Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Cornelia Meixner über die Berufung des Herrn Dr. Franz L, gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Graz vom 6.5.1997, GZ.: III/S-24.920/95, wie folgt entschieden:
Hinsichtlich Punkt 1.) des Straferkenntnisses wird gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im folgenden VStG) der Berufung Folge gegeben, das Straferkenntnis in diesem Punkt behoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG eingestellt.
Hinsichtlich Punkt 2.) des Straferkenntnisses wird gemäß § 66 Abs 4 AVG in Verbindung mit § 24 VStG die Berufung als unbegründet abgewiesen.
Gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG hat der Berufungswerber als Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens einen Betrag von S 140,-- binnen vier Wochen ab Zustellung dieses Bescheides bei sonstiger Exekution zu bezahlen.
I. Mit dem aus dem Spruch ersichtlichen Straferkenntnis wurde dem Berufungswerber zur Last gelegt, er habe am 19.9.1995 von 09.08 Uhr bis 09.30 Uhr, als Lenker das Kraftfahrzeug mit dem Kennzeichen G-19 LXA in Feldbach, auf Höhe Grillparzerstraße 2, so abgestellt, dass der Lenker eines anderen Fahrzeuges am Vorbeifahren gehindert war und darüber hinaus das Fahrzeug außerhalb eines Parkplatzes nicht am Rande der Fahrbahn abgestellt. Wegen Verletzung der Rechtsvorschriften des § 23 Abs 1 und 2 StVO wurden über den Berufungswerber gemäß § 99 Abs 3 lit. a StVO zwei Geldstrafen in der Höhe von je S 700,-- (je 24 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt.
II. In der innerhalb offener Frist gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung wurde im wesentlichen die objektive Tatseite bestritten. Darüber hinaus wurde vorgebracht, dass das angefochtene Straferkenntnis auf Grund einer unvollständigen Rechtsmittelbelehrung gesetzwidrig sei.
III. Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens, insbesondere der öffentlichen, mündlichen Berufungsverhandlung an Ort und Stelle vom 9.4.1998 und der Fortsetzungsverhandlung vom 3.7.1998 kann nachstehender Sachverhalt festgestellt werden:
Die Grillparzerstraße verläuft im Ortsgebiet von Feldbach und mündet in einem annähernd rechten Winkel in die Gnaserstraße. Sie ist bis 43,6 Meter vor ihrer Einmündung eher schmal ausgestaltet. Auf dieser Höhe befindet sich die engste Stelle der Fahrbahn im Ausmaß von
5,25 Meter. In diesem Bereich weist die Straße auch einen leichten Knick nach links auf, sodass sich die Straße anschließend trichterförmig bis auf eine Breite von ca. 11,75 Metern im Bereich der Einmündung erweitert. Unmittelbar vor dieser Einmündung ist eine Haltelinie auf der Fahrbahn aufgebracht; auf der rechten Straßenseite sind Vorschriftszeichen "Halten und Parken verboten" allerdings ohne Hinweis auf den Beginn und das Ende dieser Zone, aufgestellt. Auch befindet sich rechts der Fahrbahn ein gegenüber dem Fahrbahnniveau erhobener Gehsteig; auf der linken Seite waren im Bereich der trichterförmigen Ausweitung Fahrzeuge schräg zur Fahrbahn abgestellt, obwohl in diesem Bereich zur Tatzeit noch keine entsprechenden Bodenmarkierungen vorhanden waren. Die dem fließenden Verkehr zur Verfügung stehende Fahrbahn wurde durch diese abgestellten Fahrzeuge auf eine maximale Breite von ca. 7,5 Meter eingeschränkt.
Am 19.9.1995 befuhr der Berufungswerber mit seinem Kraftfahrzeug der Marke Subaru Legaci mit dem Kennzeichen G-19 LXA die Grazerstraße in Richtung Gnaserstraße. Da er das nahegelegene Finanzamt aufsuchen wollte und kein Parkplatz in unmittelbarer Umgebung frei war, stellte er sein Fahrzeug gegen 9.00 Uhr auf der Geradeausspur im Bereich der oben angeführten Engstelle derart ab, dass das rechte vordere und hintere Eck des Fahrzeuges jeweils mindestens 20 cm vom Fahrbahnrand bzw. der Gehsteigkante entfernt waren. Da in der Mitte des Fahrzeuges der Knick der rechten Gehsteigkante verlief, war diese ca. 60 cm vom Fahrzeugrand entfernt. Das Fahrzeug weist eine Breite von 1.635 cm exklusive der beiden Außenspiegel auf, sodass an der engsten Stelle der Fahrbahn für den Durchzugsverkehr nur mehr eine Breite von ca. drei Metern zur Verfügung stand.
