TE UVS Wien 1998/12/09 02/P/13/48/98

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 09.12.1998
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Betreff

Die Personsdurchsuchung des Beschwerdeführers anläßlich einer nicht untersagten Demonstration und ohne Zusammenhang mit einem gefährlichen Angriff sowie die nachfolgende Beschlagnahme eines Tretlagerschlüssels wird für rechtswidrig erklärt.

Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat durch sein Mitglied Dr Helm über die Beschwerde des Herrn Sascha Ö gemäß Art 129 Abs 1 Z 2 B-VG und § 67a Abs 1 Z 2 AVG wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt durch Personsdurchsuchung und Beschlagnahme eines Tretlagerschlüssels am 16.5.1998 um 17.50 Uhr, gegen die Bundespolizeidirektion Wien als belangte Behörde, gemäß § 67d Abs 1 AVG ohne Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung, entschieden:

Gemäß § 67c Abs 4 AVG wird der Beschwerde Folge gegeben und der angefochtene Verwaltungsakt für rechtswidrig erklärt. Der Bund (Bundesminister für Inneres) hat dem Beschwerdeführer binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution S 8.400,-- für Schriftsatzaufwand und S 180,-- für Stempelgebühren, zusammen somit S 8.580,--, zu ersetzen.

Text

Begründung:

1. Der Beschwerdeschriftsatz ist mit 26.6.1998 datiert und wurde laut Poststempel am selben Tag zur Post gegeben. In der sohin rechtzeitig erhobenen Beschwerde bringt der Einschreiter zum Sachverhalt vor:

"Am 16.5.1998 um ca 17.50 Uhr wurde ich beim Verlassen des Aufganges der Fußgängerunterführung S von Organen der Sicherheitswache aufgehalten und einer Personsdurchsuchung unterzogen. Im Zuge dieser wurde von dem von mir mitgeführten Schlüsselbund der (neben dem Schlüssel für mein Fahrradschloß angebrachte) ca 18 cm lange Tretlagerschlüssel abgenommen und beschlagnahmt. Ich war gerade dabei, mich einer Versammlung gegen den "fortschreitenden Rechtsruck" und "rechtsextreme Tendenzen" anzuschließen.

Auf mein Verlangen wurde mir ein Sicherstellungsprotokoll ausgehändigt. Diesem zufolge wurde die Personsdurchsuchung vom Organwalter RvI Gerd N, Dienstnummer 40 vorgenommen und stützte sich auf § 53 WG (gemeint war WaffG) iVm § 9 VeranstG (gemeint wohl VersammlungsG 1953; VersG). Auf Befragen wurde als Rechtsgrundlage für die Beschlagnahme § 42 SPG genannt. Bemerkt sei noch, daß Personsdurchsuchungen beim Großteil der diesen Aufgang benutzenden Menschen durchgeführt wurden, anscheinend bei allen, die durch Kleidung, Haartracht oder mitgeführte Gegenstände wie zB Transparente, Flugblätter etc als mögliche Versammlungsteilnehmer eingeschätzt wurden."

Es folgen Ausführungen zur Rechtzeitigkeit und zum Zwangs- bzw Befehlscharakter der Personsdurchsuchung und der Beschlagnahme. In seinen umfangreichen rechtlichen Ausführungen zählt der Beschwerdeführer - nach dem zutreffenden Hinweis, daß der UVS nicht an die angeführten Beschwerdegründe gebunden ist, sondern vielmehr den angefochtenen Verwaltungsakt von Amts wegen in jede Richtung zu prüfen hat - jene Rechte auf, in die seiner Ansicht nach ohne zureichende Voraussetzungen eingegriffen wurde. Es sind dies im wesentlichen das Recht auf Achtung des Privatlebens nach Art 8 Abs 1 MRK, das Recht auf Versammlungsfreiheit nach Art 12 StGG und das Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz nach Art 2 StGG und Art 7 Abs 1 B-VG.

Sodann unterzieht er die möglichen Eingriffstatbestände einer kritischen Würdigung. Dabei setzt er sich ausführlich mit einer Heranziehung des § 53 Waffengesetz als möglicher Grundlage für die Personsdurchsuchung auseinander und kommt aufgrund der von ihm zitierten Materialien, Literatur und Rechtssprechung zu dem Ergebnis, daß diese Bestimmung keine taugliche Grundlage darstellt. Mangels Vorliegens der materiellen Voraussetzungen könne auch § 40 SPG nicht herangezogen werden, dasselbe gelte für § 42 als Grundlage für die Beschlagnahme. Es sei sohin weder eine taugliche Rechtsgrundlage für die Personsdurchsuchung noch für die Beschlagnahme vorgelegen; durch letztere sei er überdies im Grundrecht auf Eigentum verletzt worden. Der Beschwerdeführer beantragt daher die Feststellung, daß der angefochtene Verwaltungsakt rechtswidrig war, sowie Kostenersatz gemäß § 79a

AVG.

