TE UVS Wien 1998/09/21 04/G/35/109/98

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Veröffentlicht am 21.09.1998
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat durch Dr Osinger als Vorsitzenden, Mag Lammer als Berichterin und Dr Maukner als Beisitzer über die Berufung des Herrn Mathias R, vertreten durch Rechtsanwalt, gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den 1./8. Bezirk, vom 14.1.1998, Zl MBA 1/8 - S 25410/97, betreffend eine Verwaltungsübertretung nach § 366 Abs 1 Z 1 GewO 1994, wie folgt entschieden:

Gemäß § 66 Abs 4 AVG wird der Berufung Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 3 VStG eingestellt.

Gemäß § 65 VStG wird dem Berufungswerber ein Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens nicht auferlegt.

Text

Begründung:

Das angefochtene Straferkenntnis enthält folgende Tatanlastung:

"Sie haben als Obmann und somit zur Vertretung nach außen Berufener des Vereines "P" zu verantworten, dass dieser Verein von 12.9.1997 bis 28.10.1997 in Wien, S-gasse durch Anbieten von Speisen und Getränken, ua Zwettler Bier, 0,5 l zu S 37,--, Pernod 2cl zu S 35,--, Käsetoast zu S 34,--, Tagessuppe zu S 35,--, an einen größeren Personenkreis das Gastgewerbe ausgeübt hat, ohne die hiefür erforderliche Gewerbeberechtigung erlangt zu haben."

Der Berufungswerber habe dadurch § 366 Abs 1 Z 1 VStG GewO 1994, BGBl Nr 194/1994 idgF, verletzt, weswegen über ihn gemäß § 366 Einleitungssatz GewO 1994 iVm § 9 VStG 1991 eine Geldstrafe von S 12.000,--, im Falle der Uneinbringlichkeit 3 Tage und 12 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe, verhängt und ihm ein Verfahrenskostenbeitrag in der Höhe von S 1.200,-- auferlegt wurde.

Dagegen richtet sich die vorliegende Berufung, in der der Berufungswerber im Wesentlichen ausführt, dass es zwar richtig sei, dass in den Räumlichkeiten des Vereines "P" Getränke und Speisen gegen Entgelt abgegeben worden seien, der Vereinszweck des gegenständlichen gemeinnützigen Vereines im Sinne der §§ 34ff BAO laut Statuten ua die Förderung nicht-kommerziellen Musik- und Kunstschaffens sei, somit keine Gewinnabsicht vorliege, und der Betrieb als unentbehrlicher Hilfsbetrieb einzustufen sei. Die Ausgabe von Getränken und Speisen erfolge als ergänzende Tätigkeit zur eigentlichen Kulturveranstaltung im Sinne des Vereinszweckes. Personen, die an den Kulturveranstaltungen teilnehmen, würden nur während der Pausen der jeweiligen Veranstaltung mit Getränken und Speisen versorgt, weshalb das Erscheinungsbild eines einschlägigen Gewerbebetriebes nicht vorliege. Auch liege ein Schuldausschließungsgrund vor und habe der Berufungswerber somit nicht schuldhaft gehandelt. Es folgen Ausführungen zur Strafbemessung.

Ohne auf diese Berufungsausführungen einzugehen, ergibt sich rechtlich folgendes:

Gemäß § 366 Abs 1 Z 1 GewO 1994 begeht eine Verwaltungsübertretung, die nach dem Einleitungssatz dieser Gesetzesstelle mit Geldstrafe bis zu S 50.000,-- zu bestrafen ist, wer ein Gewerbe ausübt, ohne die erforderliche Gewerbeberechtigung erlangt zu haben.

Gemäß § 124 Z 8 GewO 1994 ist das Gastgewerbe ein nicht bewilligungspflichtiges gebundenes Gewerbe.

Gemäß § 142 Abs 1 GewO 1994 bedarf es einer Gewerbeberechtigung für das Gastgewerbe (§ 124 Z 8) für die Verabreichung von Speisen jeder Art und den Verkauf von warmen und angerichteten kalten Speisen (Z 2), den Ausschank von alkoholischen Getränken und den Verkauf dieser Getränke in unverschlossenen Gefäßen (Z 3) und den Ausschank von nichtalkoholischen Getränken und den Verkauf dieser Getränke in unverschlossenen Gefäßen (Z 4).

Nach § 1 Abs 4 zweiter Satz GewO 1994 wird das Anbieten einer den Gegenstand eines Gewerbes bildenden Tätigkeit an einen größeren Kreis von Personen oder bei Ausschreibungen der Ausübung des Gewerbes gleichgehalten.

