TE UVS Steiermark 1998/12/10 30.10-23/98

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Veröffentlicht am 10.12.1998
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Karin Clement über die Berufung des Herrn G N-V, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. K C, D .U. 2. I/2., H- S, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung vom 11.12.1997, GZ.: 15.1-1997/5330, wie folgt entschieden:

Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im folgenden VStG) i.d.F. BGBl. 1998/158 wird die Berufung, wie mündlich am 10.12.1998 verkündet, abgewiesen.

Gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG hat der Berufungswerber als Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens den Betrag von S 740,-- binnen vier Wochen ab Zustellung des Bescheides bei sonstigen Zwangsfolgen zu leisten.

Der Ausspruch, daß gemäß § 37 Abs 5 VStG die hinterlegte Sicherheit für verfallen erklärt wird, hat zu entfallen. Zu Punkt 2.) des Straferkenntnisses wird die übertretene Rechtsvorschrift dahingehend präzisiert, daß es heißen muß: § 12 Abs 1 Z 2 Bundesstraßenfinanzierungsgesetz i.V.m. § 7 Abs 1 Bundesstraßenfinanzierungsgesetz.

Text

Mit dem aus dem Spruch ersichtlichen Straferkenntnis wurde dem Berufungswerber zur Last gelegt, er habe am 16.4.1997, um

16.36 Uhr, in Dobl, auf der A 2, Höhe Strkm. 192,5, in Richtung Klagenfurt als Lenker des Fahrzeuges mit dem Kennzeichen HR CNE-621 (PKW) 1.) die auf Autobahnen zulässige Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h um 33 km/h  überschritten. Die in Betracht kommende Meßtoleranz sei bereits abgezogen worden, 2.) diesen auf einer mautpflichtigen Bundesstraße (Autobahn oder Schnellstraße) gelenkt, ohne die zeitabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben.

Der Berufungswerber habe dadurch die Rechtsvorschriften des 1.) § 20 Abs 2 StVO und 2.) § 12 Abs 1 Z 2 Bundesstraßenfinanzierungsgesetz 1996 BGBl. Nr. 201/96 verletzt und wurde wegen dieser Verwaltungsübertretungen eine Geldstrafe von 1.) S 700,-- (32 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe) gemäß § 99 Abs 3 a StVO und 2.) S 3.000,-- (1 Tag Ersatzfreiheitsstrafe) gemäß § 12 Abs 1 lit c verhängt. Gemäß § 37 Abs 5 Verwaltungsstrafgesetz wurde die von ihm hinterlegte Sicherheit (1 Handy, Marke Ericsson 388, Nr. CE 0188) für verfallen erklärt.

Dagegen richtete sich die als rechtzeitig zu wertende Berufung, - ein Rückschein betreffend Übernahme des Straferkenntnisses fehlt im erstinstanzlichen Akt - mit welcher vorgebracht wird, daß der Berufungswerber keinen Regelverstoß begangen habe. Ohne seine Zustimmung sei sein Mobiltelefon beschlagnahmt worden. Es sei kein Dolmetscher am Tatort gesichert worden und auch die Bitte am Tatort auf Beiziehung eines Rechtsanwaltes sei nicht gewährt worden. Insbesondere will der Berufungswerber sein Mobiltelefon zurück haben.

Aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens, insbesondere der öffentlichen, mündlichen Verhandlung vom 10.12.1998, an welcher der Berufungswerber trotz ausgewiesener Ladung nicht teilgenommen hat, kann nachfolgender Sachverhalt festgestellt werden:

Am 16.4.1997, gegen 16.36 Uhr fuhren RI F M und RI C B in einem Zivilstreifenfahrzeug mit eingebauter Pro-Vi-Da-Anlage auf der A 2 Südautobahn, Richtung Klagenfurt. Dabei hielten sie eine Geschwindigkeit von 130 km/h ein. Im Gemeindegebiet von Dobl wurden sie auf einen rasch herannahenden PKW aufmerksam. Es wurde ein gleichbleibender Abstand vom 30 m bis 50 m hergestellt und wurde dieser Abstand auf 700 m konstant eingehalten. Dabei wurde die Pro-Vi-Da-Anlage in Betrieb genommen und die Fahrt aufgezeichnet. Die festgestellte Geschwindigkeit für das Fahrzeug des Berufungswerbers war etwa auf Höhe des Strkm. 192,5, 163 km/h (ausgearbeitete Lichtbilder der Pro-Vi-Da-Anlage im erstinstanzlichen Akt). In weiterer Folge wurde der Berufungswerber, welcher einen PKW, Marke Audi,