2. Über Aufforderung des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien übermittelte die belangte Behörde am 4.9.1998 den zur Zahl Vm 384/s/98 geführten Verwaltungsakt sowie eine Gegenschrift zur Zahl

P 1530/a/98. Beigeschlossen sind Internetausdrucke eines Bündnisses antinationaler Gruppen, welches zu einem "antifaschistischen raveolutionären Ringspektakel" am 16.5.1998 aufruft, wobei als erster Treffpunkt "18.00 Uhr Unirampe vor der Uni Wien, K-Ring" vermerkt ist. In ihrer Gegenschrift bringt die belangte Behörde vor:

"I. SACHVERHALT

Der konkrete Sachverhalt betreffend den BF ergibt sich aus dem vorgelegten Verwaltungsakt. Zum Zwecke der rechtlichen Würdigung sind jedoch folgende Ausführungen notwendig:

Am 16.5.1998 fand im Bereich des 1., 7. und 8. Bezirkes, eine von Simone Dinah H - Fachschaft Informatik Hochschülerschaft der TU Wien, angezeigte Versammlung zum Thema "Sichtbarmachung rechtsextremer Tendenzen" statt. Die Versammlungsteilnehmer sammelten sich ab 17.15 Uhr vor der Universität Wien, in Wien, K-Ring. Im Zuge der Sammlung wurden auch Lautsprecherwagen verwendet.

In diesem Zusammenhang wird festgestellt, daß gleichfalls am 16.5.1998 im Festsaal der Wiener Hofburg der vom Festausschuß der Arbeitsgemeinschaft 1848 zur Erinnerung an das Revolutionsjahr veranstaltete Revolutionskommers stattfand. Die von der Hochschülerschaft durchgeführte Versammlung ist mit dem angeführten Revolutionskommers insofern in Verbindung zu bringen, als von einer "Gegendemo" zu sprechen ist. Diese Feststellung resultiert daraus - und ist für die Setzung der weiteren polizeilichen Maßnahmen als kausal anzusehen -, daß am 30.11.1996 eine Veranstaltung des Rings volkstreuer Verbände (kurz: RVV) stattgefunden hat und auch damals eine Versammlung der österreichischen Hochschülerschaft sowie der Vereinigung Jüdischer HochschülerInnen stattgefunden hat. Damals kam es im Zuge der Zwischenkundgebung beim äußeren Burgtor insofern zu Ausschreitungen, als seitens der Versammlungsteilnehmer Wurfgeschoße in Form von Flaschen, Bierdosen, Eiern, Holzstöcken, Pflaster- und Ziegelsteinen gegen die eingesetzten Kräfte der Bundespolizeidirektion Wien geworfen wurden. Weiters wurden ein Brandsatz, zahlreiche Raketen und andere pyrotechnische Gegenstände als Wurfgeschoße verwendet. Im Zuge der Ausschreitungen am 30.11.1996 wurden drei Sicherheitswachebeamte und zwei Journalisten verletzt. Im Anschluß an die Versammlung kam es im Bereich der U-Bahnlinie U2, Station Rathaus, zu schweren Sachbeschädigungen in Form von eingeschlagenen Fensterscheiben, zerstörten Sitzbänken und heruntergerissenen Beleuchtungskörpern in einer U-Bahn-Garnitur. Im Hinblick auf die diesbezügliche Ausübung polizeilicher Befehls- und Zwangsgewalt wurde auch eine Beschwerde an den UVS gerichtet, welche unter der do GZ: UVS-02/11/00003/97, bearbeitet wurde.

Bezüglich der Versammlung am 16.5.1998 hat es auch im Internet eine Homepage des "Bündnis antinationaler Gruppen" gegeben. Die diesbezüglichen Aussagen bestätigen eindeutig, daß die gegenständliche Versammlung eine Aktion gegen die gleichzeitig stattfindende Veranstaltung gebildet hat. In der Beilage ist die Homepage aus dem Internet in Kopie anverwahrt.

Aufgrund der Erkenntnisse der Versammlung im Jahre 1996 und der gegenständlichen Versammlung hat die Bundespolizeidirektion Wien der Überwachung der Versammlung besondere Bedeutung beigemessen. Um bereits im Vorfeld zu verhindern, daß es nachfolgend zu Ausschreitungen kommt, wurden Personsdurchsuchungen an Versammlungsteilnehmern vorgenommen.

In concreto wurde Sascha Ö (nachfolgend kurz "BF") als Teilnehmer der Versammlung in Wien, K-Ring, einer Personsdurchsuchung unterzogen. Im Zuge dieser Durchsuchung wurde ein 16 cm langer Fahrradtretlagerschlüssel aus Metall vorgefunden. Der BF gab an, den Gegenstand zum Öffnen von Bierflaschen zu verwenden. Seitens der Sicherheitswache erfolgte die Sicherstellung des Schlüssels und wurde dem BF hierüber eine Bestätigung ausgefolgt.

Beweismittel: vorgelegter Verwaltungsakt, Auszug aus dem Internet

II. RECHTSLAGE

Der BF erachtet sich durch die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt in seinen verfassungesetzlich gewährleisteten Grundrechten auf Versammlungsfreiheit, Gleichheit vor dem Gesetz und Unverletzlichkeit des Eigentums verletzt.

1. Wie aus dem vorgelegten Verwaltungsakt ersichtlich ist, wurde die Durchsuchung des BF auf der Grundlage des § 53 Waffengesetz 1996, BGBl I Nr 12/1997, iVm mit § 9 Versammlungsgesetz 1953, BGBl Nr 98/1953 idgF durchgeführt. Die zitierten gesetzlichen Vorschriften lauten wie folgt:

§ 53 WaffG:

Die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes sind ermächtigt, eine Durchsuchung der Kleider von Menschen und der von diesen mitgeführten Fahrzeuge und Behältnisse (Koffer, Taschen udgl) an Orten vorzunehmen, an denen aufgrund eines konkreten Hinweises oder sonstiger bestimmter Tatsachen der dringende Verdacht besteht, daß einem Verbot der Einfuhr, der Ausfuhr, des Besitzes oder des Führens von Kriegsmaterial oder von Waffen und Munition, die nicht Kriegsmaterial sind, nach diesem oder anderen Bundesgesetzen zuwidergehandelt wird. Die §§ 50 SPG und 142 Abs 1 Strafprozeßordnung 1975, BGBl Nr 631, gelten.