Als der Meldungsleger gegen 9.05 Uhr mit seinem Dienstfahrzeug von der Gnaserstraße in die Grillparzerstraße einbog, sah er, wie zwei Fahrzeuge hinter dem abgestellten Fahrzeug des Berufungswerbers angehalten wurden, um nach dem Passieren des Gendarmeriefahrzeuges am Fahrzeug des Berufungswerbers vorbeifahren zu können. Er hielt daraufhin sein Fahrzeug an und fuhr nach dem Passieren dieser Fahrzeuge mit seinem Fahrzeug ganz langsam am abgestellten Fahrzeug des Berufungswerbers vorbei, um eine seitliche Kollision der beiden Fahrzeuge zu vermeiden. Anschließend fuhr er zum ca. 30 Meter entfernten Gendarmerieposten, von wo er zu Fuß an den Tatort zurückkehrte. Dort brachte er um 9.08 Uhr einen Lenkerverständigungszettel hinter der Windschutzscheibe an, woraufhin der Berufungswerber nach seiner Rückkehr um 9.30 Uhr am Gendarmerieposten vorsprach. IV. Die Feststellungen zum Tatort ergeben sich aus den Abmessungen vor Ort verbunden mit der im erstinstanzlichen Verfahren vorgelegten handschriftlichen Lageskizze des Meldungslegers.
Die Feststellung, dass der Berufungswerber sein Fahrzeug von 9.08 Uhr bis 9.30 Uhr am Tatort abgestellt hat, ergibt sich aus dem erstinstanzlichen Akt. Dass der Berufungswerber sein Fahrzeug vor seiner Vorsprache am Gendarmerieposten Feldbach vom Tatort entfernt hätte, wurde von diesem nicht einmal behauptet. Die Feststellung, dass der Berufungswerber sein Fahrzeug nicht am Rande der Fahrbahn abgestellt hat, ergibt sich auf Grund der Angaben des einvernommenen Meldungslegers. Dieser Zeuge vermittelte einen glaubwürdigen Eindruck; seine Aussagen waren für die Berufungsbehörde schlüssig und gut nachvollziehbar. Die Verantwortung des Berufungswerbers dagegen erschöpfte sich im wesentlichen in der Behauptung, dass er sein Fahrzeug näher am Fahrbahnrand abgestellt hätte, als dies vom Meldungsleger behauptet wurde, ohne dafür konkrete Beweise anzubieten. Auch wenn der Berufungswerber wiederholt darauf hinwies, dass auf Grund der Aussage des Meldungslegers, dass ihm auf Grund der Einengung der Fahrbahn auf ca. drei Meter das Passieren des Tatortes mit seinem Dienstfahrzeug nur sehr schwer möglich gewesen sei, dessen gesamtes Vorbringen unglaubwürdig und nicht nachvollziehbar erscheine, da bei dieser verbliebenen Fahrbahnbreite das Passieren mit einem maximal 1,70 Meter breiten Fahrzeug jedenfalls möglich sei, wurde der Eindruck der Berufungsbehörde nicht erschüttert. Die entscheidende Behörde schenkt daher bei Abwägung der widersprüchlichen Angaben im Rahmen der freien Beweiswürdigung der Darstellung des Meldungslegers mehr Glauben als den Angaben des Berufungswerbers, zumal dieser auf Grund seines Diensteides und der verfahrensrechtlichen Stellung der Wahrheitspflicht unterliegt und auch keine Veranlassung gesehen werden kann, dass er eine ihm unbekannte Person wahrheitswidrig belastet oder als ein im Verkehrsüberwachungsdienst stehender geschulter Gendarmeriebeamte die Vorgänge des Straßenverkehrs nicht richtig beobachtet oder auch allfällige Übertretungen nicht richtig beurteilen könnte.
V. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 23 Abs 1 StVO 1960 hat der Lenker das Fahrzeug zum Halten oder Parken unter Bedachtnahme auf die beste Ausnützung des vorhandenen Platzes so aufzustellen, dass kein Straßenbenützer gefährdet und kein Lenker eines anderen Fahrzeuges am Vorbeifahren oder am Wegfahren gehindert wird.
