TE UVS Niederösterreich 1999/01/14 Senat-PL-97-319

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Veröffentlicht am 14.01.1999
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Spruch

Der Berufung wird gemäß §66 Abs4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) Folge gegeben, der angefochtene Bescheid behoben und das Verwaltungsstrafverfahren nach §45 Abs1 Z3 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) eingestellt.

Text

Mit Straferkenntnis vom 23.10.1997, Zl 3-****-97, erkannte die Bezirkshauptmannschaft xx die Berufungswerberin schuldig, eine Übertretung nach §1 iVm §12 Abs1 Z2 NÖ Wasserleitungsanschlußgesetzes 1978 begangen zu haben.

 

Gemäß §12 Abs2 litc und Abs3 litc NÖ Wasserleitungsanschlußgesetz wurde eine Geldstrafe in der Höhe von S 400,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 24 Stunden) verhängt.

 

Gemäß §64 Abs1 und 2 VStG wurde der Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens erster Instanz mit S 40,-- festgesetzt.

 

Im Spruch des angefochtenen Bescheides wird der Berufungswerberin zur Last gelegt, daß sie zu verantworten habe, daß am 5.2.1997 der Wasserbedarf in dem Gebäude auf ihrer Liegenschaft in **** T*********, L******** , KG W**** ** *** *******, im Versorgungsbereich der Wasserversorgungsanlage der Stadt T********** nicht ausschließlich aus dieser Wasserversorgungsanlage gedeckt worden sei, obwohl für dieses Gebäude Anschlußzwang nach dem NÖ Wasserleitungsanschlußgesetz 1978 bestehen würde.

 

In der fristgerecht wegen Schuld und Strafe erhobenen Berufung wird im entscheidungsrelevanten Zusammenhang im wesentlichen vorgebracht, daß nach der Wasserleitungsordnung des Bürgermeisters der Stadt T********* und nach §2 Abs1 Z1 NÖ Wasserleitungsanschlußgesetz 1978 der Anschlußzwang nicht für Liegenschaften bestehe, deren Wasserbedarf durch eine zum Zeitpunkt der Inbetriebnahme der öffentlichen Wasserversorgungsanlage bereits bestehende Wasserversorgungsanlage gedeckt werde, wenn deren Weiterbenützung gesundheitlich nicht gefährden könne.

 

Es wurde die Behebung des angefochtenen Straferkenntnisses und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens beantragt.

 

Es wird festgestellt:

 

Gemäß §44a Z1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten.

 

§44a Z1 VStG beinhaltet es das sogenannte "Konkretisierungsgebot"

 

Demnach ist es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, daß eine eindeutige Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und die Identität der Tat nach Ort und Zeit unverwechselbar feststeht.

 

"Unverwechselbares Feststehen der Identität der Tat" bedeutet, daß im Spruch eines Straferkenntnisses, genauer in der Tatumschreibung, dem Beschuldigten die Tat insoweit in konkretisierter Umschreibung zum Vorwurf zu machen ist, daß dieser rechtlich in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um diesen widerlegen zu können und muß er geschützt werden, wegen selbigen Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.

 

Das Ausmaß der vom Gesetz gebotenen "notwendigen Konkretisierung" ist nicht isoliert zu betrachten und hängt vom einzelnen Tatbild ab.

 

Gemäß §1 Abs1 NÖ Wasserleitungsanschlußgesetz 1978 ist der Wasserbedarf in Gebäuden mit Aufenthaltsräumen im Versorgungsbereich (§8 Abs2 Z1 legcit) eines gemeinnützigen öffentlichen Wasserversorgungsunternehmens nach Maßgabe der Bestimmungen dieses Gesetzes ausschließlich aus dieser Wasserversorgungsanlage zu decken (Anschlußzwang).

