TE UVS Steiermark 1998/11/26 30.10-184/97

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Veröffentlicht am 26.11.1998
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Karin Clement über die Berufung des Herrn Albin H, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung vom 8.10.1997, GZ.: 15.1 1996/10950, wie folgt entschieden:

Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im folgenden VStG) wird der Berufung Folge gegeben, und das Verfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 3 VStG eingestellt.

Text

Mit dem aus dem Spruch ersichtlichen Straferkenntnis wurde dem Berufungswerber zur Last gelegt, er habe am 25.7.1996 um 14.45 Uhr in Gleisdorf, auf der B 65, Höhe Strkm 0.5, als Lenker eines Fahrrades 1.) diese trotz des gekennzeichneten Einfahrtverbotes befahren und 2.) das Armzeichen "HALT" (beide Arme quer zu beiden Fahrtrichtungen) nicht beachtet und das Fahrzeug nicht vor dem Verkehrsposten angehalten. (Kreuzung Grazer Straße/Ludwig Binder Straße, gegen die Einbahnstraße der B 65 bis zum Strkm 0.5).

Der Berufungswerber habe dadurch die Rechtsvorschriften des 1.) § 52 a Z 2 StVO und 2.) § 37 Abs 2 StVO verletzt und wurde wegen dieser Verwaltungsübertretungen eine Geldstrafe von 1.) S 500,-- (24 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe) gemäß § 99 Abs 3 lit a StVO und 2.) S 500,-- (24 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe) gemäß § 99 Abs 3 lit a StVO verhängt.

Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung, mit welcher der Berufungswerber im wesentlichen vorbringt, daß er vor dem Haus Ludwig Binder Straße Nr. 1 mit seinem Fahrrad gestanden sei, als auf der Fußgängerzone ein Trauerzug in die Ludwig Binder Straße eingebogen sei. Die Straße sei zu diesem Zeitpunkt für den Verkehr gesperrt gewesen. Der Gendarmeriebeamte sei am Gehsteig gegenüber gestanden und nicht mitten auf der Fahrbahn. Da er den Trauerzug nicht behindern hätte wollen, hätte er mit seinem Fahrrad die Straße nach den Sargträgern überquert. Der Beamte hätte ihn daraufhin angehalten und beschimpft und zur Ausweisleistung aufgefordert. Er habe jedoch keinen Ausweis mitgehabt und sei er in weiterer Folge aufgefordert worden zum Gendarmerieposten

mitzukommen.

Da das erkennende Mitglied des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark hinsichtlich der Tatörtlichkeit aufgrund der Beschreibung im Spruch des Straferkenntnisses sich kein Bild machen konnte, wurde der Tatort am 26.6.1998 besichtigt und darüber eine Skizze angefertigt. Dabei wurde festgestellt, daß sich, wenn man von der Grazer Straße in die Ludwig Binder Straße einbiegt, kein Verkehrszeichen gemäß § 52 a Z 2 StVO in der Ludwig Binder Straße befindet. Die Örtlichkeit konnte überdies nicht mit der Schilderung in der Anzeige und der vom Berufungswerber der Berufung beigelegten Skizze in Einklang gebracht werden. Aufgrund des weiteren durchgeführten Ermittlungsverfahrens, insbesondere der öffentlichen, mündlichen Verhandlung an Ort und Stelle vom 24.9.1998 und am 28.10.1998 können

nachfolgende Feststellungen getroffen werden:

Die Ludwig Binder Straße, ist gleich B 65, führt im Ortsgebiet von Gleisdorf über mehrere hundert Meter, grob gesehen von Osten in Richtung Westen. Im Westen mündet sie dann T förmig in die Grazer Straße, wobei man von der B 65 nach rechts und nach links in die Grazer Straße abbiegen kann. Die B 65 ist als Einbahnstraße durch das Ortsgebiet geführt, wobei sie zwei Fahrstreifen aufweist. An ihrem westlichen Ende, bei der Einmündung in die Grazer Straße, befindet sich kein Verkehrszeichen gemäß § 52 a Z 2 StVO (Einfahrt verboten). Bei Strkm 0,5 mündet in die B 65 aus Süden eine Wohnstraße Weizer Straße

auf, sondern ist mit Pflastersteinen ausgelegt und durch eine Stufe zur Fahrbahn der B 65 abgegrenzt.

