Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat durch das Mitglied Dr Hollinger über die Berufung des Herrn Siegfried S, vertreten durch Rechtsanwälte, gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den 16. Bezirk, vom 02.02.1998, Zl MBA 16 - S 6782/97, wegen Verwaltungsübertretung gemäß § 367 Ziffer 25 GewO 1994 idgF entschieden:
Gemäß § 66 Abs 4 AVG wird der Berufung in der Schuldfrage insofern Folge gegeben, als der Tatvorwurf zu 3), nämlich: "3) Der Nebenverkehrsweg entlang des Ganges 1 war durch die unter 1) genannten Paletten von 1,60 m auf ca 1,2 bis 1,4 m eingeengt bzw verstellt" zu entfallen hat.
Die verletzten Rechtsvorschriften haben:
"in Verbindung mit Punkt 45) des rechtskräftigen Bescheides vom 09.07.1980, Zl MBA 16 - Ba 22747/2/80," zu lauten.
In der Straffrage wird der Berufung Folge gegeben und die verhängte Geldstrafe von S 3.000,-- auf S 2.000,--, im Uneinbringlichkeitsfall 32 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe herabgesetzt.
Dementsprechend verringert sich der erstinstanzliche Strafkostenbeitrag von S 300,-- auf S 200,--.
Der Berufungswerber hat daher gemäß § 65 VStG keinen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu leisten.
Begründung:
Das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den 16. Bezirk, vom 02.02.1998, Zl MBA 16 - S 6782/97, hat folgenden Spruch:
"Sie haben als gewerberechtlicher Geschäftsführer und somit für die Einhaltung der gewerberechtlichen Vorschriften Verantwortlicher der P-GesmbH zu verantworten, daß diese Gesellschaft am 07.05.1997 in ihrer Betriebsanlage zur Ausübung des Kleinhandels mit Waren aller Art in Wien, S-gasse, die Auflage Punkt 45) des rechtskräftigen Bescheides vom 09.07.1980, Zahl:
MBA 16 - Ba 22747/2/80, der lautet: "Die in den Plänen, welche einen Bestandteil des Bescheides bilden, dunkelgrau gekennzeichneten Hauptverkehrswege müssen eine Mindestbreite von 2,20 m, die übrigen Nebenverkehrswege mindestens eine Breite von 1,60 m aufweisen. Es dürfen diese Maße durch Aufstellen von Warenkörben und dgl nicht verringert werden.", aus folgenden Gründen nicht eingehalten hat:
1) Der Hauptverkehrsweg war im Bereich des Ganges 1 durch Zweitplazierungen auf Paletten von 2,20 m auf ca 1,90 m eingeengt.
2) Die Querverbindung zum Notausgang im Bereich des Sportplatzes neben der Betriebsanlage (lt Plan ebenfalls ein Hauptverkehrsweg) war stellenweise durch Zweitplazierungen verschiedenster Art von 2,20 m auf ca 1,80 m eingeengt bzw verstellt.
3)
Der Nebenverkehrsweg entlang des Ganges 1 war durch die unter
1)
genannten Paletten von 1,60 m auf ca 1,2 bis 1,4 m eingeengt bzw verstellt.
Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:
§ 367 Z 25 Gewerbeordnung 1994 (GewO 1994), BGBl Nr 194/1994 idgF. Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über Sie folgende Strafe verhängt:
Geldstrafe von Schilling 3.000,--, falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von 2 Tagen, gemäß § 370 Abs 2 GewO 1994 idgF.
Ferner haben Sie gemäß § 64 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG, in der geltenden Fassung, zu zahlen: S 300,-- als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, ds 10 % der Strafe.
Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten) beträgt daher S 3.300,--. Außerdem sind die Kosten des Strafvollzuges zu ersetzen."
Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die fristgerechte Berufung des Beschuldigten, in welcher dieser Mangelhaftigkeit des Bescheidspruches, Mangelhaftigkeit des Verfahrens und der Feststellungen und unrichtige rechtliche Berurteilung geltend macht.
Antragsgemäß führte der Unabhängige Verwaltungssenat Wien am 07.10.1998 eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, an welcher ein rechtsfreundlicher Vertreter für den Beschuldigten teilnahm und in welcher Werkmeister O zeugenschaftlich einvernommen wurde.
