Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Erich Kundegraber über die Beschwerde des Herrn G P, vertreten durch Frau Mag. Dr. R S, Rechtsanwältin in S, wegen Wegweisung und Verhängung eines Rückkehrverbotes am 10. November 1998, 21.00 Uhr, durch Beamte der Bundespolizeidirektion Graz für die Wohnung des Beschwerdeführers und das Stiegenhaus, G Straße 32, G, gemäß §§ 67 a Abs 1 Z 2, 67 c Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im folgenden AVG) und §§ 38 a und 88 Sicherheitspolizeigesetz (im folgenden SPG), wie folgt entschieden:
Die durchgeführte Wegweisung und der Ausspruch des Rückkehrverbotes war rechtswidrig.
Gemäß § 79 a AVG in Verbindung mit der Aufwandersatzverordnung UVS, BGBl. Nr. 855/1995 hat die Bundespolizeidirektion Graz dem Beschwerdeführer die Kosten des Verfahrens in der Höhe von S 18.920,-- binnen vier Wochen ab Zustellung des Bescheides bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
I.1. In der beim Unabhängigen Verwaltungssenat für die Steiermark am 18. November 1998 eingelangten Beschwerde wurde nachfolgendes vorgebracht:
1. Sachverhaltsdarstellung:
Der Beschwerdeführer kam am 10.11.1998 gegen 19.00 Uhr nach einer Dienstbesprechung in die Ehewohung G Straße 32, G. Der Sohn des Beschwerdeführers, mj. C P, begrüßte diesen kurz und verschwand wieder in das Schlafzimmer, wo er gemeinsam mit der Mutter A P fernschaute. A P erwiderte wie schon seit Monaten den Gruß des Beschwerdeführers nicht.
Der Beschwerdeführer begab sich daraufhin in die Küche, um nach etwas Eßbaren zu suchen. Es stand lediglich eine leere Pfanne auf dem Herd. Der Beschwerdeführer fragte deswegen seine Ehefrau, ob sie etwas gekocht habe. Diese schnautzte den Beschwerdeführer lediglich an, daß er im Gasthaus essen solle oder sich selbst etwas kochen solle, im übrigen wolle sie jetzt fernsehen. Der Beschwerdeführer erwiderte, daß sie ihm nunmehr fünf Tage nichts mehr gekocht habe, sich diese auch seit Monaten nicht mehr an dem gemeinsamen Unterhalt beteilige, der Beschwerdeführer sämtliche Kosten für Wohnung, Auto und dgl. tragen müsse und sie daher wenigstens etwas kochen solle. A P schaute lediglich in den Fernseher und sagte zum mj. C, er solle dem Beschwerdeführer ausrichten, er möge aus dem Zimmer gehen.
Der Beschwerdeführer erwiderte, wenn sie nichts mehr koche, sich nicht mehr an den Kosten beteilige und überhaupt nichts mehr zum Haushalt beitrage, brauche sie auch nicht extra Strom verbrauchen. Zudem müsse C nicht schon wieder den Abend vor dem Fernseher verbringen. Der Beschwerdeführer schaltete daraufhin den Fernseher ab. A P sprang auf, schrie 'verschwinde' und schaltete den Fernseher wieder ein. Als der Beschwerdeführer den Fernseher das zweite Mal ausschaltete, ging A P aus dem Zimmer, rief dem Sohn zu 'der Papa soll mich in Ruhe lassen', worauf der mj. C, der von A P schon monatelang gegen den Beschwerdeführer aufgehetzt wurde, auf diesen losging. Während der Beschwerdeführer seinen Sohn beruhigte und ihm erklärte, daß überhaupt kein Grund für seine Aufregung bestehe, nahm A P ihr Mobiltelefon. Der Beschwerdeführer hörte lediglich 'Birgit ruf die Polizei'.
Als sich C beruhigt hatte, ging der Beschwerdeführer zurück in die Küche um etwas zu essen und Zeitung zu lesen.
Kurz darauf läutete es an der Türe. Als der Beschwerdeführer öffnete, kamen ihm die Polizeibeamten G, eine Nachbarin und Freundin von A P und eine weitere Frau entgegen, gingen ohne zu fragen in die Wohnung und verließen diese anschließend gemeinsam mit dem mj. C und A P. Unmittelbar danach kamen zwei Polizeibeamte in Uniform, die dem Beschwerdeführer erklärten, daß sich A P gefährdet fühle. Der Beschwerdeführer hätte sie bedroht.
Die amtshandelnden Polizeibeamten sprachen die Wegweisung und das Rückkehrgebot gem. § 38 a SPG aus.