§ 9 VersG:

An den im § 2 erwähnten Versammlungen dürfen Bewaffnete nicht

teilnehmen.

In der Regierungsvorlage, 457 der Beilagen zu den stenographischen Protokollen des Nationalrates, XX. Gesetzgebungsperiode, zum WaffG 1996 wird folgendes ausgeführt:

"Diese Bestimmung enthält nur eine übersichtlicher und klarer formulierte Regelung des bisher bereits geltenden § 39a WaffenG 1986. Der Entfall der Z 2 mindert den Umfang der Regelung in keiner Weise, sondern berücksichtigt einerseits den Umstand, daß bei Vorliegen der in § 39a Abs 1 Z 1 WaffenG 1986 genannten Voraussetzungen jedenfalls die der Z 2 erfüllt sind, und daß für akute Bedrohungen der Schutzgüter der Z 2 die sicherheitspolizeiliche Regelung des § 40 Abs 2 SPG maßgeblich ist.

Für die Organe der öffentlichen Sicherheit ist es von unabdingbarer Notwendigkeit, eine Durchsuchung der Kleider von Personen und der von diesen mitgeführten Behältnissen nach Waffen und Munition, insbesondere auch nach Kriegsmaterial, vornehmen zu dürfen. Die Einhaltung kaum einer Norm des Waffengesetzes könnte andernfalls auf zufriedenstellende Weise einer waffenpolizeilichen Überprüfung unterzogen werden. Die Organe wären auf reine Zufallsfunde angewiesen, die im Zusammenhang mit anderen Übertretungen zutage gefördert würden.

Die Regelung läßt jedoch keine jederzeitige anlaßlose Kontrolle zu, sondern fordert für die Inanspruchnahme dieser Ermächtigung bestimmte, aufgeführte Voraussetzungen."

Mit dem § 53 WaffG wurde eine Befugnis zur Durchsuchung der Kleidung von Personen und der von diesen mitgeführten Fahrzeuge und Behältnisse geschaffen. Die Durchsuchung dient der Durchsetzung des Verbotes der Einfuhr, der Ausfuhr, des Besitzes oder des Führens von Kriegsmaterial oder von Waffen und Munition, die nicht Kriegsmaterial sind, aufgrund dieser oder anderer Bundesgesetze.

Solche Verbote enthalten vor allem

a)

das Waffengesetz 1996 selbst,

b)

das Versammlungsgesetz, BGBl Nr 98/1953 idgF

das Verbot der Teilnahme von "Bewaffneten" (auch wenn sie Inhaber waffenrechtlicher Urkunden sind) an Versammlungen (§ 9);

 c) das Bundesgesetz über die Ein-, Aus- und Durchfuhr von Kriegsmaterial, BGBl Nr 540/1977 idgF

das Verbot der Einfuhr und Ausfuhr von Kriegsmaterial (§ 1);

Diese Aufzählung ist demonstrativ und wird aufgrund des § 53 die Durchsuchung von Menschen, die im Verdacht stehen, gegen das Verbot gemäß § 9 VersG zu verstoßen, als zulässig erklärt (arg ... nach diesem oder anderen Bundesgesetzes zuwidergehandelt wird...). Eine solche Durchsuchung ist aber nur an Orten zulässig, an denen aufgrund eines konkreten Hinweises oder sonstiger bestimmter Tatsachen der dringende Verdacht besteht, daß den erwähnten Verboten zuwidergehandelt wird.

In Czeppan - Szirba - Szymanski - Grosinger "Das neue österreichische Waffengesetz", Juridica Verlag, Seite 327, heißt es hiezu:

"Die Durchsuchung ist also auch bei Personen zulässig, die zwar nicht von einem konkreten, individuellen Tatverdacht erfaßt werden, die aber von einem örtlichen und zeitlichen Naheverhältnis zu bestimmten Ereignissen von sicherheitspolizeilichem (kriminalpolizeilichem oder staatspolizeilichem) Belang stehen. Durchsuchungen könne sowohl präventiver (zB Durchsuchung von Personen, die ein Objekt betreten wollen, das aufgrund ernstzunehmender Hinweise Ziel eines Terroranschlags sein soll) als auch repressiver Art (zB Durchsuchung von Personen im Rahmen von Absperrungen bzw Streifungen unmittelbar nach einer schwerwiegenden, mit Waffengewalt begangenen Straftat) sein."

Wesentliche Voraussetzung für eine Durchsuchung ist aber in jedem Fall, daß sie zur Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit geboten erscheint. Hier wird ein strenger Maßstab anzulegen sein. Grundsätzlich wird daher eine Durchsuchung nur dann in Betracht kommen, wenn die sicherheitspolizeilichen Interessen, denen diese Maßnahme dienen soll, das private Interesse an der Vermeidung der mit einer Durchsuchung üblicherweise verbundenen Unannehmlichkeit erheblich übersteigen. In concreto sind aufgrund der im Sachverhalt geschilderten Umstände - insbesondere der Erfahrungen aus vorangegangenen Versammlungen - bestimmte Tatsachen vorgelegen, die den dringenden Verdacht eines Verstoßes gegen § 9 VersG begründet haben. Tatsächlich wurden zwei Personen - unabhängig vom BF - Waffen abgenommen und diese Personen gemäß § 9 iVm mit § 19 VersG einer rechtskräftigen Bestrafung zugeführt. Dies ist - wenngleich ex post - wiederum als Argument dafür zu werten, daß sich die Prognose der Sicherheitsbehörde, wonach der dringende Verdacht bestand, daß bewaffnete Personen an der Versammlung teilnehmen werden, als richtig herausgestellt hat. Es besteht ein besonderes Bedürfnis zur Vollziehung der zitierten gesetzlichen Vorschriften, da nur in konsequenter und polizeitaktisch zielstrebiger Weise hiedurch Ausschreitungen und Verletzungen von Menschen (Versammlungsteilnehmer, Teilnehmer der Gegendemos, eingesetzte Kräfte der Sicherheitsbehörde und schließlich Unbeteiligte) hintangehalten werden können.

