TE UVS Wien 1999/04/12 03/P/36/472/98

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 12.04.1999
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat durch sein Mitglied Mag Fritz über die Berufung des Hüseyin D, vertreten durch Dr Eva Maria B, Rechtsanwältin, gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Wien, Fremdenpolizeiliches Büro, vom 16.1.1998, Zl S 144.788-Fr/97, betreffend Übertretung des Fremdengesetzes, nach durchgeführter öffentlicher mündlicher Verhandlung entschieden:

Gemäß § 66 Abs 4 AVG wird der Berufung keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, daß die Tatumschreibung zu lauten hat wie folgt:

"Sie, Herr Hüseyin D, haben sich als Fremder vom 14.10.1995 bis 28.7.1997 in Wien, A-Straße, ohne im Besitz eines Sichtvermerkes, einer Aufenthaltsbewilligung nach dem Asylgesetz oder einer Bewilligung gemäß § 1 des Aufenthaltsgesetzes zu sein, somit nicht rechtmäßig, im Bundesgebiet aufgehalten, obwohl sie einen Sichtvermerk bzw eine Aufenthaltsbewilligung benötigt hätten."

Die verletzten Verwaltungsvorschriften haben richtig § 15 Abs 1 iVm § 82 Abs 1 Z 4 des Fremdengesetzes 1993 (FrG 1993) zu lauten. Auch die Strafnorm wird auf § 82 Abs 1 Z 4 FrG 1993 richtiggestellt.

Der Berufungswerber hat daher gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens in der Höhe von S 600,--, das sind 20 % der verhängten Geldstrafe, zu bezahlen.

Text

Begründung:

Der Berufungswerber (Bw), ein türkischer Staatsangehöriger, wurde mit Strafverfügung der Bundespolizeidirektion Wien, Fremdenpolizeiliches Büro, vom 14.8.1997 wegen der Übertretung nach § 82 Abs 1 Z 4 in Verbindung mit § 15 Abs 1 FrG 1993 mit einer Geldstrafe von S 3.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe: 3 Tage) bestraft, weil er sich als Fremder, ohne im Besitz eines Sichtvermerkes, einer Aufenthaltsbewilligung nach dem Asylgesetz oder einer Bewilligung gemäß § 1 des Aufenthaltsgesetzes zu sein, somit nicht rechtmäßig, im Bundesgebiet aufgehalten habe, obwohl er einen Sichtvermerk bzw eine Aufenthaltsbewilligung benötigt hätte. Gegen diese Strafverfügung erhob der Bw (vertreten durch Rechtsanwältin Dr Eva Maria B) rechtzeitig Einspruch. Zur Rechtfertigung aufgefordert, brachte der Bw in seiner Stellungnahme vom 24.11.1997 vor, er habe am 30.10.1995 einen Antrag auf Aufenthaltsbewilligung in der österreichischen Botschaft in B gestellt; über diesen Antrag sei in zweiter Instanz mit Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 19.3.1997 und dann mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 27.6.1997 rechtskräftig negativ entschieden worden. Er habe den Antrag auf Aufenthaltsbewilligung zum Zwecke der Familienzusammenführung gestellt, weil sich seine gesamte Familie in Österreich befinde. Sein Vater sei seit dem Jahre 1986 in Österreich und habe eine unbefristete Aufenthaltsbewilligung; seine Mutter befinde sich seit dem Jahre 1990 in Österreich und habe ebenfalls eine unbefristete Aufenthaltsbewilligung. Ebenso habe sein Bruder, der sich seit dem Jahre 1987 in Österreich befinde, eine unbefristete Aufenthaltsbewilligung. Er habe in der Türkei keine Familienangehörigen und sei ihm ein Familienleben außerhalb Österreichs mit seiner Familie nicht möglich, da diese hier voll integriert sei. Im Fall seiner Ausreise wäre sein Recht auf Privat- und Familienleben im Sinne des Artikel 8 Abs 2 MRK verletzt worden. Da sohin ein strafbarer Tatbestand nicht gegeben sei, stelle er den Antrag auf Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens.

Mit dem nunmehr vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat Wien angefochtenen Straferkenntnis der Erstbehörde vom 16.1.1998 wurde der Bw schuldig erkannt, er habe sich als paß- und sichtvermerkspflichtiger Fremder (§ 1 Abs 1 des Fremdengesetzes 1997) vom 14.10.1995 bis 28.7.1997 in Wien, A-Straße, ohne aufgrund eines Aufenthaltstitels, einer Verordnung für Vertriebene (§ 29 FrG 1997) oder einer Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz 1997 zu einem Aufenthalt berechtigt gewesen zu sein, somit nicht rechtmäßig, im Bundesgebiet aufgehalten. Er habe dadurch § 31 iVm § 107 Abs 1 Z 4 FrG 1997 verletzt. Wegen dieser Verwaltungsübertretung wurde über ihn gemäß § 107 Abs 1 Z 4 FrG 1997 eine Geldstrafe in der Höhe von S 3.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe: 3 Tage) verhängt. Gleichzeitig wurden die vom Bw zu ersetzenden Verfahrenskosten mit S 300,-- bestimmt. Zur Begründung führte die Erstbehörde im wesentlichen aus, der Bw sei lediglich zur Antragstellung bei der österreichischen Botschaft in B aus dem Bundesgebiet ausgereist, dann jedoch sofort wieder, bevor eine Bewilligung erteilt worden sei, eingereist. Darüber lägen Beweise in Form von Schulbesuchsbestätigungen vor. Deshalb habe auch sein Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung abgewiesen werden müssen. Trotzdem halte sich der Bw nach wie vor illegal im Bundesgebiet auf, wobei er die Möglichkeit einer Legalisierung seines Aufenthaltes vom Inland aus nicht habe. Abschließend begründete die Erstbehörde dann noch die Strafbemessung näher.