Beweis: beizuschaffende Verwaltungsakt, Einvernahme des Beschwerdeführers
Der Beschwerdeführer befindet sich seit Monaten in einem sog. 'Rosenkrieg'. A P erklärte bereits mehrere Male sowohl schriftlich als auch mündlich, sich scheiden zu lassen und daß sie praktisch alles wie Wohnung, Kind, Unterhalt, Auto vom Beschwerdeführer haben möchte. Bis dato wurde jedoch noch keine
Scheidungsklage eingebracht.
Seit Frühjahr 1998 verweigert A P ohne Gründe jegliche Gespräche mit dem Beschwerdeführer, gibt keine Auskünfte über diverse Einnahmen und Ausgaben, weigert sich die Freizeit mit dem Beschwerdeführer zu verbringen, hetzt den gemeinsamen Sohn C gegen den Beschwerdeführer auf und provoziert den Beschwerdeführer sonst auf jegliche Art. Ganz offensichtlich provoziert A P den Beschwerdeführer bei jeder sich bietenden Gelegenheit um Scheidungsgründe zu sammeln. Dabei ist ihr jedes Mittel recht. So erklärte sie dem Beschwerdeführer nach einem gemeinsam verbrachten Fest, wo über einen gemeinsamen Urlaub gesprochen wurde, daß sie den Urlaub mit den Kindern alleine verbringen werde. Als der Beschwerdeführer ein Gespräch mit seinen Eltern führte, drückte sie mehrmals die Telfongabel, wodurch das Gespräch jedesmal unterbrochen wurde. Um dem Tun ein Ende zu setzen, klopfte der Beschwerdeführer A P auf die Hand. Diesen Umstand nutzte diese zur Anzeigenerstattung und um eine Wegweisung und ein Rückkehrverbot zu erwirken. Ebenfalls beantragte diese eine Einstweilige Verfügung. Diese wurde jedoch mit der Begründung abgewiesen, daß der Beschwerdeführer von seiner Ehegattin dermaßen provoziert worden sei, 'daß die Mißhandlung im Affekt und als unmittelbare Reaktion auf ihr provokantes Verhalten zurückzuführen war'.
Beweis: Akt 28 C 120/98d des BG für ZRS Graz, Einvernahme des Berufungswerbers
Seit diesem Vorfall - der Beschwerdeführer ging mit Ausnahme dieser Affekthandlung noch nie tätlich gegen seine Ehefrau vor - übt A P einen regelrechten Psychoterror gegen den Beschwerdeführer aus. So drohte sie mit Pfefferspray gegen den Beschwerdeführer vorgehen zu wollen und bedrohte diesen mit dem Umbringen. Außerdem terrorisiert A P den Beschwerdeführer dauernd damit, daß sie bei jeder Gelegenheit 'die Polizei rufen' werde,
sodaß sich dieser nicht einmal mehr getraut, ein Brotmesser
anzugreifen.
Beweis: Einvernahme des Berufungswerbers
2. Beschwerdelegitimation:
a) Die Wegweisung und der Ausspruch des Rückkehrverbotes folgt am 10.11.1998, die Beschwerde ist daher jedenfalls rechtzeitig.
b) Die Beschwerdelegitimation ergibt sich daraus, daß der Beschwerdeführer durch Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt in einfach gesetzlichen und verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt wurde.
3. Beschwerdegründe:
Gemäß Artikel 8 StGG und Artikel 5 EMRK ist die Freiheit der Person gewährleistet. Diese Verfassungsnormen schützen vor jeglicher Beschränkung der Bewegungsfreiheit.
Im vorliegenden Fall waren die einschreitenden Organe zum Ausspruch der Wegweisung und des Rückkehrverbotes in die Ehewohnung G Straße 32, G nicht berechtigt. Der Beschwerdeführer hat seine Familie weder angegriffen, noch war anzunehmen, es stehe ein gefährlicher Angriff auf Leben, Gesundheit oder Freiheit dieser Personen bevor. Der bloße Umstand, daß der Beschwerdeführer den Fernsehapperat ausschaltete und der Ehefrau Vorhaltungen machte, berechtigten die Organe der Bundespolizeidirektion Graz nicht zur Vorgangsweise gem. § 38 a SPG.
