Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Cornelia Meixner über die Berufung des Herrn Hermann K, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Liezen vom 24.9.1997, GZ.: 15.1 1997/1022, wie folgt entschieden:
Hinsichtlich Punkt 1) und 3) des Straferkenntnisses wird der Berufung gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im folgenden VStG) Folge gegeben, die Punkte 1) und 3) des angefochtenen Straferkenntnisses behoben und das Verfahren hinsichtlich Punkt 1) gemäß § 45 Abs 1 Z 3 VStG und hinsichtlich Punkt 3) gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG eingestellt. Hinsichtlich Punkt 2) des Straferkenntnisses wird die Berufung gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im folgenden VStG) abgewiesen.
Gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG hat der Berufungswerber als Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens einen Betrag von S 100,-- binnen vier Wochen ab Zustellung dieses Bescheides bei sonstigen Zwangsfolgen zu leisten.
Mit dem aus dem Spruch ersichtlichen Straferkenntnis der belangten Behörde wurde dem Berufungswerber zur Last gelegt, er habe am 25.1.1997, um 20.10 Uhr, in Leoben, auf der S 6, auf Höhe Strkm. 79,500, in Fahrtrichtung Wien, als Lenker, den Kraftwagenzug - Kennzeichen des Zugfahrzeuges ME-40EY und des Anhängers ME- 81IM - in Betrieb genommen, ohne sich, obwohl es ihm zumutbar gewesen wäre, davon zu überzeugen, ob das von ihm benutzte Fahrzeug mit dem gezogenen Anhänger den Vorschriften des KFG entspricht. Anläßlich einer Fahrzeugkontrolle sei festgestellt worden, dass auf dem Dach des Lastkraftwagens zwei zusätzliche Scheinwerfer (Weitstrahler) montiert worden seien, wobei durch die Montage dieser Zusatzscheinwerfer in einer Höhe von ca. 350 Zentimeter der höchstmögliche Punkt der Lichtaustrittsfläche zur Fahrbahn von 120 Zentimeter bei weitem überschritten worden wäre. Darüber hinaus habe er auf keinem der von ihm vorgewiesenen Schaublätter seinen Vornamen eingetragen und auch die für Kraftwagenzüge auf Autobahnen erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 70 km/h um mindestens bzw. mehr als 20 km/h überschritten. Wegen Verletzung der Rechtsvorschriften des § 102 Abs 1 KFG iVm.
§ 14 Abs 1 KFG und § 10 Abs 7 und 11 Abs 1 KDV 1967 wurde über den Berufungswerber zu Punkt 1) gemäß § 134 Abs 1 KFG eine Geldstrafe in der Höhe von S 1.000,-- (ein Tag Ersatzarrest) verhängt.
Wegen Verletzung der Rechtsvorschriften des § 102 Abs 1 KFG iVm. Art. 15 Abs 5 EG-VO 3821/85 zu Punkt 2) und § 58 Abs 1 Z 2 lit e KDV zu Punkt 3) wurden über den Berufungswerber gemäß § 134 Abs 1 KFG insgesamt zwei Geldstrafen in der Höhe von je S 500,-- (je zwölf Stunden Ersatzarrest) verhängt.
In der innerhalb offener Frist gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung wurde vom Berufungswerber im wesentlichen ausgeführt, dass bei der durchgeführten Kontrolle nur ein Geldbetrag von insgesamt S 300,-- gefordert worden sei. Da er dieses Geld nicht bei sich gehabt hätte, sei ihm nun insgesamt ein Geldbetrag von S 2.200,-- für drei Überschreitungen auferlegt worden, was er nicht einsehen könne. Zu Punkt 1) wurde ergänzend ausgeführt, dass dieses Fahrzeug zwei Monate zuvor technisch überprüft worden sei und hiebei keine Mängel festgestellt worden seien.
Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark ist bei seiner Entscheidung, die auf Grund der Aktenlage im Rahmen einer rechtlichen Beurteilung und somit ohne Durchführung einer Verhandlung getroffen wird, von nachstehenden Erwägungen ausgegangen:
Unbestritten ist davon auszugehen, dass der Berufungswerber den Kraftwagenzug, bestehend aus dem Zugfahrzeug mit dem Kennzeichen ME-40EY und dem Anhänger mit dem behördlichen Kennzeichen ME-81IM, in Leoben auf der S 6, auf Höhe Strkm. 79,500 gelenkt hat, obwohl, wie anläßlich einer Fahrzeugkontrolle festgestellt worden ist, auf dem Dach des Lastkraftwagens, in einer Höhe von ca. 350 Zentimeter, zwei zusätzliche Scheinwerfer, und zwar Weitstrahler, montiert waren, sodass die höchstzulässige Entfernung des höchsten Punktes der Lichtaustrittsfläche zur Fahrbahn von maximal 120 Zentimetern bei weitem überschritten wurde. Darüber hinaus steht unbestritten fest, dass der Berufungswerber auf keinem der vorgewiesenen Schaublätter seinen Vornamen eingetragen hat und dass er vor der Anhaltung, zwischen 19.20 Uhr und 19.35 Uhr, die auf Autobahnen für Kraftwagenzüge erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 70 km/h um ca. 20 km/h überschritten hat.