Herr Werkmeister O gab zeugenschaftlich einvernommen folgendes an:
"Zunächst einmal wird bemerkt, dass der Plan der BA zur Verhandung nicht mitgebracht werden konnte, da er zur Zeit nicht in der Dienststelle aufliegt. Mir ist jedoch gegenständliche BA gut bekannt, ich war bereits öfters dort.
Der Hauptverkehrsweg ist bei gegenständlicher Filiale dunkelgrau auf dem Plan eingefärbt. Nebenverkehrswege weisen keine Farbe auf, es sind diese dann die verbleibenden Verkehrswege zwischen den Regalen bzw zwischen den erlaubten Zweitplatzierungen. Seit der Bescheidgenehmigung 1980 bis zur Erhebung am 07.05.1997 wurden keine relevaten Umbauten durchgeführt, die die Verkehrswegsituation geändert hätten. Der damals im Bescheid 1980 dunkelgrau eingefärbte Hauptverkehrsweg bestand nach wie vor, ebenso die Nebenverkehrswege.
In der Filiale selbst sind die Gänge mittels Oberkopfschilder zahlenmäßig durchnummeriert und somit bezeichnet. Meiner Erinnerng nach dürften auf den Paletten im Bereich des Ganges 1 (Zweitplatzierungen) Kaffee gewesen sein. Durch diese Zweitplatzierungen wurde der Hauptverkehrsweg von 2,20 m auf 1,20 eingeengt. Dieser Gang 1 ist Hauptverkehrsweg und somit auf dem Plan dunkelgrau eingefärbt.
Die Querverbindung zum Notausgang im Bereich des Sportplatzes neben der BA ist laut Plan ebenfalls als Hauptverkehrsweg ausgewiesen, ist in etwa 30 m lang. Diese Querverbindung war an mehreren Stellen durch Zweitplatzierungen eingeengt bzw verstellt. Die Zweitplatzierungen waren verschiedenster Art, mir jetzt nicht mehr in der Erinnerung welcher Art. Die Zweitplatzierungen werden je nach Angeboten immer wieder geändert.
Der Gang 1 weist eine Breite auf, die größer ist als die vorgeschriebene Hauptverkehrswegbreite von 2,20 m. Im konkreten Fall waren die Paletten von Zweitplatzierungen im Gang 1 so angebracht, dass die verbleibende Gangbreite im Bereich des Hauptverkehrsweges unter die 2,20 m eingeengt war, die verbleibende Gangbreite auf der anderen Seite der Paletten wurde von 1,60 m auf ca 1,20 m bis 1,40 m eingeengt, somit wies diese verbleibende Gangbreite ein geringeres Maß auf, als die vorgeschriebene Nebenverkehrswegbreite. Dies geschah auf Grund der um 90 Grad verdrehten Aufstellung der Zweitplatzierungspaletten. Über Befragen des BV gebe ich an, dass ich damals bei der Kontrolle die Pläne der BA mithatte, diese liegen im Übrigen in der BA selbt auf. Ich habe die Circa-Maße auf Grund der Bodenfliesen geschätzt."
In seinen Schlußausführungen führte der Beschuldigtenvertreter folgendes aus:
"Auf die genauen Ausführungen in der Beufung wird nochmals verwiesen. Eine konkrete Zuordnung der einzelnen Verstellungen war nicht möglich, obwohl sich der vorgehaltene Tatort über einen größeren Bereich erstreckt hat. Eine konkrete Feststellung und ein präziser Vorhalt wäre nur unter gleichzeitigem Vorhalt der Pläne möglich gewesen, das ist jedoch nicht erfolgt."