 

Gemäß §2 Abs1 Z1 dieses Gesetzes besteht der Anschlußzwang im Sinne des §1 legcit nicht für Liegenschaften, deren Wasserbedarf durch eine zum Zeitpunkt der Inbetriebnahme der öffentlichen Wasserversorgungsanlage bereits bestehenden eigenen Wasserversorgungsanlage gedeckt wird, wenn deren Weiterbenützung die Gesundheit nicht gefährden kann.

 

Gemäß §2 Abs2 legcit hat die Behörde auf Antrag des Liegenschaftseigentümers mit Bescheid festzustellen, ob im Sinne des Abs1 legcit der Anschlußzwang nicht besteht.

 

Gemäß §2 Abs3 legcit hat in einem solchen Fall der Liegenschaftseigentümer gleichzeitig mit dem Antrag einen näher normierten Wasseruntersuchungsbefund vorzulegen.

 

§1 Abs2 der Verordnung des Bürgermeisters der Stadtgemeinde T********* vom 31.10.1990 normiert bezüglich des im §1 Abs1 selbiger näher umschriebenen Versorgungsbereiches, zu welchem die gegenständliche Liegenschaft gehört, Anschlußzwang.

 

Die gegenständliche Wasserversorgungsanlage wurde in der Zeit 1994 bis 1996 errichtet.

 

Sofern nicht eine im §1 Abs3 dieser Verordnung angeführte Ausnahme gegeben ist, werden Mißachtungen der gebotenen Verhaltensweisen zu Verwaltungsübertretungen nach §12 Abs1 Z1 des NÖ Wasserleitungsanschlußgesetzes 1978 erklärt.

 

Im §1 Abs3 Z1 dieser Verordnung wird §2 Abs1 Z1 des NÖ Wasserleitungsanschlußgesetzes 1978 wortident wiedergegeben.

 

Im §1 Abs4 der vorgenannten Verordnung ist geregelt, daß bei Strittigkeit des Anschlußzwanges der Eigentümer der betroffenen Liegenschaft von der Gemeinde eine bescheidmäßige Feststellung verlangen kann und hat er im Fall, daß er sich auf eine Ausnahme vom Anschlußzwang im Sinn des §1 Abs3 Z1 leg cit beruft, den Nachweis darüber vorzulegen, daß die Weiterbenützung der bestehenden eigenen Wasserversorgungsanlage die Gesundheit nicht gefährden kann.

 

Bereits im Strafverfahren erster Instanz hat sich die Rechtsmittelwerberin auf eine Ausnahme vom Anschlußzwang an die gegenständliche Wasserversorgungsanlage berufen.

 

Der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses, die Tatumschreibung, wird insofern nicht §44a Z1 VStG gerecht, als es im Hinblick auf den behaupteten Sachverhalt - nämlich den Bestand einer Hauswasserversorgungsanlage vor Errichtung der Wasserversorgungsanlage des gemeinnützingen öffentlichen Wasserversorgungsunternehmens -, welchem Vorbringen wohl Richtigkeit zukommen dürfte, der Anlastung bedurft hätte, daß zum Zeitpunkt der Tatanlastung überhaupt Anschlußzwang - dies zB wegen möglicher Gesundheitsgefährdung bei Weiterverwendung der gegenständlichen Hauswasserleitung oder Nichteinhaltung der Verfahrensbestimmung des §1 Abs4 der Verordnung des Bürgermeisters der Stadtgemeinde T********* - überhaupt bestanden hat.

 

Im Hinblick auf den Umstand, daß innerhalb der Frist des §31 Abs2 VStG, dies gerechnet vom Zeitpunkt der Anlastung des inkriminierten Verhaltens an, dem Strafakt erster Instanz eine Verfolgungsverhandlung nicht zu entnehmen ist, durch welche das angelastete Verhalten mit der erforderlichen Konkretheit nach außen hin in Erscheinung getreten ist, ist im Gegenstand Verfolgungsverjährung eingetreten und hätte eine Bestrafung nicht mehr erfolgen dürfen.

 

Eine Verhandlung konnte gemäß §51e Abs1 VStG entfallen.

 

Es war spruchgemäß zu entscheiden.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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