In seiner gegen dieses Straferkenntnis innerhalb offener Frist erhobenen Berufung brachte der Bw vor, weder aus dem Spruch des Straferkenntnisses noch aus der Begründung sei ersichtlich, welcher Sachverhalt von der Erstbehörde angenommen worden sei. Auch sei der Spruch des Straferkenntnisses in der Weise mangelhaft, daß eine Subsumtion des Sachverhaltes unter die Bestimmungen des § 31 Abs 1 FrG 1997 nicht gegeben sei. Aus dem Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses gehe nicht hervor, daß er im vorliegenden Fall die Voraussetzungen des § 31 Abs 1 Z 1 und 4 FrG 1997 für einen rechtmäßigen Aufenthalt im Bundesgebiet nicht erfüllt hätte. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis werde ihm ein Tatzeitraum vom 14.10.1995 bis 28.7.1997 vorgeworfen, die erste Verfolgungshandlung sei am 14.8.1997 mit der Erlassung der Strafverfügung gesetzt worden. Da es sich nicht um ein Dauerdelikt handle, sei der Tatzeitraum, der sechs Monate vor der ersten Verfolgungshandlung liege, verjährt und werde hiemit in diesem Umfange Verjährung eingewendet. Er habe in seiner Rechtfertigung geltend gemacht, daß er sich deshalb in Österreich aufgehalten habe, weil sich seine gesamte Familie hier befinde und weil er zur rascheren Integration einen Schulbesuch absolviert habe. Er habe sein Reifeprüfungszeugnis in Österreich nostrifizieren lassen und die Auflage erhalten, Nachprüfungen in Deutsch abzulegen. Aus diesem Grunde habe er sich einer weiteren Schulbildung unterzogen und sich auch zu diesem Zecke weiterhin in Österreich aufgehalten. Im Falle seiner Ausreise und Abwarten der Aufenthaltsbewilligung im Ausland wäre er von seiner Familie getrennt gewesen, hätte keinen Unterhalt, insbesondere Wohnung von seiner Familie erhalten und hätte auch die erforderlichen Deutschkurse und Schulbesuche nicht absolvieren können. Es liege daher eine Notstandssitutation im Sinne des § 6 VStG vor, da er zur Abwendung einer unmittelbar drohenden größeren Gefahr in Österreich verblieben sei. Schließlich hätte die Erstbehörde zu bedenken gehabt, daß nach der nunmehrigen gesetzlichen Regelung des Fremdengesetzes es nicht mehr notwendig sei, die Entscheidung über die Antragstellung, die im Ausland zu erfolgen habe, auch im Ausland abzuwarten. Es könne ihm daher auch für die Vergangenheit nunmehr nicht mehr ein Verhalten als strafbar vorgeworfen werden, welches nach der nunmehrigen Rechtslage nicht mehr strafbar sei. Ausdrücklich wurde die Abhaltung einer mündlichen Berufungsverhandlung beantragt. Über ha Aufforderung übermittelten das Fremdenpolizeiliche Büro und die Magistratsabteilung 62 die dort aufliegenden, den Bw betreffenden Akten. Aus diesen eingeholten Akten sowie dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 27.6.1997, Zl 97/19/1142 geht folgendes hervor: Der Bw stellte im Oktober 1995 beim Magistrat der Stadt Wien einen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung (Erstantrag). Als Aufenthaltszweck ist in diesem Antrag Gymnasium-Ausbildung angegeben worden. Dieser Antrag wurde bei der österreichischen Botschaft in B eingebracht (dieser weist das Datum 20.10.1995 auf und ist vom Bw unterschrieben worden). Der Bw verfügte über einen Touristensichtvermerk für den Zeitraum vom 13.9.1995 bis 13.10.1995.

Der Landeshauptmann von Wien wies den Antrag des Bw auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung mit Bescheid vom 23.2.1996 gemäß § 6 Abs 2 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthaltsG 1992) ab. Begründend wurde ausgeführt, der gegenständliche Antrag sei durch eine dritte Person bei der österreichischen Botschaft in B eingebracht worden. Mit dieser Vorgangsweise werde das gesetzliche Erfordernis einer Antragstellung vor der Einreise nach Österreich vom Ausland aus nicht erfüllt, zumal auch keinerlei Grund zur Annahme bestehe, daß sich die antragstellende Partei zum Zeitpunkt der Antragstellung im Ausland befunden habe. In seiner gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung brachte der Bw (vertreten durch Rechtsanwalt Dr Alfred Da) ua vor, er selbst habe den Antrag auf Erteilung der Aufenthaltsbewilligung in B am 20.10.1995 eingereicht (in einem beiliegenden Schreiben der österreichischen Botschaft in B vom 20.10.1995 wurde bestätigt, daß der Bw seinen Antrag auf Aufenthaltsbewilligung heute eingereicht habe).

Aus dieser Bestätigung der österreichischen Botschaft ergebe sich demnach eindeutig die Antragstellung aus dem Ausland. Soweit der erstinstanzliche Bescheid geltend mache, die Einreichung sei durch dritte Personen bei der österreichischen Vertretungsbehörde in B erfolgt, sei diese Feststellung durch das Beweisverfahren nicht gedeckt. Aus der erwähnten Bestätigung ergebe sich vielmehr eindeutig, daß die Antragstellung durch den Bw erfolgt sei. Ein Hinweis auf dritte Personen sei dieser Bestätigung nicht zu entnehmen. Dazu komme, daß nach österreichischem Recht die Vertretung nicht ausgeschlossen sei und daher auch von der erkennenden Behörde nicht präkludiert werden könne. Die Gültigkeit der Antragstellung könne auch dadurch nicht beeinflußt werden, daß sich der Bw aufgrund eines Touristenvisums kurzfristig in Österreich aufgehalten habe, zumal sich sowohl sein Vater als auch seine Mutter in Österreich aufhielten. Sie hätten ihren ständigen Wohnsitz in Wien, A-Straße. Der Bw habe in der Türkei eine abgeschlossene Berufsausbildung als Buchhalter. Er wolle in Österreich eine gleichwertige Berufsausbildung bei einer einschlägigen Handelsschule absolvieren; es bestehe daher in absehbarer Zeit keine Gefahr, daß er den österreichischen Arbeitsmarkt belaste. Nach Erteilung der Aufenthaltsbewilligung sei die gesetzliche Sozialversicherung in Form der Mitversicherung als Familienangehöriger seiner Eltern gewährleistet. Da fast alle nahen Angehörigen in Österreich wohnten und lebten, wolle auch er den Mittelpunkt seiner Lebensinteressen nach Österreich verlegen. Diese Berufung wurde mit Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 19.3.1997 gemäß § 5 Abs 1 AufenthaltsG 1992 iVm § 10 Abs 1 Z 6 FrG 1993 abgewiesen.

Begründend führte der Bundesminister für Inneres ua aus, gemäß § 6 Abs 2 AufenthaltsG 1992 sei der Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung vor der Einreise nach Österreich vom Ausland aus zu stellen. Der Antrag auf Verlängerung könne auch im Inland eingebracht werden. Der Bw habe seinen Antrag bei der österreichischen Botschaft in B eingebracht. Diese - richtigerweise - im Ausland beantragte Aufenthaltsbewilligung sei jedoch nicht zu erteilen, wenn der Antragsteller das Verfahren nicht im Ausland abwarte. Der Bw sei lediglich zur Antragstellung ausgereist, um hernach wieder ins österreichische Bundesgebiet einzureisen. Seitdem halte er sich gemäß § 15 FrG 1993 illegal im Bundesgebiet auf (Schulbesuchsbestätigung vom 14.11.1996, Externistenzeugnis vom 7.11.1996). Der Bw sei nach der auf seinen eigenen Angaben beruhenden Aktenlage mit einem Touristensichtvermerk eingereist und wolle seinen damit begonnenen Aufenthalt mit dem vorliegenden Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung verlängern. Bei der Beurteilung des Antrages des Bw sei zusätzlich maßgeblich, daß § 5 Abs 1 AufenthaltsG 1992 zwingend die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung ausschließe, wenn ein Sichtvermerksversagungsgrund im Sinne des Fremdengesetzes vorliege. Nach § 10 Abs 1 Z 6 FrG 1993 liege ein solcher vor, wenn der Sichtvermerk zeitlich an einen Touristensichtvermerk anschließen oder nach sichtvermerksfreier Einreise erteilt werden solle.