Die Entscheidung, eine Wegweisung vorzunehmen und ein Rückkehrverbot auszusprechen, widerspricht zudem dem im § 38 a Abs. 2 SPG festgelegten Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes. Es bestand für die Familie des Beschwerdeführers keinerlei Gefahr. Die Ehefrau und das gemeinsame Kind befanden sich zum einen nicht mehr in der Ehewohnung und gab es auch keinerlei Anhaltspunkte für einen bevorstehenden gefährlichen Angriff auf diese. Die Maßnahmen gemäß § 38 a SPG stehen in keinem Verhältnis zu den voraussichtlich bewirkten Schäden und Gefährdungen. Die einschreitenden Organe haben in keiner Weise auf die Schonung der Rechte und schutzwürdigen Interessen des Beschwerdeführers Bedacht genommen.
Die Unverhältnismäßigkeit ergibt sich insbesondere daraus, daß A P diesen seit Monaten zu provozieren versuchte. Sie erklärte bereits mehrmals, sich scheiden zu lassen und sowohl Unterhalt, die Ehewohnung und die Obsorge für den mj. C haben zu wollen. Insbesondere um eine schuldige Scheidung zu erwirken, ist dieser jedes Mittel recht. So terrorisiert sie den Beschwerdeführer dauernd, indem sie bei jeder Gelegenheit angibt, die Polizei zu holen, sodaß sich der Beschwerdeführer nicht einmal mehr traut, ein Brotmesser anzugreifen. Trotz dieser Umstände ging der Beschwerdeführer noch nie - mit Ausnahme des Vorfalles vom 27.7.1998, der lediglich geringe Folgen nach sich zog - auf seine Ehegattin los und setzte auch sonst keine Taten, die annehmen lassen, daß ein gefährlicher Angriff auf Leben, Gesundheit oder Freiheit bevorstehe. Den einschreitenden Beamten waren diese Umstände bekannt. Der Beschwerdeführer erörterte mit diesen ausführlich die genauen Umstände. Dennoch wurde die Wegweisung und das Rückkehrverbot ausgesprochen."
Es wurde beantragt das Rückkehrverbot als auch die Wegweisung im Hinblick auf die Verhältnismäßigkeit der Maßnahme für rechtswidrig zu erklären und Kosten in der Höhe von S 18.920,-- dem Beschwerdeführer zuzusprechen.
2. Die Bundespolizeidirektion Graz gab am 14. Dezember 1998 nachfolgende Gegenäußerung ab:
Am 10.11.1998, um 19.55 Uhr, wurde die Funkstreife 'Grabenstraße l' (Besatzung: RevInsp. W F und RevInsp. R W 3) vom Wachzimmer Grabenstraße aus in die G Straße Nr. 32 beordert, weil dort ein Mann seine Frau schlagen soll. Beim Eintreffen wurden die Sicherheitswachebeamten (SWB) bereits von der Nachbarin von Frau A P, Frau B G, einer Sicherheitswachebeamtin die im Wachzimmer Schmiedgasse ihren Dienst versieht und nicht im Dienst war, erwartet. Sie teilte den einschreitenden SWB mit, dass es bei der Familie P wieder zu Familienstreitigkeiten gekommen und Frau P sie gebeten habe, die Polizei zu verständigen, weil ihr Mann wieder auf sie losgegangen sei. Mehr könne sie zum Vorfall nicht angeben. A P ab an, dass sie sich bereits seit ca. März dieses Jahres (1998) ständig über ihre finanzielle Situation streiten. Am 27.7.1998 kam es im Zuge eines Streites zur ersten Tätlichkeit ihres Mannes gegen sie. Sie war dann anschließend einige Wochen in Vorarlberg bei ihrer Tochter. Seit ihrer Rückkehr in die gemeinsame Wohnung wurden die Streitigkeiten zwischen den Ehegatten allerdings immer ärger und heute (10.11.1998) kam es wieder zu einer Eskalation von Seiten ihres Mannes. Sie sei mit ihrem Sohn C im Schlafzimmer im Bett gelegen und habe ferngesehen, als ihr Mann ins Schlafzimmer kam und anfing sie zu beschimpfen, weil er schon wieder kein Abendessen bekommen hatte. Anschließend schaltete er den Fernseher aus und zog auch das Antennenkabel aus der Buchse. Danach kam er in Richtung Bett und wollte sie offensichtlich attackieren. Dabei habe er eine drohende Haltung ihr gegenüber eingenommen, sodass sie wirklich Angst hatte, er wolle ihr wieder etwas antun. Ihr 7-jähriger Sohn habe alles mitbekommen und sie beschützen wollen. Aus diesem Grunde ging er auf den Vater los und schlug ihm mehrmals auf den Kopf. Sie rief daraufhin sofort ihre Nachbarin an und bat sie die Polizei zu verständigen. Die Nachbarin führte dies durch, kam anschließend zu ihr und verhinderte eine weitere Eskalation der Situation.
