Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Hütter über die Berufung des Herrn Fritz K, vertreten durch Dr. Harald Sch, Rechtsanwalt in W, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Bruck an der Mur vom 21.09.1998, GZ.: 15.1 1997/7320, wie folgt entschieden:
Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im folgenden VStG) wird der Berufung Folge gegeben, das Straferkenntnis aufgehoben und das Verfahren nach § 45 Abs 1 Z 3 VStG eingestellt.
Die belangte Behörde (Bezirkshauptmannschaft Bruck an der Mur als erste Instanz) bestrafte den nunmehrigen Berufungswerber mit Straferkenntnis wegen Verletzung der §§ 8 lit f und 7 Abs 1 lit c Lebensmittelgesetz - LMG und verhängte nach § 74 Abs 1 LMG eine Geldstrafe.
Sachverhaltsmäßig wurde folgender Tatvorwurf erhoben:
Sie sind als handelsrechtlicher Geschäftsführer der Stefan K Ges.m.b.H. und daher gemäß § 9 VStG zur Vertretung nach außen berufenes Organ dafür verantwortlich, daß, wie anläßlich einer Probenziehung am 22.07.1997 in der Filiale der Firma Johann A Fleisch-waren AG, St.S, E-straße und anschließenden Untersuchung der Bundesanstalt für Lebensmitteluntersuchung in Graz, festgestellt wurde, die Probe "Spare Ribs gewürzt" als falsch bezeichnet zu beurteilen war. Dies deshalb, weil Sie für eine Verwendungsart angepriesen wurde, für welche sie nicht geeignet ist." Der Beschuldigte berief durch seinen Vertreter. Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark als nach § 51 Abs 1 VStG örtlich zuständige Berufungsbehörde hat seiner Entscheidung folgende Erwägungen zugrundegelegt:
Dieses Bundesgesetz ist auf das Inverkehrbringen von Lebensmitteln, Verzehrprodukten, Zusatzstoffen, kosmetischen Mitteln und Gebrauchsgegenständen anzuwenden.
(2) Unter Inverkehrbringen ist das Gewinnen, Herstellen, Behandeln,
Einführen, Lagern, Verpacken, Bezeichnen, Feilhalten,
Ankündigen, Werben, Verkaufen, jedes sonstige Überlassen und
das Verwenden für andere zu verstehen, sofern es zu
Erwerbszwecken oder für Zwecke der Gemeinschaftsversorgung
geschieht .........."
§ 7 LMG:
(1) Es ist verboten, Lebensmittel, Verzehrprodukte und Zusatzstoffe
in Verkehr zu bringen, die
a) gesundheitsschädlich;
b) verdorben, unreif, nachgemacht, verfälscht oder wertgemindert
sind, ohne daß dieser Umstand deutlich und allgemein verständlich
kenntlich gemacht ist;
c) falsch bezeichnet sind oder
d) den nach § 10 erlassenen Verordnungen nicht entsprechen."
§ 8 LMG:
Lebensmittel, Verzehrprodukte und Zusatzstoffe sind ..............
f) falsch bezeichnet, wenn sie mit zur Irreführung geeigneten
Angaben über Umstände, die nach der Verbraucherauffassung,
insbesondere nach der Verbrauchererwartung, wesentlich sind, wie
über Art, Herkunft, Verwendbarkeit, Haltbarkeit, Zeitpunkt der
Herstellung, Beschaffenheit, Gehalt an wertbestimmenden
Bestandteilen, Menge, Maß, Zahl oder Gewicht, oder in solcher
Form oder Aufmachung oder mit verbotenen gesundheitsbezogenen
Angaben (§ 9) in Verkehr gebracht werden; ............"
Nach § 44 a Z 1 VStG muß der Spruch des Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat enthalten. Diese - der den Deliktstatbestand erfüllende Sachverhalt - muß individualisiert, das heißt, insbesondere nach Ort und Zeit ihrer Verwirklichung präzise und so konkret umschrieben werden, daß kein Zweifel daran aufkommen kann, wofür der Täter bestraft worden ist, und die eindeutige Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird (Ringhofer, Verwaltungsverfahrensgesetze II (1992), FN 4 zu § 44 a VStG). Beim Inverkehrbringen eines falsch bezeichneten Lebensmittels handelt es sich um ein Begehungsdelikt. Tatort ist der Ort, wo das Lebensmittel in Verkehr gebracht wird (VwGH 93/10/0219 vom 08.08.1996).
Die als erwiesen angenommene Tat im Spruch des Straferkenntnisses hat im Sinne des § 7 Abs 1 lit c LMG nicht nur zum Ausdruck zu bringen, daß ein Lebensmittel in Verkehr gebracht wurde, sondern auch, durch welches Verhalten das Inverkehrbringen verwirklicht wurde (VwGH 1124/80, 12.03.1984). Diese Voraussetzung ist hier nicht erfüllt, wie im Punkt 6.) der Berufung zutreffend ausgeführt ist, da es im Spruch lediglich heißt, daß am 22.07.1997 in der Filiale der Johann A Fleischwaren AG in St. S eine Probenziehung stattgefunden habe. Eine Probenziehung stellt aber kein Inverkehrbringen im Sinne des § 1 LMG dar. Zwar ergibt sich aus dem Probenbegleitschreiben, daß die Ware aus der Kühlvitrine im Verkaufsraum entnommen wurde, was darauf schließen läßt, daß die Ware feilgehalten und damit in Verkehr gebracht wurde. Dies ist aber nicht Bestandteil der einzigen, innerhalb der 1-jährigen Verfolgungsverjährungsfrist des § 74 Abs 6 LMG gelegenen Verfolgungshandlung (der Strafverfügung vom 08.02.1998), da diese mit dem Straferkenntnis im Spruch inhaltsgleich ist. Die weitere Verfolgungshandlung - die Akteneinsicht durch eine Bedienstete der Rechtsanwaltskanzlei Dr. Harald Sch -, welche auch das im Probenbegleitschreiben genannte Inverkehrbringen umfaßte, fand aber erst am 28.07.1998, nach Ablauf der Verfolgungsverjährungsfrist, statt.
Der Berufung war daher Folge zu geben, das Straferkenntnis aufzuheben und das Verfahren nach § 45 Abs 1 Z 3 VStG einzustellen. Es erübrigt sich daher, auf die in der Berufung in den Punkten 1.) bis 5.) angeführten Mängel und damit auf eine allfällige weitere Rechtswidrigkeit des Straferkenntnisses einzugehen. Diese Entscheidung konnte ohne Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung getroffen werden, da sich bereits aufgrund der Aktenlage ergab, daß das Verfahren einzustellen ist (§ 51 e Abs 1 VStG).