Die dagegen vom Bw erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 27.6.1997, Zl 97/19/1142 als unbegründet abgewiesen. Begründend wurde ua ausgeführt, die Heranziehung des Sichtvermerksversagungsgrundes des § 10 Abs 1 Z 6 FrG 1993 sei zu Recht erfolgt. Der Bw trete der wesentlichen Sachverhaltsannahme der belangten Behörde, wonach er mit einem Touristensichtvermerk nach Österreich eingereist sei, dann Österreich kurzfristig zum Zweck der Antragstellung verlassen habe, im Anschluß daran jedoch ohne den erforderlichen Sichtvermerk wieder in das Bundesgebiet eingereist sei und sich dort seither unrechtmäßig aufhalte, nicht entgegen. Daran vermöge auch die kurzfristige Ausreise des Bw zum Zwecke der Antragstellung vom Ausland aus nichts zu ändern: Es könne in diesem Zusammenhang nämlich dahingestellt bleiben, ob die Rechtsprechung, wonach ein nahtloser Anschluß an den Touristensichtvermerk zur Verwirklichung des Versagungstatbestandes des § 10 Abs 1 Z 6 FrG 1993 nicht gefordert sei, auch auf jene Fälle zu übertragen sei, in denen vor Antragstellung (zum Zwecke derselben) eine kurzfristige Ausreise und eine daran anschließende Wiedereinreise erfolge. Sollte die Wiedereinreise sichtvermerksfrei erfolgt sein, würde die angestrebte Aufenthaltsbewilligung jedenfalls (auch) an eine sichtvermerksfreie Einreise anschließen und den Sichtvermerksversagungsgrund des § 10 Abs 1 Z 6 (zweiter Fall) FrG 1993 verwirklichen. Sollte der Bw hingegen nicht sichtvermerksfrei eingereist sein, so sei - schon mangels entgegenstehender Beschwerdeausführungen zur Widerlegung der Feststellung des Bundesministers für Inneres, daß der Touristensichtvermerk am 13.10.1995 und damit schon vor der Antragstellung am 20.10.1995 abgelaufen sei - anzunehmen, daß der Bw unrechtmäßig in das Bundesgebiet (wieder) eingereist sei. Eine unrechtmäßige (Wieder) Einreise und ein daran anschließender unrechtmäßiger Aufenthalt verwirklichen aber jedenfalls den Sichtvermerksversagungsgrund nach § 10 Abs 1 Z 4 FrG 1993.

In einer (zur beabsichtigten Ausweisung) abgegebenen Stellungnahme vom 24.9.1997 brachte der (bereits durch Rechtsanwältin Dr Eva Maria B vertretene) Bw vor, er sei im Jahre 1995 zunächst mit einem Touristensichtvermerk nach Österreich gekommen und habe er dann im Wege der österreichischen Botschaft in B am 20.10.1995 einen Antrag auf Aufenthaltsbewilligung aus dem Titel der Familienzusammenführung gestellt. Er habe angenommen, daß der Familienzusammenführung in seinem Fall kein Hindernis im Wege stehe. Zu seiner Überraschung sei sein Antrag auf Aufenthaltsbewilligung jedoch mit der Begründung abgewiesen worden, daß er das Aufenthaltsverfahren nicht im Ausland abgewartet habe. Er sei lediglich zur Antragstellung ausgereist, um dann wieder in das österreichische Bundesgebiet einzureisen. Da er nicht gewußt habe und auch darüber nicht belehrt worden sei, daß er den Bescheid im Ausland abwarten müsse, sei die Abweisung nunmehr durch das Erkenntnis des VwGH rechtskräftig. Er habe sich deshalb in Österreich aufgehalten und den Bescheid in Österreich abgewartet, weil er beabsichtigt habe, sich in Österreich zu integrieren. Er habe in Entsprechung der österreichischen Rechtsvorschriften den Antrag ordnungsgemäß im Ausland eingebracht und bestehe sein Fehlverhalten lediglich darin, daß er die Entscheidung über den Antrag nicht im Ausland abgewartet habe, sondern nach Österreich zum Zwecke des Schulbesuches eingereist sei. Da die Verpflichtung des Abwartens einer Entscheidung im Ausland in keinem Gesetz expressis verbis stehe und ihn auch niemand darauf aufmerksam gemacht habe, komme diesem Umstand nicht eine so gravierende Bedeutung zu, daß zur Aufrechterhaltung der Ordnung seine Ausweisung dringend geboten wäre.

Mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien, Fremdenpolizeiliches Büro, vom 21.10.1997 wurde der Bw gemäß § 17 Abs 1 FrG 1993 ausgewiesen. Der gegen diesen Bescheid vom Bw erhobenen Berufung (darin brachte der Bw ua vor, da auf Visumerledigungen sehr lange zu warten sei, sei es ihm nicht möglich gewesen, für Monate im Ausland ein Hotelzimmer zu mieten und die Erledigung abzuwarten) gab die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien mit Berufungsbescheid vom 16.12.1997 keine Folge.

In seiner Eingabe an den Unabhängigen Verwaltungssenat Wien vom 27.3.1998 verzichtete der Bw auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung. Er brachte ferner vor, es komme ihm, sollte tatbestandsmäßig ein unrechtmäßiger Aufenthalt festgestellt werden, "unverschuldete Rechtsunkenntnis" zugute. Er habe am 20.10.1995 ordnungsgemäß im Ausland, nämlich in B, einen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung gestellt. Die Antragstellung im Ausland sei aufgrund einer Informationserteilung durch die Magistratsabteilung 62 erfolgt, weil er zuvor in Österreich um Aufenthaltsbewilligung habe ansuchen wollen. Auf sein Befragen habe man ihm erklärt, daß er im Ausland ansuchen müsse. Auf sein Befragen habe man ihm mitgeteilt, daß er dann aufgrund des Sichtvermerkes wieder nach Österreich einreisen könne. Auch die Auskunft in der österreichischen Botschaft in B habe dahingehend gelautet, daß er die Erledigung des Antrages nicht im Ausland abwarten müsse. Er habe sich auch wiederholt anderweitig erkundigt und sei ihm von allen Seiten gesagt worden, er könne die Erledigung des Antrages auf Aufenthaltsbewilligung im Inland abwarten. Schon an dieser Stelle sei bemerkt, daß sich dieses - durch die Rechtsanwältin Dr Eva Maria B als Vertreterin des Bw erstattete - Vorbringen im Zuge des nachfolgenden Ermittlungsverfahrens (insbesondere auch durch die Einvernahme des Bw selbst) als Unwahrheit und bloße - offenbar in dieser Form durch die Rechtsanwältin formulierte - Behauptung herausgestellt hat.