Zur Durchsuchung gemäß § 53 Waffengesetz 1996 wird folgendes ausgeführt:

Liegen die Voraussetzungen für die Vornahme einer Durchsuchung gemäß § 53 Waffengesetz 1996 vor, so kann diese Durchsuchung im Sinne des § 2 Z 2 Waffengebrauchsgesetz 1969 erzwungen werden, wobei allerdings die Bestimmungen der §§ 4 und 6 Waffengebrauchsgesetz 1969 besonders zu beachten sind. Dies resultiert aus dem Hinweis darauf, daß § 50 SPG anzuwenden ist; denn § 50 Abs 2 leg cit verweist darauf, daß für die Anwendung von unmittelbarer Zwangsgewalt gegen Menschen die Bestimmungen des Waffengebrauchsgesetzes 1969 gelten. Bezüglich der Durchführung wird auch auf § 142 Abs 1 Strafprozeßordnung 1975, BGBl Nr 631, verwiesen. Dieser lautet wie folgt:

§ 142 Abs 1:

"Haus- und Personendurchsuchungen sind stets mit Vermeidung alles unnötigen Aufsehens, jeder nicht unumgänglich nötigen Belästigung oder Störung der Beteiligten, mit möglichster Schonung ihres Rufes und ihrer mit dem Gegenstand der Untersuchung nicht zusammenhängenden Privatgeheimnissen sowie mit sorgfältigster Wahrung der Schicklichkeit und des Anstandes vorzunehmen."

Gemäß § 53 WaffG ist die Durchsuchung im Sinne des § 142 Abs 1 StPO 1975 durchzuführen.

Hiezu wird festgestellt, daß der BF keine diesbezügliche Verletzung behauptet, sondern die Personsdurchsuchung lediglich für sich als unzulässig erachtet.

Die Behauptung des BF, wonach die Personsdurchsuchung im konkreten Fall ohne gesetzliche Grundlage durchgeführt worden ist, geht somit ins Leere.

Das verfassungsgesetzlich gewährleistete Grundrecht der Versammlungsfreiheit im Sinne des Art 12 StGG und Art 11 MRK wurde durch die gegenständliche Ausübung polizeilicher Befehls- und Zwangsgewalt in keiner Weise berührt, da dem BF die physische und somit tatsächliche Teilnahme an der Versammlung nicht verwehrt wurde. Ganz im Gegenteil dazu hätte die praktische Umsetzung der Ausführungen des BF, wonach die Abnahme von "Waffen" im Sinne des Versammlungsgesetzes nicht möglich und nur über die Anwendung des § 35 Z 3 VStG 1991, in Form der freiheitsbeschränkenden Maßnahme zu realisieren sei, dazu geführt , daß tatsächlich die Verletzung des Grundrechts auf Versammlungsfreiheit im Lichte der Verhältnismäßigkeit prüfungsrelevant gewesen wäre. Da der gegenständliche Sachverhalt keine freiheitsbeschränkende Maßnahme umfaßt, sind die vom BF angestellten Ausführungen - zumal sie ins Leere gehen - nicht näher erörterungswürdig.

 2. Nach Darlegung der rechtlichen Zulässigkeit der Personsdurchsuchung des BF wird zum Ergebnis derselben ausgeführt, daß zwar keine Waffe im Sinne des WaffG 1996 gefunden wurde, jedoch wurde eine "Sache" im Sinne des § 42 SPG vorgefunden und auch sichergestellt.

Zunächst wird jedoch auf den Waffenbegriff im Sinne des VersG näher eingegangen, wobei hier - zutreffend - auf die Ausführungen des BF in seiner Beschwerde zu verweisen ist. Wenn der BF auf den Waffenbegriff gemäß § 134 StGB hinweist, so ist diesbezüglich richtigzustellen, daß wohl nur der § 143 leg cit gemeint sein kann. Die Auflistung der Gegenstände, welche als Waffe im Sinne des StGB anzusehen sind, ist überaus vielfältig und umfaßt unter anderem Schraubenzieher und zusammenklappbare Regenschirme. Die Eignung derartiger Gegenstände zur Zufügung von Verletzungen - sei es in Form von Wurf- oder Hiebattacken - ist zu bejahen. Somit ist auch denkmöglich davon auszugehen, daß es sich in concreto durch das Mitführen des Tretlagerschlüssels beim BF um einen "Bewaffneten" im Sinne des Versammlungsgesetzes gehandelt hat. Wie aus dem Sachverhalt ersichtlich, wurde der Tretlagerschlüssel von den eingesetzten Kräften gemäß § 42 Abs 1 Z 1 Sicherheitspolizeigesetz sichergestellt. Diese Bestimmung lautet wie folgt:

