Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat durch das Mitglied Dr Hollinger über die Berufung der Frau Gerlinde H, vertreten durch Rechtsanwalt, gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den 4./5. Bezirk, vom 2.2.1998, Zl MBA 4/5 - S 11059/97, wegen Verwaltungsübertretung gemäß § 366 Abs 1 Ziffer 1 GewO 1994, BGBl Nr 194/1994, entschieden:
Gemäß § 66 Abs 4 AVG wird der Berufung keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, daß das ausgeübte Gewerbe anstatt mit "Schreibbüro" mit "Gewerbsmäßige Verarbeitung von Daten jeder Art unter Verwendung von Datenverarbeitungsmaschinen" bezeichnet wird.
Die Berufungswerberin hat daher gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens in der Höhe von Schilling 1.200,--, das sind 20 % der verhängten Geldstrafe, zu bezahlen.
Das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den 4./5. Bezirk, vom 02.02.1998, Zl MBA 4/5 - S 11059/97, hat folgenden Spruch:
"Sie haben als handelsrechtliche Geschäftsführerin und somit zur Vertretung nach außen Berufene der D-GmbH zu verantworten, daß diese Gesellschaft von 01.05.1997 bis 18.09.1997 in Wien, T-gasse das Gewerbe "Schreibbüro" (von Kunden selbst vorgeschriebene Schreiben und Daten werden entgegengenommen und mittels Computer Schreiben
formgerecht verfaßt) ausgeübt hat, ohne die erforderliche Gewerbeberechtigung erlangt zu haben.
Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:
§ 366 Abs 1 Z 1 Gewerbeordnung (GewO) 1994, BGBl Nr 194/1994. Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über Sie folgende
Strafe verhängt:
Geldstrafe von Schilling 6.000,--, falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von 6 Tagen, gemäß § 366 Abs 1 Einleitungssatz GewO 1994.
Ferner haben Sie gemäß § 64 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG, in der geltenden Fassung, zu zahlen:
S 600,-- als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10 % der Strafe.
Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten) beträgt daher S 6.600,--.
Außerdem sind die Kosten des Strafvollzuges zu ersetzen."
Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die fristgerechte Berufung der Beschuldigten, in welcher diese vorbringt, daß das Schreiben vom 20.05.1997 ohne ihr Wissen und ohne ihre Zustimmung vom Handlungsbevollmächtigten der D-Gesellschaft mbH, Herrn Alfred D, verfaßt, unterfertigt und an Rechtsanwalt Mag P abgesendet worden sei. Da sie die ihr zur Last gelegte Handlung nicht begangen habe, sei die Bestrafung zu Unrecht erfolgt. Gewerberechtlicher Geschäftsführer der D-Gesellschaft mbH sei Herr Alfred D, der seine Gewerbeberechtigung gemäß Bescheid des MBA für den 6./7. Bezirk, vom 22.06.1982, Zl MBA 6/7 - Gew 44333/1/82, mit der Berechtigung zur Ausübung des Gewerbes "Gewerbsmäßige Verarbeitung von Daten jeder Art und Verwendung von Datenverarbeitungsmaschinen" der D-Gesellschaft mbH zur Verfügung gestellt habe. Auf Grund dieser Gewerbeberechtigung habe die D-Gesellschaft mbH entsprechende Daten dem Rechtsanwalt Mag P mit Schreiben vom 20.05.1997 mitgeteilt. Die Verfassung dieses Schreibens sei daher auch von der Gewerbeberechtigung der D-Gesellschaft mbH umfaßt, da eine schriftliche Auskunftserteilung auf dieser Basis keine Überschreitung der Gewerberechtigung darstellen könne.
Antragsgemäß führte der Unabhängige Verwaltungssenat Wien am 02.09.1998 eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, an welcher ein rechtsfreundlicher Vertreter für die Berufungswerberin teilnahm und in welcher VK St zeugenschaftlich einvernommen wurde.
Dieser gab folgendes an:
"Ich kann mich jetzt konkret an die Erhebung nicht mehr erinnern. Auf Vorhalt der Anzeige gebe ich an: Unterlagen wurden mir damals nicht vorgelegt. Ich habe auf Grund der Angaben des Herrn D mir gegenüber feststellen können, daß das Gewerbe "Datenverarbeitung" ausgeübt wurde. Ich habe auf Grund der Angaben des Herrn D auf das Gewerbe "Datenverarbeitung" geschlossen, und zwar deshalb, weil Herr D mir gegenüber angegeben hat, daß er von Kunden Schriftstücke und Daten entgegennimmt und diese mittels Computer formgerecht verarbeitet.
Daß das Gewerbe "Datenverarbeitung" an dem dortigen Standort von der D-GmbH ausgeübt wurde, ergab sich eindeutig auch von den Angaben des Herrn D, wonach er ausdrücklich gesagt hat, daß die Gesellschaft Schreiben und Daten entgegennimmt."