Der Bw brachte dann noch vor, die Ablehnung seines Antrages auf Aufenthaltsbewilligung durch die Erstbehörde sei auch nicht mit der Begründung erfolgt, daß er die Erledigung des Antrages nicht im Ausland abgewartet hätte, sondern mit der Begründung, daß er den Antrag durch eine dritte Person in der österreichischen Botschaft eingebracht habe. In der vom Rechtsanwalt Dr Da eingebrachten Berufung habe er klargestellt, daß er (selbst) den Antrag im Ausland eingebracht habe. Auch dieses Vorbringen ist - wie dies aus der Einvernahme des Bw und der Zeugen zweifelsfrei hervorgeht - schlichtweg unwahr. Das Bundesministerium für Inneres - so der Bw weiter - habe offenbar zunächst auch die Auffassung vertreten, daß er die Erledigung des Antrages nicht im Ausland abzuwarten brauche. Er sei nämlich aufgefordert worden, den Nachweis der Ablegung einer Deutschprüfung für die Nostrifikation seines Zeugnisses nachzuweisen. Zur Ablegung einer Deutschprüfung sei aber der Aufenthalt im Inland zwangsläufig notwendig (ein Vorhalt des Bundesministeriums für Inneres vom 17.10.1996 lag bei). Erst im Bescheid vom 19.3.1997 sei erstmalig die Rechtsansicht vertreten worden, daß das Aufenthaltsverfahren im Ausland hätte abgewartet werden müssen. Dies sei das erste Mal gewesen, daß er davon erfahren habe, daß sein Aufenthalt rechtswidrig sei. Der Verwaltungsgerichtshof habe mit Erkenntnis vom 27.6.1997 ausgesprochen, daß sein Aufenthalt im Inland mangels gültiger Aufenthaltsbewilligung unrechtmäßig sei. Bis zu diesem Zeitpunkt (Zustellung des Bescheides an ihn am 22.8.1997) sei er der Auffassung gewesen, daß er sich nach ordnungsgemäßer Antragstellung im Inland aufhalten dürfe. Aus dem Gesetzeswortlaut des § 6 Abs 2 AufenthaltsG 1992 sei nicht ersichtlich, daß neben dem Erfordernis der Antragstellung im Ausland es auch notwendig sei, das Verfahren im Ausland abzuwarten. Eine diesbezügliche Auskunft sei ihm auch auf mehrfaches Befragen nicht erteilt worden, sondern sei ihm im Gegenteil sowohl in Wien bei der Magistratsabteilung 62 als auch in B als auch in seinem Bekanntenkreis (als auch von seinem Rechtsanwalt) versichert worden, daß die Antragstellung im Ausland den Formerfordernissen genüge. Da sohin auch Experten keine richtige Antwort hätten geben können, sei für ihn die Kenntnis der Rechtslage nicht zumutbar gewesen. Es komme ihm somit eine unverschuldete Unkenntnis der sich lediglich aus der Rechtsprechung ergebenden Rechtslage zugute.

Mit Schreiben vom 23.4.1998 machte der Bw drei Personen als Zeugen namhaft (D Yunus, D Dilber und S Kamil), und zwar zum Beweis dafür, daß er die Information erhalten habe, er könne in Österreich verbleiben und hier auch die Erledigung des Antrages abwarten.

Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien führte am 4.5.1998 eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, an der der Bw teilnahm (seine Rechtsanwältin Dr B ist etwas verspätet erschienen). Zunächst wurde von der BwV klargestellt, daß der bewilligungslose Aufenthalt zur angelasteten Zeit nicht bestritten werde. Bei der Magistratsabteilung 62 sei dem Bw, als er sich dort erkundigen gewesen sei, und als der Antrag behandelt worden sei, mitgeteilt worden, er könne im Inland die Erledigung des Antrages abwarten. Dies sei zu der Zeit gewesen, als der Antrag überreicht bzw behandelt worden sei. Dies sollen die Zeugen sagen. Es wurde auch ein Bescheid der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten vom 16.10.1995, Zl 4.090/27-I/5/95 vorgelegt, wonach gemäß § 75 Abs 4 des Schulunterrichtsgesetzes in Verbindung mit § 21 der Verordnung über die Externistenprüfungen, BGBl Nr 362/1979 idgF die Gleichhaltung des Zeugnisses des Bw von der erfolgreichen Ablegung einer Externistenprüfung aus Deutsch über die wesentlichen Lehraufgaben aus dem Lehrplan der Hauptschule, für die 4. Klasse/8. Schulstufe abhängig gemacht werde. Das nostrifizierte Zeugnis gewähre gemäß § 75 Abs 5 leg cit die gleichen Berechtigungen wie das österreichische Zeugnis, mit dem es gleichgehalten werde. Die Nostrifikation werde nach dem Nachweis der erfolgreichen Ablegung der oben angeführten Prüfung gemäß § 75 Abs 6 leg cit auf dem Zeugnis (oder einem damit festverbundenen Anhang) beurkundet.

Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien führte am 5.6.1998 (im Beisein eines Dolmetschers für die türkische Sprache) eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, an der der Bw, der in Begleitung seiner Rechtsanwältin Dr Eva Maria B erschienen war, teilnahm und in der D Dilber, D Yunus und S Kamil als Zeugen einvernommen wurden.

Der Bw gab bei seiner Einvernahme als Beschuldigter folgendes an:

"Als ich zum ersten mal hier war, habe ich mir vom Unterrichtsministerium etwas besorgt, daß ich die Handelsakademie besuchen kann (über Vorhalt erklärt der Bw das es sich um den im Akt befindlichen Bescheid vom 16.10.1995 handelt). Mein Bruder D Yunus hat bei der Fremdenpolizei ein Antragsformular besorgt (über Vorhalt erklärt der Bw, es handelt sich um den im Akt befindlichen Antrag vom 20.10.1995). Mein Bruder hatte ursprünglich in Ungarn um ein Visum für mich angesucht. Mein Bruder hat bei der Abholung des Formulars gefragt, ob es notwendig ist, daß ich persönlich nach Ungarn gehe. Sie haben dort gesagt, daß es nicht notwendig sei, daß er persönlich hingeht. Diese Auskunft ist meinem Bruder erteilt worden. Es ist auch auf dem Formular oben gestanden, daß es entweder ich persönlich oder jemand aus der Familie machen kann. Es ist dabei um das Visum gegangen. Es ist mir das Visum nicht erteilt worden. Ob der im Akt befindliche Antrag vom 20.10.1995 dieser Antrag ist oder nicht, weiß ich nicht, weil ich den Antrag persönlich nicht gesehen habe. Die Unterschrift auf diesem Antrag stammt von mir. Ich war am 20.10.1995 nicht selbst in B. Es war ein Freund von mir, nämlich Herr S Kamil, der das Formular ausgefüllt hat und mit meinem Bruder in Ungarn gewesen ist. Ich bin nicht nach Ungarn ausgereist, sondern in Österreich geblieben.