§ 42 Abs 1 Z 1:

Die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes sind ermächtigt,

Sachen sicherzustellen,

 1. wenn dies bei gefährlichen Angriffen dazu dient, eine (weitere) Bedrohung des Lebens, der Gesundheit, der Freiheit oder des Eigentums von Menschen zu verhindern;

In der Regierungsvorlage wird zu § 42 SPG bereits zutreffend ausgeführt, daß sich die Sicherstellung von Sachen in vielen Fällen als die maßvollste erweist und mit den geringsten Dauerfolgen in die Rechte des Betroffenen eingreift. Die Sicherstellung bei gefährlichen Angriffen ist in Verbindung mit § 16 Abs 3 SPG zu sehen, wonach ein gefährlicher Angriff auch ein Verhalten ist, das darauf abzielt und geeignet ist, eine Bedrohung der Rechtsgüter nach Abs 2 vorzubereiten, sofern dieses Verhalten in engem zeitlichen Zusammenhang mit der angestrebten Tatbestandsverwirklichung gesetzt wird. In der Regierungsvorlage zum SPG wird dazu ausgeführt, daß Abs 3 dem Bereich der straflosen Vorbereitungshandlungen umfaßt. So werden als Beispiele angeführt, daß ein Attentäter, der in seinem Versteck mit der Tatwaffe auf einen in einer halben Stunde erwarteten Fahrzeugkonvoi lauert, ebenso einen gefährlichen Angriff setzt, wie jener Räuber, der in unmittelbarer Nähe einer Bank, mit Waffe und Maske versehen in einem Fahrzeug sitzend, den günstigsten Zeitpunkt abwartet, um den Überfall durchzuführen.

In concreto ist daher der Sachverhalt der Teilnahme als Bewaffneter an einer Versammlung in zulässiger Weise bei der Auffindung eines Gegenstandes, der für sich geeignet ist, durch unmittelbare Einwirkung zumindest die Gesundheit von Menschen zu bedrohen, unter § 42 Abs 1 Z 1 zu subsumieren. Auf die obigen Ausführungen, wonach andere Personen sogar wegen §§ 9 iVm 19 VersG bestraft worden sind, wird in diesem Zusammenhang hingewiesen. Die einschreitenden Beamten haben die Gefahr eines gefährlichen Angriffs im Zusammenhang mit der vorgefundenen Situation richtig eingeschätzt und den Gegenstand, der beim BF vorgefunden wurde, gemäß § 42 SPG sichergestellt. Die rechtliche Richtigkeit des Einschreitens ist nicht zuletzt daran erkennbar, daß ohne die Möglichkeit, daß im konkreten Fall mit der Sicherstellung des Gegenstandes vorgegangen wäre, dem BF die Teilnahme an der Versammlung bzw er eventuell sogar bei Verweigerung des Entfernens vom Versammlungsort in der persönlichen Freiheit eingeschränkt hätte werden müssen, um ein gesetzeskonformes Verhalten zu erwirken. Im Lichte des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes wird daher auf § 29 SPG verwiesen und festgestellt, daß sowohl das ultima-ratio-Prinzip als auch die Erforderlichkeits- und Angemessenheitskriterien von den einschreitenden Beamten beachtet worden sind.

In Summe wird daher festgestellt, daß das Einschreiten der Beamten der Bundespolizeidirektion Wien unter Berufung auf § 42 SPG als zulässig angesehen wird und keinesfalls wie vom BF aufgezeigt, ein Einschreiten erfolgt ist, ohne daß eine gesetzliche Grundlage hiefür gegeben war. Der BF wurde daher auch nicht in seinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Grundrecht auf Unverletzlichkeit des Eigentums beeinträchtigt."

Die Bundespolizeidirektion Wien beantragt daher die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet in allen Punkten. An Kosten werden Schriftsatzaufwand und Vorlageaufwand verzeichnet.

 3. Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat dazu erwogen:

3.1. Da, wie im folgenden näher auszuführen sein wird, die Rechtwidrigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts bereits aus der Aktenlage ersichtlich ist, konnte die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung gemäß § 67d Abs 1 AVG entfallen. Aus der Aktenlage ist zunächst ersichtlich, daß der entscheidungswesentliche Sachverhalt völlig unstreitig ist. So ist auch in der den Verwaltungsakt bildenden Meldung des RvI Gerd N vom 16.5.1998 von einer Personsdurchsuchung die Rede, und zwar gemäß § 53 Waffengesetz iVm § 9 Versammlungsgesetz; ferner wird als Betreff der Amtshandlung die Sicherstellung von Sachen gemäß § 42 Abs 1 Z 1 SPG (welche vom BF als "Beschlagnahme" bezeichnet wird) sowie die Ausfolgung einer Bestätigung nach derselben Bestimmung angeführt. Geringfügige - und im Ergebnis unbeachtliche - Differenzen ergeben sich nur bei der Zeitangabe (laut Polizeimeldung 18.00 Uhr) und bei der Länge des Tretlagerschlüssels (laut Polizeimeldung 16 cm). Im übrigen wird ausdrücklich angeführt, daß die Sicherstellung des gegenständlichen Werkzeuges bei einer "bewilligten Demonstration" (gemeint offensichtlich: eine ordnungsgemäß angemeldete und nicht untersagte Versammlung im Sinne des VersG 1953) "in Wien, K-Ring/ Versammlungsort" vorgenommen wurde, und daß sich der Beschwerdeführer mit Reisepaß legitimierte. Ausdrücklich wird festgehalten, daß die Personsdurchsuchung "gemäß der Aufgabenstellung der Durchsuchung von Personen, die an dieser Demonstration teilnehmen, nach Waffen oder anderen gefährlichen Gegenständen, von welchen Gefahren ausgehen könnten und die geeignet sind, einen gefährlichen Angriff vorzubereiten, durchgeführt wurde". Laut dieser Meldung wurde  "in der rechten Hosentasche des Ö ein Schlüsselbund (3 Schlüssel) mit einem 16 cm langem Fahrradtretlagerschlüssel aus Metall vorgefunden". Die Sicherstellung erfolgte demgemäß nach § 42 Abs 1 SPG, da aufgrund der Beschaffenheit des Gegenstandes die Gefahr einer bestimmungswidrigen Verwendung dieses Werkzeuge (zB zum Werfen oder Zustechen) bestanden habe.