Einvernehmlich verzichtet wurde auf die Zeugenaussage des Herr Alfred D und wurde dessen Zeugenaussage im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 06.04.1998, betreffend das Parallelverfahren gegen die Berufungswerberin zu GZ UVS- 06/42/00160/98, betreffend das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den 4./5. Bezirk, vom 02.02.1998, Zl MBA 4/5 - S 11.218/97, wegen Übertretung des § 56 der Wirtschaftstreuhänder-Berufsordnung, verlesen. Herr Alfred D gab im Rahmen dieser mündlichen Verhandlung vom 06.04.1998 hinsichtlich des Tätigkeitsbereiches, welcher die D-GmbH entfaltet, ua folgendes an:
"Dieses Unternehmen ist datenverarbeitungsmäßig tätig. Ein Kunde bringt einmal monatlich einen Ordner mit Belegen (aus den 4 Buchungskreisen Kassa, Bank, Kunden, Lieferanten), welche von uns datenverarbeitungsmäßig erfaßt und verarbeitet werden. Das Ergebnis ist die vollständige Erarbeitung der Buchhaltung und Lohnverrechnung. Die Lohnverrechnung wird für Unternehmen gemacht, welche Dienstnehmer haben. Die Kunde mit den meisten Dienstnehmern, für welchen wir die Lohnverrechnung machen, hat 8 Dienstnehmer."
Der Berufung ist folgenden Gründen kein Erfolg beschieden:
Gemäß § 366 Abs 1 Ziffer 1 GewO 1994 (GewO) begeht eine Verwaltungsübertretung, die nach dem Einleitungssatz dieser Gesetzesbestimmung mit Geldstrafe bis zu S 50.000,-- zu bestrafen ist, ein Gewerbe ausübt, ohne die erforderliche Gewerbeberechtigung erlangt zu haben.
Gegenständlichem Strafverfahren liegt die Anzeige der Magistratsabteilung 59 - Marktamtsabteilung für den 4. bis 7. Bezirk, vom 22.09.1997, MAA 4-7/D 242/97/ST, zugrunde. In dieser wird hinsichtlich des Sachverhaltes folgendes ausgeführt:
"Die obgenannte Gesellschaft mbH - D-GmbH - übt im gegenständlichen Standort in Wien, T-gasse, das Gewerbe "Datenverarbeitung" aus ohne im Besitze einer entsprechenden Gewerbeberechtigung zu sein bzw dieses Gewerbe beim zuständigen Magistratischen Bezirksamt für den 4./5. Bezirk angemeldet zu haben.
Zur Gewerbeausübung steht eine Wohnung zur Verfügung. Laut Angabe von Herrn Alfred D nimmt die gegenständliche Gesellschaft mbH von Parteien selbst vorgeschriebene Schreiben und Daten entgegen und verfaßt mittels Computer die Schreiben formgerecht.
Sohin wird von ha Anzeige erstattet.
Tatzeit bzw Tatzeitraum: zumindest seit Mai 1997 laut Angabe
des Herrn Alfred D."
Auf Grund der Angaben des Herrn Alfred D, welche in der Anzeige vom 22.09.1997 festgehalten wurden, in Verbindung mit dessen Angaben in der mündlichen Verhandlung vom 06.04.1998 steht es als erwiesen fest, daß die Firma D-GmbH "datenverarbeitungsmäßig" tätig ist, da die D-GmbH nicht nur von Parteien selbst vorgeschriebene Schreiben entgegennimmt und mittels Computer die Schreiben formgerecht verfaßt, sondern auch Daten, wobei diese Daten datenverarbeitungsmäßig erfaßt und verarbeitet werden. Unbestritten verfügt die D-GmbH nicht über die entsprechende Gewerbeberechtigung.
Bereits mit der Berufung wurde die Kopie des Bescheides des Magistratischen Bezirksamtes für den 6./7. Bezirk, vom 22.06.1982, MBA 6/7 - Gew. 44333/1/82, betreffend "Standortverlegung" vorgelegt. Aus diesem Bescheid geht hervor, daß Herr Alfred Harald D, wohnhaft in Wien, M-gasse, zur Ausübung des Gewerbes: "Gewerbsmäßige Verarbeitung von Daten jeder Art unter Verwendung von Datenverarbeitungsmaschinen" im Standort Wien, F-gasse, berechtigt ist. Mit dem Bescheid vom 22.06.1982 wurde die am 25.03.1982 erstattete Anzeige betreffend die Verlegung des Betriebes des Gewerbes nach Wien, G-Straße, gemäß § 345 Abs 8 Ziffer 3 GewO 1973 zur Kenntnis genommen.
Aus diesem Bescheid ergibt sich aber lediglich, daß Herr Alfred D über eine Gewerbeberechtigung zur Ausübung des Gewerbes:
Gewerbsmäßige Verarbeitung von Daten jeder Art unter Verwendung von Datenverarbeitungsmaschinen" verfügt, nicht jedoch die Firma D-GmbH.
Eine gewerbliche Tätigkeit ist jeder Person oder Personenmehrheit zuzurechnen, auf deren Rechnung und unternehmerisches Risiko diese entfaltet wird (VwGH 21.10.1970, 1765/69; 07.07.1971, 2143/70).
