TE UVS Steiermark 1999/01/07 20.14-13/98

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Veröffentlicht am 07.01.1999
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das SenatsmitgliedDr. Monika Gasser-Steiner über die Beschwerde des Herrn G Z, vertreten durch die Rechtsanwälte Dr. W P, Dr. H-J H, Dr. P S, alle HGasse 4, P, wegen Ausübung umittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt, wie folgt entschieden:

Soweit sich die Beschwerde gegen die behauptete rechtswidrige Anordnung der Bezirkshauptmannschaft Fürstenfeld vom 20.3.1997, GZ: 15.1-1996/439 richtet, wird sie als unzulässig zurückgewiesen.

Soweit sich die Beschwerde gegen die Beschluß des Landesgerichtes St. Pölten vom 18.5.1998, GZ: 25 Vr 2/97, Hv 6/97 richtet, wird sie wegen Unzuständigkeit der angerufenen Behörde zurückgewiesen.

Der Eventualantrag, der angerufene Senat möge feststellen, daß die zwischenzeitig verbüßte Haft nicht als Vollzug der Ersatzfreiheitsstrafe zu beachten ist, wird ebenfalls wegen Unzuständigkeit der angerufenen Behörde zürkcgewiesen.

Rechtsgrundlagen: §§67 a Abs 1 Zi 2 und 67 c Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrens-gesetz 1991 (im folgenden AVG).

Text

I.) Am 1. Juli 1998 langte beim Unabhängigen Verwaltungssenat für die Steiermark die Maßnahmenbeschwerde des Herrn G Z mit nachstehendem Inhalt ein:

In umseits bezeichneter Verwaltungssache erstattet der Beschwerdeführer G Z gegen die Verfügung der Bezirkshauptmannschaft Fürstenfeld vom 20.3.1997, GZ. 15.1 1996/439, sowie gegen den Beschluß des Landesgerichtes St. Pölten vom 18.5.1998, GZ. 25 Vr 2/97, Hv 6/97, nachstehende

BESCHWERDE

an den Unabhängigen Verwaltungssenat Graz.

1. Angefochtener Verwaltungsakt:

Anfechtungsgegenstand ist das Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Fürstenfeld vom 20.3.1997 an den Leiter des landesgerichtlichen Gefangenenhauses St. Pölten, GZ. 15.1 1996/439, bzw. der aufgrund dieses Schreiben ergangene Beschluß des Landesgerichtes St. Pölten vom 18.5.1998, GZ. 25 Vr 2/97, Hv 6/97.

2. Sachverhalt:

Die Bezirkshauptmannschaft Fürstenfeld hat über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe im Ausmaß von S 2.000,-- bzw. 72 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe verhängt. Mit Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Fürstenfeld vom 20.3.1997 ersucht der Bezirkshauptmann den Leiter des landesgerichtlichen Gefangenenhauses St. Pölten um Vollzug der Ersatzfreiheitsstrafen im Anschluß an die Haft des Beschwerdeführers.

Der Beschwerdeführer befindet sich derzeit in Untersuchungshaft beim Landesgericht St. Pölten. Der Leiter des landesgerichtlichen Gefangenenhauses St. Pölten hat das gegenständliche Schreiben weitergeleitet an den zuständigen Richter beim Landesgericht St. Pölten zur Zahl 25 Vr 2/97, Hv 6/97.

Mit Beschluß des Landesgerichtes St. Pölten vom 18.5.1998, 25 Vr 2/97, Hv 6/97, wurde die Untersuchungshaft zum Zwecke des Vollzuges verwaltungsstrafbehördlicher Straftat gemäß § 180 Abs. 4 StPO unterbrochen.

3. Vorgebracht wird, daß eine Verletzung des § 4 PersFrSchG vorliegt.

4. Zur Rechtzeitigkeit der Beschwerde:

Dem Beschwerdeführer wurde erst durch den Beschluß des Landesgerichtes St. Pölten vom 18.5.1998 der Vollzug der Ersatzfreiheitsstrafe bekannt. Dieser genannte Beschluß wurde ihm erst am 27.5.1998 zugestellt. Die Beschwerde ist daher rechtzeitig.

5. Begründung:

Der zwangsweise Vollzug einer Ersatzfreiheitsstrafe und die folgende Anhaltung ist als Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gegen eine bestimmte Person zu qualifizieren (VfGH 26.2.1990, B 921/89, mit weiteren Nachweisen).

