Hundhalterhaftung
Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Salzburg erläßt durch das Senatsmitglied Dr. Ursula Bergmüller-Hannak über die Berufung der J-S in W, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. K in W, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung vom 18.05.1998, Zahl 6/369-19108-1996, folgendes Erkenntnis:
Gemäß § 66 Abs 4 AVG iVm § 24 VStG wird der Berufung Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 2 leg cit eingestellt.
Begründung:
Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wird der Beschuldigten vorgeworfen, sie sei schuldig, eine Verwaltungsübertretung nach §§ 4 Abs 1 lit c StVO iVm 99 Abs 2 lit a StVO begangen zu haben, weil sie am 28.7.1996 um 15.15 Uhr im Gemeindegebiet von St. G in der M Straße nach dem Verkehrsunfall mit Personenschaden, an dem sie durch ihr Verhalten am Unfallsort in ursächlichem Zusammenhang stand, an der Feststellung des Sachverhaltes dadurch nicht mitgewirkt hat, da sie ihre Adresse nicht bekanntgegeben hat.
Wegen dieser Verwaltungsübertretung wurde über die Beschuldigte gemäß § 99 Abs 2 lit a StVO eine Geldstrafe in Höhe von S 2.000,--, im Nichteinbringungsfall eine Ersatzfreiheitsstrafe von 72 Stunden, verhängt.
Gegen dieses Straferkenntnis hat die Beschuldigte fristgerecht berufen und in der Berufung unter anderem ausgeführt, nach einem Urteil des Bezirksgerichtes Wien, Innerer Stadt, sei nicht sie sondern ihr Ehegatte, Herr W, zum Vorfallszeitpunkt Halter des Hundes gewesen, und habe dieser die Aufsicht vernachlässigt.
Der gefertigte Senat hat den Akt des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien, Zahl 14 U 150/97v, angefordert, und ergibt sich aus diesem im Zusammenhang mit dem dazugehörigen Berufungsakt des Landesgerichtes für Strafsachen Wien folgendes:
Mit mittlerweile rechtskräftigem Urteil des Bezirksgerichtes Innerer Stadt Wien vom 11.3.1998, Zahl 14 U 150/97v, wurde die Beschuldigte wegen § 88 Abs 1 StGB mit der Begründung freigesprochen, zum inkriminierten Zeitpunkt sei nicht sie, sondern ihr Ehegatte alleiniger Halter des gegenständlichen Hundes, einer Labrador-Retriver-Mischung, gewesen.
Mit Berufungsurteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 12.8.1998, Zahl 13 b Bl 410/98 wurde der Ehegatte der Beschuldigten, Herr W, bezogen auf den gegenständlichen Vorfall des Vergehens der fahrlässigen Körperverletzung nach § 88 Abs 1 StGB als alleiniger Hundehalter verurteilt.
Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Salzburg hat in einer gemäß § 51c VStG durch ein Einzelmitglied zu treffenden Entscheidung folgendes erwogen:
Alle Personen, deren Verhalten am Unfallsort gemäß § 4 Abs 1 lit c StVO mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang steht, haben an der Feststellung des Sachverhaltes mitzuwirken.
Normadressat der gegenständlichen Bestimmung ist naturgemäß ein menschliches Lebewesen, nicht aber ein Tier. Diese - nach dem Gesetz gebotene - Auslegung hat aber keine andere Konsequenz als die, daß im Falle der Verursachung eines Verkehrsunfalles durch ein Tier dessen Halter, sofern einer existiert, ebenso in die Verantwortung gezogen werden kann.
Aus diesen Erwägungen hat die Erstinstanz wohl die Beschuldigte wegen Übertretung des § 4 Abs 1 lit c geahndet und bestraft.
Zwischenzeitig wurde jedoch die Beschuldigte im gerichtlichen Strafverfahren wegen des Vergehens der fahrlässigen Körperverletzung gemäß § 88 Abs 1 StGB zusammengefaßt im wesentlichen mit der Begründung freigesprochen, seinerzeit sei nicht sie, sondern deren Ehemann Halter des Hundes gewesen.
An diese - mittlerweile rechtskräftige Entscheidung - des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien ist der Verwaltungssenat gebunden.
Resultierend daraus kann - unter Zugrundelegung der vorangeführten Erwägungen zum Normadressaten nach § 4 Abs 1 lit c StVO - gegenständlich nicht die Beschuldigte als Verursacherin des Verkehrsunfalles, bei dem Radfahrer durch Hundebisse verletzt wurden, im Sinne des § 4 Abs 1 lit c StVO angesehen werden, sondern ist dies vielmehr deren Ehegatte, Herr W.
§ 4 Abs 1 lit c StVO kann nämlich nicht soweit interpretiert werden, daß die bloße Anwesenheit in der Nähe eines Verkehrsunfalles ohne jegliche Kausalität - und sei es auch als Hundehalter - genügt, um den Verpflichtungen der zitierten Bestimmung unterworfen zu sein.
Demzufolge war die erstinstanzliche Entscheidung zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren zur Einstellung zu bringen.