Tatsächliche Anhaltspunkte dafür, daß der Beschwerdeführer einen gefährlichen Angriff unternommen hätte - sei es auch nur im Sinne einer Vorbereitungshandlung gemäß § 16 Abs 3 SPG - finden sich im Verwaltungsakt nicht und werden von der belangten Behörde auch nicht vorgebracht. Zu prüfen ist demnach lediglich, ob die allenfalls begründeten Befürchtungen der Behörde über einen bevorstehenden gefährlichen Angriff diese dazu berechtigten, eine Personsdurchsuchung am Beschwerdeführer durchzuführen und ihm den Tretlagerschlüssel abzunehmen, obwohl der Beschwerdeführer selbst keinerlei Anlaß zu diesen Befürchtungen gegeben hatte.

3.2. Die von der Behörde angeführten Rechtsgrundlagen vermögen die von ihr getroffene Maßnahme nicht zu rechtfertigen. In ihren Ausführungen zu § 53 Waffengesetz 1996 kann der belangten Behörde zunächst durchaus gefolgt werden, wenn sie eine Durchsuchung aufgrund dieser Bestimmung grundsätzlich auch bei angemeldeten Versammlungen im Sinne des Versammlungsgesetzes 1953 für zulässig hält, allerdings entsprechend dem Gesetzeswortlaut "nur an Orten, an denen aufgrund eines konkreten Hinweises oder sonstiger bestimmter Tatsachen der dringende Verdacht besteht, daß den erwähnten Verboten (dh einem Verbot der Einfuhr, der Ausfuhr, des Besitzes oder des Führens von Kriegsmaterial oder von Waffen und Munition, die nicht Kriegsmaterial sind, nach diesem oder anderen Bundesgesetzen) zuwidergehandelt wird".

Die Begriffe "Waffen", "Munition" und "Kriegsmaterial" sind in den §§ 1, 4 und 5 des Waffengesetzes 1996 definiert. § 1 leg cit lautet:

"Waffen sind Gegenstände, die ihrem Wesen nach dazu bestimmt sind,

1) die Angriffs- oder Abwehrfähigkeit von Menschen durch unmittelbare Einwirkung zu beseitigen oder herabzusetzen oder

2) bei der Jagd oder beim Schießsport zur Abgabe von Schüssen verwendet zu werden".

In Czeppan - Szirba - Szymanski - Grosinger, "Das neue österreichische Waffengesetz", Juridica Verlag Seite 83, heißt es hiezu: "Nach der Begriffsbestimmung des § 1 Waffengesetz sind als Waffen im Sinne dieses Gesetzes jedenfalls nur Waffen im technischen Sinne zu verstehen. Der Waffenbegriff ist auf Gegenstände beschränkt, deren objektive Bestimmung darin gelegen ist, eine qualifizierte Wirkung auf Menschen zu erzielen oder bei der Jagd oder beim Schießsport zur Abgabe von Schüssen verwendet zu werden", und weiter: "Waffen im Sinne des Waffengesetzes müssen 'ihrem Wesen nach dazu bestimmt sein', die in der Z 1 beschriebene Wirkung zu erzielen oder den in der Z 2 erwähnten Verwendungszweck zu erfüllen. Es kommt also nicht auf die bloße Eignung der Gegenstände und auch nicht darauf an, daß einzelne Personen aus ihrer Sicht heraus Gegenstände als 'Waffen' bestimmen. Ein Gegenstand gilt vielmehr nur dann als Waffe, wenn es aufgrund seiner Konstruktion und Beschaffenheit seinem Wesen entspricht, zur Erzielung des erwähnten Verwendungszweckes gebraucht zu werden. Der Gebrauch eines solchen Gegenstandes auf andere Weise oder zu anderen Zwecken wird durchaus möglich sein, wäre aber wesensfremd". Diesen Ausführungen schließt sich der Unabhängige Verwaltungssenat Wien an.

Eine Personsdurchsuchung nach § 53 Waffengesetz ist sohin nur bei Bestehen des dringenden (und begründeten) Verdachtes zulässig, daß einem Verbot von "Waffen" - im eben definierten Sinne - zuwidergehandelt werde. Hiebei geht es nicht nur um Verbote nach dem Waffengesetz, sondern auch um solche nach anderen Bundesgesetzen. Daß damit auch das Waffenverbot gemäß § 9 Versammlungsgesetz erfaßt ist, hat die belangte Behörde zutreffend erkannt.