§ 4 PersFrSchG bestimmt, daß die zur Anhaltung berechtigten Organe der öffentlichen Gewalt in dem vom Gesetz bestimmten Fällen eine Person in Verwahrung nehmen dürfen. Hierzu zählt auch die Bestimmung des § 54 VStG in der derzeit gültigen Fassung über dieVollstreckung von Geldstrafen. Diese Bestimmung läßt den Vollzug einer Ersatzfreiheitsstrafe dann zu, wenn "die Geldstrafe uneinbringlich ist, oder dies mit Grund anzunehmen ist." Der Vollzug der Ersatzfreiheitsstrafe hat zu unterbleiben, soweit die ausstehende Geldstrafe erlegt wird. Darauf ist jedenfalls in der Aufforderung zum Strafantritt hinzuweisen. Verstoß gegen diese Gesetzesvorschrift ist als Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf persönliche Freiheit zu betrachten (VfGH 26.2.1990, B 921/89).

Im vorliegenden Fall liegen die Voraussetzungen des § 54b VStG nicht vor. Die Behörde hat nämlich weder ein Vollstreckungsverfahren durchgeführt, noch Erhebungen gepflegt, deren Ergebnis die Annahme rechtfertigen, daß die verhängte Geldstrafe mit hoher Wahrscheinlichkeit uneinbringlich ist. Allein die Tatsache, daß der Beschwerdeführer in der Untersuchungshaft angehalten wird, rechtfertigt noch nicht die Vollstreckung einer Ersatzfreiheitsstrafe. Gerade dies ist aber der Behörde vorzuwerfen, sodaß eine Verletzung des Rechtes auf persönliche Freiheit durch die Vorführung zur Vollstreckung einer Ersatzfreiheitsstrafe vorliegt.

Weiters ist zu berücksichtigen, daß der Vollzug einer Ersatzfreiheitsstrafe erst das "letzte Mittel" sein soll. Es kann aufgrund des Aufenthaltes des Beschwerdeführers im Gefangenenhaus davon ausgegangen werden, daß der Beschwerdeführer im Gefangenenhaus Einnahmen erzielt, bzw. hat diesbezüglich die Behörde überhaupt keine Ermittlungen durchgeführt.

Weiters wird geltend gemacht, daß die Bezirkshauptmannschaft Fürstenfeld in ihrem Schreiben vom 20.3.1997 anführt, daß erst im Anschluß an die Haft die Ersatzfreiheitsstrafe zu vollziehen ist. Entgegen diesem Ersuchen hat das Landesgericht St. Pölten die Untersuchungshaft unterbrochen. In Anziehung des Schreibens der Bezirkshauptmannschaft Fürstenfeld hätte aber ein Vollzug der Ersatzfreiheitsstrafe erst im Anschluß (!) an die gegenständliche Haft vollzogen werden dürfen.

Durch den genannten Beschluß des Landesgerichtes St. Pölten ist das Gericht "quasi" als verlängerter Arm der Behörde eingeschritten und ist daher das Verhalten des Landesgerichtes St. Pölten der einschreitenden Behörde - nämlich der Bezirkshauptmannschaft Fürstenfeld - zuzurechnen. Das Landesgericht St. Pölten hat als vollziehende Behörde die Anordnung der Bezirkshauptmannschaft nicht befolgt. Aus diesen Gründen werden gestellt nachstehende

ANTRÄGE

der Unabhängige Verwaltungssenat Graz möge die Anordnung der Bezirkshauptmannschaft Fürstenfeld vom 20.3.1997, GZ 15.1- 1996/439 bzw. den Beschluß des Landesgerichtes St. Pölten vom 18.5.1998, GZ. 25 Vr 2/97, Hv 6/97 für rechtswidrig erklären; in eventu feststellen, daß die zwischenzeitig verbüßte Haft nicht als Vollzug der Ersatzfreiheitsstrafe zu beachten ist."

II.) Die Bezirkshauptmannschaft Fürstenfeld erstattete als belangte Behörde nach Kenntnisnahme des Beschwerdeinhaltes die Gegenschrift vom 16.7.1998, in der sie nach Darstellung des in Vorlage gebrachten Verwaltungsstrafaktes GZ 15.1 1996/439 dem Beschwerdevorbringen im wesentlichen entgegenhält, das bekämpfte Ersuchen der Behörde an das Landesgericht St. Pölten auf Unterbrechung der Untersuchungshaft zwecks Vollstreckung der Ersatzfreiheitsstrafe habe den einschlägigen Vollzugsbestimmungen des Verwaltungsstrafgesetzes

entsprochen und sei daher rechtmäßig gewesen. Die Bezirkshauptmannschaft Fürstenfeld beantragte, der vorliegenden Beschwerde keine Folge zu geben. Ein Kostenaufwandersatz wurde nicht beantragt.

