Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Erik Hanel über die Berufung des Wolfgang R, vertreten durch die Rechtsanwälte Dr. Arnulf S und Dr. Nikolaus S, gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Leoben vom 3.12.1998, GZ.: S 3008/98, wie folgt entschieden:
Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im folgenden VStG) wird der Berufung Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG eingestellt.
Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Berufungswerber zur Last gelegt, er habe es als Verantwortlicher und somit als zur Vertretung des Zulassungsbesitzers des Kraftfahrzeuges mit dem Kennzeichen, der Firma Wolfgang R, nach außen Berufener unterlassen, der Behörde auf ihr schriftliches Verlangen vom 1.4.1998, zugestellt am 6.4.1998 innerhalb offener Frist von zwei Wochen Auskunft zu erteilen, wer dieses Kraftfahrzeug (Anhänger) am 5.2.1998 um 03.57 Uhr in 8700 Leoben, auf der S 6, bei StrKm 86,625, in Fahrtrichtung Wien gelenkt (verwendet) hat.
Er habe dadurch die Rechtsvorschrift des § 103 Abs 2 KFG verletzt und wurde über ihn eine Geldstrafe in der Höhe von S 1.000,-- (im Uneinbringlichkeitsfall 36 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe) gemäß § 134 KFG verhängt.
In der rechtzeitig eingebrachten Berufung dieses Straferkenntnisses führt der Berufungswerber durch seinen Rechtsvertreter zusammenfassend aus, dass er im ausreichenden Maße dargelegt habe, aus welchen Gründen es ihm nicht möglich gewesen sei, mitzuteilen, welcher seiner Fahrer die Zugmaschine des Anhängers mit dem Kennzeichen zum gegebenen
Tatzeitpunkt gelenkt haben soll. Die Behörde habe es unterlassen, auszuführen bzw. Erhebungen darüber anzustellen, welches Fahrzeug als Zugmaschine eingesetzt war, es seien diesbezüglich von der Behörde keinerlei Erhebungen selbständig getätigt worden, um die gewünschten Informationen zu bekommen. Darüber hinaus sei die Behörde für die Behandlung des gegenständlichen Strafvorwurfes nicht zuständig gewesen, da die - bestrittene - Tathandlung im Ausland gesetzt worden wäre. Es wurde daher der Antrag gestellt, der Berufung Folge zu geben und das wider ihn durchgeführte Strafverfahren einzustellen. Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat als die gemäß § 51 Abs 2 VStG sachlich und örtlich zuständige Behörde der gegenständlichen Entscheidung folgende Überlegungen zugrundegelegt:
Da bereits aus der Aktenlage ersichtlich ist, dass der angefochtene Bescheid aus nachstehenden Gründen zu beheben ist, konnte gemäß § 51e Abs 1 VStG von der Durchführung einer öffentlichen, mündlichen Verhandlung abgesehen werden. Dem Inhalt des vorgelegten Verwaltungsstrafaktes der Bundespolizeidirektion Leoben sind nachstehende Umstände und Verfahrensschritte zu entnehmen:
Mit Schreiben vom 1.4.1998 forderte die Bundespolizeidirektion Leoben (Strafamt) den Berufungswerber "als Halter des Kraftfahrzeuges mit dem amtlichen Kennzeichen" gemäß § 103 Abs 2 KFG auf, der Behörde binnen zwei Wochen ab Zustellung Auskunft darüber zu erteilen, "wer dieses Kraftfahrzeug am 5.2.1998 um 03.57 Uhr" an einem näher genannten Ort in Leoben gelenkt (verwendet)
Höchstgeschwindigkeit für Lastkraftwagen von 60 km/h um 12 km/h - Radar").
Diese Aufforderung wurde dem Berufungswerber am 6.4.1998 zugestellt. In der Folge gab der Berufungswerber der Behörde in einem mit 6.4.1998 datierten Schreiben folgendes bekannt:
Leider können wir ihnen die Lenkerauskunft nicht ausfüllen, da Zuordnung nicht möglich ist. Bei dem Kennzeichen handelt es sich um einen Hänger, wir müssten schon das Kennzeichen der Zugmaschine von ihnen haben."
Mit formularmäßiger Strafverfügung der Bundespolizeidirektion Leoben, Strafamt, vom 23.6.1998 wurde der Berufungswerber als Verantwortlicher und somit als zur Vertretung des Zulassungsbesitzers des Kraftfahrzeuges" mit näher genanntem Kennzeichen nach § 103 Abs 2 KFG bestraft, weil er der Behörde auf ihr schriftliches Verlangen vom 1.4.1998, zugestellt am 6.4.1998, innerhalb der Frist von zwei Wochen "es unterlassen habe, Auskunft zu erteilen, wer dieses Kraftfahrzeug (Anhänger)" am 5.2.1998 um 03.57 Uhr an einem näher genannten Ort "gelenkt (verwendet)" habe.
Gegen diese Strafverfügung erhob der Berufungswerber, mittlerweile rechtsfreundlich vertreten, das Rechtsmittel des Einspruches, indem er ausführte, dass für ihn nicht mehr nachvollziehbar sei, welcher Anhänger an welcher Zugmaschine befestigt worden sei und im übrigen der Tatort für die Verweigerung der Auskunftspflicht im Ausland gelegen sei und daher keine Zuständigkeit der Behörde erster Instanz gegeben gewesen sei. Im übrigen handle es sich nicht um ein Kraftfahrzeug, sondern um einen Anhänger und sei daher der Vorwurf dem geltend gemachten rechtlichen Straftatbestand nicht unterzuordnen.