Gemäß Abs 2 dieser gesetzlichen Bestimmung ist ein Fahrzeug außerhalb von Parkplätzen, sofern sich aus Bodenmarkierungen oder Straßenverkehrszeichen nichts anderes ergibt, zum Halten oder Parken am Rand der Fahrbahn und parallel zum Fahrbahnrand aufzustellen.
Nach herrschender Rechtsansicht ist die Bestimmung des § 23 Abs 1 nur dann anwendbar, wenn das Halten und Parken an sich gestattet ist. Da das Ermittlungsverfahren ergeben hat, dass der Berufungswerber sein Fahrzeug außerhalb eines Parkplatzes nicht am Rand der Fahrbahn abgestellt hat, hat er gegen die Bestimmung des § 23 Abs 2 StVO verstoßen. Daraus folgt wiederum, dass im Anlaßfall die nur subsidär anzuwendende Vorschrift des § 23 Abs 1 nicht verletzt wurde. Es war daher der Berufung gegen diesen Tatvorwurf Folge zu geben, das Straferkenntnis im Punkt 1.) zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG einzustellen.
Zur behaupteten Rechtswidrigkeit des Straferkenntnisses infolge einer unvollständigen Rechtsmittelbelehrung ist festzustellen, dass diese nach Ansicht der Berufungsbehörde ausreicht. Auch hat der Berufungswerber nicht ausgeführt, worin diese Unvollständigkeit liegen soll.
VI. Strafbemessung:
Gemäß § 19 Abs 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.
Der Schutzzweck des § 23 Abs 2 StVO 1960 besteht darin, die Fahrbahn möglichst weitgehend für den Verkehr freizuhalten, kein Verkehrshindernis inmitten der Fahrbahn entstehen und keine unklare Verkehrssituation aufkommen zu lassen. Durch sein Verhalten hat der Berufungswerber zumindest fahrlässig gegen den Schutzzweck dieser Norm verstossen.
Neben den objektiven Kriterien des Unrechtsgehaltes der Tat kommt im ordentlichen Verfahren als Strafbemessungsgrundlage die Prüfung der subjektiven Kriterien des Schuldgehaltes der Tat, somit auch die in der Person des Beschuldigten gelegenen Umstände, hinzu. Gemäß § 19 Abs 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) daher die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.
Als erschwerend war eine einschlägige Verwaltungsvormerkung zu werten; Milderungsgründe liegen keine vor.
Zur Schuldform ist festzustellen, dass gemäß § 5 VStG zur Strafbarkeit bereits fahrlässiges Verhalten genügt. Dass die Einhaltung der Vorschrift eine besondere Aufmerksamkeit erfordert hätte oder, dass die Verwirklichung des Tatbestandes aus besonderen Gründen nur schwer hätte vermieden werden können, ist weder hervorgekommen noch auf Grund besonderer Tatumstände anzunehmen und kann daher das Verschulden des Berufungswerbers nicht als geringfügig angesehen werden.
Unter Berücksichtigung des Unrechtsgehaltes der Tat, sowie der bereits angeführten objektiven und subjektiven, für die Strafbemessung entscheidenden Kriterien wird die verhängte Strafe, wie sie von der Behörde erster Instanz ausgesprochen worden ist, als vertretbar angesehen, zumal sich diese bei einem Strafrahmen bis zu S 30.000,-- (im Uneinbringlichkeitsfall bis zu zwei Wochen Arrest) ohnehin nur im untersten Bereich dieses Strafrahmens bewegt. Die verhängte Strafe erscheint auch unter dem Gesichtspunkt der Erzielung spezialpräventiver Effekte, der Berufungswerber möge in Zukunft von Übertretungen derselben Art abgehalten werden, als gerechtfertigt.
Da die verhängte Strafe auch im Einklang mit der ständigen Judikatur steht und sogar unterdurchschnittlichen Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnissen angepaßt erscheint, konnte von deren Erhebung beim Berufungswerber, einem praktizierenden Notar, abgesehen werden.
VII. Kosten:
Die Festsetzung des Kostenbeitrages zum Verwaltungsstrafverfahren zweiter Instanz ergibt sich aus § 64 VStG, wonach im Fall der vollinhaltlichen Bestätigung des Straferkenntnisses erster Instanz durch die Berufungsbehörde dieser Betrag mit 20 % der verhängten Strafe festzusetzen ist.