Rechtliche Beurteilung:
Zu Punkt 1):
Gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn Umstände vorliegen, die die Strafbarkeit aufheben oder ausschließen.
Gemäß § 1 Abs 2 VStG richtet sich die Strafe nach dem zur Zeit der Tat geltenden Recht, es sei denn, dass das zur Zeit der Fällung des Bescheides in erster Instanz geltende Recht für den Täter günstiger wäre.
Gemäß der zur Tatzeit gültigen Fassung der Bestimmung des § 10 Abs 7 der Kraftfahrgesetz-Durchführungsverordnung (im folgenden KDV) 1967 mußten die Scheinwerfer für Fern- und Abblendlicht und auch die Nebelscheinwerfer bei Kraftwagen und Anhängern so am Fahrzeug angebracht sein, dass die Entfernung des höchsten Punktes ihrer Lichtaustritts-Leuchtfläche von der Fahrbahn nicht mehr als 120 Zentimeter betrug.
Unabhängig von dieser gesetzlichen Bestimmung durfte gemäß § 11 Abs 1 der KDV die Summe der größten Werte der Lichtstärke aller an einem Kraftwagen angebrachten Scheinwerfer, mit denen gleichzeitig Fernlicht ausgestrahlt werden kann, 300.000 cd nicht übersteigen. Mit der am 26.3.1997 in Kraft getretenen Novelle BGBl. Nr. 80/1997 wurde die Bestimmung des § 10 Abs 7 KDV neu formuliert, insbesondere entfielen die für den Anlaßfall vorgeschriebenen Anbringungsmaße der Beleuchtungseinrichtungen ersatzlos. Weiters wurde mit § 11 Abs 1 KDV die Summe der größten zulässigen Werte der Lichtstärke aller an einem Kraftwagen angebrachten Scheinwerfer, mit denen gleichzeitig Fernlicht ausgestrahlt werden kann, auf 225.000 cd herabgesetzt. Dass die auf dem Dach des vom Berufungswerber gelenkten Lkw montierten zusätzlichen Scheinwerfer diesen Wert überschritten hätten, wurde dem Berufungswerber aber mit keiner tauglichen Verfolgungshandlung zur Last gelegt. Zusammenfassend ist sohin festzustellen, dass der Berufungswerber zwar am 25.1.1997 die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung begangen hat, aufgrund der vor Erlassung des erstinstanzlichen Straferkenntnisses in Kraft getretenen Novelle zur Kraftfahrgesetz-Durchführungsverordnung 1967 hätte die Behörde I. Instanz jedoch unter Anwendung der Bestimmung des § 1 Abs 2 VStG die zum Zeitpunkt ihrer Entscheidungsfindung geltende Rechtslage anzuwenden und sohin von der Erlassung eines Straferkenntnisses abzusehen gehabt. Es war daher der Berufung Folge zu geben und das angefochtene Straferkenntnis infolge Vorliegens von Umständen, die die Strafbarkeit aufheben, gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG einzustellen.
Zu Punkt 2):
Gemäß § 134 Abs 1 KFG begeht u.a. eine Verwaltungsübertretung, wer der Verordnung (EWG) Nr. 3821/85 des Rates vom 20.12.1985 über das Kontrollgerät im Straßenverkehr zuwiderhandelt. Gemäß Kapitel IV Art. 15 Abs 5 dieser Verordnung hat der Fahrer bei Beginn der Benutzung eines Schaublattes auf diesem seinen Namen und Vornamen einzutragen.
Diese gesetzliche Bestimmung soll verhindern, dass zwei Lenker mit demselben Nachnamen die gesetzlich vorgeschriebenen Lenk- und Ruhezeiten unkontrollierbar überschreiten und dient daher auch der Schonung der Gesundheit des Berufungswerbers, da nur eine lückenlose Kontrolle der Einhaltung der gesetzlich vorgeschriebenen Lenk- und Ruhezeiten garantieren kann, dass unselbständig Erwerbstätige über die gesamte Dauer ihrer Lebensarbeitszeit bei größtmöglicher Schonung ihrer Gesundheit ihren Dienstverpflichtungen nachkommen können. Durch punktuelle Überlastungen von Arbeitnehmern können diese im Laufe ihrer Lebensarbeitszeit schwere gesundheitliche Schäden erleiden, auch steigen die Unfallgefahren durch Übermüdung.