Über Vorhalt, wo auf dem Antrag steht, daß er diesen persönlich oder durch einen Familienangehörigen im Ausland einbringen könne, gebe ich an, ich habe den Antrag persönlich nicht gesehen. Weil ich nicht ausreichend Deutsch kann, habe ich mich nicht persönlich darum gekümmert, wie es mit einer Bewilligung aussieht, sondern haben das mein Bruder und die Schwägerin gemacht. Als ich dann die ablehnende Entscheidung des Magistrates bekommen habe, habe ich dann einen Rechtsanwalt genommen.

Über Befragen der BwV:

Haben sich Ihre Familienangehörigen beim Magistrat zu dieser Zeit

erkundigt, wo sie ein Visum benötigt haben?

Ja, mein Bruder.

Was hat man dem Bruder gesagt?

Ich weiß nicht sehr viel darüber, weil sich darüber mehr mein

Bruder und der Rechtsanwalt gekümmert haben.

Sie wollten die Handelsakademie besuchen, was waren die Voraussetzungen dafür?

Ich mußte vom Unterrichtsministerium eine Prüfung ablegen. Ich habe eine Prüfung abgelegt in Ba und habe mich dann in die Handelsakademie im 5. Bezirk eingeschrieben.

Wurde die Prüfung vom Magistrat im Aufenthaltsverfahren verlangt? Nein, es war nicht wegen der Bewilligung, sondern als Voraussetzung für den Besuch der Handelsakademie.

Über Vorhalt des Schreibens des BM vom 17.10.1996 gebe ich an, es könnte dies das Schreiben sein, daß mir mein damaliger Anwalt geschickt hat.

Die RA ersucht den Dolmetsch, den vorletzten Absatz aus diesem Schreiben auf der 1. Seite zu übersetzten.

Nein, das kenne ich nicht.

Hat ihnen ihr Anwalt gesagt, daß sie den Nachweis der Deutschprüfung brauchen?

Ich kann mich jetzt nicht mehr genau erinnern, was mir der Anwalt gesagt hat, mir war aber bewußt, daß ich diese Prüfung machen muß. Welche Rechtsauskunft hat Ihnen der Anwalt gegeben? Hat Ihnen der Anwalt die Auskunft gegeben, daß sie die Erledigung des Aufenthaltsantrages im Ausland abwarten müssen? Oder hat er ihnen gesagt, daß sie hierbleiben können?

So etwas hat er nicht gesagt.

Nach nochmaliger Wiederholung der Fragen gebe ich an, er hat

nichts gesagt."

Die Zeugin D Dilber machte die folgenden Angaben:

"Herr D Yunus ist mein Mann. Nach Ungarn bin ich nicht gefahren gewesen. Wir haben zunächst nicht gewußt, daß der Bw ohne Aufenthaltsgenehmigung nicht in Österreich bleiben kann. Ich habe seit langem eine unbefristete Aufenthaltsbewilligung. Mein Mann hat bei der Fremdenpolizei gefragt, ob er das Visum beantragen kann. Der Sichtvermerk war noch 2-3 Tage gültig. Mein Mann hat sich dazu erkundigt. Mein Mann sagte mir, er könne selber nach Ungarn fahren, weil der Bw ja noch 2-3 Tage Aufenthaltsbewilligung hat. Dies habe die Fremdenpolizei meinem Mann gesagt. Auf dem Antrag ist auch gestanden, daß den Antrag ein Familienangehöriger stellen kann.

Über Vorhalt des im Akt befindlichen Antrages gebe ich an, das ist glaublich der Antrag.

Über Vorhalt, an welcher Stelle des vorgehaltenen Antrages stehe, daß ein Familienangehöriger den Antrag einbringen könne, so gebe ich an, es ist irgendwo gestanden und habe ich es selber gesehen. Die Zeugin wirft die Frage auf, ob dies überhaupt der Antrag ist den sie gesehen habe. Ausgefüllt habe ich den Antrag auch nicht. Mein Mann hat den Antrag von der Fremdenpolizei geholt und habe ich den Antrag nur kurz gesehen, als ihn mein Mann in den Händen gehabt hat. Ich habe auch nicht mit dem Magistrat gesprochen.

Über Befragen der BwV:

Mein Mann hat mit dem Magistrat gesprochen.

Über Befragen der BwV, wann dies gewesen sei, gibt die Zeugin an, er hat nicht mit dem Magistrat gesprochen sondern mit der Fremdenpolizei gesprochen. Er hat dies alles dort gefragt. Ich weiß nicht, wie oft er dort gewesen ist. Mein Schwager hat zu dieser Zeit bei den Schwiegereltern gewohnt. Wie ich angesucht habe im Jahre 1985, haben den Antrag meine Eltern in Österreich gestellt, weil ich noch minderjährig war. Es wurde für die ganze Familie um ein Visum angesucht. Die Familie hat damals die Erledigung des Antrages in Österreich abgewartet. Ich war bei der Prüfung für Deutsch meines Schwagers mit dabei und auch beim Rechtsanwalt (RA Dr Da und Dr B).

Wir sind zum oben genannten RA Da gegangen, als wir die abschlägige Erledigung des Antrages bekommen haben. Über Befragen der RA, welche Auskünfte vom RA Da erteilt worden sind, gebe ich an, der Bw könne abwarten, was von der Berufungsinstanz kommt.

Wir haben vom Unterrichtsministerium eine Bestätigung bekommen, daß der Bw in Österreich studieren dürfe und dafür war die Deutschprüfung notwendig, was dort gestanden ist.

Über Vorhalt gibt die Zeugin an, daß es sich um den Bescheid des Unterrichtsministerium vom 16.10.1995 handelt.

Wissen sie etwas darüber ob auch im Aufenthaltsverfahren der Nachweis der Deutschprüfung verlangt worden ist?

Nein, so etwas haben sie nicht verlangt.

Wir haben dem RA Da gesagt, daß mein Mann den Antrag in Ungarn

gestellt hat.

Keine weiteren Fragen.

Die Zeugin gibt nochmal an, ich habe von meinem Mann von hören und sagen erfahren, daß die Fremdenpolizei gesagt habe, ihr Mann könne den Antrag im Ausland einbringen, da das Visum des Bw noch für 2-3 Tage gültig sei. Weil das Visum nur mehr 2-3 Tage Gültigkeit habe, habe man meinem Mann gesagt, der Bw könne in Österreich bleiben. Meinem Mann hat man gesagt, der Bw könne in Österreich bleiben bis er Antwort bekommt, was darüber beschieden wird, er braucht nicht ins Ausland reisen. Dies alles unter Hinweis meines Mannes, daß das Visum nur noch 2-3 Tage Gültigkeit habe."

