Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat durch das Mitglied Dr Wilfert über die Berufung des Herrn Dr Michael P gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Wien, Bezirkspolizeikommissariat H, vom 5.5.1998, Zahl S 177.601-HG/97 We, nach durchgeführter öffentlicher mündlicher Verhandlung am 1.10.1998, entschieden:
Gemäß § 66 Abs 4 AVG wird der Berufung keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, daß im Spruch des Straferkenntnisses die Wortfolge "indem Sie das Fahrzeug nicht vor der dort befindlichen Haltelinie angehalten haben" durch die Wortfolge "indem Sie in die Kreuzung eingefahren sind" ersetzt wird.
Der Berufungswerber hat daher gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens in Höhe von S 300,--, das sind 20 % der verhängten Geldstrafe, zu bezahlen.
Begründung:
1. Das angefochtene Straferkenntnis hat folgenden Spruch:
"Sie haben am 15.9.1997 um 9.07 Uhr in Wien, A-Platz/H-straße das KFZ mit dem Kennzeichen W-21 gelenkt und haben das Rotlicht der Verkehrslichtsignalanlage nicht beachtet, indem Sie das Fahrzeug nicht vor der dort befindlichen Haltelinie angehalten haben.
Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift verletzt:
Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über Sie folgende Strafe verhängt:
S 1.500,--,
Ersatzfreiheitsstrafe 90 Stunden gemäß § 99 Abs 3 lit a StVO Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes und gemäß § 5a Abs 2 der Straßenverkehrsordnung 1960 zu zahlen:
S 150,-- als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10 % der Strafe.
Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten) beträgt daher S 1.650,--.
Außerdem sind die Kosten des Strafvollzuges zu ersetzen."
Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die Berufung vom 20.5.1998, in welcher der Berufungswerber die Begehung der ihm zur Last gelegten Verwaltungsübertretung bestreitet.
2. In der Angelegenheit fand am 25.9.1998 und am 1.10.1998 eine öffentliche mündliche Verhandlung vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat Wien statt. In dieser Verhandlung wurde der Berufungswerber als Partei sowie die Meldungslegerin, Frau RvI S, zeugenschaftlich einvernommen. Im Anschluß an die fortgesetzte Verhandlung am 1.10.1998 wurde der Berufungsbescheid mündlich verkündet.
3. Die Berufung ist nicht begründet.
Gemäß § 38 Abs 5 StVO gilt rotes Licht als Zeichen für "Halt". Bei diesem Zeichen haben die Lenker von Fahrzeugen unbeschadet der Bestimmung des Abs 7 und des § 53 Z 10a an den in Abs 1 bezeichneten Stellen anzuhalten.
An welcher Stelle anzuhalten ist, ergibt sich aus § 38 Abs 1 lit a bis lit d leg cit Nach dem Erkenntnis des verstärkten Senates des Verwaltungsgerichtshofes vom 8.5.1987, Zl 85/18/02157, mißachtet der Fahrzeuglenker der trotz roten Lichtes in die Kreuzung einfährt, das Gebot des § 38 Abs 5 StVO, gleichgültig, an welcher der in Betracht kommenden Stellen er anzuhalten gehabt hätte. Das gegenständliche Verwaltungsstrafverfahren gründet sich auf eine Anzeige der Bundespolizeidirektion Wien, Bezirkspolizeikommissariat H. In der Tatumschreibung wird festgehalten, daß der Angezeigte am 15.9.1997 um 9.07 Uhr in Wien, A-Platz/H-straße, die M-straße in Richtung A-Platz mit einer Fahrgeschwindigkeit von ca 30 km/h befuhr. In der Höhe H-straße habe der Angezeigte die mittels aVLSA geregelte Kreuzung übersetzt, obwohl das Rotlicht leuchtete. Das Grünlicht des Spurensignales habe beim Übersetzen der Kreuzung bereits seit mehreren Sekunden nicht mehr geleuchtet. Der Angezeigte sei beim letzten Aufleuchten des grünen Spurensignals ca 15 m von der aVLSA entfernt gewesen.
