TE UVS Wien 1999/01/11 04/G/35/39/98

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Veröffentlicht am 11.01.1999
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat durch das Mitglied Mag Lammer über die Berufung der Frau Claudia A gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den 15. Bezirk, vom 20.11.1997, Zl MBA 15-S 10155/97, betreffend eine Verwaltungsübertretung nach § 366 Abs 1 Z 1 GewO 1994, nach durchgeführter öffentlicher mündlicher Verhandlung vom 11.1.1999, wie folgt entschieden:

Gemäß § 66 Abs 4 AVG wird der Berufung Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das diesbezügliche Verfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG eingestellt.

Gemäß § 65 VStG wird der Berufungswerberin ein Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens nicht auferlegt.

Text

Begründung:

Das angefochtene Straferkenntnis enthält folgende Tatanlastung:

"Sie haben als Komplementärin und somit zur Vertretung nach außen Berufene der A-KEG zu verantworten, daß diese Gesellschaft in der Zeit vom 22.9.1997 bis 14.10.1997 in Wien, S-Straße, das Gastgewerbe in der äußeren Erscheinungsform einer Kaffeekonditorei durch gewerbsmäßige Verabreichung von Speisen (zB im Betrieb erzeugtes Speiseeis wie Vanille-, Kokos-, Schokolade-, Fiocco- und Zitroneneis in Tüten zu S 12/18/24/30,- und Becher S 15/20/25/30,-, div Eisspezialitäten wie Bananensplit S 50,- und Coppa Hawai S 38,-, Frankfurter und Debreziner mit Senf und Gebäck S 40,-, Frühstück: 1 Glas Orangensaft, 1 Tasse Kaffe oder Tee, 2 Semmeln, Butter, Marmelade zusammen S 45,-, Ham & Eggs (2 Eier), 1 Gebäck, Kaffee, Tee, Cola, Fanta oder Sprite zusammen S 45,-, und Speck mit 2 Spiegeleiern, Gebäck, Kaffee, Tee, Cola, Fanta oder Sprite zusammen S 45,-) und den Ausschank von Getränken (zB Kaffee: kl Brauner S 16,-, Melange S 25,-, Einspänner S 35,-, Tee S 15,-, Mineralwasser Fl 0,35l S 17,-, Red Bull S 28,-, Soda 0,25l S 10,-, Soda Zitrone 0,25l S 13,-, Soda Himbeer 0,25l S 15,-, Cola-Zitrone S 23,-, Cola-Rum 0,25l S 30,-, Campari 0,25l S 35,-, Glas Sekt S 33,-) ausgeübt hat, ohne die hiefür erforderliche Gewerbeberechtigung erlangt zu haben."

Die Berufungswerberin habe dadurch § 366 Abs 1 Z 1 Gewerbeordnung 1994, BGBl Nr 194/1994 idgF, verletzt, weswegen über sie gemäß § 366 Einleitungssatz GewO 1994 iVm § 9 VStG 1991 eine Geldstrafe von S 6.000,--, im Falle der Uneinbringlichkeit sechs Tage Ersatzfreiheitsstrafe, verhängt und ihr ein Verfahrenskostenbeitrag in der Höhe von S 600,-- auferlegt wurde. Dieses Straferkenntnis wurde der Berufungswerberin durch Hinterlegung am 25.11.1997 zugestellt.