Der Zeuge D Yunus gab bei seiner Einvernahme folgendes an:

"Die Formulare dazu hatten wir schon zu Hause die wir ausgefüllt haben. Ich meine das Formular für die Aufenthaltsbewilligung bzw Visum. Über Vorhalt des im Akt befindlichen Antrages, daß dies das Formular ist. Wir (Herr Kamil und ich) haben die Fremdenpolizei gefragt, und haben die gesagt, den Antrag muß man im Ausland stellen und wir (Herr S Kamil und ich) haben dann den Antrag in B gestellt. Ich habe bei der Fremdenpolizei die Situation geschildert und gesagt, daß mein Bruder in Österreich in die Schule gehen will und daß er einen Touristensichtvermerk für 1 oder 3 Monate hat (genau weiß ich das heute nicht mehr). Die haben mir dann geantwortet, daß man einen Antrag im Ausland stellen muß. Die haben mir gesagt, man muß den Antrag im Ausland stellen und sonst nichts. Den Antrag habe ich dann gemeinsam mit Herrn Kamil in Ungarn abgegeben. Ich habe den Antrag dort nur abgegeben und hat man gesagt kein Problem und ich muß warten und ich werde die Antwort bekommen. Ich habe dort gesagt, daß ich der Bruder des Bw sei. Wir sind zurückgefahren und haben später dann die Ablehnung bekommen. Der RA Da hat dann Berufung eingelegt.

Über Befragen der BwV:

Wer hat den gesprochen bei der Fremdenpolizei? Sie oder Ihr

Begleiter?

Wir haben beide gefragt, aber der Freund kann besser deutsch. Sonst war kein Dolmetsch dabei? Hat die Fremdenpolizei einen Dolmetsch beigestellt?

Nein.

War davon die Rede, daß das Visum des Bw nur noch 2-3 Tage gültig

sei.

Ja.

Was wurde darüber gesprochen?

Als wir bei der Polizei waren, hatte der Bw noch ein Visum und ist dort gesagt worden, daß wir den Antrag im Ausland stellen müssen. War davon die Rede, was ist für die Zeit, zwischen Ablauf des Visums und der Erledigung des neuen Antrages?

Es wurde darüber nicht gesprochen.

Wurde davon gesprochen ob ihr Bruder im Inland den Antrag abwarten

kann oder diesen im Ausland abwarten muß?

Ich habe nicht gefragt und hat er nichts gesagt.

Ihre Gattin hat vorhin gesagt, sie sind nach Hause gekommen und haben erzählt die Fremdenpolizei habe gesagt, der Bw könne dableiben bis über den Antrag entschieden ist?

Ich kann darüber jetzt nichts sagen, es kann sein, daß ich es vergessen habe. Es ist einige Zeit vergangen.

Ihre Gattin hat auch gesagt, die Fremdenpolizei hat die Auskunft gegeben, ihr Bruder braucht den Antrag in B nicht selbst einbringen und sie hat gesagt, auch auf einem Formular stand, daß ein Familienmitglied den Antrag einbringen kann?

Es dürfte schon etwas auf dem Formular draufgestanden sein, ich kann mich erinnern, daß wir so etwas gelesen haben. Über Vorhalt des VL, wo dies auf dem im Akt befindlichen Formular stehe?

Ich kann es hier nicht finden. Vielleicht habe ich etwas gehört, es ist schon lange Zeit her und habe ich es vergessen. Ich kann nicht soviel deutsch lesen.

Voriges Jahr ist bei mir Gedächtnisverlust eingetreten und war ich

auch in Behandlung.

Über weiteres Befragen der BwV:

Haben sie außer diesem einen mal noch ein anderes mal bei der Behörde nachgefragt?

Ich selber nicht.

Ich habe mich in B nicht darum erkundigt was mit dem Antrag

weitergeht.

Ich bin im Jahre 1987 nach Österreich gekommen und brauchte man damals noch kein Visum. Ich habe dann in Österreich einen Antrag auf Sichtvermerk gestellt. Ich war hier und mußte den Antrag nicht im Ausland abwarten.

Hat die Fremdenpolizei darauf hingewiesen, daß ihr Bruder nach

Ablauf des Visums ausreisen muß?

Ich kann mich nicht erinnern."

Der Zeuge S Kamil gab bei seiner Einvernahme folgendes an:

"Ich bin der Cousin von Frau Dilber.

Ich bin mit Herrn D Yunus nach Ungarn gefahren und haben wir einen Antrag auf Sichtvermerk oder Visum für den Bw abgegeben. Ich war dabei nur als Beifahrer dabei. Ich war vorher in dieser Sache bei keiner Behörde mit. Ich habe das Antragsformular des Bw nicht ausgefüllt. Über Vorhalt des im Akt befindlichen Antrages gebe ich an, daß ich diesen gesehen habe. Nach genauerer Durchsicht, gebe ich an, daß ich diesen eher nicht ausgefüllt habe, wenngleich die Schrift meiner ähnlich ist. Ich war vorher nicht bei der Fremdenpolizei, um mich über die Bewilligung für den Bw zu erkundigen. Ich kann mich nicht erinnern, es ist schon solange her. Ich bin nach Ungarn nur als Beifahrer mitgefahren und haben dort alles erledigt, zB Stempelmarken und Geldwechseln und sind wir dann wieder zurückgefahren. Später habe ich dann einmal erfahren, daß dieser Antrag abgelehnt wurde.

Über Befragen der BwV:

Über Vorhalt der Angabe des D Yunus, daß sie mit bei der Fremdenpolizei gewesen sind, gebe ich an, ich kann mich daran nicht erinnern.

Während der Fahrt nach Ungarn haben wir geredet und habe ich dabei erfahren, daß der Sichtvermerk des Bw nur noch 2-3 Tage gültig ist.

Mit Herrn D Yunus habe ich gesprochen und ist dabei gesagt worden, daß der Bw warten solle, bis wir konkrete Anweisungen von der Behörde in B bekommen. Es kann sein, daß wir darüber geredet haben, daß Herr D Yunus bei der Fremdenpolizei Ratschläge eingeholt hat, doch ist es schon lange her. Ich bin österr Staatsbürger. Ich bin in Österreich schon von klein auf in die Schule gegangen."

Die Rechtsanwältin regte dann eine Gegenüberstellung der Zeugen S Kamil und D Yunus zur Frage an, wer mit D Yunus mit bei der Fremdenpolizei gewesen sei.

Über Vorhalt der Angaben des Zeugen S Kamil, daß dieser mit ihm nicht auf der Fremdenpolizei gewesen sei, erklärte der Zeuge D Yunus, er habe draußen schon mit seiner Gattin diskutiert und sei ihm nun eingefallen, daß eine Schwägerin mit ihm bei der Fremdenpolizei gewesen sei und nicht S Kamil. Der Zeuge präzisierte dies dahingehend, daß es die Frau des Schwagers des Bruders gewesen sei. Dies sei sicher und habe er das mit seiner Frau überlegt. Sie heiße Manuela Y und wohne glaublich im 12. Bezirk. Er habe schon lange nicht mehr mit ihr gesprochen. Sie werde sicherlich nach einem Monat aus einem Urlaub in der Türkei glaublich zurückkommen.

