Brief mit der Lenkeranfrage der Bezirkshauptmannschaft Murau gegeben hat. Dies ergibt sich sowohl aus der Zeugenaussage von Helga T als auch auf Grund des Vorbringens des Berufungswerbers in seiner Berufung, wo er davon spricht, daß er am selben Tag, als er die Lenkererhebung von seiner Tochter in die Hände bekommen habe, zum Sachbearbeiter der Bezirkshauptmannschaft Murau gegangen sei und den Sachverhalt dahingehend aufgeklärt habe. Das zuletzt genannte Vorbringen des Berufungswerbers wurde der Bezirkshauptmannschaft Murau mitgeteilt und der zuständige Strafreferent gab in einer Stellungnahme vom 12.2.1998 an, daß der Berufungswerber in der gegenständlichen Angelegenheit erst nach Erhalt der Strafverfügung (diese ist mit 12.11.1997 datiert) erstmals bei der Bezirkshauptmannschaft Murau vorgesprochen habe. Andernfalls wäre zuvor eine entsprechende Niederschrift aufgenommen worden bzw. wäre es gegebenenfalls nicht zur Bestrafung gekommen. Der Berufungswerber sei lediglich am 20.10.1997 in einer anderen Angelegenheit (verschiedene Übertretungen der StVO und des KFG) bei der Bezirkshauptmannschaft Murau gewesen und es sei hierüber eine Niederschrift aufgenommen worden, die in der Beilage mitgeschickt wurde. Hinsichtlich der zuvor ergangenen Lenkeranfrage - so der Strafreferent weiter - sei dabei mit Sicherheit nichts gesprochen worden. Der Berufungswerber dürfte diese beiden Verfahren miteinander verwechseln. Diese Äußerung des Strafreferenten der Bezirkshauptmannschaft Murau wurde dem Berufungswerber zur Kenntnis gebracht. Sein Rechtsvertreter erstattete daraufhin eine Äußerung, in dem er nochmals darauf hinwies, daß die Adressierung an die Anna-Neumann-Straße unzulässig gewesen sei, da sich dort keine geeignete Abgabestelle befunden habe. Auf den Inhalt der Äußerung des Strafreferenten wurde in der Stellungnahme nicht eingegangen, sodaß die Berufungsbehörde von der Richtigkeit der Angaben des Strafreferenten ausgeht. Da der Berufungswerber niemals eine Lenkerauskunft - auch nicht verspätet - erteilt hat, ist die ihm angelastete Verwaltungsübertretung als erwiesen anzusehen. Die Behauptung des Berufungswerbers, Lenkererhebungen müßten gegen RSa zugestellt werden, ist nicht richtig. Eine derartige gesetzliche Verpflichtung, wie sie zum Beispiel gemäß § 48 Abs 2 VStG für Strafverfügungen normiert ist, ist bei Lenkeranfragen im Sinne des § 103 Abs 2 KFG nicht vorgesehen. Die belangte Behörde ging von einer ordnungsgemäßen Zustellung am 9.10.1997 aus und warf daher dem Berufungswerber im Spruch des nunmehr angefochtenen Straferkenntnisses vor, daß er die Auskunft bis 23.10.1997 zu erteilen gehabt hätte. Bei der nunmehrigen Neufassung des Spruches im Berufungsbescheid konnte dieser Passus entfallen, da nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes das Datum der Zustellung der Aufforderung zur Lenkerbekanntgabe kein wesentliches Tatbestandsmerkmal einer Übertretung nach § 103 Abs 2 KFG ist. Es muß nur unverwechselbar feststehen, um welche
Aufforderung, deren Nichtbefolgung dem Beschuldigten zur Last gelegt wird, es sich handelt. Hiezu genügt etwa das Datum der Aufforderung (vgl. VwGH 22.3.1989, 89/18/0017; 8.11.1989, 89/02/0004; 24.2.1993, 92/03/0011; 20.12.1993, 93/02/0196). In der Strafverfügung und im nunmehr angefochtenen Straferkenntnis ist das Datum der Lenkeranfrage enthalten und auch die gesetzliche Forderung der Behörde binnen zwei Wochen den Lenker bekanntzugeben. Dies hat der Berufungswerber jedoch bis dato nicht getan.
Bei der Beurteilung, ob die über den Berufungswerber verhängte Geldstrafe als schuld- und tatangemessen anzusehen ist, ging die Berufungsbehörde von folgenden Überlegungen aus:
Gemäß § 19 Abs 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.
Das durch § 103 Abs 2 KFG geschützte Interesse ist nicht das Interesse der Verkehrssicherheit, sondern das Interesse an einer jederzeit und ohne unnötige Verzögerung möglichen Ermittlung von Personen, die im Verdacht stehen, eine straßenpolizeiliche oder kraftfahrrechtliche Übertretung begangen zu haben, mithin das Interesse an einer raschen und lückenlosen Strafverfolgung (vgl. VwGH 16.9.1987, 87/03/0066; 24.2.1988, 87/03/0253). Eine Verwaltungsübertretung nach § 103 Abs 2 KFG weist keinen geringen Unrechtsgehalt auf (vgl. VwGH 23.9.1988, 88/02/0006). Gemäß § 19 Abs 2 VStG sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.
Erschwerungs- und Milderungsgründe liegen nicht vor. In der Lenkeranfrage findet sich auch der Hinweis, daß sich der Berufungswerber im Falle der Nichterteilung der Lenkerauskunft strafbar macht. Daher muß sein Verschulden als erheblich eingestuft werden.
Der Strafrahmen für die dem Berufungswerber vorgeworfene Verwaltungsübertretung beträgt gemäß § 134 Abs 1 KFG bis zu S 30.000,--.
Der Berufungswerber ist zu den Verhandlungen am 6.8.1998 und 24.8.1998 ordnungsgemäß geladen worden. Im Ladungsbescheid wurde er auch aufgefordert Unterlagen hinsichtlich seiner Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse
mitzubringen. Da der Berufungswerber zu den Berufungsverhandlungen ohne Angabe von Gründen nicht erschienen ist, müssen seine finanziellen Verhältnisse geschätzt werden. Die Berufungsbehörde geht von einer monatlichen Nettopension von S 15.000,-- aus.
Unter Berücksichtigung der eben aufgelisteten Strafzumessungskriterien ist die von der Erstbehörde verhängte Geldstrafe von S 1.000,-- als durchaus angemessen und gerechtfertigt anzusehen.
Gemäß § 64 Abs 1 VStG ist in jedem Straferkenntnis und in jeder Entscheidung eines Unabhängigen Verwaltungssenates, mit der ein Straferkenntnis bestätigt wird, auszusprechen, daß der Bestrafte einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu leisten hat.
Gemäß § 64 Abs 2 VStG sind die Kosten für das Strafverfahren erster Instanz mit 10 % der verhängten Strafe, für das Berufungsverfahren mit weiteren 20 % der verhängten Strafe, mindestens jedoch mit S 20,-- zu bemessen. Darauf stützt sich die im Spruch vorgenommene Kostenentscheidung.