Ohne weiteren Verfahrensschritt wurde der Berufungswerber mit Straferkenntnis der selben Behörde vom 3.12.1998 wegen Verwaltungsübertretung nach § 103 Abs 2 KFG bestraft, weil er als Verantwortlicher und somit als zur Vertretung des Zulassungsbesitzers des Kraftwagenfahrzeuges" (gemeint wohl: Kraftfahrzeuges) mit näher genanntem Kennzeichen der Behörde auf ihr schriftliches Verlangen innerhalb der Frist von zwei Wochen es unterlassen habe Auskunft zu erteilen, wer dieses Kraftfahrzeug (Anhänger) am 5.2.1998 um 03.57 Uhr" an einem näher genannten Ort "gelenkt (verwendet)" habe. Es wurde über ihn eine Geldstrafe (Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt. Gemäß § 103 Abs 2 1. Satz KFG kann die Behörde Auskünfte darüber verlangen, wer zu einem bestimmten Zeitpunkt ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Kraftfahrzeug gelenkt oder einen dem Kennzeichen nach bestimmten Anhänger verwendet hat bzw. zuletzt vor einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort abgestellt hat.
Im vorliegenden Fall wurde der Berufungswerber als Verantwortlicher und somit als Vertreter des Zulassungsbesitzers eines dem Kennzeichen nach bestimmten "Kraftfahrzeuges" von der Behörde aufgefordert, Auskunft darüber zu erteilen, "wer dieses Kraftfahrzeug" zu einem bestimmten Tatzeitpunkt an einem näher genannten Ort "gelenkt" hat.
Die Anfrage hat unmissverständlich ausschließlich "nach dem Lenker eines Kraftfahrzeuges" mit einem bestimmten Kennzeichen und eben gerade nicht "nach dem Verwender eines Anhängers" gelautet.
Wie schon aus dem Wortlaut des § 103 Abs 2 1. Satz KFG zu ersehen ist, hat sich aber die Anfrage hinsichtlich eines Anhängers darauf zu beziehen, wer zu einem bestimmten Zeitpunkt einen dem Kennzeichen nach bestimmten "Anhänger verwendet hat".
Gemäß § 2 Z 1 KFG gilt als Kraftfahrzeug ein zur Verwendung auf Straßen bestimmtes oder auf Straßen verwendetes Fahrzeug, das durch technisch frei gemachte Energie angetrieben wird und nicht an Gleise gebunden ist, auch wenn seine Antriebsenergie aus Oberleitungen entnommen wird.
Gemäß § 2 Z 2 leg. cit. gilt als Anhänger ein nicht unter Ziffer 1 fallendes Fahrzeug, das nach seiner Bauart und Ausrüstung dazu bestimmt ist, mit Kraftfahrzeugen auf Straßen gezogen zu werden, oder mit einem Kraftfahrzeug auf Straßen gezogen wird. War die behördliche Anfrage nach § 103 Abs 2 KFG unmissverständlich nur auf den Lenker eines dem Kennzeichen nach bestimmten "Kraftfahrzeuges" gerichtet, so kommt eine allfällige Bestrafung des auskunftsverpflichteten Zulassungsbesitzers bzw. dessen Verantwortlichen nur dann in Betracht, wenn sich das von der Behörde dem Kennzeichen nach bestimmte Fahrzeug tatsächlich auf ein Kraftfahrzeug im Sinne des § 2 Z 1 KFG bezieht.
Eine nicht dem Gesetz entsprechende Aufforderung kann die verwaltungsstrafrechtlich sanktionierte Auskunftsverpflichtung des Zulassungsbesitzers im Sinne des § 103 Abs 2 KFG nicht auslösen (siehe hiezu VwGH vom 14.5.1987, 87/02/0052 sowie vom 19.12.1997, 96/02/0569).
Gerade die tatbestandsmäßige Differenzierung im § 103 Abs 2 1. Satz KFG zwischen dem Lenker eines dem Kennzeichen nach bestimmten Kraftfahrzeuges einerseits und dem Verwender eines dem Kennzeichen nach bestimmten Anhängers andererseits verpflichtet die Behörde, jedenfalls eine der Art des verwendeten Fahrzeuges entsprechende Anfrage zu stellen.
Daraus erhellt, dass mit der "Lenkeranfrage" vom 1.4.1998 mangels Existenz eines "Kraftfahrzeuges", das unter dem angefragten Kennzeichen für den Berufungswerber zugelassen wurde, auch keine Auskunftspflicht des Berufungswerbers ausgelöst wurde. Das angefochtene Straferkenntnis war daher schon aus diesem Grund aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren wider den Beschuldigten einzustellen. Ergänzend weist die Berufungsbehörde auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 27.6.1997, 97/02/0220, hin, das klarstellt, dass der Tatort der in Rede stehenden Verwaltungsübertretung in Österreich liegt und daher auch österreichisches Recht anzuwenden ist.