Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Erich Kundegraber über die Berufung des Herrn Hanspeter F, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Radkersburg vom 25. März 1998, GZ.:
15.1 1997/2879, wie folgt entschieden:
Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im folgenden VStG) wird die Berufung in beiden Punkten dem Grunde nach abgewiesen und der Höhe nach insofern stattgegeben, als pro Punkt die Geldstrafe auf S 300,-- (im Uneinbringlichkeitsfall je 16 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe) reduziert wird.
Gemäß § 64 VStG vermindern sich daher die Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens der Behörde erster Instanz auf S 60,--
.
Im Sinne des § 44 a Z 2 VStG wird die Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, insofern richtiggestellt, als dies jeweils der § 2 Abs 1 in Verbindung mit § 24 Abs 1 Z 1 Paßgesetz 1992, BGBl. Nr. 839/1992 in der Fassung der Paßgesetznovelle 1995, BGBl. Nr. 507 darstellt.
Weiters wird der Spruch insofern richtiggestellt, als die Strafsanktionsnorm im Sinne des § 44 a Z 3 VStG jeweils der § 24 Abs 1 Z 1 Paßgesetz 1992, BGBl. Nr. 839/1992 in der Fassung der Paßgesetznovelle 1995, BGBl. Nr. 507 ist.
Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Berufungswerber vorgeworfen, er habe "am 27.09.1997 um 12.50 Uhr in Bad Radkersburg, bei der Grenzkontrollstelle,
1. anläßlich der Ausreise aus dem Bundesgebiet, die österreichische Bundesgrenze überschritten, ohne im Besitz eines gültigen Reisedokumentes zu sein.
2. Weiters haben Sie am 27.9.1997 um 15.15 Uhr ebenfalls bei der G B R anläßlich der Einreise in das Bundesgebiet, die österreichische Bundesgrenze überschritten, ohne im Besitz eines gültigen Reisedokumentes zu sein"
und haben dadurch im Punkt 1.) und Punkt 2.) eine Verwaltungsübertretung nach § 2 Abs 1 Paßgesetz begangen. Hiefür wurde gemäß § 24 Abs 1 Paßgesetz jeweils eine Geldstrafe von S 500,-- (im Uneinbringlichkeitsfall jeweils eine Ersatzfreiheitsstrafe von 24 Stunden) verhängt und gemäß § 64 VStG die Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens der Behörde erster Instanz mit S 100,-- bestimmt.
Gemäß § 2 Abs 1 Paßgesetz bedürfen österreichische Staatsbürger (Staatsbürger) zur Ausreise aus dem Bundesgebiet und zur Einreise in dieses eines gültigen Reisedokumentes Reisepass (oder Paßersatz), soweit nicht etwas anderes durch zwischenstaatliche Vereinbarungen bestimmt wird oder internationale Gepflogenheiten entspricht. Einem Staatsbürger, der über kein gültiges Reisedokument verfügt, jedoch seine Staatsbürgerschaft und seine Identität glaubhaft machen kann, darf, unbeschadet seiner Verantwortlichkeit nach § 24 Abs 1, die Einreise nicht versagt werden.
Gemäß § 24 Abs 1 Z 1 leg. cit. begeht eine Verwaltungsübertretung derjenige, der rechtswidrig ein- oder ausreist (§ 2), sofern die Tat nicht eine gerichtlich strafbare Handlung darstellt und ist mit einer Geldstrafe bis zu S 30.000,-- oder mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Wochen zu bestrafen. Im Wiederholungsfall sind bei Vorliegen erschwerender Umstände Geldstrafen und Freiheitsstrafen nebeneinander zu verhängen. Unbestritten ist sowohl vom Berufungswerber als auch von sämtlichen Zeugen, daß der Berufungswerber zu den Tatzeitpunkten beim Grenzübergang B R mit einem am 4. September 1997 abgelaufenen Reisepaß in das Bundesgebiet aus-, eingereist ist.
Nach dem Abkommen zwischen der Bundesregierung der Republik Österreich und der Regierung (ehemaligen) Republik Jugoslawien über die Aufhebung der Sichtvermerkspflicht, BGBl. Nr. 365/1965 in der Fassung BGBl. Nr. 117/1983, ist österreichischen Staatsbürgern der Grenzübertritt auch mit einem Reisepaß, dessen Gültigkeit seit weniger als fünf Jahren abgelaufen ist, gestattet. Für Slowenien (ehemaliger Teilstaat Jugoslawiens) gilt dies jedoch nicht, da nach dem Abkommen mit Slowenien BGBl. Nr. 544/1993, ein Grenzübertritt nur mit einem gültigen Reisedokument zulässig ist.