Der 7-jährige Sohn C P gab an, dass sein Papa ins Schlafzimmer kam und mit der Mutter schimpfte, weil sie noch immer mit ihm fernsah. Anschließend schaltete er den Fernseher aus, zog das Kabel heraus und wollte auf die Mutter losgehen. Da er nicht wollte, dass er die Mutter schlägt, ging er auf den Vater los und schlug diesen auf den Kopf.
G P gab an, daß er am 10.11.1998, um ca. 19.30 Uhr, nach Hause kam und etwas zu essen wollte. Seine Frau sagte, er solle ins Gasthaus gehen. Daraufhin schaltete er seinen Fernseher im Schlafzimmer aus und wollte das Kabel aus der Steckdose ziehen. Daraufhin schlug ihm sein Sohn ins Gesicht. Mehr sei nicht gewesen. Er habe seine Frau weder bedroht noch geschlagen. Sie sucht nur einen driftigen Scheidungsgrund.
Frau P wirkte nervös und ängstlich; Herr P ruhig.
Aufgrund des Sachverhaltes konnte Frau P von den einschreitenden SWB eindeutig als die gefährdete Person und Herr P als betroffene Person, von dem den Angaben nach die Gefahr auszugehen schien, angesehen werden. Bei der Sachverhaltsaufnahme wurde auch ausgeführt, dass wegen einer Tätlichkeit bereits am 28.7.1998 eine Wegweisung und ein Rückkehrverbot gegen Herrn P ausgesprochen worden waren. Die geschilderten Vorfälle und die in der Vergangenheit vorgefallenen Tatsachen ließen einen bevorstehenden gefährlichen Angriff annehmen.
Es wurden somit eine Wegweisung und ein Rückkehrverbot mit Beginn 10.11.1998, 21.00 Uhr, ausgesprochen; räumlicher Schutzbereich: Wohnung und Stiegenhaus des Hauses G Straße
32. Die Wohnungsschlüssel (2 Stück) wurden abgenommen. Die Anwendung von Zwangsgewalt (bei der Wegweisung bzw. der Schlüsselabnahme) war nicht erforderlich.
Aufgrund des aus der Dokumentation ersichtlichen Sachverhaltes, der Tatsache einer Wegweisung und eines Rückkehrverbotes Ende Juli 1998 und einer hieramts aktenkundigen Anzeige gegen Herrn P wegen Körperverletzung gegen seine Gattin, war das Rückkehrverbot zu bestätigen.
Herr P sprach beim Unterfertigten vor, übergab 2 Schriftstücke (Sachverhaltsdarstellung aus seiner Sicht bzw. Beschluß des BG f. ZRS Graz über die Abweisung der von seiner Gattin im Sommer 1998 beantragten EV) die inhaltlich im wesentlichen dem vorangeführten Beschwerdevorbringen gleichen, weshalb hier nicht darauf eingegangen wird, und ersuchte um Aufhebung des Rückkehrverbotes.
Beim Anführen seiner Gründe wirkte er ruhig und sachlich. Mit Frau P hatte der Unterfertigte ebenfalls Kontakt. Sie gab an, psychischer Gewalt durch ihren Gatten ausgesetzt zu sein, bereits tätlich angegriffen worden zu sein und ist sehr beängstigt. Auch für ihre Kinder sei es unzumutbar, in ständiger Angst zu leben. Sie wirkte gehetzt (in ständiger Erwartung einer Gefahr) aber sachlich.
Nach Prüfung dieses Sachverhaltes blieb das gegen Herrn P verhängte Rückkehrverbot aufrecht.
Seitens der Behörde konnte die Gefahrenlage i.S. des § 38a SPG nach der Anhörung aller Beteiligten nicht eindeutig und zweifelsfrei verneint werden. Die gefährdete Person hatte eine Gefahr angegeben und diese auch als fortdauernd (aufrecht) bezeichnet. Das Abholen wichtiger persönlicher Gegenstände zum persönlichen Gebrauch durch den Gefährder kann unter Beiziehung von Sicherheitswachebeamten jederzeit bewirkt werden. Die zumindest vorübergehende Unterkunftnahme bei den Eltern in Leoben, wo eine solche Möglichkeit bestand, erschien zumutbar. Zu weichen hat in diesem Fall der vermeintliche Gefährder, nicht die vermeintlich Gefährdete. Das wurde Herrn PLOS auch gesagt.