Gemäß § 367 Z 25 GewO 1994 (GewO) begeht eine Verwaltungsübertretung, die nach dem Einleitungssatz dieser Gesetzesbestimmung mit Geldstrafe bis zu S 30.000,-- zu bestrafen ist, wer Gebote oder Verbote von gemäß § 82 Abs 1 oder § 82a Abs 1 erlassenen Verordnungen nicht befolgt oder die gemäß den Bestimmungen der §§ 74 bis 83 oder 359b in Bescheiden vorgeschriebenen Auflagen oder Aufträge nicht einhält. Gemäß Auflagepunkt 45) des Bescheides vom 09.07.1980, MBA 16 - Ba 22747/2/80, müssen die in den Plänen, welche einen Bestandteil des Bescheides bilden, dunkelgrau gekennzeichneten Hauptverkehrswege eine Mindestbreite von 2,20 m, die übrigen Nebenverkehrswege mindestens eine Breite von 1,60 m aufweisen. Es dürfen diese Maße durch Aufstellen von Warenkörbe und dgl nicht veringert werden. Dem gegenständlichen Straferkenntnis liegt der Erhebungsbericht der Magistratsabteilung 36 vom 07.05.1997, MA 36/A/16/510/97, zugrunde, in welchem es wie folgt lautet:
"Der Hauptverkehrsweg war im Bereich des Ganges 1 durch Zweitplazierungen auf Paletten ca 2,20 m auf ca 1,9 m eingeengt bzw verstellt.
Die Querverbindung zum Notausgang im Bereich des Sportplatzes neben der BA (lt Plan ebenfalls ein Hauptverkehrsweg) war durch Zeitplazierungen verschiedenster Art von 2,20 m auf ca 1,8 m stellenweise eingeengt bzw verstellt.
Der Nebenverkehrsweg entlang des Ganges 1 war durch die erstgenannten Paletten von 1,60 m auf ca 1,2 - 1,4 m eingeengt bzw verstellt."
Insofern der Berufungswerber einwendet, dass der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses nicht dem Konkretisierungsgebot des § 44a Z 1 VStG entspricht, da im angefochtenen Straferkenntnis nicht auf die Zentrale der P-GmbH abgestellt werde, so ist diesem Vorbringen zunächst entgegenzuhalten, dass hinsichtlich des dem Berufungswerber angelasteten Straftatbestandes des § 367 Z 25 GewO, der auf beim Betrieb der Anlage einzuhaltende Auflagen abgestellt ist, nicht angenommen werden kann, dass die Verwaltungsübertretung nicht am Standort der Betriebsanlage, sondern am hievon abweichenden Sitz der Untenehmensleitung begangen wurde (vgl VwGH 19.06.1990, 89/04/0249). Tatort einer Übertretung nach § 367 Z 25 GewO 1994 iVm der jeweiligen in einem Betriebsanlagenbescheid vorgeschriebenen Auflage ist somit der Standort der Betriebsanlage und wurde daher im vorliegenden Fall zutreffend die weitere Betriebsstätte der P-GmbH in Wien, S-gasse, als Ort der angelasteten Tat im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses angeführt.
Auf Grund der Zeugenaussage des Werkmeister O in Verbindung mit dessen Erhebungsbericht vom 07.05.1997 ergibt sich ohne Zweifel, dass es sich bei dem unter 1) im Spruch des Straferkenntnisses genannten Verkehrsweg um einen Hauptverkehrsweg handelt, da dieser im Betriebsanlagengenehmigungsbescheid vom 09.04.1980 dunkelgrau eingefärbt ist, ebenso wie bei der Querverbindung, die unter Punkt
2) im Straferkenntnis angeführt wird, da diese im Plan vom 09.07.1980 ebenfalls dunkelgrau eingefärbt ist.
Werkmeister O hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat Wien zeugenschaftlich einvernommen inhaltlich klar und widerspruchsfrei und zudem unter der Wahrheitsverpflichtung des § 289 StGB ausgesagt. Außerdem unterliegt der Zeuge auf Grund seines Diensteides und auf Grund seiner verfahrensrechtlichen Stellung nicht nur der Wahrheitspflicht, sondern treffen ihn im Falle einer Verletzung dieser Pflicht nicht nur straf- sondern auch dienstrechtliche Sanktionen.