Am 25.7.1996 um ca. 14.45 Uhr sperrte RI F die B 65 östlich der aus Süden einmündenden Wohnstraße mittels quer zur Fahrbahn ausgestreckten Armen ab. In weiterer Folge bog aus der Wohnstraße ein Trauerzug in die B 65 in Richtung Grazer Straße - also nach Westen ein. Zu diesem Zeitpunkt kam der Berufungswerber mit seinem Rennfahrrad auf der B 65, am südlichen Fahrbahnrand Richtung Osten fahrend und blieb vor dem Kaufhaus S stehen. Dann entschloß sich der Berufungswerber den einbiegenden Trauerzug zwischen Pfarrer und Sarg zu durchkreuzen. RI Alois F streckte beide Arme waagrecht zur Fahrbahn, als Zeichen für "Halt" für den Radfahrer aus um eine Amtshandlung durchzuführen. Dieser setzte seine Fahrt jedoch bis zum Meldungsleger fort, welcher sich direkt vor ihm hinstellte, damit er anhielt. Dann forderte der Meldungsleger den Berufungswerber zur Ausweisleistung auf. Da der Berufungswerber keinen Ausweis mitführte, mußte er auf die Dienststelle mitkommen.

Diese Feststellungen konnten hinsichtlich der Örtlichkeit der B 65 in Weiz aufgrund der von der Verhandlungsleiterin persönlichen Inaugenscheinnahme getroffen werden. Die Kreuzung der Grazer Straße mit der Ludwig Binder Straße (B 65) befindet sich ca. 500 m weiter westlich der Kreuzung der Ludwig Binder Straße (B 65) mit der aus Süden einmündenden Wohnstraße "Weizer Straße". Der Meldungsleger hatte von seinem Standort keine Sicht auf die Kreuzung Ludwig Binder Straße mit der Grazer Straße, da diese zu weit entfernt war. Es konnte auch nicht festgestellt werden, wie weit der Berufungswerber tatsächlich gegen die Einbahnstraße gefahren ist, da der Meldungsleger ihn erst ab dem Geschäft "S", etwa 30 bis 40 m bis zu seinem Standort, beobachtet hat. Der Berufungswerber selbst behauptet, von der Bäckerei "Z" gekommen zu sein und dann nach rechts in die B 65 eingebogen zu sein. Bereits unmittelbar nach seinem Einbiegen habe er den Gendarmeriebeamten und die vor der Kreuzung mit der Wohnstraße stehenden Fahrzeuge in der B 65 wahrgenommen. Er sei dann auf Höhe des Geschäftes "S" stehengeblieben und habe beobachtet wie aus der Wohnstraße der Trauerzug in die B 65 eingebogen ist. In weiterer Folge sei er mit dem Rad zwischen Sargträger und nachfolgendem Trauerzug hindurchgegangen. Auch RI Alois F gibt an, den Berufungswerber erst vor dem Geschäft "S" wahrgenommen zu haben. Sein Kollege RI E hat den Radfahrer erstmals wahrgenommen, als er zwischen Sarg und Pfarrer plötzlich aufgetaucht sei. Die zwischen dem Berufungswerber und den Beamten strittige Tatsache, wo sich das Dienstfahrzeug befunden hat, ist nicht entscheidungswesentlich.

