TE UVS Steiermark 1999/01/12 30.10-115/98

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Veröffentlicht am 12.01.1999
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Karin Clement über die Berufung des Herrn F B, wohnhaft in S 9, K, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Mürzzuschlag vom 19.11.1998, GZ.:

15.1-1996/3177, wie folgt entschieden:

Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im folgenden VStG) wird der Berufung Folge gegeben, und das Verfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG eingestellt.

Text

Mit dem aus dem Spruch ersichtlichen Straferkenntnis wurde dem Berufungswerber zur Last gelegt, er habe, wie anläßlich einer Erhebung durch ein Organ der Forstaufsichtsstation K am 19.6.1996 festgestellt worden ist, im Frühjahr 1996 in seinen Waldungen in  K, S 9, entlang der Forststraße "B", G , Schwemmist bzw. Gülle ausgebracht und sei dadurch eine Waldverwüstung herbeigeführt worden, obwohl die Ablagerung von Klärschlamm auf Waldboden eine Waldverwüstung darstellt und daher verboten sei.

Der Berufungswerber habe dadurch die Rechtsvorschriften des § 16 Abs 2 lit d ForstG verletzt und wurde wegen dieser Verwaltungsübertretung eine Geldstrafe von S 1.000,-- (24 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe) gemäß § 174 Abs 1 lit a Z 3 ForstG verhängt.

Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung, mit welcher im wesentlichen ausgeführt wird, daß aus dem Forstgesetz klar hervorgehe, daß Düngung mit Bodenuntersuchung erlaubt sei, Düngung ohne

Bodenuntersuchung jedoch eine Waldverwüstung darstelle. Im § 16 ForstG komme das Wort oder der Begriff "Gülle" kein einziges Mal vor, sehr zum Unterschied vom Klärschlamm. Es wird daher um Aufhebung der Strafverfügung (richtig wohl Straferkenntnis) ersucht.

Da bereits aufgrund der Aktenlage ersichtlich ist, daß der angefochtene Bescheid aufzuheben ist, konnte gemäß § 51 e Abs 1 VStG die Anberaumung einer öffentlichen, mündlichen Verhandlung unterbleiben. Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark geht von folgender rechtlicher Überlegung aus:

Dem Berufungswerber wird zur Last gelegt auf seinem Waldgrundstück entlang der Forststraße "B" in K, S 9 Schwemmist bzw. Gülle ausgebracht zu haben. Die Erstbehörde wertete diesen Vorgang als Waldverwüstung gemäß § 16 Abs 2 lit d ForstG 1975. Gemäß dieser Bestimmung liegt eine Waldverwüstung unter anderem dann vor, wenn durch

Handlungen oder Unterlassungen der Bewuchs offenbar einer flächenhaften Gefährdung, insbesondere durch Wind, Schnee, wildlebende Tiere mit Ausnahme der jagdbaren, unsachgemäße Düngung, Emissionen aller Art, ausgenommen solche gemäß § 47, ausgesetzt wird oder Abfall (wie Müll, Gerümpel, Klärschlamm) abgelagert wird. Die einzelnen Bestimmungen des § 16 ForstG lassen sich nach ihrer Intensität gliedern. Der Tatbestand des § 16 leg. cit. umfaßt nicht nur Handlungen, die eine endgültige Zerstörung des Waldbodens bewirken (arg. Waldboden gänzlich vernichten, Wiederbewaldung unmöglich machen) oder schwerwiegende Schäden herbeiführen (arg. Waldboden wesentlich schwächen). Der Zweck des § 16 leg. cit. liegt vor allem darin, Handlungen zu unterbinden, die eine bloße Gefahr für den Wald darstellen. Das Verbot soll möglichst weit reichen und soll daher bereits wirksam werden, wenn noch keine Schäden eingetreten sind. Waldverwüstung, ausgenommen die Abfallablagerung, ist verwaltungsstrafrechtlich ein Erfolgsdelikt (strafbar ist die dem Täter nachzuweisende fahrlässig oder vorsätzlich verursachte Gefährdung), Ablagerung ist hingegen ein Ungehorsamsdelikt (strafbar ist die dem Täter nachzuweisende Tat, falls der Täter nicht Mangel am Verschulden glaubhaft macht) (vgl. Bobek-Plattner-Reindl, ForstG II.Auflage, Seite 100 f.). Dem Berufungswerber wurde eine Abfallablagerung zur Last gelegt. Da diese Tatbestandsvariante nicht an eine Schädigung oder Gefährdung gebunden ist, geht der Gesetzgeber offenbar von der Vorstellung aus, daß jede größere Ablagerung eine Gefahr für den Wald bedeutet. Das Verbot umfaßt alle möglichen Abfallstoffe, die Aufzählung ist demonstrativ. Ausdrücklich wird neben Müll und Gerümpel die Ablagerung von Klärschlamm genannt, dies mit Rücksicht darauf, daß im Klärschlamm forstschädliche Stoffe (wie Schwermetall) enthalten sind. Klärschlamm ist der bei der Behandlung von Abwasser in Abwasserreinigungsanlagen anfallende Schlamm (vgl. § 7 Abs 1 Steiermärkisches landwirtschaftliches Bodenschutzgesetz, BGBl Nr. 66/1987 i.d.g.F.). Gemäß Gülleverordnung vom 14.12.1987, LGBl Nr. 88/1987 i.d.g.F. ist Gülle ein Gemisch aus Kot- und Harnausscheidungen von Rindern, Schweinen oder Geflügel, auch vermischt mit Wasser, sowie deren natürliche Umwandlungsprodukte. Geringfügige Anteile von Einstreu oder Futterresten gelten nach dieser Verordnung als unerheblich. Der Berufungswerber brachte vor, daß er nach Beratung durch die Land- und Forstwirtschaftskammer seinen Waldboden, welcher eine Unterversorgung von Kalium und Phosphor aufwies, nach einer Bodenuntersuchung mittels Rindergülle düngen wollte. Es ist daher zu prüfen, ob Gülle als Abfall im Sinne des § 16 Abs 2 lit d ForstG zu betrachten ist. Gülle ist jedenfalls keinesfalls dem Klärschlamm gleichzusetzen oder unterzuordnen (siehe obige Definition). Eine Düngung von Waldboden ist generell nicht verboten - lediglich die unsachgemäße Düngung ist als Waldverwüstung zu werten, wenn der Bewuchs einer flächenhaften Gefährdung dadurch ausgesetzt wird. Dazu ist festzuhalten, daß im Zusammenhang mit der Schadstoffdeposition aus Luftverunreinigung öfters generelle Düngeempfehlungen gegeben wurden, jedoch wird davor aus bodenkundlicher Sicht unter Hinweis auf sehr unterschiedliche Bodenzustände und zu erwartende Wirkungen und die Erforderlichkeit von Untersuchungen und Differenzierungen nunmehr in der Literatur gewarnt. Durch die Aufnahme der unsachgemäßen Düngung