Auch konnte die Aktenlage keinerlei Hinweis darüber abgeben, dass der Zeuge den ihm offenbar unbekannten Berufungswerber durch eine unrichtige Aussage wahrheitswidrig einer verwaltungsstrafrechtlichen Verfolgung hätte aussetzen wollen. Darüber hinaus ist der Zeuge einschlägig geschult und erfahren, sodass ihm ohne weiteres selbstverständlich zuzutrauen ist zutreffend anhand von Plänen zu beurteilen, ob es sich bei einem Verkehrsweg in der betreffenden Betriebsanlage um einen Hauptverkehrs- oder um einen Nebenverkehrsweg handelt. Der Umstand, dass der Hauptverkehrsweg in mehreren Bereichen, nämlich im Bereich des Ganges 1 und im Bereich der Querverbindung zum Notausgang im Bereich des Sportplatzes neben der Betriebsanlage durch Zweitplatzierungen von 2,20 m auf ca, 1,90 m bzw auf ca 1,80 m eingeengt wurde, wurde dem Berufungswerber rechtzeitig innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist angelastet. Es ist in diesem Zusammenhang nicht notwendig, dass dem Berufungswerber zugleich mit der Tatanlastung, welche auch eine vollständige Zitierung des Bescheidauflagepunktes 45) des Bescheides vom 09.07.1980 enthalten hat, der Plan der gegenständlichen Betriebsanlage vorgehalten wird, zumal ihm eindeutig zur Last gelegt wurde, dass auf den unter Punkt 1) und
2) angeführten Stellen der Hauptverkehrsweg gegenständlicher Betriebsanlage eingeengt bzw verstellt war.
Auch die Tatumschreibung, wonach dieser Hauptverkehrsweg im Bereich des Ganges 1 (Punkt 1) bzw im Bereich Querverbindung zum Notausgang im Bereich des Sportplatzes neben der Betriebsanlage (Punkt 2) durch Zweitplatzierungen von 2,20 m auf 1,90 m (1.) bzw ca 1,80 m (2.) eingeengt bzw verstellt gewesen war, entspricht durchaus dem Konkretisierungsgebot des § 44a Ziffer 1 VStG, wurde doch mit "Bereich des Ganges 1" bzw "Querverbindung zum Notausgang im Bereich des Sportplatzes neben der Betriebsanlage" jener im Tatzeitpunkt (07.05.1997) im Bereich des Hauptverkehrsweges eingerichtete Abschnitt, wo die Verstellungen erfolgten, eindeutig bestimmt und war daher im vorliegenden Fall davon auszugehen, dass die Umschreibung der Örtlichkeit hinreichend präzisiert ist und der Berufungswerber auf Grund dieser Tatumschreibung durchaus in die Lage versetzt wurde, im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren und gegebenenfalls im außerordentlichen Verfahren (Wiederaufnahmeverfahren) auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen und er auch rechtlich davor geschützt war, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.
In diesem Zusammenhang ist noch darauf hinzuweisen, dass unbestritten in dem gegenständlichen Markt in jedem Gang Überkopftafeln mit der entsprechenden Nummer des Ganges angebracht sind. Eine Verwechslung der Gänge oder eine irrtümliche Zuordnung ist somit auch aus diesem Grunde auszuschließen.
Der Berufungswerber hat im übrigen die Verstellung des Hauptverkehrsweges im Bereich des Ganges 1 bzw die Verstellung des Hauptverkehrsweges im Bereich der Querverbindung zum Notausgang im Bereich des Sportplatzes neben der Betriebsanlage durch Zweitplatzierungen von 2,20 m auf ca 1,90 m (1.) bzw von 2,20 m auf ca 1,80 m (2.) am 07.05.1997 nicht in Abrede gestellt, weshalb der dem angefochtenen Straferkenntnis zugrunde liegende Sachverhalt auf Grund des im erstinstanzlichen Akt einliegenden Erhebungsberichtes der Magistratsabteilung 36 vom 07.05.1997 als erwiesen anzusehen und von der Verwirklichung des objektiven Tatbestandes auszugehen war.