Dadurch, dass der Berufungswerber auf den anläßlich der Kontrolle vorgewiesenen Schaublättern keinen Vornamen eingetragen hat, hat er es den einschreitenden Sicherheitswacheorganen unmöglich gemacht, eine lückenlose Kontrolle der obzitierten gesetzlichen Bestimmung durchzuführen.
Strafbemessung:
Gemäß § 19 Abs 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.
Um Wiederholungen zu vermeiden, wird hinsichtlich des Schutzzweckes auf die obigen Ausführungen verwiesen. Neben den objektiven Kriterien des Unrechtsgehaltes der Tat kommt im ordentlichen Verfahren als Strafbemessungsgrundlage die Prüfung der subjektiven Kriterien des Schuldgehaltes der Tat, somit auch die in der Person des Beschuldigten gelegenen Umstände, hinzu. Gemäß § 19 Abs 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) daher die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.
Erschwerungs- oder Milderungsgründe liegen keine vor. Zum Ausmaß des Verschuldens ist festzustellen, dass gemäß § 5 VStG zur Strafbarkeit bereits fahrlässiges Verhalten genügt. Dass die Einhaltung der Vorschrift eine besondere Aufmerksamkeit erfordert hätte oder, dass die Verwirklichung des Tatbestandes aus besonderen Gründen nur schwer hätte vermieden werden können, ist weder hervorgekommen noch auf Grund besonderer Tatumstände anzunehmen. Das Vorbringen des Berufungswerbers, dass er das erstemal aus diesem Grund beanstandet worden wäre, war nicht geeignet, für den Anlassfall mangelndes Verschulden darzulegen. Unter Bedachtnahme auf den möglichen Strafrahmen bis zu S 30.000,--, den Unrechtsgehalt der Tat und unter Berücksichtigung der bereits angeführten objektiven und subjektiven Kriterien sowie der vom Berufungswerber bekanntgegebenen Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse erscheint die von der Erstbehörde verhängte Geldstrafe schuld- und tatangemessen und steht auch im Einklang mit der ständigen Rechtsprechung des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark.
Zu Punkt 3):
Gemäß § 45 Abs 1 Z 3 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn Umstände vorliegen, die die Verfolgung ausschließen.
Gemäß § 44 a Z 1 VStG hat der Spruch eines Bescheides, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten.
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bedeutet dies, daß die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben ist, daß die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und die Identität der Tat unverwechselbar feststeht. Der Umfang der notwendigen Konkretisierung ist vom einzelnen Tatbild abhängig. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Berufungswerber zur Last gelegt, er habe am 25.1.1997, um 20.10 Uhr, in Leoben, auf der S 6, auf Höhe Strkm. 79,500 in Fahrtrichtung Wien, als Lenker des dem Kennzeichen nach bestimmten Kraftwagenzuges die für Kraftwagenzüge auf Autobahnen erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 70 km/h um mindestens bzw. mehr als 20 km/h überschritten. Der dem Strafverfahren zugrundeliegenden Anzeige vom 2.2.1997 ist aber zweifelsfrei zu entnehmen, dass der Berufungswerber die ihm zur Last gelegte Geschwindigkeitsüberschreitung nicht in Leoben, sondern zuvor, zwischen 19.20 Uhr und 19.35 Uhr, und nach dessen Angaben in Kärnten, begangen hat. Auch muß nach herrschender Rechtsansicht bei einer Übertretung nach § 58 Abs 1 Z 1 lit a KDV im Tatvorwurf angeführt sein, dass diese mit einem der darin angeführten Kraftfahrzeuge "mit einem höchsten zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 3.500 kg" begangen wurde. Beide wesentlichen Tatbestandsmerkmale waren aber in keiner rechtzeitigen Verfolgungshandlung enthalten.
Daraus folgt, dass der Punkt 3) des angefochtenen Bescheides hinsichtlich wesentlicher Sachverhaltselemente nicht den Konkretisierungserfordernissen des § 44 a Z 1 VStG entspricht. Da auch innerhalb der Verjährungsfrist keine geeignete Verfolgungshandlung im Sinne des § 32 Abs 2 leg cit hinsichtlich dieser wesentlichen Tatbestandselemente gesetzt wurde, konnte der festgestellte Mangel durch die Berufungsbehörde nicht mehr saniert werden. Es war daher der Berufung Folge zu geben, das Straferkenntnis in diesem Punkt zu beheben und das gegen den Berufungswerber eingeleitete Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.