Die Rechtsanwältin Dr B beantragte dann die Einvernahme der erwähnten Manuela Y, zum Beweis für die von der Fremdenpolizei erteilte Auskunft, daß der Bw nicht selbst ins Ausland fahren brauche, um den Antrag auf Aufenthaltsbewilligung persönlich einzubringen und daß er die Erledigung des Antrages im Inland abwarten könne.

In ihren Schlußausführungen wiederholte die BwV ihr Vorbringen, es habe sich um einen entschuldbaren Rechtsirrtum gehandelt, zumal zum damaligen Zeitpunkt die Beamten der ersten Instanz keine hinreichenden Kenntnisse über die Entscheidungen des VwGH gehabt haben und zum damaligen Zeitpunkt fast alle Antragsteller, die sich in Österreich aufgehalten haben, die Anträge durch dritte Personen im Ausland eingebracht und die Erledigung im Inland abgewartet haben. Über Befragen erklärte der Bw dann, daß er auch derzeit keine Aufenthaltsbewilligung habe. Die BwV merkte an, der VwGH habe dem Ausweisungsbescheid die aufschiebende Wirkung erteilt.

Die anwesende Partei verzichtete auf die mündliche Verkündung des Berufungsbescheides.

Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat erwogen:

Gemäß § 15 Abs 1 FrG 1993 halten sich Fremde rechtmäßig im Bundesgebiet auf,

1. wenn sie unter Einhaltung der Bestimmungen des 2. Teiles und ohne die Grenzkontrolle zu umgehen eingereist sind oder

2. wenn ihnen eine Bewilligung gemäß § 1 des Aufenthaltsgesetzes oder von einer Sicherheitsbehörde ein Sichtvermerk erteilt wurde oder

3. solange ihnen eine Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz 1991 zukommt.

Gemäß § 82 Abs 1 Z 4 FrG 1993 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu S 10.000,-- zu bestrafen, wer sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält (§ 15). Das FrG 1993 trat mit Ablauf des 31.12.1997 außer Kraft (vgl § 111 Abs 3 FrG 1997). Gemäß § 31 Abs 1 FrG 1997 halten sich Fremde rechtmäßig im Bundesgebiet auf,

1. wenn sie unter Einhaltung der Bestimmungen des 2. Hauptstückes und ohne die Grenzkontrolle zu umgehen eingereist sind oder

2. wenn sie auf Grund eines Aufenthaltstitels oder einer Verordnung für Vertriebene (§ 29) zum Aufenthalt berechtigt sind oder

3. wenn sie Inhaber eines von einem Vertragsstaat ausgestellten Aufenthaltstitels sind oder

4. solange ihnen eine Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz 1997 zukommt.

Gemäß § 107 Abs 1 Z 4 FrG 1997 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu S 10.000,-- zu bestrafen, wer sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält (§ 31).

Der Bw wurde mit dem angefochtenen Straferkenntnis wegen unrechtmäßigen Aufenthaltes im Bundesgebiet in der Zeit vom 14.10.1995 bis 28.7.1997 zu einer Geldstrafe (Ersatzfreiheitsstrafe) verurteilt. Als verletzte Verwaltungsvorschriften hat die Erstbehörde die §§ 31 iVm § 107 Abs 1 Z 4 des erst am 1.1.1998 in Kraft getretenen FrG 1997 herangezogen. Rechtsänderungen nach abgeschlossener Tat bei Fehlen einer besonderen gegenteiligen Übergangsregelung berühren die bereits eingetretene Strafbarkeit nicht und haben, wenn Taten der gleichen Art auch weiterhin strafbar bleiben, gemäß § 1 Abs 2 VStG nur hinsichtlich der Strafe die Folge, daß ein etwaiges nunmehr dem Täter günstigeres Recht zur Anwendung zu kommen hat. Daraus folgt, daß in einem solchen Fall als verletzte Vorschriften im Sinne des § 44a Z 2 VStG diejenigen anzusehen sind, welche vor der Rechtsänderung (hier also die Vorschriften des FrG 1993) in Kraft waren, jedoch als Strafsanktionsnorm iSd § 44a Z 3 VStG bei einem zum Zeitpunkt der Erlassung des Straferkenntnisses der Behörde erster Instanz günstigeren Recht für den Täter dieses heranzuziehen wäre (vgl zB das Erkenntnis des VwGH vom 8.10.1990, Zl 90/19/0319). Da sich aber an der Strafdrohung (für den Fall des unrechtmäßigen Aufenthaltes im Bundesgebiet) durch das FrG 1997 nichts geändert hat, hätte die Erstbehörde auch als Strafsanktionsnorm noch den § 82 Abs 1 Z 4 FrG 1993 heranzuziehen gehabt. In der Strafverfügung vom 14.8.1997 hat die Erstbehörde bei ihrer Tatumschreibung (zutreffend) auf das FrG 1993 Bedacht genommen und auch die verletzten Verwaltungsvorschriften richtig angeführt gehabt. Die Berufungsbehörde ist dann, wenn der Abspruch der ersten Instanz fehlerhaft ist, nicht nur berechtigt, sondern verpflichtet, diesen Abspruch richtigzustellen. Naturgemäß ist sie dabei auf die "Sache" des anhängigen Verfahrens - im vorliegenden Fall ist dies die dem Bw im Strafverfahren erster Instanz zur Last gelegte Tat (nämlich der unrechtmäßige Aufenthalt im Bundesgebiet während einer bestimmten Zeit) - beschränkt. Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien war daher im vorliegenden Fall nicht daran gehindert, den Schuldspruch durch Aufnahme der verba legalia des zur Tatzeit in Kraft gestandenen Fremdengesetzes 1993 richtigzustellen. Auf das - ohnehin nicht zielführende - Vorbringen des Bw in seiner Berufung zur mangelnden Spruchfassung war daher nicht näher einzugehen.

Vorweg ist darauf hinzuweisen, daß vom Bw der bewilligungslose Aufenthalt zur angelasteten Zeit nicht bestritten wird (siehe die Verhandlung vom 4.5.1998). Im vorliegenden Fall ist also unstrittig, daß dem Bw nach Ablauf der Geltungsdauer seines Touristensichtvermerkes (mit 13.10.1995) keine Aufenthaltsberechtigung in Österreich zugekommen ist. Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl zB den Beschluß des VwGH vom 15.1.1999, Zl 97/21/0851, und die dort zitierte Vorjudikatur), daß auch ein Antrag auf Erteilung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz, außer es handelt sich um einen rechtzeitigen Verlängerungsantrag (was auf den vorliegenden Fall unbestrittenermaßen nicht zutrifft) kein Aufenthaltsrecht vermittelt. Auch die Rechtsfrage, ob noch nicht endgültig entschiedene Anträge auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung ein Aufenthaltsrecht im Inland verleihen, wurde in der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bereits mehrfach behandelt und dabei jeweils verneint (vgl zB zuletzt den Ablehnungsbeschluß vom 12.2.1999, Zl 97/21/0449).