Mit Stellungnahme vom 1.12.1997 brachte der nunmehrige Berufungswerber vor, er habe die Kreuzung ordnungsgemäß bei Grünlicht überquert und möge die Anzeigelegerin im Zuge einer Einvernahme den gesamten Vorgang nochmals schildern. Mit Stellungnahme vom 18.3.1998 gab die Anzeigelegerin an, sie halte ihre Anzeige vom 15.9.1997 vollinhaltlich aufrecht. Der Angezeigte habe die Kreuzung übersetzt, obwohl das dort befindliche Spurensignal (zum Rechtsabbiegen Richtung stadteinwärts), seit mehreren Sekunden nicht mehr geleuchtet habe. Dem Angezeigten sei ein sicheres Anhalten ohne Behinderung anderer Verkehrsteilnehmer möglich gewesen, die Entfernung von der aVLSA habe ca 15 m betragen. Der Standort der Meldungslegerin habe sich mit dem Stkw unmittelbar hinter dem Angezeigten befunden. Mit Stellungnahme vom 14.4.1998 brachte der Berufungswerber wiederum vor, er habe die Kreuzung keineswegs bei Rotlicht übersetzt. Er stellte den Antrag unter gleichzeitiger Anfertigung einer maßstabgetreuen Skizze die Meldungslegerin neuerlich einzuvernehmen.
In der Folge erging das nunmehr bekämpfte Straferkenntnis vom 5.5.1998. In seiner Berufung vom 20.5.1998 rügt der Berufungswerber die Unterlassung des von ihm gestellten Antrages auf Anfertigung einer maßstabgetreuen Skizze und neuerliche Einvernahme der Meldungslegerin und brachte vor, er habe vor der Kreuzung auf 50 km/h beschleunigt und habe solcherart die verfahrensgegenständliche Haltelinie beim letzten Grünblinken überquert. Er beantrage die Beischaffung einer maßstabgetreuen Skizze, die Beiziehung eines Amtssachverständigen aus dem Fachgebiet der Kfz-Technik sowie die Durchführung eines Lokalaugenscheins zum Beweis dafür, daß der Beschuldigte gemäß seinen Angaben die verfahrensgegenständliche Kreuzung übersetzt habe.
In der öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat Wien brachte der Vertreter des Berufungswerbers vor, er lehne den Unabhängigen Verwaltungssenat Wien, insbesondere sein Mitglied Dr Wilfert, wegen Befangenheit ab, da es sich bei diesem Mitglied um einen Angehörigen der Bundespolizeidirektion Wien bzw ein Mitglied der Sicherheitswache bzw der Sicherheitsdirektion Österreichs handle, welcher lediglich für seine zeitlich befristete Tätigkeit als Mitglied des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien karenziert worden sei und daher das Recht des Berufungswerbers auf Entscheidung durch einen unabhängigen Richter im Sinne der Verfassung verletzt sei.
Die Meldungslegerin Frau RvI S gab zeugenschaftlich einvernommen nach Wahrheitserinnerung an, sie könne sich heute an den verfahrensgegenständlichen Vorfall nicht mehr erinnern, dies aufgrund des mittlerweile vergangenen Zeitraumes sowie aufgrund der zahlreichen ähnlichen Amtshandlungen. Sie habe die Angaben in der Anzeige genauso gemacht, wie sie den Sachverhalt vor Ort wahrgenommen habe. Hätte sie Zweifel an der Richtigkeit dieser Wahrnehmungen gehabt, hätte sie keine Anzeige erstattet. Wenn sie in der Anzeige angegeben hat, daß der Lenker bei Rotlicht in die Kreuzung eingefahren und beim letzten Aufleuchten des grünblinkenden Spurensignals ca 15 m von der aVLSA entfernt gewesen sei, dann habe sie das mit Sicherheit so wahrgenommen. Sie sei mit dem Funkwagen unmittelbar hinter dem Angezeigten gefahren. Sie führe ein Notizbuch, in welchem sie unmittelbar vor Ort Notizen über ihre Wahrnehmung mache, so auch in diesem Fall. Da der Vorfall über ein Jahr zurück liegt, habe sie dieses Notizbuch heute nicht mehr. Sie sei seit 1991 im Polizeidienst und seit dieser Zeit auch mit der Verkehrsüberwachung befaßt. Auf Befragung durch den Vertreter des Berufungswerbers gab sie an, in diesem Bereich sei eine 30 km/h-Zone. Sie könne heute nicht mehr sagen, ob der Beschuldigte 20 oder 25 km/h gefahren ist, da sie, wie gesagt, heute zu dem Vorfall keine Erinnerung mehr habe. Wenn sie in der Anzeige angegeben habe, daß das Spurensignal seit mehreren Sekunden nicht mehr geleuchtet habe, so bedeute dies zwischen 3 und 5 Sekunden. Das Fahrzeug sei nicht angehalten worden, da, wie angegeben, die aVLSA Rotlicht zeigte und kein Anlaß bestanden habe, aufgrund dieser Verwaltungsübertretung mit Blaulicht unter Gefährdung des Querverkehrs und der Fußgänger eine Verfolgung aufzunehmen. Das grüne Spurensignal blinke drei Mal, dann verlösche es und es bleibe das bereits leuchtende Rotlicht der normalen Ampel bestehen.