Zu Punkt 3) ist folgendes zu bemerken:
Gemäß dem oben angeführten Auflagepunkt 45) des Bescheides vom 09.07.1980 müssen Nebenverkehrswege mindestens eine Breite von 1,60 m aufweisen. Auf Grund der Zeugenaussage des Werkmeister O in der mündlichen Verhandlung vom 07.10.1998 wurde jedoch eindeutig klargestellt, dass es sich bei dem unter Punkt 3) genannten Nebenverkehrsweg entlang des Ganges 1 keinesfalls um einen vom Hauptverkehrsweg gesonderten Nebenverkehrsweg gehandelt hat, sondern handelte es sich bei Gang 1 um einen im Plan der Betriebsanlage dunkelgrau eingefärbten Hauptverkehrsweg. Da der Gang 1 im Plan durchgehend dunkelgrau eingefärbt, somit durchgehend als Hauptverkehrsweg ausgewiesen ist, kann er nicht zugleich auch einen Nebenverkehrsweg darstellen, denn ein Verkehrsweg kann nur entweder Hauptverkehrsweg (hier im Plan dunkelgrau gekennzeichnet) sein, oder ein Nebenverkehrsweg (hier die übrigen Verkehrswege, nämlich die die im Plan nicht dunkelgrau eingezeichnet sind). Der Tatvorwurf, wie er gegen den Berufungswerber unter Punkt 3) des Straferkenntnisses erhoben wird, stellt sich somit als Doppelbestrafung dar und mußte daher spruchgemäß entfallen.
Zur Frage der Verantwortlichkeit:
Es steht außer Streit, dass der Berufungswerber zur Tatzeit gewerberechtlicher Geschäftsführer der P-GmbH für die in Wien, S-gasse gelegene Betriebsanlage gewesen ist, weshalb die Erstinstanz zu Recht den Berufungswerber als Verantwortlichen für die Nichteinhaltung der gegenständlichen Verwaltungsvorschriften nach der Gewerbeordnung herangezogen hat (§ 370 Abs 2 GewO).
Zur Frage des Verschuldens:
In seiner Stellungnahme vom 23.01.1998, auf welche in der Berufung ausdrücklich Bezug genommen wird, rechtfertigt sich der Berufungswerber wie folgt:
"Ich bin der gewerbrechtliche Geschäftsführer der P-GmbH. Die P-GmbH betreibt, was amtsbekannt ist, bundesweit mehr als 30 sehr große Lebensmitteleinzelhandelsgeschäfte, die im Durchschnitt eine Verkaufsfläche von mehr als 1.500 m2 haben. In jedem dieser Geschäfte werden rund 20.000 Artikel oder viele 100.000 Stück Ware in Verkehr gesetzt.
In jedem Markt ist ein gewerbescheinfähiger Marktleiter bestellt, der für seinen Bereich auch Verantwortung übernommen hat. Für den Fall seiner Abwesenheit ist für Stellvertretung Vorsorge getroffen.
Bei diesen Marktleitern (und Stellvertretern) handelt es sich um langjährig erfahrene und gut ausgebildete Lebensmittelkaufleute, die jeder für sich die Befähigung hätten, eigenständig Lebensmittelgeschäfte zu führen.
Jeweils mehrere Märkte werden durch Filialinspektoren überprüft, die regelmäßig, wenn auch nicht immer am selben Tag, die einzelnen Märkte überprüfen. Im Bereich der Fleischabteilungen gibt es darüberhinaus eigene Frischeinspektoren.
Diese Inspektoren überprüfen regelmäßig, wenn auch nicht immer am selben Tag, die einzelnen Märkte und berichten über ihre Kontrolltätigkeit.
Ich selbst überprüfe die Tätigkeit sowohl der Inspektoren wie der einzelnen Marktleiter notgedrungen stichprobenweise. Das System funktioniert seit vielen Jahren gut.
Für den Fall, als bei den Überprüfungen Mißstände - dazu gehören auch Verstöße gegen Verwaltungsvorschriften. Wo Verstöße gegen Auflagen festgestellt werden gibt es für Marktleiter und Inspektoren auch verschiedene Sanktionen.
Diese können je nach Häufigkeit und Schwere des Verstoßes vom schlichten Gespräch über die Ermahnung zur schriftlichen Verwarnung bis hin zur Absetzung und, soweit dies arbeitsrechtlich zulässig ist, zur Auflösung des Dienstverhältnisses führen. Es liegt daher im Interesse jedes einzelnen Verantwortungsträgers, daß keine Beanstandungen entstehen.
