Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch die Kammermitglieder HR Dr. Peter Schurl, Dr. Erwin Ganglbauer und Dr. Karl Ruiner über die Berufung des Herrn DI Helmut R, wohnhaft in N-straße 2/1/16, in W, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Leoben vom 02. Juni 1998, GZ.: 15.1 97/282, wie folgt entschieden:
Der Berufung wird gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im folgenden VStG) Folge gegeben, das Straferkenntnis behoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG eingestellt.
Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Berufungswerber zur Last gelegt, er habe als Projektbauleiter des Bauvorhabens "Ausbau der Schoberpaßstrecke" und somit Verantwortlicher der ÖBB gemäß § 9 VStG den Verantwortlichen im Sinne des § 9 VStG 1991 der ARGE ÖBB-W (Fa. P, H u. G) Herrn Ing. S vorsätzlich zur Begehung einer Verwaltungsübertretung veranlaßt, indem er die oben angeführte ARGE beauftragt habe, die im Zuge des Bahnbaues erforderliche Verlegung des Bachbettes des Schoberbaches durchzuführen. Für diese Bachbettverlegungsarbeiten sei keine naturschutzrechtliche Bewilligung vorgelegen und seien die Arbeiten konsenslos durchgeführt worden. Die Verlegungsarbeiten seien in zwei Abschnitten, und zwar 1.) vom 14.10.1996 bis 16.10.1996 ab der Baustellenzufahrt, welche sich auf Höhe des StrKm. 34,250 (B 113) befindet, (Nähe Gasthaus G in Vorwald) in Richtung Wald/Schoberpaß., 2.) vom 04.12. bis 11.12.1996 von derselben Einfahrt ausgehend in Richtung Trieben, ausgeführt worden.
Er habe dadurch folgende Rechtsvorschrift verletzt: § 7 VStG i. V.m. § 7 Abs 1 lit. b Stmk. Naturschutzgesetz. Über ihn wurde eine Geldstrafe in Höhe von S 20.000,-- (20 Tage Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt.
In der Berufung vom 11.06.1998 wurde unter anderem vorgebracht, der Berufungswerber sei kein gemäß § 9 Abs 2 VStG bestellter verantwortlicher Beauftragter und es läge auch seinerseits keine nachweisliche Zustimmung zu einer diesbezüglichen Bestellung im Sinne des § 9 Abs 4 VStG vor. Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark stellt hiezu fest:
§ 9 VStG ("besondere Fälle der Verantwortlichkeit") lautet auszugsweise:
(1) Für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen oder Personengemeinschaften ohne Rechtspersönlichkeit ist, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte (Abs 2) bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist.
(2) Die zur Vertretung nach außen Berufenen sind berechtigt und, soweit es sich zur Sicherstellung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit als erforderlich erweist, auf Verlangen der Behörde verpflichtet, aus ihrem Kreis eine oder mehrere Personen als verantwortliche Beauftragte zu bestellen, denen für das ganze Unternehmen oder für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens die Verantwortung für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften obliegt. Für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens können aber auch andere Personen zu verantwortlichen Beauftragten bestellt werden.
(3) Eine physische Person, die Inhaber eines räumlich oder sachlich gegliederten Unternehmens ist, kann für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche ihres Unternehmens einen verantwortlichen Beauftragten bestellen.
(4) Verantwortlicher Beauftragter kann nur eine Person mit Wohnsitz im Inland sein, die strafrechtlich verfolgt werden kann, ihrer Bestellung nachweislich zugestimmt hat und der für den ihrer Verantwortung unterliegenden klar abzugrenzenden Bereich eine entsprechende Anordnungsbefugnis zugewiesen ist."
Die Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB) sind gemäß § 2 Z 13 Firmenbuchgesetz (FBG) als sonstige Rechtsträger, deren Eintragung gesetzlich vorgesehen ist, im Firmenbuch unter FN 71396 w eingetragen. Als vertretungsbefugte Organe scheinen die Vorstandsmitglieder DI Helmut H, DI Dr. Helmut D und DI Fritz P auf. Der Berufungswerber selbst zählt nicht zum Kreise der gemäß § 9 Abs 1 VStG zur Vertretung nach außen berufenen Personen. Dem Unabhängigen Verwaltungssenat für die Steiermark liegen keine Unterlagen vor, aus denen sich ergeben würde, daß der Berufungswerber die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortung für die Verlegung des Schoberbaches im Sinne des § 9 Abs 2 und 4 VStG übernommen hätte. Weder im erstinstanzlichen Verwaltungsstrafakt der Bezirkshauptmannschaft Leoben, GZ.:
15.1 1997/282, noch im naturschutzrechtlichen Akt der Bezirkshauptmannschaft Leoben, GZ.: 6.0 Wa 10-96/18, liegt ein Schriftstück auf, welches man so interpretieren könnte, daß es einen aus der Zeit vor der Begehung der angelasteten Verwaltungsübertretung stammenden Zustimmungsnachweis darstellen würde.
Daß der Berufungswerber im Rahmen des eisenbahnrechtlichen Genehmigungsverfahrens vor der Stmk. Landesregierung, GZ.: 3- 21.21-3-96/18 als Projektleiter des "Ausbaues der Schoberpaßstrecke" im Abschnitt Furth-Wald-Unterwald, dieser wiederum Teil des Ausbaues der Strecke Amstetten - Tarvis, unzweifelhaft im Namen der Österreichischen Bundesbahnen befugtermaßen aufgetreten ist, bedeutet nicht, daß er schon dadurch die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortung von den Vorstandsmitgliedern der ÖBB übernommen hat. Das Vorbringen des Berufungswerbers, er sei nicht als verwaltungsstrafrechtlicher Verantwortlicher anzusehen, wird außerdem noch gestützt durch die Auskunft der ÖBB - Rechtsabteilung vom 04.09.1998, daß Herr DI Helmut R nach den uns vorliegenden Informationen weder für das Projekt "Schoberpaßausbau" noch für andere Bereiche zum verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichen bestellt wurde."
Da der Berufungswerber somit verwaltungsstrafrechtlich für den allenfalls vorliegenden und diesfalls den ÖBB zuzurechnenden Verstoß nicht verantwortlich gemacht werden kann, war das Verfahren einzustellen.
Dies konnte, da eine öffentliche, mündliche Verhandlung vor der Berufungsbehörde nicht ausdrücklich verlangt wurde und in der Berufung ausdrücklich eine unrichtige rechtliche Beurteilung behauptet wurde, gemäß § 51 e Abs 2 VStG ohne mündliche Verhandlung geschehen.