In der fortgesetzten mündlichen Verhandlung erschien der Berufungswerber persönlich, legte eine Skizze der Örtlichkeit vor und erleuterte anhand dieser Skizze (Beilage A zum Verhandlungsprotokoll), daß die Geschwindigkeitsbeschränkung von 30 km/h in der M-straße ca 8 bis 10 m vor der Haltelinie vor Hietzing "A-Platz" ende. Die Strecke zwischen dieser Haltelinie und die Haltelinie der verfahrensgegenständlichen Kreuzung betrage 52 m. Die Strecke zwischen dieser Haltelinie und der aVLSA betrage 12 m. Die in dieser Kreuzung querende H-straße führe nach rechts in einem Winkel von 60 Grad bogenförmig weiter.
Er fahre diese Strecke nahezu jeden Tag. Befragt, ob er an diesen speziellen Tag eine konkrete Erinnerung habe und ob es dafür einen Anlaß gebe, gab er nach einigem Nachdenken an, ja, weil hinter ihm ein Polizeiauto gefahren sei. Dazu nochmals befragt, gab er an, er habe an diesen Tag keine konkrete Erinnerung. Er schließe aber aus, die gegenständliche Verwaltungsübertretung gesetzt zu haben, da er die 30 km/h Beschränkung, die er persönlich als störend empfinde, allerdings aus für ihn einsichtigen Lärmschutzgründen erlassen worden sei, genauestens beachte und ihm aufgrund seiner langjährigen Tätigkeit als Anwalt, insbesondere auch in Verkehrsschadensangelegenheiten, ein gesteigertes Problembewußtsein, insbesondere im Hinblick auf die Beachtung von Vorrangregeln, zuzubilligen sei. Nach Ende der Geschwindigkeitsbeschränkung beschleunige er jedes Mal, wobei zu berücksichtigen sei, daß sein Fahrzeug 150 PS stark sei und über eine sehr gute Straßenlage verfüge, und fahre er dann, so die Ampel grün zeigt, mit ca 50 km/h in die sanfte Kurve der H-straße. Die Aussage der Zeugin in der mündlichen Verhandlung "in diesem Bereich ist eine 30 km/h Zone" sei objektiv falsch, da diese Zone, wie dargelegt, ca 60 m zuvor ende.
Er beantrage die Beischaffung eines Ampelphasenplanes zum Beweis dafür, daß das Abbiegesignal vier Mal blinkt, sowie die Beischaffung des Verordnungsaktes und des Bodenmarkierungsplanes zum Beweis dafür, daß die 30 km/h-Beschränkung ca 60 m vor der Haltelinie ende sowie die Erstellung eines kraftfahrzeugtechnischen Gutachtens zum Beweis dafür, daß mit dem verfahrensgegenständlichen Fahrzeug auf der Strecke zwischen dem Ende der 30 km/h Zone und der Haltelinie eine Beschleunigung auf eine weit höhere Geschwindigkeit als 50 km/h möglich sei. Über diese Berufung hat der Unabhängige Verwaltungssenat Wien erwogen:
Gemäß § 7 Abs 1 Z 4 AVG haben sich Verwaltungsorgane der Ausübung ihres Amtes zu enthalten und ihre Vertretung zu veranlassen wenn ua wichtige Gründe vorliegen, die geeignet sind, ihre volle Unbefangenheit in Zweifel zu ziehen.
Unbeachtet des Nichtbestehens eines formellen Ablehnungsrechtes ist das Vorbringen von Befangenheitsgründen auf seine Berechtigung hin zu prüfen und wäre in einer tatsächlich gegebenen Befangenheit unter Umständen ein wesentlicher Verfahrensmangel gelegen (VwGH vom 17.9.1991, 91/05/0004). Wird seitens einer Partei Befangenheit geltend gemacht, die nicht von vornherein auszuschließen ist, so hat sich die Behörde damit im Bescheid auseinander zu setzen (zB VwGH vom 10.12.1991, 88/07/0079).
Die vom Berufungswerber geltend gemachten Gründe, mögen sie auch objektiv geeignet sein, die volle Unbefangenheit eines zur Entscheidung berufenen Senatsmitgliedes in Zweifel zu ziehen (siehe dazu VfGH vom 2.10.1997, B 2434/95), liegen im Berufungsfall nicht vor, da das in diesem Verfahren zur Entscheidung berufene Mitglied weder Angehöriger der Bundespolizeidirektion Wien noch der Sicherheitswache noch der Sicherheitsdirektion ist und auch niemals war. Auch sonstige Gründe die geeignet wären, die volle Unbefangenheit des zur Entscheidung berufenen Mitglieds in Zweifel zu ziehen, sind nicht hervorgekommen und wurden solche vom Berufungswerber auch nicht behauptet.