In der am 17.12.1997 bei der erstinstanzlichen Behörde persönlich eingebrachten Berufung führt die Berufungswerberin aus, dass der als Beginn der angeblich unbefugten Gewerbeausübung angeführte "22.9.1997" jener Tag sei, an dem die Firmenbuchänderung durch den Notar Dr Wi in H erfolgt sei, von einer Gewerbeausübung jedoch keine Rede sein könne, da die Renovierung des Betriebes erst in Angriff genommen worden sei. Weiters führt die Berufungswerberin aus, dass die B-OEG bis September 1997 als Kaffeerestaurant in Wien, E-Stadion, etabliert gewesen sei. Christine B habe wegen schwerster Krankheit ihrer Mutter den Betrieb aufgeben müssen und habe diesen in den 15. Bezirk verlegt. Gleichzeitig sei die Firma in A-KEG umgewandelt und die Betriebsform auf Buffet geändert worden. Diese Meldungen seien dem MBA 2 im Oktober gemeldet worden. Die Übermittlung des Aktes habe sich deshalb verzögert, weil der Gewerbeschein in Verlust geraten sei. Beim MBA 15 seien diese Meldungen am 20.11.1997 erstattet worden. Es handle sich somit nicht um eine unbefugte Gewerbeausübung, sondern allenfalls lediglich um eine verspätet eingebrachte Standortverlegungs-Anzeige. Auch sei in der Begründung des Straferkenntnisses ausgeführt worden, dass die Verantwortliche zwar vorgeladen worden sei, um die ihr zur Last gelegte Tat zur Kenntnis und hiezu Stellung zu nehmen. Die Berufungswerberin sei jedoch wegen Arbeitsüberlastung unabkömmlich gewesen und habe sich auch beim Strafreferenten deswegen entschuldigt. Dieser habe ihr gesagt, dass zur Zeit alles in Ordnung sei, da die entsprechenden Meldungen (Standortverlegung, Firmenwortlautänderung, Betriebsformänderung) bereits dem MBA 15 zur Kenntnis gebracht worden seien. Zur Versäumung der Berufungsfrist brachte die Berufungswerberin vor, dass sie zur fraglichen Zeit nicht an ihrem Wohnort in Wien, W-Platz, wohnhaft gewesen sei und den Bescheid erst am 15.12.1997 behoben habe.

Am 11.1.1999 fand vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat Wien eine öffentliche mündliche Verhandlung statt, in der die Berufungswerberin als Partei und Herr Heinrich Ar, Organwalter der Magistratsabteilung 59, als Zeuge einvernommen und der Gewerbeakt zur RegZl 13.908/g/2 verlesen wurde. Seitens der Berufungswerberin wurde auf die Verkündung des Berufungsbescheides verzichtet.

In rechtlicher Hinsicht ergibt sich folgendes:

Vorweg wird festgehalten, dass die am 17.12.1997 persönlich bei der erstinstanzlichen Behörde überreichte Berufung gegen das am 25.11.1997 hinterlegte und nunmehr angefochtene Straferkenntnis als rechtzeitig eingebracht anzusehen ist, da die Berufungswerberin sowohl durch die mit Schreiben vom 2.1.1998 vorgelegte Bestätigung ihrer Mutter als auch in der mündlichen Verhandlung vom 11.1.1999 glaubhaft dargetan hat, dass sie sich in der Zeit vom 23.11.1997 bis 14.12.1997 in W und nicht an ihrer Wohnadresse in Wien, W-Platz, aufgehalten und das gegenständliche Straferkenntnis gleich am nächsten Tag nach ihrer Rückkehr, am 15.12.1997, beim Postamt behoben habe.