In rechtlicher Beurteilung des festgestellten Sachverhaltes ist zu Punkt 1.) des Straferkenntnisses festzuhalten, daß der Tatvorwurf nach § 52 a Z 2 StVO, voraussetzt, daß sich im angeführten Bereich tatsächlich ein Einfahrtsverbotschild befunden hat, welcher Bereich auch vom Lenker, welchem die Übertretung zur Last gelegt wird, passiert wurde. Im konkreten Fall befand sich auf der B 65 auf Höhe des Strkm 0,5 weder ein solches Verbotsschild noch an der Kreuzung der Grazer Straße mit der Ludwig Binder Straße. Daß der Berufungswerber entgegen der vorgeschriebenen und zulässigen Fahrtrichtung (§ 53 Abs 1 Z 10 StVO) gefahren ist, wurde ihm aber nicht zur Last gelegt. Es war daher zu diesem Tatvorwurf spruchgemäß zu entscheiden. Zu 2.) des Straferkenntnisses ist zu beachten, daß ein Haltezeichen gemäß § 37 Abs 1 bis 3 StVO eine generelle Anordnung darstellt und der Regelung des Verkehrs dient. Ein solches Haltezeichen hat mit der Aufforderung nach § 97 Abs 5 StVO, welches ein Rechtsakt individueller Natur ist, nichts zu tun (vgl. VwGH 24.6.1983, 83/02/0035). Ob eine Übertretung nach § 37 Abs 3 oder § 97 Abs 5 StVO vorliegt, muß nach dem einzelnen Sachverhalt beurteilt werden. Im vorliegenden Fall war der Verkehr aus der B 65 von RI F angehalten worden und war es bereits dem Leichenzug möglich, in die B 65 aus der Wohnstraße einzubiegen. Ein Teil des Leichenzuges befand sich bereits in der B 65, als der Radfahrer sich entschloß, diesen Leichenzug zu durchqueren. Die Anordnung RI F dem Radfahrer gegenüber ist daher als individuelle Anordnung zu werten, da der Berufungswerber mit seinem Fahrrad einen geschlossenen Zug von Fußgängern unmittelbar zwischen Pfarrer und Sargträger durchfuhr und der Meldungsleger diesbezüglich eine Amtshandlung durchführen wollte (vgl. VwGH vom 25.3.1992, 91/03/0038, 0039). Dies auch vor dem Hintergrund, daß die B 65 eine Einbahnstraße ist und daher das ursprüngliche Anhaltezeichen für den Verkehr der B 65, welcher aus Richtung Osten anflutete, zu verstehen war, bevor der Leichenzug in die B 65 eingebogen war. Aber auch hinsichtlich des Tatortes ergeben sich bei der dem Berufungswerber zur Last gelegten Verwaltungsübertretung Probleme. Mit dem Hinweis auf einen bestimmten Straßenzug wird dem Erfordernis einer eindeutigen Angabe des Tatortes nämlich nicht entsprochen, wenn man davon ausgeht, daß das Haltezeichen auch mehrmals mißachtet hätte werden können. Der Spruch des Straferkenntisses ist hinsichtlich des Tatortes höchst unklar formuliert, einerseits wird als Tatort die B 65 auf Höhe des Strkm 0,5 genannt, aber gerade bei der Übertretung zu Punkt 2.) des Straferkenntnisses wird dieser Tatort noch wie folgt präzisiert: "Kreuzung Grazer Straße/Ludwig Binder Straße gegen die Einbahnstraße der B 65 bis zum Strkm 0,5". Dieser Spruch läßt daher vollkommen offen in welchem Bereich der B 65 (500 m) nunmehr das Haltezeichen gegeben wurde, welches der Berufungswerber mißachtet haben soll.

Da aber in diesem Fall, wie bereits ausgeführt, doch von einer individuellen Anordnung, gemäß § 97 Abs 5 StVO, einzig und allein den Berufungswerber betreffend und nicht den übrigen Straßenverkehr berührend, ausgegangen werden muß, war auch zu Punkt 2.) des Straferkenntnisses das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

Schlagworte
Haltezeichen Aufforderung Anhaltung
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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