Am 13.11.1998 erging an die BPD Graz die Verständigung gemäß § 38a Abs 7 SPG, dass Frau P beim BG f. ZRS Graz einen Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung nach § 382b EO gestellt hatte. Die Dokumentation über Wegweisung und Rückkehrverbot wurden daraufhin dem Gericht übermittelt; die Wohnungsschlüssel im Nachhang.
Laut FAX-Mitteilung des bes. Gerichtes am 7.12.1998 wurde
dieser Antrag zurückgezogen.
Rechtliche Beurteilung
Das Einschreiten der Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes erfolgte klar in der vom Gesetzgeber beabsichtigten Anwendung der einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen.
Nach § 38a Abs. 1 SPG sind die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes ermächtigt, einen Menschen, von dem die folgend umschriebene Gefahr ausgeht, aus einer Wohnung, in der ein Gefährdeter wohnt und deren unmittelbarer Umgebung wegzuweisen und gemäß § 38a Abs. 2 SPG überdies ermächtigt, ihm die Rückkehr in diesen örtlichen Bereich zu untersagen. Voraussetzung dafür ist, dass aufgrund bestimmter Tatsachen, insbesondere wegen eines vorangegangenen gefährlichen Angriffs, anzunehmen ist, es stehe ein gefährlicher Angriff auf Leben, Gesundheit oder Freiheit bevor.
Der Ausführung, dass Frau P mit ihrem mj. Sohn die Wohnung kurzzeitig verlassen hat spielt bei der Betrachtung des vorliegenden Sachverhaltes keine Rolle. Die polizeilichen Maßnahmen haben sich gegen den Gefährder zu richten. Dieser muß weichen, nicht der bzw. die Gefährdete.
Aufgrund der Erstangaben anläßlich des polizeilichen Einschreitens wurden die Sicherheitswachebeamten mit dem Umstand konfrontiert - Angaben von Frau G, es sei bei der Familie P 'wieder zu Familienstreitigkeiten gekommen' und Frau P habe um Verständigung der Polizei gebeten, weil 'ihr Mann wieder auf sie losgegangen' sei.
Frau P wiederum gab an, dass die Streitereien eskalierten, ihr Mann begann sie zu beschimpfen und sie hatte eine offensichtliche Attacke zu gewärtigen, weil er eine drohende Haltung ihr gegenüber einnahm. Der Sohn wollte nicht, dass er (Herr P) die Mama schlägt -, dass zumindest vorübergehend eine Situation beendet werden sollte, in der eine Frau der Willkür eines Mannes ausgesetzt war.
Obwohl Herr P angab, seine Gattin weder bedroht noch geschlagen zu haben, mußte der Umstand - auch von der überprüfenden Sicherheitsbehörde - beachtet werden, dass Frau P deutlich zu erkennen gab, in Angst zu leben, auch wenn sie wie bei der Vorsprache beim Unterfertigten gerade nicht Gewalt und Erniedrigung erleidet. Es sollte der Frau ermöglicht werden, nicht nur auf- sondern auch noch durchzuatmen. Es mußte ein Freiraum geschaffen werden, in dem Frau P gewahr werden konnte, was ihre Situation war und welche Möglichkeiten für sie bestanden, ihre Situation zu verändern.
Die Prüfung der Anordnung des Rückkehrverbotes durch die Sicherheitsbehörde erfolgte innerhalb von 48 Stunden. Diese hatte nicht ergeben, dass die Voraussetzungen für die Anordnung des Rückkehrverbotes nicht mehr bestehen, sodass dieses nicht aufzuheben war - Ausführungen beim ermittelten Sachverhalt:
fortdauernder Angstzustand, bekannte Tätlichkeit - . Zu berücksichtigen war in diesem Zusammenhang auch, dass die gesetzlich normierte Dauer des sicherheitspolizeilichen Rückkehrverbotes von mindestens sieben Tagen dem Opfer vor allem auch genügend Zeit geben sollte, ohne eventuelle Beeinträchtigung durch ihren Gatten (den Störer) einen Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung nach § 382b EO zu stellen. Ein solcher Antrag wurde auch gestellt.
Da das Rückkehrverbot aufgrund des Wortlautes des § 38a SPG und im Hinblick auf das Grundrecht auf Integrität der Privatsphäre nach Art 8 EMRK einem besonderen Verhältnismäßigkeitsgebot unterliegt und zu widerrufen ist, sobald anzunehmen ist, dass vom Weggewiesenen eine Gefährdung, die das Rückkehrverbot rechtfertigen würde, nicht mehr ausgeht, ist die Befugnisausübung auch daran verpflichtend gemessen worden. Im gegenständlichen Fall konnten sich die einschreitenden Sicherheitsorgane und die Behörde nur an subjektiven Angaben der Beteiligten, an Feststellungen und bekannten Tatsachen halten. Die Befugnisanwendung war angemessen, gegen den Verursacher gerichtet, am besten vertretbar, am flexibelsten handhabbar und so kurz wie möglich.
