Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied
Dr. Monika Gasser-Steiner über die Berufung des Herrn Alfred S, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Deutschlandsberg vom 25.11.1997, GZ.: 15.1 1997/384, wie folgt entschieden:
Der bekämpfte Strafbescheid wird gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 behoben.
I.) Am 1.11.1996 erstattete das Landesgendarmeriekommando Steiermark, Verkehrsabteilung, eine Anzeige an die Bezirkshauptmannschaft Graz Umgebung, wonach der Lenker des PKW der Marke BMW mit dem Kennzeichen am 31.10.1996 um 21.01 Uhr auf der Südautobahn A 2, Richtungsfahrbahn Wien-Villach, Bezirk Weiz, von Strkm. 165,000 bis Strkm. 165 die dort erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h um etwa 50 km/h überschritten und in der Folge eine 80 km/h Beschränkung mit einer Fahrgeschwindigkeit von 133 km/h durchfahren habe. Mit dem Schreiben vom 7.11.1996 richtete die Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung an den Zulassungsbesitzer des beanstandeten Fahrzeuges ein entsprechendes Lenkerauskunftsverlangen, welches am 11.11.1996 von einem Mitarbeiter der GesmbH an der genannten Zustelladresse übernommen worden ist. Innerhalb der darauf folgenden zwei Wochen langte bei der anfragenden Behörde keine Lenkerauskunft ein. Am 14.1.1997 nahm die Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung eine Abtretung nach § 29 a VStG an die Bezirkshauptmannschaft Deutschlandsberg vor. Die Bezirkshauptmannschaft Deutschlandsberg erteilte am 19.2.1997 dem Gendarmerieposten L den Auftrag, den Lenker des PKW mit dem Kennzeichen zu ermitteln. Die Erhebungen des Gendarmerieposten L am 19.2.1997 und am 21.4.1997 führten zu keinem brauchbaren Ergebnis. Bei seiner Befragung konnte der Berufungswerber keine zweckdienlichen Angaben machen. Am 29.4.1997 setzte die Bezirkshauptmannschaft Deutschlandsberg die erste Verfolgungshandlung gegen Herrn Alfred S als handelsrechtlichen GesmbH und somit als im Sinne des § 9 VStG 1991 zur Vertretung nach außen berufene Person der angeführten GesmbH. Er habe es unterlassen, binnen zwei Wochen nach Zustellung der schriftlichen Aufforderung der Bezirkshauptmannschaft Deutschlandsberg (richtigerweise: Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung) vom 7.11.1996, GZ: 15.1 1996/15273 der Behörde den Namen und die Anschrift jener Person bekannt zu geben, die am 31.10.1996 um 21.01 Uhr das für die S GesmbH zum Verkehr zugelassene Kraftfahrzeug mit dem Kennzeichen (PKW) gelenkt hat. In seiner Eingabe vom 12.5.1997 rechtfertigte sich der Berufungswerber damit, er habe der Behörde mangels entsprechender Unterlagen die Auskunft nicht erteilen können. Für den Fuhrpark der S GesmbH sei seinerzeit ein Fuhrparkleiter zuständig gewesen.
Mit dem nunmehr bekämpften Straferkenntnis wiederholte die belangte Behörde den schon umschriebenen Tatvorwurf; die falsche Behördenbezeichnung wurde richtiggestellt. Wegen Verletzung der Rechtsvorschrift des § 103 Abs 2 KFG verhängte die Behörde über den Berufungswerber gemäß § 134 Abs 1 KFG eine Geldstrafe von S 10.000,-- (bei deren Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 14 Tagen). Am 28.1.1999 konnte dem Berufungswerber der Strafbescheid zugestellt werden. II.) In seiner fristgerecht erhobenen Berufung brachte Herr Alfred S im wesentlichen vor, "zum betreffenden Zeitpunkt" habe sich die Firma S GesmbH in Konkurs befunden. Dem Berufungswerber sei es ausdrücklich untersagt worden, irgendwelche Handlungen für die GesmbH zu setzen. Sämtlich Korrespondenz sei an den zuständigen Masseverwalter Dr. S ergangen. Es mag durchaus stimmen, daß auf Grund des Konkurses eine Reihe von Lenkererhebungen unbeantwortet geblieben seien. Dies sei allerdings ausschließlich Angelegenheit des Masseverwalters gewesen.
Die belangte Behörde wies im Schreiben vom 18.2.1999 daraufhin, daß laut Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates vom 29.7.1997, Zl. UVS 30.14-95/96 das KFZ mit dem Kennzeichen seit dem 6.8.1996 nicht mehr der Konkursmasse zuzurechnen gewesen sei und damit Herrn Alfred S die Auskunftspflicht getroffen habe.
III.) Der Unabhängige Verwaltungssenat ist bei seiner Entscheidung, die im Rahmen einer rechtlichen Beurteilung ohne näheres Eingehen auf das Parteienvorbringen zu erfolgen hat, von nachstehenden Überlegungen ausgegangen:
Gemäß § 103 Abs 2 KFG 1967 kann die Behörde Auskünfte darüber verlangen, wer zu einem bestimmten Zeitpunkt ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Kraftfahrzeug gelenkt oder einen nach dem Kennzeichen bestimmten Anhänger verwendet hat bzw. zuletzt vor einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort abgestellt hat. Diese Auskünfte, welche den Namen und die Anschrift der betreffenden Person enthalten müssen, hat der Zulassungsbesitzer zu erteilen; kann er diese Auskunft nicht erteilen, so hat er die Person zu benennen, die die Auskunft erteilen kann, diese trifft dann die Auskunftspflicht. Die Auskunft ist unverzüglich, im Falle einer schriftlichen Aufforderung binnen zwei Wochen nach Zustellung zu erteilen; wenn eine solche Auskunft ohne entsprechende Aufzeichnungen nicht gegeben werden kann, sind diese Aufzeichnungen zu führen.
Tatort der Verwaltungsübertretung nach § 103 Abs 2 KFG ist ausschließlich der Sitz der anfragenden Behörde. Ersucht die Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung um eine Lenkerauskunft und wird diese vom Zulassungsbesitzer nicht erteilt, so ist zur Führung eines Verwaltungsstrafverfahrens nach § 103 Abs 2 VStG gemäß § 27 Abs 1 VStG die Bundespolizeidirektion Graz örtlich zuständig, weil sich der Sitz der anfragenden Behörde (Tatort) in Graz - somit im Sprengel der Bundespolizeidirektion Graz - befindet (vergl. sinngemäß VwGH vom 10.7.1998, 98/02/0079). Die Übertragung der Zuständigkeit nach § 29 a VStG kann grundsätzlich nur durch die gemäß § 27 Abs 1 VStG örtlich zuständige Behörde erfolgen. Fehlt es - wie hier - an dieser Voraussetzung, so kann ein Übertragungsakt nach dieser Gesetzesstelle den Übergang der Zuständigkeit an die sachlich zuständige Behörde, in deren Sprengel der Beschuldigte seinen Wohnsitz hat, nicht bewirken (VwGH 9.7.1992, 92/10/0006). Im vorliegenden Fall war daher festzustellen, daß die Bezirkshauptmannschaft Deutschlandsberg - mangels einer rechtswirksamen Übertragung durch die örtlich zuständige Behörde (Bundespolizeidirektion Graz) - zur Führung des Strafverfahrens und somit auch zur Erlassung des gegenständlichen Staferkenntnisses unzuständig war. Es war daher der bekämpfte Bescheid zu beheben und
spruchgemäß zu entscheiden.