Das Anbieten einer den Gegenstand eines Gewerbes bildenden Tätigkeit stellt nicht schlechthin die Ausübung der betreffenden gewerblichen Tätigkeit dar (vgl VwGH 18.9.1984, 84/04/0070). Die Strafnorm des § 366 Abs 1 Z 1 GewO 1994 erfasst als solche somit nicht auch schon das - durch eine Gewerbeberechtigung nicht gedeckte - Anbieten. Erst im Hinblick auf das nach § 1 Abs 4 zweiter Satz leg cit gebotene Gleichhalten ergibt sich die - gegenüber einer unbefugten Gewerbeausübung - im Sinne des § 22 Abs 1 erster Fall VStG gesonderte Strafbarkeit eines solchen Anbietens, in Ansehung dessen sich § 366 Abs 1 Z 1 iVm § 1 Abs 4 zweiter Satz GewO 1994 als verletzte Verwaltungsvorschrift im Sinne des § 44a Z 2  VStG darstellt - soweit bei Bestrafung wegen unbefugter Gewerbeausübung hinsichtlich eines Anbietens nicht Konsumtion vorliegt und sich ein Schuldspruch daher bei der Umschreibung der als erwiesen angenommenen Tat auf die als erwiesen angenommene unbefugte Gewerbeausübung zu beschränken hat (vgl VwGH 10.9.1991, 91/04/0066).

Dem angefochtenen Straferkenntnis liegt die Anzeige der Magistratsabteilung 59 - Marktamtsabteilung für den 1. Bezirk vom 3.11.1997, Zl MAA 1 - J24/97/MA, zugrunde, wonach bei der am 28.10.1997, 21.00 Uhr, durchgeführten Erhebung festgestellt worden sei, dass der gegenständliche Verein seit 12.9.1997 ein Gastgewerbe ausübe, ohne im Besitz einer entsprechenden Gewerbeberechtigung zu sein. Einrichtung, Ausstattung und Betriebsführung würden der Betriebsart einer Bar entsprechen. Beim gegenständlichen Betrieb handle es sich um ein gassenseitiges Kellerlokal, welches über 80 Verabreichungsplätze verfüge. Das Lokal sei zum Zeitpunkt der Revision geöffnet und für jederman zugänglich gewesen und seien 35 konsumierende Gäste anwesend gewesen. Mittels im Betrieb aufliegender Karten, von denen eine der Anzeige beigeschlossen ist, seien Speisen und Getränke einem größeren Personenkreis angeboten worden. Der im Betrieb aufliegende Firmenstempel sowie die äußere Geschäftsbezeichnung, ein Plakat an der Lokaleingangstüre, hätten auf den zur Anzeige gebrachten Verein gelautet.

Aufgrund der Berufungsausführungen in Verbindung mit den in der Anzeige vom 3.11.1997 enthaltenen Angaben war im vorliegenden Fall als erwiesen anzusehen, dass nicht bloß eine an einen größeren Kreis von Personen gerichtete Ankündigung mittels im Betrieb aufliegender Speise- und Getränkekarten erfolgt ist, sondern dass tatsächlich durch Verabreichung von Speisen und Ausschank von Getränken die Ausübung eines Gastgewerbes (laut Anzeige in der Betriebsart einer Bar) erfolgt ist.

Nach § 44a Z 1 VStG wird beim Vorwurf einer unbefugten Gewerbeausübung durch Anbieten einer den Gegenstand eines Gewerbes bildenden Tätigkeit an einen größeren Kreis von Personen die Anführung des Wortlautes dieser "Ankündigungen" im Spruch des Straferkenntnisses vorausgesetzt, da tatbestandsbegründend ist, dass sich hieraus das Anbieten einer den Gegenstand eines Gewerbes bildenden Tätigkeit zweifelsfrei ergibt. Des Weiteren erfordert § 44a Z 1 VStG die Bezeichnung des unbefugt ausgeübten Gewerbes, da erst dadurch die eindeutige Zuordnung des Tatverhaltens zur verletzten Verwaltungsvorschrift ermöglicht wird

(vgl VwGH 17.3.1987, 85/04/0210).

Abgesehen davon, dass im vorliegenden Fall gegebenenfalls nur eine Bestrafung wegen unbefugter Gewerbeausübung des in Rede stehenden Gastgewerbes in Betracht gekommen wäre, da bei tatsächlicher Gewerbeausübung hinsichtlich des Anbietens einer den Gegenstand eines Gewerbes bildenden Tätigkeit an einen größeren Kreis von Personen Konsumtion vorliegt (vgl VwGH 10.9.1991, 91/04/0066), enthält der auf ein "Anbieten" abgestellte Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses vor dem Hintergrund der oben zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes mangels Angaben über die Art und Weise des Anbietens sowie mangels vollständiger Bezeichnung des unbefugt ausgeübten Gastgewerbes keine dem § 44a Z 1 VStG entsprechende Tatumschreibung. Da auch innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist keine geeignete Verfolgungshandlung gesetzt wurde, war bereits aus diesem Grund spruchgemäß zu entscheiden.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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