Diffizile Abwägungen (Arg.: 'sogenannter Rosenkrieg', 'Sammlung von Scheidungsgründen') sind entsprechend der Tendenz des Gesetzes und des Gesetzgebers beim sicherheitspolizeilichen Einschreiten bei 'Gewalt in der Familie' nicht zu tätigen. Das ist die Aufgabe der unabhängigen Gerichte.
Zusammenfassung
Es trifft zu, dass ein Rückkehrverbot wie das gegenständliche, einen Eingriff in verschiedene Grundrechte bedeutet. Von vornherein kommen dabei vor allem das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens sowie der Wohnung (Art. 8 MRK), das Recht auf Unverletzlichkeit des Eigentums (Art. 5 StGG) und das Recht auf persönliche Freiheit (PersFrSchG und Art. 5 MRK) in Betracht. Dem einfachen Gesetzgeber sind aber Beschränkungen dieser Grundrechte, so auch im Sinne des § 38a SPG, erlaubt. Nach Ansicht der belangten Behörde liegt jedoch im Hinblick auf die Notwendigkeit von Wegweisung und Rückkehrverbot und seiner Dauer kein unzulässiges Eingreifen in die vom Beschwerdeführer betonten Rechte vor. Die Annahmen, welche die belangte Behörde zu verantworten hat, sind nachvollziehbar, vertretbar und gesetzeskonform.
Die Bundespolizeidirektion Graz begehrt daher die Abweisung der gegenständlichen Beschwerde und den Ersatz der dafür gebührenden Kosten für den Schriftsatz-, Vorlage- und Verhandlungsaufwand entsprechend der Aufwandersatzverordnung."
Zudem legte die belangte Behörde die Anzeige der Wegweisung und des Rückkehrverbotes Nr. 8.024 vom 10. November 1998 vor, den Beschluß des Bezirksgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 7. August 1998, GZ.: 28C120/98d, mit dem der Antrag auf einstweilige Verfügung gemäß § 382 b EO der Frau A P abgewiesen wurde (betrifft nicht den Vorfall), ein Schreiben des Beschwerdeführers an die Bundespolizeidirektion Graz vom 11. November 1998, Aktenvermerke vom 12. November und 13. November 1998, die Verständigung des Bezirksgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 13. November 1998, GZ.: 28 C 174/98w, wonach ein Antrag auf Erlassung einstweiliger Verfügung nach § 382 b EO gestellt wurde und ein Schreiben des Bezirksgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 2. Dezember 1998, wonach der Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung zurückgezogen wurde.
II.1. Nach Durchführung öffentlicher, mündlicher Verhandlungen am 27. Jänner 1999 und 18. Februar 1999, wobei der Beschwerdeführer, die Zeugen Rev. Insp. W F, Rev. Insp. R W 3, Frau B G und Frau A P einvernommen wurden, wurde nachfolgender, entscheidungsrelevanter Sachverhalt festgestellt:
Am 10. November 1998, um ca. 20.00 Uhr, kam der Beschwerdeführer in seine Wohnung G, G Straße 32 und traf seine Frau mit seinem Sohn im Schlafzimmer an, wobei beide fernsahen. Daraufhin machte der Beschwerdeführer der Ehefrau Vorhaltungen, daß er kein Abendessen bekommen würde und schrie dabei, ohne jedoch Drohungen auszusprechen. Der Beschwerdeführer schaltete sodann mittels Aus- und Einschaltknopf den Fernseher ab. Hiebei bemerkte er, daß sich seine Frau nicht an die Betriebskosten beteilige und er daher den Fernseher abschalte. Als er im Begriffe war das Schlafzimmer wieder zu verlassen, schaltete Frau A P den Fernseher wieder ein und legte sich ins Bett. Der Beschwerdeführer drehte sich hiebei um, wobei er mit der rechten Hand eine ausholende Bewegung machte. Der Beschwerdeführer schaltete daraufhin wieder den Fernseher ab und ging währenddessen die Ehefrau aus dem Schlafzimmer, holte ihr Telefon und legte sich daraufhin wieder ins Bett, wobei sie ihre bei der Polizei tätige Nachbarin anrief und bat die Exekutive zu rufen. Während des Vorganges ging der siebenjährige Sohn auf den Beschwerdeführer los, indem er mit den Fäusten gegen seinen Bauch trommelte. Der Beschwerdeführer versuchte seinen Sohn zu beruhigen und legte sich dieser sodann wieder ins Bett. Der Beschwerdeführer begab sich sodann in die Küche.