Der Beschwerdeführer verzichtete im Rahmen des ihm eingeräumten Parteiengehörs auf eine ergänzende Stellungnahme zu den Ausführungen der belangten Behörde.

III.) Anhand der Aktenlage wird nachstehender Sachverhalt festgestellt:

Mit der Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Fürstenfeld vom 28.2.1996, rechtskräftig seit dem 20.3.1996, wurde über den Beschwerdeführer wegen einer Übertretung gemäß § 64 Abs 1 KFG eine Geldstrafe von S 2.000,--, bei deren Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 72 Stunden verhängt. Nach erfolglos geführten Exekutionsverfahren ersuchte die Bezirkshauptmannschaft Fürstenfeld mit dem Schreiben vom 20.3.1997 den Leiter des landesgerichtlichen Gefangenenhauses St. Pölten an den dort untergebrachten Z G in Entsprechung des § 53 Abs 2 VStG im Anschluß an diese Haft die Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 72 Stunden aufgrund von Verwaltungsübertretungen zu vollziehen. Der Vollzug der Ersatzfreiheitsstrafe wäre nicht vorzunehmen, wenn der Beschuldigte die rechtskräftig verhängte Geldstrafe von S 2.000,-- plus S 157,-- Exekutionskosten bezahlt.

In Entsprechung eines zweiten Ersuchens der belangten Behörde vom 23.4.1998, welches auf die Unterbrechung der Untersuchungshaft zwecks Verbüßung der genannten Ersatzfreiheitsstrafe gerichtet war, erging der Beschluß des Landesgerichtes St. Pölten zu 25 Vr 2/97, Hv 6/97, vom 18.5.1998 mit nachstehendem Inhalt: "Die über G Z verhängte Untersuchungshaft wird zu Zwecken des Vollzuges verwaltungsbehördlicher Strafhaften (Ersatzfreiheitsstrafen in der Dauer von 42 Tagen) gemäß dem § 180 Abs. 4 StPO mit der Maßgabe unterbrochen, daß die Entscheidungen über die Besuchserlaubnis und die Briefzensur dem unterfertigten Gericht vorbehalten bleiben. Begründung: Gegen G Z liegen zahlreiche rechtskräftig verhängte Verwaltungsstrafen vor, die bislang nicht bezahlt wurden, sodaß die Ersatzfreiheitsstrafen von insgesamt 42 Tagen in Vollzug zu setzen sind, sofern der Genannte nicht noch vor Antritt die verhängten Geldstrafen bezahlt. Es lagen sohin die Voraussetzungen des § 180 Abs. 4 StPO vor und war daher wie oben ersichtlich zu entscheiden."

IV.) Die rechtliche Beurteilung ergibt folgendes:

Gemäß § 67 a Abs 1 Ziffer 2 AVG entscheiden die unabhängigen Verwaltungssenate über Beschwerden von Personen, die behaupten, durch die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt in ihren Rechten verletzt zu sein, ausgenommen in Finanzstrafsachen des Bundes.

Das in Beschwerde gezogene Ersuchen der Bezirkshauptmannschaft Fürstenfeld an den Leiter des gerichtlichen Gefangenenhauses St. Pölten um Vollzug einer Ersatzfreiheitsstrafe im Fall der Nichtbezahlung der rechtskräftig verhängten Geldstrafe ist nicht als Maßnahme unmittelbarer behördlicher Befehls- und Zwangsgewalt zu qualifizieren, weil das Ersuchen - und dies geht bereits aus seinem Wortlaut hervor - nicht unmittelbar auf den Entzug der Freiheit gerichtet ist, daher auch nicht in die durch § 4 PersFrG geschützten Rechte des Beschwerdeführers eingreifen konnte. Damit stellt es auch keinen Anfechtungsgegenstand im Rahmen einer Maßnahmenbeschwerde dar. Schon aus diesem Grunde war die Beschwerde, soweit sie sich auf das genannte Schreiben bezog, als unzulässig zurückzuweisen.

Was den darüberhinausgehenden Beschwerdeinhalt anbelangt (behauptete Rechtswidrigkeit des Gerichtsbeschlusses auf Unterbrechung der Untersuchungshaft, Feststellungsantrag), so ist auf die eingangs zitierte Bestimmung des § 67 Abs. 1 Zi 2 AVG hinzuweisen, wonach die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates von vornherein auf die Überprüfung von Akten verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt beschränkt ist, weshalb die Beschwerde in diesen beiden Punkten wegen Unzuständigkeit des angerufenen Senates zurückzuweisen war.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
Maßnahme Strafvollzug Vollstreckungsersuchen
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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