Nicht gefolgt werden kann der belangten Behörde aber beim Versuch, in das Waffengesetz 1996 einen diesem Gesetz fremden Waffenbegriff einzuführen. § 53 WaffG ermächtigt nur zur Durchsuchung auf Waffen im Sinne von § 1 WaffG, mag das anlaßgebende Waffenverbot auch in einem anderen Gesetz enthalten sein. Es kann daher völlig außer Betracht bleiben, welcher Waffenbegriff dem Versammlungsgesetz 1953 zu Grunde liegt. Deshalb wird nur am Rande festgehalten, daß der von der belangten Behörde ins Treffen geführte erweiterte Waffenbegriff des StGB für das Versammlungsgesetz schon aus historischen Gründen nicht in Frage kommt.

Fazit dieser Betrachtungen ist jedenfalls, daß die Behörde nur dann berechtigt gewesen wäre, den Beschwerdeführer gemäß § 53 WaffG zu perlustrieren, wenn sie einen konkreten Hinweis darauf gehabt hätte oder sonstige bestimmte Tatsachen dafür gesprochen hätten, daß zumindest an diesem Ort (wenn schon nicht konkret vom Beschwerdeführer) Waffen im Sinne des Waffengesetzes verbotenerweise mitgeführt werden. Dafür gibt es jedoch keinerlei tatsächlichen Anhaltspunkt; selbst die von der belangten Behörde erwähnten Ausschreitungen im Zuge einer vergleichbaren Gegendemonstration am 30.11.1996 haben nicht unter Verwendung von Gegenständen stattgefunden, die ihrem Wesen nach Waffen sind, sondern laut Gegenschrift unter Verwendung von "Flaschen, Bierdosen, Eiern, Holzstöcken, Pflaster- und Ziegelsteinen", die offensichtlich im Sinne des strafrechtlichen Qualifikationsmerkmals als Waffen verwendet wurden. Aus diesen Gründen konnte § 53 Waffengesetz 1996 nicht zur Anwendung gelangen, da es hiefür an den materiellen Voraussetzungen fehlte. Auch das Sicherheitspolizeigesetz bietet aber im gegenständlichen Fall keine geeignete Handhabe zur Durchsuchung des Beschwerdeführers. § 16 Abs 2 und 3 SPG lauten:

"(2) Ein gefährlicher Angriff ist die Bedrohung eines Rechtsgutes durch die rechtswidrige Verwirklichung des Tatbestandes einer .... strafbaren Handlung, die vorsätzlich begangen und nicht bloß auf Begehren eines Beteiligten verfolgt wird.

(3) Ein gefährlicher Angriff ist auch ein Verhalten, das darauf abzielt und geeignet ist, eine solche Bedrohung (Abs 2) vorzubereiten, sofern dieses Verhalten im engen zeitlichen Zusammenhang mit der angestrebten Tatbestandsverwirklichung gesetzt wird."

Daß der Beschwerdeführer durch die Verwirklichung eines strafbaren Tatbestandes ein Rechtsgut bedroht habe, wird von der belangten Behörde nicht behauptet. Sie bleibt aber auch - wie im übrigen schon zu Punkt 3.1. ausgeführt wurde - jeden Hinweis darauf schuldig, welches Verhalten des Beschwerdeführers darauf abgezielt hätte oder geeignet gewesen wäre, eine solche Bedrohung vorzubereiten.

Hiebei verkennt der Unabhängige Verwaltungssenat Wien nicht, daß die Sicherheitsbehörden gemäß § 22 Abs 2 SPG gefährlichen Angriffen auf Leben, Gesundheit, Freiheit, Sittlichkeit, Vermögen oder Umwelt vorzubeugen haben, sofern solche Angriffe wahrscheinlich sind. Bei der Erfüllung ihrer Aufgaben haben die Sicherheitsbehörden jedoch nach § 28 SPG vorzugehen. Nach Abs 3 dieser Bestimmung dürfen sie in die Rechte eines Menschen bei der Erfüllung dieser Aufgaben nur dann eingreifen, wenn eine solche Befugnis in diesem Bundesgesetz vorgesehen ist und wenn entweder andere Mittel zur Erfüllung dieser Aufgaben nicht ausreichen oder wenn ihr Einsatz außer Verhältnis zum sonst gebotenen Eingriff steht.

Die letztgenannte Alternativvoraussetzung ("ultima-ratio-Prinzip") sowie der in § 29 SPG festgelegte Verhältnismäßigkeitsgrundsatz mögen bei der Durchsuchung allenfalls gewahrt gewesen sein; dies entband die Behörde aber nicht von der weiteren Eingriffsvoraussetzung, nämlich daß "eine solche Befugnis in diesem Bundesgesetz vorgesehen ist". Die für die Personsdurchsuchung maßgebliche Bestimmung des Sicherheitspolizeigesetzes ist § 40. Da es sich bei dem Beschwerdeführer nicht um einen Festgenommenen handelte, war Abs 2 dieser Bestimmung anzuwenden. Dieser lautet:

"(2) Die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes sind außerdem ermächtigt, Menschen zu durchsuchen, wenn aufgrund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, diese stünden mit einem gegen Leben, Gesundheit, Freiheit oder Eigentum gerichteten gefährlichen Angriff im Zusammenhang und hätten einen Gegenstand bei sich, von dem Gefahr ausgeht."

Im Hinblick auf diese Bestimmung bleibt aber die Behörde wiederum jeden Hinweis schuldig, aufgrund welcher bestimmten Tatsachen anzunehmen war, der Beschwerdeführer stünde mit einem gegen Leben, Gesundheit, Freiheit oder Eigentum gerichteten gefährlichen Angriff im Zusammenhang. Wäre die "Gegendemo" ein solcher Angriff gewesen, so hätte die Behörde nicht nur das Recht, sondern vielmehr die Pflicht gehabt, sie gemäß § 6 VersG zu untersagen. Auch der sichergestellte Gegenstand wurde erst im Zuge der Durchsuchung gefunden; zuvor hatte sich kein Hinweis darauf ergeben.