Zirka fünf Minuten danach erschienen zwei Beamte der Bundespolizeidirektion Graz, wobei Rev. Insp. W den Beschwerdeführer und Rev. Insp. F Frau A P befragte. Die Befragung geschah getrennt und sprach sodann Rev. Insp. W die Wegweisung und das Rückkehrverbot aus, da ihm von seinem Kollegen mitgeteilt wurde, daß der Beschwerdeführer eine drohende Haltung angenommen habe und seine Frau beschimpfte. Der Beamte war in Kenntnis einer Wegweisung im Juli desselben Jahres. Die Wegweisung und das Rückkehrverbot wurde deshalb ausgesprochen, da das Exekutivorgan davon ausging, daß der Beschwerdeführer gegenüber seiner Ehefrau eine drohende Haltung angenommen habe und die Frau beschimpfte. In welcher Art und Weise die drohende Haltung gewesen sein soll, wurde vom Beamten nicht näher hinterfragt und ging er auch davon aus, daß bei den Beschimpfungen keine gefährliche Drohung inkludiert war. Zum Zeitpunkt des Einschreitens machte der Beschwerdeführer auf den Meldungsleger einen ruhigen Eindruck und die Ehefrau einen nervösen ängstlichen. Die daraufhin erfolgte Abnahme der Wohnungsschlüssel und Wegweisung ging in weiterer Folge ohne besondere Vorkommnisse vor sich.
2. Die getroffenen Feststellungen gründen sich auf die im wesentlichen übereinstimmenden Aussagen der einvernommenen Zeugen sowie des Beschwerdeführers. Auch die Angaben in den vorgelegten Schriftsätzen stehen hiemit in keinem Widerspruch. Insbesondere wird hervorgehoben, daß der Meldungsleger Rev. Insp. W angab, daß er seinen Kollegen nicht gefragt habe, was unter "drohender Haltung" von Seiten der gefährdenden Person zu verstehen sei und habe sich mit der Mitteilung begnügt. Auch er sei davon ausgegangen, daß bei den Beschimpfungen keine Bedrohungen enthalten waren. Die Zeugin A P gab hiezu an, daß sich der Beschwerdeführer beim Verlassen des Schlafzimmers umdrehte und es nicht sicher gewesen sei, ob er den Fernseher abschalten wollte oder ihr eine Ohrfeige geben wollte. Jedenfalls habe der Beschwerdeführer mit der rechten Hand weit ausgeholt.
III. Die Rechtsbeurteilung ergibt folgendes:
1. Gemäß § 88 Abs 1 SPG erkennen die Unabhängigen Verwaltungssenate bei Beschwerden von Menschen, die behaupten, durch die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt in ihren Rechten verletzt worden zu sein (Artikel 129 a Abs 1 Z 2 B-VG). Der Unabhängige Verwaltungssenat entscheidet gemäß § 88 Abs 4 SPG über Beschwerden gemäß Absatz 1 durch eines seiner Mitglieder. Im übrigen gelten die §§ 67 c bis 67 g AVG. Die Beschwerde betreffend der Wegweisung und des Rückkehrverbotes langte am 18. November 1998 (Postaufgabestempel 17. November 1998) beim Unabhängigen Verwaltungssenat für die Steiermark ein, wodurch die 6-wöchige Beschwerdefrist gemäß § 67 c Abs 1 AVG gewahrt wurde. Auch ist die örtliche Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark gegeben, da die von Beamten der Bundespolizeidirektion Graz vorgenommene Handlung im Sprengel des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark durchgeführt wurde.
2. Gemäß § 38 a Abs 1 SPG sind die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes ermächtigt, einen Menschen, von dem Gefahr ausgeht, aus einer Wohnung, in der ein Gefährdeter wohnt, von deren unmittelbaren Umgebung wegzuweisen, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen, insbesondere wegen eines vorangegangenen gefährlichen Angriffs, anzunehmen ist, es stehe ein gefährlicher Angriff auf Leben, Gesundheit oder Freiheit bevor. Sie haben ihm zur Kenntnis zu bringen, auf welchen räumlichen Bereich sich die Wegweisung bezieht; dieser Bereich ist nach Maßgabe der Erfordernisse eines wirkungsvollen vorbeugenden Schutzes zu bestimmen.