Kennzeichen CNE 621 lenkte, angehalten. Beide Beamte begaben sich zum Lenker des angehaltenen Fahrzeuges und haben sich ausgewiesen. Da der Fahrer Deutsch sprach, haben die beiden Beamten ihm vorgehalten, daß er zu schnell gefahren sei und wurde dies vom Fahrer auch nicht bestritten. Anläßlich der Kontrolle konnte festgestellt werden, daß der Berufungswerber am PKW Audi keine Mautvignette aufgeklebt hatte. Daraufhin wurde dem Berufungswerber ein Schreiben der ÖSAG in Zusammenarbeit mit den Landesgendarmeriekommando für Steiermark überreicht, welches auch in ungarischer Sprache übersetzt ist, auf welchem dem Berufungswerber dargelegt wurde, daß nunmehr in Österreich eine Autobahnvignette bei Benützung der Autobahnen geklebt werden müsse. Dem Berufungswerber wurde angeboten S 1.100,-- für die Vignette zu bezahlen und S 500,-- für die Geschwindigkeitsübertretung. Da der Berufungswerber jedoch erklärte, kein Geld zu haben und die Strafe nicht zahlen zu können, wurde daraufhin das Handy des Berufungswerbers beschlagnahmt. Dem Berufungswerber wurde über die Beschlagnahme eine Bescheinigung ausgestellt. Weiters wurde dem Berufungswerber erklärt, daß er sein Handy binnen drei Tagen bei der Bezirkshauptmannschaft abholen könne. Diese Feststellungen konnten aufgrund der übereinstimmenden und durchaus glaubwürdigen Aussagen der einvernommenen Zeugen, RI M und RI B, getroffen werden. Beide Zeugen schilderten nachvollziehbar und glaubhaft, daß der Berufungswerber soweit Deutsch sprach, daß eine Verständigung möglich war. Insbesondere wurde ihm auch das Schreiben, welches in den verschiedensten Sprachen übersetzt war, betreffend der Mautbestimmungen in Österreich ausgehändigt. Hinsichtlich der Geschwindigkeitsüberschreitung bestehen keine Zweifel an der Funktionstüchtigkeit der Pro-Vi-Da-Anlage, zumal keiner der beiden Zeugen irgendwelche Funktionsstörungen am Tattag bemerkte und die ausgearbeiteten Lichtbilder im Abstand von jeweils zwei Sekunden die Nachfahrt mit dem Zivilstreifenfahrzeug betreffend das voranfahrende Fahrzeug des Berufungswerbers ausreichend dokumentieren. Hinsichtlich der Mautvignette wurde vom Berufungswerber im gesamten Verfahren nicht einmal vorgebracht, daß er eine solche an der Windschutzscheibe angebracht hatte.

In rechtlicher Beurteilung zu Punkt 1.) des Straferkenntnisses ist davon auszugehen, daß gemäß § 20 Abs 2 StVO 1960, sofern die Behörde nicht eine geringere Höchstgeschwindigkeit erläßt oder eine höhere Geschwindigkeit erlaubt, der Lenker eines Fahrzeuges auf Autobahnen nicht schneller als 130 km/h fahren darf. Diese Höchstgeschwindigkeit darf auch nur bei optimalen Straßen- und Sichtverhältnissen ausgeschöpft werden, da gerade die Überschreitung der höchstzulässigen Geschwindigkeit immer wieder Ursache für schwere Verkehrsunfälle ist. Der Berufungswerber hielt eine Geschwindigkeit von 163 km/h ein, sodaß der die erlaubte Höchstgeschwindigkeit um 33 km/h überschritten hat.

Zu Punkt 2.) des Straferkenntnisses ist festzuhalten, daß gemäß § 7 Abs 1 Bundesstraßenfinanzierungsgesetz die Benützung von Bundesautobahnen und Bundesschnellstraßen einer zeitabhängigen Maut, die von den Bundesstraßengesellschaften ab 1.1.1997 namens des Bundes einzuheben ist, unterliegt. Die Maut ist vor der mautpflichtigen Straßenbenützung durch Anbringen einer Mautvignette am Fahrzeug zu entrichten. Gemäß § 12 Abs 1 begehen Lenker von Kraftfahrzeugen, die diese mautpflichtige Straßen benützen, ohne die zeitabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben eine Verwaltungsübertretung und sind von der Bezirksverwaltungsbehörde mit Geldstrafen von S 3.000,-- bis S 60.000,-- zu bestrafen. Da der Berufungswerber keine Vignette an seiner  Windschutzscheibe angebracht hatte und eine solche bei Anhaltung auch nicht vorweisen konnte, hat er gegen vorangeführte Bestimmungen verstoßen. Da der Berufungswerber keine Zahlung an Ort und Stelle leistete und auch keine vorläufige Sicherheit leisten konnte, wurde in Anwendung der §§ 37 und 37 a VStG das Handy des Berufungswerbers rechtmäßig durch die Beamten an Ort und Stelle beschlagnahmt.