Der zur GZ UVS-02/11/3/97 getroffenen Entscheidung - auf die von der belangten Behörde verwiesen wird - lagen dagegen Feststellungen zu Grunde, wonach ein Zusammenhang mit einem (bestimmten) gefährlichen Angriff anzunehmen war.

Stellt man in Rechnung, was die Behörde tatsächlich beabsichtigte, wie sich dies zweifelsfrei aus der schriftlichen Meldung ihres Organwalters vom 16.5.1998 und auch aus der Gegenschrift ergibt, so wurde die angefochtene Maßnahme deshalb gesetzt, um präventiv den ruhigen Verlauf einer Veranstaltung zu sichern, bei welcher begründete Erwartungen der Behörde bestanden, daß es zu einer Eskalation wie bei einem vergleichbaren Ereignis zwei Jahre zuvor kommen könnte. Für derartige Fälle ist im Sicherheitspolizeigesetz eine eigene Durchsuchungsermächtigung vorgesehen (bei der die Durchsuchungen allerdings vorher mit Verordnung anzuordnen sind!), nämlich § 41 Abs 1. Nach dem letzten Halbsatz dieser Bestimmung sind Versammlungen, auf die die Bestimmungen des Versammlungsgesetzes 1953 anzuwenden sind, aber ausdrücklich davon ausgenommen.

Die von der belangten Behörde wegen begründeter Befürchtungen offensichtlich planmäßig vorgenommenen Durchsuchungen dienten sohin genau jenem Zweck und richteten sich gegen jene Gefahren, deren Abwehr die Ermächtigung des § 41 Abs 1 SPG dienen soll; diese Bestimmung zielt nämlich eben auf jene Fälle, in denen zwar Gewalttaten mit Grund zu befürchten sind, aber (noch) kein individuell bestimmter Angreifer iS des SPG feststellbar ist. Da diese Bestimmung Versammlungen wie die gegenständliche allerdings ausdrücklich ausnimmt, würde der Versuch, für solche Versammlungen durch Interpretation von allgemeineren Bestimmungen des Sicherheitspolizeigesetzes auf anderem Wege zu demselben Ergebnis zu gelangen, diese Spezialnorm unterlaufen und daher eine Interpretation contra legem darstellen. In Wahrheit ist die Behörde gerade nach § 41 SPG vorgegangen, ohne daß hiefür die Voraussetzungen vorgelegen wären (und ohne daß sie die erforderliche - im gegenständlichen Fall aber dann natürlich gesetzwidrige - Verordnung erlassen hätte).

Es mag zwar aus der Sicht der belangten Behörde rechtspolitisch wünschenswert erscheinen und wäre unter Berücksichtigung der verfassungsmäßig gewährleisteten Versammlungsfreiheit möglicherweise argumentierbar, daß unter ganz bestimmten Voraussetzungen bei Versammlungen mit Gegenveranstaltung - falls mit hoher Wahrscheinlichkeit eine Eskalation zu befürchten ist - die Teilnehmer präventiv auf Gegenstände untersucht werden dürfen, welche als Waffe verwendet werden könnten (wobei wohl davon auszugehen ist, daß dies dann im Falle des "Revolutionskommers" und der Gegendemonstration für beide Teile zu gelten hätte). Eine rechtspolitische Bewertung ist jedoch nicht Aufgabe des Unabhängigen Verwaltungssenats, sondern des Gesetzgebers, welchem es freisteht, den letzten Halbsatz in § 41 Abs 1 SPG abzuändern, sofern er dagegen keine verfassungsgesetzlichen Bedenken hegt. Mag auch der Eingriff in die Rechte des Beschwerdeführers im Verhältnis zur befürchteten Eskalation der Veranstaltung eher gering gewesen sein, so scheitert doch jeder Versuch, de lege lata eine Ermächtigung für das präventive Vorgehen der belangten Behörde abzuleiten, am klaren Wortlaut des § 41 Abs 1 SPG. Nach geltendem Recht hätte die korrekte Vorgangsweise der Behörde darin bestanden, die angemeldete Versammlung aufzulösen, sobald sich darin gesetzwidrige Vorgänge ereignet oder sie einen die öffentliche Ordnung bedrohenden Charakter angenommen hätte (§ 13 VersG 1953), oder sie bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 6 VersG von vornherein zu untersagen.

Was die Rechtswidrigkeit der Sicherstellung des Tretlagerschlüssels anbelangt, so wird auf die obigen Ausführungen verwiesen: ein gefährlicher Angriff im Sinne des § 16 SPG lag demnach nicht vor. Es ist somit irrelevant, ob der vorgefundene Gegenstand (ein Metallschlüssel von der Länge eines Bleistifts) potentiell als Waffe iS diverser Deliktstatbestände des StGB in Betracht gekommen wäre oder nicht. Daher war sowohl im Hinblick auf die Durchsuchung des BF als auch im Hinblick auf die Sicherstellung des gegenständlichen Schlüssels spruchgemäß zu entscheiden.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 79 a AVG iVm der Aufwandersatzverordnung UVS, BGBl Nr 855/1995. Der obsiegenden Partei waren Schriftsatzaufwand und Stempelgebühren zuzusprechen; ein Verhandlungsaufwand ist ihr nicht entstanden.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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