Gemäß § 38 a Abs 2 SPG sind die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes überdies ermächtigt, dem Betroffenen die Rückkehr in den nach Abs. 1 bestimmten Bereich zu untersagen; die Ausübung von Zwangsgewalt zur Durchsetzung dieses Rückkehrverbotes ist jedoch unzulässig. Bei einem Verbot, in die eigene Wohnung zurückzukehren, ist besonders darauf Bedacht zu nehmen, daß dieser Eingriff in das Privatleben des Betroffenen die Verhältnismäßigkeit (§ 29) wahrt. Die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes sind ermächtigt, dem Betroffenen alle in seiner Gewahrsame befindlichen Schlüssel zur Wohnung abzunehmen; sie sind verpflichtet, ihm Gelegenheit zu geben, dringend benötigte Gegenstände des persönlichen Bedarfs mitzunehmen und sich darüber zu informieren, welche Möglichkeiten er hat, unterzukommen.
Eine Wegweisung nach § 38 a Abs 1 SPG hat somit die Voraussetzung, daß eine bestimmte Tatsache vorliegt, wonach man von einer Prognose eines bevorstehenden gefährlichen Angriffes auf Leben, Gesundheit oder Freiheit der gefährdeten Person ausgehen kann. Die erkennende Behörde ist bei der Entscheidungsfindung durchaus in Kenntnis des Umstandes, daß die einschreitenden Sicherheitsorgane keine genauen Beweiserhebungen durchführen können. In concreto war dem Sicherheitsorgan zwar ein Vorfall vom Juli des Jahres bekannt, der mit einer Wegweisung und einem Rückkehrverbot endete, jedoch entbindet dies noch nicht die gefährdete Person danach zu fragen, was sie unter "drohender Haltung" wahrgenommen hat. Wäre dies geschehen, so hätte sich herausgestellt, daß der Berufungswerber ausschließlich im Zuge des Umdrehens, um in das Schlafzimmer wieder zurückzukehren, seine Hand ausgeholt hat. Selbst die gefährdete Person war sich nicht sicher, ob diese Bewegung auf eine Ohrfeige abzielt oder zum Wiederabschalten des Fernsehers bezweckt hat (siehe Zeugenaussage der A P, Seite 9 der Verhandlungsschrift vom 27. Jänner 1999). Verbale gefährliche Drohungen wurden nicht von Seiten des Beschwerdeführers geäußert. Zusammenfassend kann man von einer Beschimpfung von Seiten des Beschwerdeführers ausgehen und kann dies auch eine Ausübung einer psychischen Gewalt - der Beschwerdeführer und die gefährdete Person befinden sich in einem Scheidungsverfahren - darstellen. Die Ausübung psychischer Gewalt kann ohne Hinzutreten weiterer Gefährdungsmomente keinesfalls als Anlaß einer Wegweisung oder Verhängung eines Rückkehrverbotes genommen werden, da sich der § 38 a SPG am Begriff des "gefährlichen Angriffs" orientiert. In einem derartigen Fall ist im Sinne des § 382 b EO, der ausdrücklich auch auf das psychische Leid abstellt, bezug zu nehmen. Würde die psychische Gewalt bereits die Befugnisausübung des § 38 a SPG auslösen, so wäre eine derartige Sachverhaltsfeststellung im Rahmen eines Scheidungsverfahrens von den einschreitenden Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes nur schwer in einer derartigen kurzen Zeitspanne festzustellen und würde auch zu einem häufig unverhältnismäßigen Eingriff in die Privatsphäre von Personen führen. Der § 382 b EO stellt nämlich in einem derartigen Fall auf die "Unzumutbarkeit" des Zusammenlebens ab und ist der Umstand vom Gericht in einem Verfahren zu prüfen.
Somit ist davon auszugehen, daß keine "drohende Haltung" von Seiten des Beschwerdeführers vorlag und die geäußerten Beschimpfungen keinesfalls ausgereicht hätten, um vom Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes eine Wegweisung und ein Rückkehrverbot auszusprechen. Eine derartige Befugnisausübung war somit rechtswidrig.
3. Als Kosten wurden gemäß § 79 a AVG in Verbindung mit der Aufwandersatzverordnung UVS, BGBl. Nr. 158/1955 dem Beschwerdeführer ein Betrag von S 18.920,-- zugesprochen. Dem Beschwerdeführer gebührt S 8.400,-- an Schriftsatzaufwand, S 10.400,-- an Verhandlungsaufwand und S 120,-- an Stempelgebührenersatz (die beantragten S 120,-- für die Beschwerdeschrift).