Nach Durchführung des Beweisverfahrens und aufgrund der Angaben der Meldungslegerin sowie der Aussage des Berufungswerbers ist unstrittig erwiesen, daß letzterer am 15.9.1997 um 9.07 Uhr die im Straferkenntnis bezeichnete Kreuzung als Lenker des Kraftfahrzeuges mit dem Kennzeichen W-21 befahren hat. Strittig ist im Berufungsfall, ob der Berufungswerber dabei unter Nichtbeachtung des Rotlichtes in die Kreuzung eingefahren ist. Diesbezüglich stehen einander die widersprechenden Darstellungen des Berufungswerbers einerseits sowie der Anzeigelegerin andererseits gegenüber.
Zur Klärung des Sachverhaltes wurde Beweis erhoben durch die Einvernahme des Berufungswerbers sowie der Anzeigelegerin in der öffentlichen mündlichen Verhandlung sowie durch Einsichtnahme in die vom Berufungswerber vorgelegte Skizze. Zu den Aussagen des Berufungswerbers sowie der Zeugin in der öffentlichen mündlichen Verhandlung ist festzustellen, daß die Zeugin im unmittelbaren Eindruck korrekt und persönlich glaubwürdig wirkte und an persönlicher Glaubwürdigkeit den Berufungswerber bei weitem übertraf. Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien fand keinen Anlaß daran zu zweifeln, daß diese Zeugin ihre dienstlichen Wahrnehmungen wahrheitsgemäß zur Anzeige brachte. Ihre Darstellungen waren im gesamten Verfahren schlüssig und widerspruchsfrei. Die Zeugin hat von Anfang an angegeben, daß das Fahrzeug des Berufungswerbers eine Geschwindigkeit von etwa 30 km/h fuhr und beim Verlöschen des Grünlichtes etwa 15 m von der Haltelinie entfernt war. Auch die vom Berufungswerber objektive Unrichtigkeiten der Angaben der Meldungslegerin liegen nicht vor, da sich, wie der Berufungswerber selbst angab, auf der Zufahrt zur verfahrensgegenständlichen Kreuzung bis ca 60 m davor und somit "in diesem Bereich" eine 30 km/h Zone befindet, mit der von der Meldungslegerin glaubwürdig festgestellten Fahrgeschwindigkeit des Berufungswerbers von ca 30 km/h ein Anhalten auf der Strecke von 15 m (bei Annahme eines Bremsweges von ca 9 m, eine Reaktionszeit war im Hinblick darauf, daß das Grünlicht vor dem Erlöschen geblinkt hat, nicht zu berücksichtigen) sicher möglich gewesen wäre und für das Zurücklegen dieser Strecke eine Zeit von etwa 2 Sekunden erforderlich war. Daß die Zeugin in der mündlichen Verhandlung angab "mehrere Sekunden" bedeute für sie ca "3 bis 5 Sekunden" vermag die aufgrund des unmittelbaren Gesamteindruckes bestehnde persönliche Glaubwürdigkeit der Zeugin nicht zu erschüttern.
Der Berufungswerber hingegen hatte, wie er letztlich selber eingestand, keinerlei Wahrnehmung oder Erinnerung an den konkreten Vorfall, und zeigte in der mündlichen Verhandlung die Neigung, zu seiner Rechtfertigung die Unwahrheit zu sagen, wenngleich er dies im Fall seiner Behauptung, er habe das Polizeiauto hinter ihm fahrend wahrgenommen, angesichts der im unmittelbaren Eindruck erkennbaren Unrichtigkeit wieder korrigierte. Darüber hinaus versuchte er, die objektive Unmöglichkeit der Begehung der verfahrensgegenständlichen Verwaltungsübertretung glaubhaft zu machen, was ihm jedoch nicht gelang. Insbesondere waren weder der Umstand, daß die 30 km/h Beschränkung schon vor der Kreuzung endet noch daß das Fahrzeug des Berufungswerbers sehr stark motorisiert ist und über eine gute Straßenlage und eine gute Beschleunigung verfügt, geeignet, die Angaben der Meldungslegerin, daß der Berufungswerber im verfahrensgegenständlichen Zeitpunkt mit etwa 30 km/h gefahren ist und, wie sie aus dem dahinter fahrenden Streifenwagen wahrgenommen hat, unter Mißachtung des Rotlichtes in die Kreuzung eingefahren ist, in Zweifel zu ziehen, noch besteht nach Ansicht des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien ein Satz der allgemeinen Lebenserfahrung dahingehend, daß Angehörige bestimmter Berufsgruppen aufgrund eines berufsbedingt gesteigerten Problembewußtseins Übertretungen nach § 38 Abs 5 StVO nicht begehen.