Nun ergibt sich aber aus den Angaben des Herrn Alfred D eindeutig - und wird im übrigen von der Berufungswerberin nicht in Abrede gestellt, daß nicht Herr Alfred D, sondern die D-GmbH unternehmerisch tätig geworden ist, daher ist die gewerbliche Tätigkeit der D-GmbH zuzurechnen. In diesem Zusammenhang ist noch zu bemerken, daß der Berufungswerberin nicht nur die Verfassung des Schreibens vom 20.05.1997 zur Last gelegt wird, sondern erstreckt sich der Tatzeitraum vom 01.05.1997 bis zum 18.09.1997 (Datum der Kontrolle).
Zum Vorbringen, Herr Alfred D sei gewerberechtlicher Geschäftsführer der Firma D-GmbH ist zu bemerken, daß nur dann, wenn eine gewerberechtlich nicht gedeckte Tätigkeit im sachlichen Zusammenhang mit einer durch eine vorhandende Gewerbeberechtigung gedeckte Tätigkeit steht, die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortung für die unbefugte Tätigkeit den gewerberechtlichen Geschäftsführer trifft (siehe dazu VwGH zB 20.06.1973, 1811/72, 11.06.1987, 86/04/0244, 30.03.1993, 92/04/0241). Da aber im vorliegenden Fall keine Gewerberechtigung für die Firma D-GmbH vorhanden war, konnte das von der Firma D-GmbH ausgeübte Gewerbe nicht in sachlichem Zusammenhang mit einer durch eine vorhandene Gewerbeberechtigung gedeckten Tätigkeit stehen, weshalb die Berufungswerberin als handelsrechtliche Geschäftsführerin und somit nach außen Berufene der D-GmbH gegenständliche Verwaltungsübertretung zur verantworten hatte.
Der objektive Tatbestand erweist sich daher als gegeben. Bei einer Verwaltungsübertretung nach § 366 Abs 1 Ziffer 1 GewO 1994 handelt es sich um ein Ungehorsamsdelikt, weil zum Tatbestand weder der Eintritt eines Schadens noch einer Gefahr gehört und die Verwaltungsvorschrift über das zur Strafbarkeit erforderliche Verschulden nichts bestimmt (vgl VwGH 27.3.1990, 89/04/0226). In einem solchen Fall ist gemäß § 5 Abs 1 VStG Fahrlässigkeit anzunehmen, wenn der Täter nicht glaubhaft macht, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Das bedeutet, daß der Beschuldigte initiativ alles darzulegen hat, was für seine Entlastung spricht, was in erster Linie durch ein geeignetes Tatsachenvorbringen und durch die Beibringung von Beweismittel bzw die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen hat. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl ua VwGH 6.11.1974, 1779/73), sind allgemein gehaltene Behauptungen nicht geeignet, die Glaubhaftmachung mangelnden
Verschuldens an einer angelasteten Verwaltungsübertretung als erbracht anzusehen.
Da die Berufungswerberin ein diesbezügliches Vorbringen nicht erstattete, war auch vom Vorliegen der subjektiven Tatseite auszugehen.
Das Straferkenntnis war daher in der Schuldfrage mit der Abänderung zu bestätigen, die einer korrekten Bezeichnung des ausgeübten Gewerbes diente.
Zur Strafbemessung ist folgendes auszuführen:
Die Tat schädigte in nicht unerheblichem Maße das Interesse daran, daß ausschließlich hiezu befugte Personen bzw hiezu befugte juristische Personen gewerbliche Tätigkeiten entfalten. Der Unrechtsgehalt der Tat war daher, selbst bei Fehlen sonstiger nachteiliger Folgen, nicht geringfügig.
Das Verschulden der Berufungswerberin kann nicht als geringfügig angesehen werden, da weder hervorgekommen ist, noch aufgrund der Tatumstände anzunehmen war, daß die Einhaltung der Vorschrift eine besondere Aufmerksamkeit erfordert habe oder daß die Verwirklichung des Tatbestandes aus besonderen Gründen nur schwer hätte vermieden werden können.
Die bisherige verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit der Berufungswerberin wurde schon von der Behörde erster Instanz zutreffend als mildernd gewertet. Als erschwerend mußte der lange Tatzeitraum gewertet werden.
Auf Grund dieser Strafzumessungsgründe und im Hinblick auf den bis zu S 50.000,-- reichenden gesetzlichen Strafsatz erweist sich die verhängte Geldstrafe - auch unter Berücksichtigung des in der Berufung bekanntgegebenen unterdurchschnittlichen Einkommens - als durchaus angemessen und keineswegs zu hoch, zumal im Verfahren keine weiteren Milderungsgründe hervorgetreten sind.
Eine Herabsetzung der verhängten Geldstrafe kam somit nicht in Betracht.
Die Vorschreibung des Beitrages zu den Kosten des Berufungsverfahrens stützt sich auf die zwingende Vorschrift des § 64 Abs 1 und 2 VStG.