Schäden durch möglicherweise verfehlte großflächige Düngungen vorgebeugt werden. Bei diesem Tatbestand muß die Gefährdung jedenfalls ein flächenhaftes Ausmaß durch unsachgemäße Düngung erreichen und zu beachten ist auch, daß das Verbot als Schutzobjekt die Erhaltung des Waldbodens und die Produktionskraft des Waldes sieht, nicht jedoch eine allenfalls gegebene Beeinträchtigung vorhandener Quellen. Diese wären nach dem Wasserrechtsgesetz als Schutzobjekt anzusehen. Es ist daher nunmehr zu prüfen, ob die vom Berufungswerber verwendete Rindergülle - ein Nachweis ob es sich um Schwemmist, also Vermischung mit Hausabwässer, gehandelt hat, wird heute nicht mehr möglich sein - grundsätzlich überhaupt als Dünger angesehen werden kann, was wiederum dafür sprechen würde, daß kein Abfall vorliegt.

Dazu kann § 2 des Düngemittelgesetzes 1994, BGBl Nr. 513/1994 i.d.g.F. herangezogen werden. Danach gehören auch Wirtschaftsdünger zu den Düngemitteln. Wirtschaftsdünger sind tierische Ausscheidungen, Stallmist, Gülle und Jauche, sowie Stroh und ähnliche Reststoffe aus der pflanzlichen Produktion, denen keine Nährstoffe zugesetzt wurden und auf welche die Begriffsbestimmungen des Absatz 1 zutrifft. Bearbeitete Wirtschaftsdünger sind Wirtschaftsdünger, die durch chemische oder technische Verfahren oder Kompostieren verändert wurden. Das Verdünnen mit Wasser, das Belüften, das Durchmischen, sowie das mechanische Zerkleinern gelten nicht als Bearbeitung. Es kann daher davon ausgegangen werden, daß Gülle grundsätzlich als Dünger angesehen werden kann, um das Wachstum von Pflanzen zu fördern, deren Qualität zu verbessern oder den Ertrag zu erhöhen. Dafür spricht im konkreten Fall auch die positive Wirkung, welche die Aufbringung der Gülle im Wald erzielt hat, welche von der Bezirksforstinspektion festgestellt wurde. Im Strafverfahren hier kann jedoch nicht abgeklärt werden, ob die Aufbringung von Rindergülle nachhaltig und langfristig eine richtige Maßnahme zur Verbesserung der Bodenqualität bei einer Unterversorgung mit Kalium und Phosphat darstellt. Diesbezüglich ergebe sich die Möglichkeit der Abklärung durch ein behördliches Gutachten oder einen Feststellungsbescheid (siehe § 173 ForstG). Da jedoch dem Berufungswerber tatbestandsmäßig auch gar nicht ein Erfolgsdelikt, also eine Übertretung wegen unsachgemäßer Düngung, zur Last gelegt wurde, sondern das Ungehorsamsdelikt der Abfallablagerung, wird aus der Zusammenschau des bisher Gesagten bemerkt, daß Gülle kein Abfall (Klärschlamm) ist. Auch ist die Aufbringung von Gülle am Waldboden im § 16 Abs 2 lit d ForstG nicht ausdrücklich als unsachgemäße Düngung bezeichnet worden, da Gülle grundsätzlich als Düngemittel (für den Waldboden) in Frage kommt und somit eine Düngung des Waldbodens nicht grundsätzlich verboten ist. Es muß lediglich auf die unterschiedlichen Bodenzustände und die zu erwartenden Wirkungen bei einer Düngung Rücksicht genommen und vor allem der Bewuchs von einer offenbaren flächenhaften Gefährdung bewahrt werden.

Daraus folgt, daß spruchgemäß zu entscheiden war.

Schlagworte
Waldverwüstung Gülle Abfall Klärschlamm Düngung
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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