Den vom Berufungswerber in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisanträgen zum Beweis der örtlichen Gegebenheiten sowie dafür, daß es mit dem Fahrzeug des Berufungswerbers möglich gewesen wäre, vor der Kreuzung auf eine weit höhere Geschwindigkeit als 50 km/h zu beschleunigen, war nicht nachzukommen, da die Richtigkeit dieses Vorbringens vom Unabhängigen Verwaltungssenat Wien nicht in Abrede gestellt wurde.
Bei einer zusammenfassenden Würdigung der vorliegenden Beweisergebnisse ist als erwiesen anzusehen, daß die Meldungslegerin beobachtet hat, wie der Berufungswerber, der sich im Zeitpunkt des Verlöschen des Grünlichtes mit einer Geschwindigkeit von etwa 30 km/h fahrend ca 15 m vor der Haltelinie befand, dennoch nicht angehalten hat, sondern trotz Rotlicht in die Kreuzung eingefahren ist. Der Rechtfertigung des Berufungswerbers wurde kein Glauben geschenkt, da es sich bloß um Schutzbehauptungen handelt. Die objektive Tatseite der dem Berufungswerber zur Last gelegten Verwaltungsübertretung ist daher erwiesen.
Bei dieser Verwaltungsübertretung handelt es sich um ein Ungehorsamsdelikt, weil weder der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr vorausgesetzt, noch über das Verschulden etwas bestimmt wird. Bei solchen Delikten obliegt es gemäß § 5 Abs 1 VStG dem Beschuldigten, glaubhaft zu machen, daß ihm die Einhaltung der Verwaltungsvorschrift ohne sein Verschulden unmöglich war. Das bedeutet, daß der Beschuldigte initiativ alles darzulegen hat, was für seine Entlastung spricht, zB durch die Beibringung von Beweismitteln bzw die Stellung entsprechender Beweisanträge.
Der Berufungswerber hat nicht glaubhaft gemacht, daß ihm die Einhaltung der Verwaltungsvorschrift ohne sein Verschulden nicht möglich gewesen wäre.
Gemäß § 19 Abs 1 VStG ist die Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.
Gemäß Abs 2 leg cit sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40-46 VStG) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechts sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches (StGB) sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.
Die gegenständliche Verwaltungsübertretung schädigt in nicht unerheblichen Ausmaß das gesetzlich geschützte Interesse an der Aufrechterhaltung der Leichtigkeit, Flüssigkeit und Sicherheit des Straßenverkehrs. Der objektive Unrechtsgehalt der Tat kann daher, selbst bei Fehlen sonstiger nachteiliger Folgen, nicht als gering erachtet werden.
Das Verschulden kann nicht als geringfügig angesehen werden, da weder hervorgekommen ist, noch auf Grund der Tatumstände anzunehmen war, daß die Einhaltung der Vorschrift eine besondere Aufmerksamkeit erfordert habe oder daß die Verwirklichung des Tatbestandes aus besonderen Gründen nur schwer hätte vermieden werden können.
Es sind weder Erschwerungs- noch Milderungsgründe hervorgekommen, insbesondere kommt dem Berufungswerber der Milderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit nicht zugute. Die von der erstinstanzlichen Behörde im unteren Bereich des gesetzlichen Strafrahmens festgesetzte Strafe ist daher, auch unter Berücksichtigung des Umstandes, daß der Berufungswerber nach der Beweislage die Verwaltungsübertretung nur fahrlässig begangen hat, tat- und schuldangemessen. Eine Herabsetzung der Strafe kam daher nicht in Betracht, zumal die Verhängung einer noch geringeren Strafe nicht geeignet schiene, den Berufungswerber sowie andere Verkehrsteilnehmer in Hinkunft wirksam von der Begehung gleichartiger Verwaltungsstraftaten abzuhalten. Der Berufungswerber hat trotz gebotener Gelegenheit keine Angaben zu seinen Einkommens- und Vermögensverhältnissen gemacht, weshalb aufgrund seiner beruflichen Stellung als Rechtsanwalt von nicht ungünstigen allseitigen Verhältnissen ausgegangen wurde, die Sorgepflicht für seine Ehegattin und zwei Kinder wurde berücksichtigt.