In der Sache selbst brachte die Berufungswerberin vor, dass der Betrieb im Standort Wien, S-Straße, am 1.10.1997 aufgenommen worden sei; am 1.10.1997 sei das Lokal aufgesperrt worden. Die ausgeschenkten Getränke und verabreichten Speisen entsprachen jenen, die in der Anzeige vom 17.10.1997 angeführt seien. Derzeit sei der Betrieb ruhend gemeldet. Sie habe damals mehrmals urgiert und hätte es damals geheißen, dass es sich verzögern werde, da der Gewerbeschein in Verlust geraten und die Sache in Arbeit sei. Der Zeuge Heinrich Ar gab an, dass er sich an die gegenständliche Erhebung vom 14.10.1997 im Großen und Ganzen noch erinnern könne. Er habe damals Frau A angetroffen und sie gefragt, wer nun die gegenständliche Betriebsanlage, die vor der Übernahme als Eissalon betrieben worden sei, betreibe und habe ihm Frau A damals gesagt, dass dies die A-KEG sei. In seinen handschriftlichen Notizen habe er als Beginn des Betriebes die Angabe "seit letzter Septemberwoche" festgehalten. Das müsse ihm Frau A damals gesagt haben, weil er sie danach gefragt habe. Seine diesbezügliche Frage habe gelautet, seit wann die Betriebsanlage geöffnet sei. Seiner Einschätzung nach sei die Betriebsart, in der das Gastgewerbe dort ausgeübt worden sei, "Eissalon". Da Frau A ihm damals gegenüber erklärt habe, sie wolle das als "Eiskaffee" mit Frühstück und kleinen Speisen führen, da sie sonst nicht über den Winter käme, es eine solche Betriebsart aber nicht gebe, habe er damals als Betriebsart "Kaffee-Konditorei" angegeben. Von der Ausstattung und Einrichtung her habe sich der Betrieb jedoch als "Eissalon" dargestellt. Die in der Anzeige angeführten Getränke und Speisen habe er von den auf den Tischen befindlichen kleinen Getränke- und Speisekarten übernommen und habe es sich dabei um eine Auswahl der angebotenen Getränke und Speisen gehandelt. Torten und Mehlspeisen seien nicht angeboten worden. Über Befragen durch die Berufungswerberin gab der Zeuge Ar weiters an, es sei richtig, dass er damals gewusst habe, dass der Vorbesitzer der gegenständlichen Betriebsanlage, Herr T, zugesperrt gehabt habe, weshalb er sie auch gefragt habe, wer der neue Betreiber sei. Den "22.9.1997" habe er aufgrund der Angaben "letzte Septemberwoche" angenommen. Hätte Frau A gesagt, seit "1.10.1997" so hätte er dies festgehalten.

Dem Gewerbeakt zur RegZl 13.908/g/2 ist zu entnehmen, dass die B-OEG seit 20.11.1996 zur Ausübung des Gastgewerbes in der Betriebsart eines Kaffeerestaurants im Standort Wien, E-Stadion berechtigt war. Als gewerberechtliche Geschäftsführerin ist Frau Waltraud Wa angezeigt. Die B-OEG hatte das Ruhen der Ausübung dieses Gewerbes vom 31.7.1997 bis zur Wiederaufnahme am 1.10.1997 angezeigt gehabt. Mit Schreiben vom 18.11.1997, beim Magistratischen Bezirksamt für den 15. Bezirk eingebracht am 20.11.1997, wurde seitens der B-OEG die Standortverlegung des "Kaffee-Restaurants" von Wien, E-Stadion nach Wien, S-Straße, angezeigt. Gleichzeitig wurde auch die Änderung des Firmenwortlautes auf A-KEG sowie die Änderung der Betriebsart vom "Kaffee-Restaurant" auf "Buffet" angezeigt. Erst mit dem weiteren Schreiben vom 24.11.1997 ersuchte die B-OEG um Ausstellung eines Duplikates ihres Gewerbescheines, da dieser in Verlust geraten und unauffindbar sei.

In rechtlicher Hinsicht ergibt sich folgendes:

Gemäß § 366 Abs 1 Z 1 GewO 1994 begeht eine Verwaltungsübertretung, die nach dem Einleitungssatz dieser Gesetzesstelle mit Geldstrafe bis zu S 50.000,-- zu bestrafen ist, wer ein Gewerbe ausübt, ohne die erforderliche Gewerbeberechtigung erlangt zu haben.

Gemäß § 124 Z 8 GewO 1994 ist das Gastgewerbe ein nicht bewilligungspflichtiges gebundenes Gewerbe.

