TE UVS Niederösterreich 1999/03/02 Senat-PL-98-189

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Veröffentlicht am 02.03.1999
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Spruch

Der Berufung wird gemäß §66 Abs4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, Folge gegeben und das erstinstanzliche Straferkenntnis aufgehoben.

 

Gemäß §45 Abs1 Z1 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG, wird die Einstellung des Strafverfahrens verfügt.

Text

Die Bezirkshauptmannschaft xx hat gegen Herrn R***** P**** das Straferkenntnis vom 2. September 1998, Zl 3-*****-97 erlassen. Mit dem Straferkenntnis wird dem Beschuldigten zur Last gelegt, er habe am 21. Oktober 1997 gegen 23.45 Uhr im Stadtgebiet von ** ****** auf der ****** Straße nächst der Kreuzung mit der ***** ************, Fahrtrichtung Westen, das KFZ ** **** gelenkt, obwohl er sich dabei in einem durch Suchtgift beeinträchtigten Zustand befunden habe. Gemäß §99 Abs1b iVm §5 Abs1 StVO 1960 hat die Bezirkshauptmannschaft eine Geldstrafe in Höhe von S 8.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 72 Stunden) ausgesprochen und gemäß §64 Abs2 VStG den Kostenbeitrag zum Verfahren der Bezirkshauptmannschaft mit S 800,-- bestimmt.

 

Gegen diese Entscheidung hat der Beschuldigte, anwaltlich vertreten, fristgerecht Berufung erhoben und wie schon im Verfahren der Bezirkshauptmannschaft geltend gemacht, daß er sich bei der Fahrt keineswegs in einem durch Suchtgift beeinträchtigtem Zustand befunden habe, indem ein bereits länger zurückliegender Konsum von Cannabisharz zwar noch Abbauprodukte hievon im Urin zur Folge hatte, eine konkrete Beeinträchtigung der Fahrtauglichkeit zum Zeitpunkt der Fahrt jedoch nicht gegeben war.

 

Zur Prüfung der medizinischen Sachlage hat der Unabhängigen Verwaltungssenat im Land NÖ den vorliegenden Verwaltungsstrafakt 3-*****-97 der Bezirkshauptmannschaft dem Amt der NÖ Landesregierung, Gruppe Gesundheit und Soziales - Abteilung Gesundheitswesen/Sanitätsdirektion zur Erstattung von Befund und Gutachten ermittelt und wurde folgendes Gutachten vom 19. Februar 1999, GS*-**-0 erstattet:

 

"Der Berufungswerber wurde am 21. Oktober 1997 gegen 21,45 Uhr wegen auffälligen Verkehrsverhaltens - Fahren "in leichten Schlangelinien" - von der Polizei ******** angehalten und einem Alkomattest unterzogen (am 22. Oktober 1997 um 99,02  und 00,03 Uhr), der beide Male einen Atemalkoholwert von 0,0 mg/l erbrachte. Bei dem Angehaltenen wurde auch eine geringe Menge Marihuana gefunden. Zur Feststellung seiner Fahrtüchtigkeit wurde er dem Polizeiamtsarzt Dr. F******* vorgestellt, der auf Grund der von ihm vorgenommenen klinischen Untersuchung bei Herrn P**** keine Beeinträchtigung seiner Fahrtüchtigkeit feststellen konnte, aber eine Harnprobe abnahm, die anschließend auf Suchtgiftabbauprodukte untersucht wurde.

Es stellte sich heraus, dass sich im Harn des Berufungswerbers eine gewisse Menge (113 Mikrogramm pro Liter) Abbauprodukte von Cannabis sativa (Haschisch) nachweisen ließ. Daraufhin stellte ein anderer Polizeiamtsarzt, Dr. G****, fest, dass P**** zum verfahrensgegenständlichen Zeitpunkt nicht fahrtüchtig gewesen sei.

 

Dazu ist festzustellen, daß der Gesetz- und Verordnungsgeber bewusst keine Grenze von harngängigen Suchtgiftabbauprodukten festgelegt hat, ab welcher eine Fahrtüchtigkeit für Kraftfahrzeuge bei einem Untersuchten generell anzunehmen sei - wie das etwa bei der Alkoholbeeinträchtigung geschehen ist. Dies deshalb, weil Suchtgift zwar die Verkehrstüchtigkeit eines Kraftfahrzeuglenkers sehr wohl beeinträchtigen kann, aber der Zusammenhang zwischen Nachweis der Suchtgiftabbauprodukte im Harn und der aktuellen Fahrtüchtigkeit nicht so linear ist wie beim Alkohol. Daher kommt - meiner Ansicht nach im Gegensatz zur Meinung von Dr. G**** - der klinischen Untersuchung des Probanden die Hauptbeweiskraft bei der Beurteilung seiner Fahrtüchtigkeit zu.

 

Wenn also der erst- (und einzig-) begutachtende Polizeiamtsarzt Dr. F******* den klinischen Eindruck hatte, dass Herr P**** trotz dem Besitz einer geringen Menge Marihuanas fahrtüchtig gewesen sei, dann kann man annehmen, dass er das auch tatsächlich war.

   Das Fahren "in leichten Schlangenlinien" kann - außer einer möglichen suchtgiftbedingten Beeinträchtigung des Kfz-Lenkers - auch andere Gründe gehabt haben.

 

Dass R***** P**** am 21. Oktober 1997 gegen 21.45 Uhr wegen eines stattgefundenen Suchtgiftkonsums körperlich oder psychisch nicht in der Lage gewesen sei, ein Kfz ordnungsgemäß zu lenken, ist aus dem Nachweis von Cannabis-Abbauprodukten im Harn (die noch lange nach dem vollkommenen Abflauen der klinischen Wirkung des Cannabis auf den Konsumenten nachweisbar sind) nicht mit der erforderlichen Sicherheit schlüssig nachzuweisen."

 

Nach Ansicht des Unabhängigen Verwaltungssenat im Land NÖ als Berufungsbehörde geht aus dem Gutachten vom 19. Februar 1999, GS*-**-0 deutlich hervor, daß die dem Beschuldigten angelastete Verwaltungsübertretung nicht mit der für eine Verhängung einer Verwaltungsstrafe erweislichen Sicherheit angenommen werden kann, sodaß entsprechend der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes im Zweifel mit Stattgebung der Berufung und Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens spruchgemäß vorzugehen ist.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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