Im Hinblick darauf, daß der Berufungswerber an Ort und Stelle auf frischer Tat betreten wurde, er ungarischer Staatsbürger ist und die Strafverfolgung daher in Österreich wesentlich erschwert sein werde, waren die Beamten berechtigt, die vorläufige Beschlagnahme seines Handys, da eine vorläufige Sicherheit nicht eingehoben werden konnte, vorzunehmen (vgl. VwGH 2.10.1991, 90/03/0180). Es bleibt daher jetzt die Frage offen, ob der Ausspruch des Verfalles rechtmäßig erfolgte. Die Frist für den Ausspruch des Verfalles einer vorläufigen Sicherheit beträgt nach § 37 Abs 5 VStG nur drei Monate; sie ist bei Einhebung eines Geldbetrages ab Einhebung zu berechnen und somit bei Beschlagnahme als vorläufige Sicherheit ab Beschlagnahme. Gemäß § 37 a Abs 5 VStG wird die vorläufige Sicherheit frei, wenn das Verfahren eingestellt wird oder die gegen den Beschuldigten verhängte Strafe vollzogen ist oder wenn nicht binnen drei Monaten gemäß § 37 Abs 5 der Verfall ausgesprochen wird. § 37 Abs 4 letzter Satz gilt sinngemäß. Da es sich bei einer nach dieser Gesetzesstelle eingehobenen Sicherheit bloß um eine vorläufige Maßnahme handelt, ist mit Sicherheit die Frist ab Beschlagnahme zu berechnen. Da das Handy des Berufungswerbers Marke Ericcson 388 am 16.4.1997 beschlagnahmt wurde, der Verfall jedoch erst mit Straferkenntnis vom 11.12.1997 ausgesprochen wurde, war daher der Ausspruch des Verfalls im Straferkenntnis ersatzlos zu beheben, zumal die Beschlagnahme erst nach mehr als drei Monaten für verfallen erklärt wurde (vgl. VwGH 8.7.1992, 91/03/0181).

Es war daher zu prüfen, ob die über den Berufungswerber verhängten Strafen schuld- und tatangemessen durch die Erstbehörde verhängt wurden.

Gemäß § 19 Abs 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Bei erheblichen Überschreitungen der höchstzulässigen Geschwindigkeit auf Autobahnen (hier 163 km/h) wird die Verkehrssicherheit erheblich reduziert, weil solche erhöhte Geschwindigkeiten immer wieder eine Ursache für schwere und schwerste Verkehrsunfälle darstellen. Die Behörde erster Instanz handelte daher nicht rechtswidrig, wenn sie aus spezialpräventiven Überlegungen heraus über den Beschuldigten eine Geldstrafe in der Höhe von S 700,-- verhängte. Bei diesem Sachverhalt vermag auch der Umstand - sieht man von der erhöhten Umweltbelastung ab - daß keine nachteiligen Folgen eingetreten sind, eine Herabsetzung der Strafe nicht zu rechtfertigen (VwGH 27.9.1989, 89/03/0236).

Indem der Berufungswerber die vorgeschriebene Maut nicht entrichtet hat, fand eine entsprechende Reduktion der Mauteinnahmen statt, welche der Erhaltung des österreichischen Straßennetzes im besonderen zu Gute kommt.

Gemäß § 19 Abs 2 VStG sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Als mildernd muß die Unbescholtenheit des Berufungswerbers gewertet werden, zumal mit Ungarn kein Abkommen besteht, welches es ermöglicht ungarische Vorstrafen zu berücksichtigen und in Österreich insbesondere im Bereich der Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung keine Vorstrafen vorhanden sind. Erschwerungsgründe liegen keine vor. Der Berufungswerber hat seine persönlichen Verhältnisse im gesamten Verfahren bisher nicht bekanntgegeben. Es wird jedoch davon ausgegangen, daß diese für österreichische Verhältnisse eher ungünstig sind. Auch unter Berücksichtigung, daß der Berufungswerber allenfalls gar kein Einkommen erzielt, erscheint die von der Erstbehörde zu Punkt 1.) verhängte Strafe ohnedies im untersten Bereich des gesetzlichen Strafrahmens für die doch erhebliche Geschwindigkeitsüberschreitung festgesetzt. Die zu Punkt 2.) verhängte Strafe ist die gesetzliche Mindeststrafe und kann daher ohnedies nicht weiter herabgesetzt werden. Die Festsetzung des Kostenbeitrages zum Verwaltungsstrafverfahren zweiter Instanz ergibt sich aus § 64 VStG, wonach im Fall der vollinhaltlichen Bestätigung des Straferkenntnisses erster Instanz durch die Berufungsbehörde dieser Betrag mit 20 % der verhängten Strafe festzusetzen ist.

Schlagworte
Verfall Frist Beschlagnahme
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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