Der Berufungswerber bringt vor, daß er den Grenzbeamten S bei seiner Ausreise darauf hingewiesen habe, daß sein Reisepaß abgelaufen ist und habe ihm der Grenzbeamte erklärt, daß es keinen Zweck hätte auszureisen, da "die Slowenen würden ihn sowieso nicht mehr ausreisen lassen und er daher umdrehen solle". Dessen ungeachtet habe er sich nicht an die "Kann Bestimmung des Grenzbeamten S gehalten" und setzte die Fahrt Richtung slowenischer Grenze fort. Er habe sich danach bei slowenischen Grenzbeamten erkundigt, ob er mit dem abgelaufenen Reisepaß nach Slowenien ein- bzw. ausreisen dürfe und sei ihm das zugesagt worden. Danach habe er die Einreise und Ausreise in Slowenien durchgeführt. Ausdrücklich gibt der Berufungswerber an, daß ihn der Grenzbeamte S bei seiner Ausreise kein "Ausreiseverbot" auferlegt habe.
Gemäß § 5 Abs 1 VStG genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten, wenn eine Verwaltungsvorschrift auf das Verschulden nicht anderes bestimmt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Gemäß Abs 2 leg. cit. entschuldigt Unkenntnis der Verwaltungsvorschrift, der der Täter zuwidergehandelt hat, nur dann, wenn sie erwiesenermaßen unverschuldet ist und der Täter das Unerlaubte seines Verhaltens ohne Kenntnis der Verwaltungsvorschrift nicht einsehen konnte.
Aus rechtlicher Hinsicht ist die Übertretung des § 2 Abs 1 in Verbindung mit § 24 Abs 1 Z 1 Paßgesetz ein Ungehorsamsdelikt im Sinne des § 5 Abs 1 zweiter Satz VStG. Der Berufungswerber macht hiebei einen Rechtsirrtum im Sinne des § 5 Abs 2 VStG geltend, da er vermeint, daß ihm der Grenzbeamte S kein Ausreiseverbot trotz Kenntnis des abgelaufenen Reisepasses erteilt habe und nur mitteilte, daß er Probleme bei der Aus- und Einreise in Slowenien haben werde. Hiezu wird grundsätzlich festgestellt, daß es einem österreichischen Staatsbürger zumutbar sein muß, die Bestimmungen des österreichischen Paßgesetzes, insbesondere bei beabsichtigter Ein- oder Ausreise in das Bundesgebiet zu kennen. Sollte darüber Zweifel bestehen, so ist es am Ein- und Ausreisewilligen gelegen sich darüber bei den entsprechenden Stellen zu informieren. Allein die Tatsache, daß der Grenzbeamte S bei der Ausreise aus dem Bundesgebiet kein "Ausreiseverbot" ausgesprochen hat, läßt noch nicht auf eine entschuldbare Handlung des Berufungswerbers schließen und daß sich der Berufungswerber beim Grenzbeamten S über die für Österreich gültigen Aus- und Einreisebestimmungen mit der Republik Slowenien erkundigt hat, wird von ihm selbst nicht behauptet, sondern gibt der Berufungswerber an, daß ihm der Grenzbeamte ausschließlich über die Aus- und Einreise in die Republik Slowenien Auskunft erteilt habe. Auch wenn auf Grund dieser Umstände der Berufungswerber im guten Glauben war, in die Republik Österreich trotz abgelaufenen Reisepasses aus- bzw. einzureisen, so stellt dies keinen Schuldausschließungsgrund dar, weil es die Sache des Berufungswerbers gewesen wäre, sich mit den einschlägigen Vorschriften des Paßgesetzes vertraut zu machen - und wie schon oben angeführt - sich bei Zweifel bei der zuständigen Behörde zu erkundigen gehabt hätte (VwGH 16.5.1973, 1131/72; 16.12.1986, 86/04/0133 u.a.). Da sich somit der Berufungswerber nicht über die Aus- und Einreisebestimmungen in die Republik Österreich mit einem abgelaufenen Reisepaß erkundigt hat, sondern auf Grund des Gespräches mit dem Grenzbeamten S im guten Glauben war, dies durchzuführen, hat er zumindest in fahrlässiger Weise die Übertretungen des Paßgesetzes zu verantworten.
Gemäß § 19 Abs 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.
Die Bestimmung des § 2 Abs 1 Paßgesetz bezweckt die ordnungsgemäße Überprüfung und Durchführung einer Ein- und Ausreise eines österreichischen Staatsbürgers. Durch die Aus- und Einreise nach Slowenien mit einem abgelaufenen Reisepaß hat der Berufungswerber den Schutzzweck, wenn auch in fahrlässiger Weise verletzt und war daher mit einer Herabsetzung der Strafe vorzugehen.
Gemäß § 19 Abs 2 VStG war noch zu prüfen, ob Erschwerungs- und Milderungsgründe vorliegen, bei deren gegenseitiger Abwägung eine Strafmilderung möglich wäre.
Es wurden weder Erschwerungs- noch Milderungsgründe gewertet. Die verhängten Strafen sind auch den Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnissen (monatliches Nettoeinkommen S 20.000,--, Sorgepflicht für Gattin und zwei Kinder, vermögenslos) angepaßt.
Dem Antrag des Berufungswerbers auf Stattgebung der Berufung war daher aus oben angeführten Gründen kein Erfolg beschieden.