Gemäß § 142 Abs 1 GewO 1994 bedarf es einer Gewerbeberechtigung für das Gastgewerbe für die Verabreichung von Speisen jeder Art und den Verkauf von warmen und angerichteten kalten Speisen (Z 2), den Ausschank von alkoholischen Getränken und den Verkauf dieser Getränke in unverschlossenen Gefäßen (Z 3) und den Ausschank von nichtalkoholischen Getränken und den Verkauf dieser Getränke in unverschlossenen Gefäßen (Z 4).

Gemäß § 146 GewO 1994 darf ein Gastgewerbe nur entsprechend der in der Gewerbeanmeldung bezeichneten Betriebsart ausgeübt werden. Die Nichtbeachtung des § 146 GewO 1994 ist eine unbefugte Gewerbeausübung und gemäß § 366 Abs 1 Z 1 GewO 1994 strafbar (vgl Kinscher/Sedlak, GewO, 6. Auflage, Anm zu § 146).

Aufgrund der Ergebnisse des durchgeführten Beweisverfahrens wird als erwiesen festgestellt, dass die A-KEG jedenfalls vom 1.10.1997 bis 14.10.1997 in Wien, S-Straße, durch den Ausschank und die Verabreichung der im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses angeführten Getränke und Speisen das Gastgewerbe in der Betriebsart eines Buffets ausgeübt hat. Die A-KEG war jedoch zu diesem Zeitpunkt lediglich zur Ausübung des Gastgewerbes in der Betriebsart eines Kaffeerestaurants im Standort Wien, E-Stadion berechtigt, nicht aber zur Ausübung des Gastgewerbes in der Betriebsart eines Buffets. Die diesbezügliche Änderung der Betriebsart von Kaffeerestaurant auf Buffet erfolgte erst durch die am 20.11.1997 erstattete Anzeige gemäß § 147 GewO 1994. Hinsichtlich des Beginns der in Rede stehenden Gewerbeausübung mit 1.10.1997 folgte die Berufungsbehörde den Angaben der Berufungswerberin, die auch im Einklang mit der diesbezüglichen Anzeige der Wiederaufnahme der gewerblichen Tätigkeit im Standort Wien, S-Straße, stehen, wobei diesbezüglich auch zu berücksichtigen war, dass der Zeuge Ar lediglich aufgrund der anlässlich der Erhebung vom 14.10.1997 seitens der Berufungswerberin gemachten Angaben "seit der letzten Septemberwoche" als Beginn der in Rede stehenden Gewerbeausübung den "22.9.1997" angenommen hat, mit dieser Angabe nicht nur der 22.9.1997, sondern auch die mit dem 29.9.1997 beginnende Woche gemeint sein konnte.

Der Berufung war jedoch aus folgendem Grund Folge zu geben:

Gemäß § 370 Abs 2 GewO 1994 sind Geldstrafen, wenn die Bestellung eines Geschäftsführers angezeigt oder genehmigt wurde, gegen den Geschäftsführer zu verhängen.

Wenn eine gewerberechtlich nicht gedeckte Tätigkeit im sachlichem Zusammenhang mit einer durch eine vorhandene Gewerbeberechtigung gedeckten Tätigkeit steht, trifft die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortung für die unbefugte Tätigkeit den gewerberechtlichen Geschäftsführer (vgl ua VwGH 21.3.1995, 94/04/0249). Da die gegenständliche unbefugte Ausübung des Gastgewerbes in der Betriebsart Buffet in einem solchen sachlichen Zusammenhang mit der im Tatzeitraum vorhandenen Gewerbeberechtigung für das Gastgewerbe in der Betriebsart eines Kaffeerestaurants zur RegZl 13.908/g/2 steht, trifft die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortung für die in Rede stehende unbefugte Gastgewerbeausübung nicht die Berufungswerberin, sondern die im Tatzeitraum bestellte und angezeigte gewerberechtliche Geschäftsführerin, Frau Waltraud Wa, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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