Die P-GmbH gehört zum Konzern der J-AG. Im Rahmen des Konzerns stehen in der Zentrale auch verschiedene Spezialabteilungen zur Verfügung. So gibt es etwa eine Rechts- und eine Personalabteilung und eine Warenkontrollstelle oder eine Bau- und Expansionsabteilung, die unter Leitung eines voll anordnungsbefugten Prokuristen, der mit einer Mehrzahl von Technikern zusammenarbeitet und die für die Errichtung der Filiale bis zur Übergabe an den Verkauf zuständig ist, wofür der Leiter auch Verantwortung übernommen hat.
Auch diese Abteilungen stehen mir beratend zur Seite bzw tragen für ihren Bereich Verantwortung.
Das System funktioniert seit langer Zeit gut, wie die geringe Beanstandungsquote ausweist.
Im gegenständlichen Fall ist mir nun vorgeworfen, daß durch das Aufstellen der selben Paletten in Punkt 1) und 3) des Vorhaltes Wege eingeschränkt gewesen seien bzw durch - nicht näher präzisierte - Zweitplazierungen eine Querverbindung eingeengt gewesen wäre.
In den einzelnen Märkten gibt es natürlich konkrete Pläne, wo einzelne Paletten aufzustellen sind oder wo Zweitplazierungen vorzunehmen sind.
Es ist ebenso besprochen, daß falls durch Aufstellen von Paletten die Auflagen nicht eingehalten werden können, in solchen Bereichen eben nur Halbpaletten oder Kisten aufgestellt werden dürfen bzw keinesfalls Zweitplazierungen vorgenommen werden dürfen. Im gegenständlichen Fall dürfte nun in einem solchen Bereich, in dem an sich nur Kisten aufgestellt werden dürfen, eine Palette aufgestellt worden sein bzw an nicht vorgesehenen Stellen Zweitplazierungen vorgenommen worden sein.
Bedenkt man insbesondere die Größe eines solchen Marktes und daher die Vielzahl von Paletten, die dort alltäglich bewegt werden, zeigt sich, daß es sich dabei um ein reines Augenblicksgebrechen gehandelt haben muß. Ein solches Aufstellen von Paletten oder unter Umständen Verschieben von Paletten muß eben nach konkreten Vorschriften erfolgen. Das wird auch vom Filialinspektor überprüft.
Ein Aufstellen von Paletten und/oder Zweitplazierungen entgegen solchen Vorschriften wird beanstandet und vom Filialleiter normalerweise natürlich nicht vorgenommen, zumal ja im Markt genügend Platz ist bzw die Ware auch anders präsentiert werden kann.
Daß aber entgegen solchen Vorschriften vereinzelt anders aufgestellt wird ist für mich praktisch nicht zu verhindern, wenn ich nicht gerade zu diesem Zeitpunkt im Markt bin, um so etwas zu sehen.
Es hieße aber meinen Verschuldensmaßstab überspannen, würden mir solche Augenblicksgebrechen zum verwaltungsstrafrechtlich relevanten Vorwurf gemacht.
Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits mehrfach festgestellt, daß im modernen Wirtschaftleben ein arbeitsteiliges Verfahren notwendig und rechtens ist, daß sich nur der jeweilige Verantwortungsträger mit gutem Grund darauf verlassen können muß, daß das System auch funktioniert.
Ein solches System habe ich eingerichtet und dargestellt. Ich konnte mit gutem Grund erwarten, daß durch dieses System die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften sichergestellt ist. Mich kann daher am gegenständlichen Vorwurf kein sujektives Verschulden treffen. Daß Augenblicksgebrechen oder Fehlverhalten auch beim besten Kontrollsystem nicht mit absoluter Sicherheit ausgeschlossen werden können, ergibt sich etwa schon aus Unfällen, die auch bei hoch spezialisierten und hoch technischen Sicherheitssystemen, wie jenen der Flugsicherheit, vorkommen kann, weil auch ein so hoch spezialisiertes Sicherheits- und Kontrollsystem nicht davor schützt, daß es in Einzelfällen dennoch zu menschlichem oder technischem Versagen kommen kann. Das zeigen etwa auch zahlreiche Rückrufaktionen auch hoch renommierter Automobilhersteller, obwohl natürlich auch diese, bevor sie ein Modell am Markt freigeben, ein dichtes Überprüfungssystem haben."
Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien zweifelt nicht an der Richtigkeit des vom Berufungswerber geschilderten Kontrollsystems. Dennoch entspricht dieses Kontrollsystem nicht den Anforderungen, die der Verwaltungsgerichtshof an ein effizientes, das Verschulden des gewerberechtlichen Geschäftsführers ausschließendes Kontrollsystem stellt.
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes muß dem Gewerbeinhaber zugebilligt werden, die Besorgung einzelner Angelegenheiten anderen Personen selbstverantwortlich zu übertragen und die eigene Tätigkeit in diesen Belangen auf eine angemessene Kontrolle zu beschränken. In diesem Fall ist das mangelnde Verschulden im Sinne des § 5 Abs 1 zweiter Satz VStG dadurch nachzuweisen, dass alle Maßnahmen getroffen wurden, die unter den vorhersehbaren Verhältnissen die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften mit gutem Grund erwarten lassen (vgl ua VwGH 20.10.1970, VwSlg 7.890/A, VwGH 18.9.1987, 86/17/0021). Die strafrechtliche Verantwortlichkeit für die Einhaltung gewerberechtlicher Vorschriften trifft einen Gewerbeinhaber (oder eine ihm hinsichtlich der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichkeit gleichgestellte Person) somit dann, wenn er den Verstoß bei pflichtgemäßer Aufmerksamkeit hätte hintanhalten können. Der Gewerbeinhaber hat dafür zu sorgen, dass der Gewerbebetrieb im Einklang mit den öffentlich-rechtlichen Vorschriften geführt wird, seine Angestellten in dieser Hinsicht zu überprüfen bzw solche Vorkehrungen zu treffen, die eine entsprechende Überwachung sicherstellen (vgl VwGH 19.6.1990, 90/04/0027).
Allgemeine Behauptungen darüber, dass Überprüfungen laufend erfolgten, sind nicht geeignet, die für die Annahme einer Entlastungsbescheinigung im Sinne des § 5 Abs 1 zweiter Satz VStG erforderliche Beurteilung zu erlauben (vgl ua VwGH 6.11.1974, 1779/73), da ihnen nicht zu entnehmen ist, worin die Überprüfung bestanden haben soll (vgl VwGH 9.10.1979, 2762/78). Wenn nun der Berufungswerber hinsichtlich der subjektiven Tatseite vorbringt, dass er durch die Einrichtung des dargelegten Kontrollsystems alle Maßnahmen getroffen habe, die mit gutem Grund die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen erwarten ließen, ist ihm entgegenzuhalten, dass diese Darstellung zur Glaubhaftmachung mangelnden Verschuldens im Sinne des § 5 Abs 1 zweiter Satz VStG vor dem Hintergrund der oben zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes als nicht ausreichend und die subjektive Tatseite daher als erfüllt anzusehen ist, da diese allgemein gehaltenen Ausführungen lediglich zwar regelmäßig, jedoch nur stichprobenweise durchgeführte Kontrollen behaupten, die allerdings kein die verwaltungsstrafrechliche Verantwortlichkeit ausschließendes wirksames Kontrollsystem darstellen (vgl ua VwGH 18.10.1994, 93/04/0075), zumal diesen Ausführungen nicht zu entnehmen ist, dass und inwiefern der Berufungswerber ein der Einhaltung der gegenständlichen verletzten Rechtsvorschriften dienendes wirksames Vorgehen und entsprechende wirksame Kontrollen durchgeführt hätte, zumal auch diese Ausführungen beispielsweise keine Angaben darüber enthalten, worin die Überprüfungen des Berufungswerbers in der gegenständlichen Betriebsanlage bestanden haben.
