Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Karin Clement über die Berufung des Herrn G M, vertreten durch die Rechtsanwälte Dr. R & P, FGasse 20, G, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Leibnitz vom 3.12.1998, GZ.: 15.1 1995/2325, wie folgt entschieden:
Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im folgenden VStG) i.d.F. BGBl. 1998/158 wird der Berufung Folge gegeben, der angefochtene Bescheid vom 3.12.1998 behoben und das Strafverfahren eingestellt.
Auf Grundlage des vorliegenden Verfahrensaktes der Verwaltungsstrafbehörde erster Instanz ergibt sich für die gemäß § 51 Abs 1 VStG sachlich und örtlich zuständige Berufungsbehörde folgender Sachverhalt:
Über Anzeige der Verkehrsabteilung, Außenstelle Graz-West, vom 24.3.1995 wurde ein Verwaltungsstrafverfahren gegen den Berufungswerber wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 20 Abs 2 StVO eingeleitet und ein Rechtshilfeersuchen um Einvernahme des Beschuldigten an die deutsche Verwaltungsbehörde gestellt. Im Zuge dieser Rechtshilfeeinvernahme legte Rechtsanwältin D H am 20.7.1995 Vollmacht für G M vor und gab bekannt, mit der Wahrnehmung seiner Interessen beauftragt worden zu sein.
Mit Anzeige, eingelangt bei der Bezirkshauptmannschaft Leibnitz am 9.1.1996, gab der Berufungswerber bekannt, in der genau bezeichneten Verwaltungsstrafsache nunmehr die Rechtsanwälte Dr. M R und Dr. W R mit der Vertretung beauftragt zu haben und wurde der Antrag auf Akteneinsicht mit dieser Vertretungsanzeige verbunden.
Danach wurde das Ermittlungsverfahren derart weitergeführt, daß die beiden Meldungsleger, CI T und RI G, einvernommen wurden, anschließend der Berufungswerber persönlich vom Ergebnis der Beweisaufnahme verständigt wurde und daran anschließend das Straferkenntnis zu Handen Dr. D H am 2.12.1996 zugestellt wurde. Am 10.1.1997 brachte der österr. Vertreter Dr. R einen Antrag im Verfahren ein. Ein weiterer Antrag langte am 19.2.1997 ein. Daraufhin legte die Bezirkshauptmannschaft Leibnitz den Akt mit der Bitte um Entscheidung dem Unabhängigen Verwaltungssenat für die Steiermark vor, welcher am 24.4.1997 den Verwaltungsstrafakt mit dem Bemerken rückmittelte, daß keine Berufung vorliege. Mit Schriftsatz vom 13.11.1998 wurde dann die neuerliche Zustellung des Straferkenntnisses durch die Kanzlei Dr. R & P beantragt, welcher mit dem nunmehr bekämpften Bescheid unter Hinweis auf § 9 Abs 2, 2. Satz Zustellgesetz abgewiesen wurde. Da sich die Berufung gegen einen verfahrensrechtlichen Bescheid richtet und keine Partei die Durchführung einer Verhandlung beantragt hat, konnte die Anberaumung einer öffentlichen, mündlichen Verhandlung gemäß § 51 e Abs 3 VStG unterbleiben. Die Berufungsbehörde ist bei ihrer Entscheidung von folgenden Überlegungen ausgegangen:
Gemäß § 9 Abs 1 ZustG (Rechtslage zum Zeitpunkt der Zustellung des Straferkenntnisses) hat die Behörde dann eine Person als Empfänger zu bezeichnen, wenn diese im Inland wohnende Person gegenüber der Behörde zum Empfang von Schriftstücken bevollmächtigt wurde. Geschieht dies nicht, gilt die Zustellung als in dem Zeitpunkt vollzogen, indem das Schriftstück dem Zustellungsbevollmächtigten tatsächlich zugekommen ist. Zum Zeitpunkt der Zustellung des Straferkenntnisses, abgefertigt am 2.12.1996, hat der Berufungswerber die Rechtsanwaltskanzlei Dr. R & P in G mit seiner Vertretung beauftragt gehabt. Die Anzeige dieser Vertretung im vorliegenden Verwaltungsstrafverfahren erfolgte bereits mit Schreiben vom 9.1.1996 an die Erstbehörde. Aus diesem Schreiben geht klar hervor, daß ab diesem Zeitpunkt nunmehr
Berufungswerber vertreten. Aus dieser Vertretungsanzeige ergibt sich nicht, daß hier eine Doppelvertretung gemeinsam mit der deutschen Anwältin D H vorliegt, da das Wort "auch" in der Vertretungsanzeige der Rechtsanwälte R nicht enthalten ist. Das Wort "nunmehr" deutet vielmehr darauf hin, daß ein Vertreterwechsel erfolgt ist. Die Bestimmung des § 9 Abs 2 ZustG, wonach, wenn mehrerer Zustellbevollmächtigte vorhanden sind, die Zustellung bewirkt werden kann, wenn auch nur an einen von ihnen zugestellt wird, ist daher im vorliegenden Fall nicht anwendbar.
Da jedoch das Straferkenntnis an Dr. D H zugestellt wurde und nicht an den Zustellbevollmächtigten des Berufungswerbers nämlich die Kanzlei Dr. R & P, liegt keine rechtswirksame Zustellung des Straferkenntnisses vor, sodaß der angefochtene Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Leibnitz vom 3.12.1998, GZ 15.1 1995/2325, zu beheben war.
Da die strafbare Handlung am 18.3.1995 stattfand, sind seit diesem Zeitpunkt am 18.3.1998 drei Jahre vergangen, sodaß ein Straferkenntnis gemäß § 31 Abs 3 VStG nicht mehr gefällt werden darf. Da somit Strafbarkeitsverjährung eingetreten ist und das Straferkenntnis nicht mehr rechtswirksam an die Vertreter des Berufungswerbers Dr. R & P zugestellt werden kann, war auch das Verfahren spruchgemäß einzustellen.