Auch fehlen Ausführungen inwieweit in der entsprechenden Filiale selbst durch den Berufungswerber für die Einhaltung der vorgeschriebenen Auflagen gesorgt wird. Zwar hat der Berufungswerber allgemein ausgeführt, daß ein Kontrollsystem eingerichtet wurde, das allenfalls zur Absetzung eines für Mängel Verantwortlichen führt, dass aber ein Auftrag an die Marktleiter erging, täglich insbesondere Auflagen, die zum Schutze des Lebens und der Gesundheit der Kunden und Arbeitnehmer wesentlich sind, zu kontrollieren und Wahrnehmungen darüber schriftlich festzuhalten, um allenfalls, wenn derartige Mängel auftreten und nicht anders hintangehalten werden können, die verantwortlichen Stellen darüber zu informieren, wurde vom Berufungswerber nicht dargelegt. Der Berufungswerber selbst beruft sich im Gegenteil darauf, dass es sich um sogenannte "Augenblicksgebrechen" handelte. Solche können aber nicht durch regelmäßig stattfindende Kontrollen und Inspektionen durch den Filialinspektor bzw den Berufungswerber selbst sondern nur durch Maßnahmen, die täglich getroffen werden können und durch entsprechende Kontrolle des im jeweiligen Markt zuständigen Marktleiters, der in diesem Bereich als verlängerter Arm des gewerberechtlichen Geschäftsführers agiert, verhindert werden. Pläne über die Aufstellung von Paletten mit Zweitplatzierungen können zwar als Voraussetzung für die Einhaltung bestimmter Auflagen gesehen werden, können aber diesbezüglich wirksame Kontrollmaßnahmen nicht ersetzen. Bei Fällen wie bei dem vorliegenden, in welchem es sich bei der Übertretung um sogenannte "Augenblicksgebrechen" handelt, ist es jedenfalls erforderlich, dafür zu sorgen, dass derartige Verstöße gegen Bescheidauflagen, die eben jederzeit auftreten können, auch jederzeit wahrgenommen und beseitigt werden können. Dementsprechende Ausführungen lässt aber das Berufungsvorbringen vermissen.
Der Berufung war somit in der Schuldfrage keine Folge zu geben und das angefochtene Straferkenntnis diesbezüglich zu bestätigen.
Zur Strafbemessung:
Gemäß § 19 Abs 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.
Gemäß § 19 Abs 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen. Die Strafe wurde auf Grund des eingeschränkten Tatvorwurfes spruchgemäß herabgesetzt.
Eine weitere Herabsetzung der Strafe kam jedoch aus folgenden Gründen nicht in Betracht:
Die Tat schädigte in nicht unerheblichem Maße das durch die gesetzliche Vorschrift geschützte Interesse an der Einhaltung von Bescheidauflagen für gewerbliche Betriebsanlagen, die ein gefahrloses Betreiben der Betriebsanlage gewährleisten sollen. Deshalb war der Unrechtsgehalt der Tat an sich, selbst bei Fehlen sonstiger nachteiliger Folgen, groß. Bei der Strafzumessung wurde das Ausmaß der Verletzung von Bescheidauflagen für gewerbliche Betriebsanlagen und das Ausmaß der damit verbundenen Verletzung des Interesses an einer Hintanhaltung (ua) einer Schädigung oder Gefährdung von Leben und Gesundheit der Kunden (ua auch in Gefahrensituationen) berücksichtigt.
Dass die Einhaltung der verletzten Rechtsvorschrift eine besondere Aufmerksamkeit erfordert habe oder dass die Verwirklichung der Tatbestände aus besonderen Gründen nur schwer hätte vermieden werden können, ist weder hervorgekommen, noch aufgrund der Tatumstände anzunehmen.
Bei der Strafbemessung war (wie schon von der Behörde erster Instanz) kein Umstand als mildernd, erschwerend, dass der Berufungswerber einschlägig vorgemerkt ist, zu werten. Da der Berufungswerber Angaben über seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse unterließ, waren diese zu schätzen. Aufgrund des Alters und der beruflichen Stellung des Berufungswerbers war zumindest von durchschnittlichen finanziellen Verhältnissen auszugehen, wobei allfällig bestehende Sorgepflichten nicht berücksichtigt werden konnten.
Unter Bedachtnahme auf diese Strafzumessungsgründe und auf den bis S 30.000,-- reichenden Strafrahmen sind die verhängten Geldstrafen durchaus angemessen und keinesfalls zu hoch, zumal diese ohnehin im untersten Bereich des Strafsatzes festgesetzt wurden.