In der Berufung wird vom Bw vorgebracht, der Tatzeitraum, der sechs Monate vor der ersten Verfolgungshandlung (der Strafverfügung) liege, sei verjährt, weil es sich um kein Dauerdelikt handle. Diesem Vorbringen ist entgegenzuhalten, daß es sich nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bei der verfahrensgegenständlichen Verwaltungsübertretung um ein Dauerdelikt handelt (vgl zB den Beschluß des VwGH vom 2.10.1996, Zl 95/21/0362), sodaß keinesfalls bezüglich eines Teiles des angelasteten Tatzeitraumes (wie dies offenbar der Bw vermeint) Verfolgungsverjährung eingetreten ist. Der Bw brachte schon in seiner Stellungnahme vom 24.11.1997 näher vor, er habe in der Türkei keine Familienangehörigen und sei ihm ein Familienleben außerhalb Österreichs mit seiner Familie nicht möglich, da diese hier voll integriert sei. Diesem Vorbringen ist entgegenzuhalten, daß im Rahmen des Verwaltungsstrafverfahrens für die Berücksichtigung in der Person des Fremden oder seiner Angehörigen gelegener Umstände, wie des Wunsches nach einer Zusammenführung aller Familienmitglieder, kein Raum ist (vgl zB das Erkenntnis des VwGH vom 10.10.1984, Zl 82/01/0135 und den Beschluß des VwGH vom 5.11.1997, Zl 96/21/0781).

In seiner Berufung brachte der Bw dann noch vor, im Fall seiner Ausreise und seines Abwartens der Aufenthaltsbewilligung im Ausland wäre er von seiner Familie getrennt gewesen, hätte keinen Unterhalt, insbesondere Wohnung von seiner Familie erhalten und hätte er auch die erforderlichen Deutschkurse und Schulbesuche nicht absolvieren können. Es liege daher eine Notstandssituation iSd § 6 VStG vor, da er zur Abwendung einer unmittelbar drohenden größeren Gefahr in Österreich verblieben sei.

Wenn - wie hier - zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der objektive Tatbestand der Verwaltungsübertretung feststeht, so hat der Täter gemäß § 5 Abs 1 zweiter Satz VStG glaubhaft zu machen, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Das (oben wiedergegebene) Vorbringen des Bw in seiner Berufung ist nicht geeignet, die Annahme eines Notstandes im Sinne des § 6 VStG zu rechtfertigen, setzt doch dieser Begriff eine - aus dem Vorbringen des Bw nicht ableitbare - unmittelbar drohende Gefahr für das Leben, die Gesundheit oder das Vermögen voraus (vgl das Erkenntnis des VwGH vom 17.2.1992, Zl 91/19/0328). So ist etwa nicht erkennbar, warum der Bw - nach abgeschlossener Schulbildung - nicht in seiner Heimat einer Berufstätigkeit hätte nachgehen können. Auch Deutschkurse hätte er in seiner Heimat Türkei absolvieren können. Auch ist nicht erkennbar, warum es nicht möglich hätte sein sollen, daß die Eltern des Bw ihm Geldleistungen in seiner Heimat Türkei zukommen lassen (für den Fall, daß der Bw offenbar mit 23 Jahren noch keiner Erwerbstätigkeit in seiner Heimat Türkei nachgegangen ist). Auch an dieser Stelle ist zu betonen, daß es Sache des Fremden ist, sich schon vor der Einreise auf geeignete Weise über die maßgebliche Rechtslage zu erkundigen. Aus dem eigenen Vorbringen des Bw geht nämlich hervor, daß er offenbar von Anfang an nicht beabsichtigt hatte, nach Ablauf der Gültigkeitsdauer des Touristensichtvermerkes (dessen Verlängerung ausgeschlossen war) das Bundesgebiet wieder zu verlassen.

In seiner Eingabe vom 27.3.1998 führte der Bw dann (erstmalig im Zuge des Verwaltungsstrafverfahrens) näher aus, daß ihm eine unverschuldete Unkenntnis der sich lediglich aus der Rechtsprechung ergebenden Rechtslage zugute komme. Schon in seiner Stellungnahme (zur beabsichtigten Ausweisung) vom 24.9.1997 hatte der Bw (der auch in dem dortigen Verfahren durch die Rechtsanwältin Dr B vertreten war) angegeben, er habe nicht gewußt und sei auch nicht darüber belehrt worden, daß er den Bescheid im Ausland abwarten müsse. Er habe sich deshalb in Österreich aufgehalten und den Bescheid in Österreich abgewartet, weil er beabsichtigt habe, sich in Österreich zu integrieren. In seiner Berufung vom 11.11.1997 gegen den Ausweisungsbescheid merkte der Bw dann etwa noch an, da auf Visumerledigungen sehr lange zu warten sei, sei es ihm nicht möglich gewesen, für Monate im Ausland ein Hotelzimmer zu mieten und die Erledigung abzuwarten. Die BwV brachte in der mündlichen Verhandlung am 4.5.1998 auch vor, bei der Magistratsabteilung 62 sei dem Bw, als er sich dort erkundigen gewesen sei und als der Antrag behandelt worden sei, mitgeteilt worden, er könne im Inland die Erledigung des Antrages abwarten. Dies sei zu der Zeit gewesen, als der Antrag überreicht bzw behandelt worden sei.

Für den Unabhängigen Verwaltungssenat Wien ist nun aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens (insbesondere der Einvernahme des Bw und der Zeugen) unerfindlich, wie die Vertreterin des Bw, Frau Dr B, zu dieser Behauptung gelangt ist. So hat nicht einmal der Bw bei seiner Befragung (im Beisein eines Dolmetsch) behauptet, daß er sich bei der Magistratsabteilung 62 erkundigt hätte. Die Unterschrift auf dem im Akt befindlichen Antrag vom 20.10.1995 stamme zwar von ihm, doch "habe er den Antrag persönlich nicht gesehen". Er sei am 20.10.1995 auch nicht selbst in B gewesen. Er sei damals nicht nach Ungarn ausgereist, sondern in Österreich geblieben. An dieser Stelle ist anzumerken, daß das Vorbringen des Bw im Verfahren betreffend Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung in die Richtung gegangen ist, daß er selbst (persönlich) am 20.10.1995 in der österreichischen Botschaft in B den Antrag auf Erteilung der Aufenthaltsbewilligung eingereicht habe. Diese Widersprüche im Vorbringen des Bw sind für den Unabhängigen Verwaltungssenat Wien ein Indiz dafür, daß dieser seine schriftlichen Angaben je nach Bedarf (Verfahren) erstattete (und zwar unabhängig von der Richtigkeit des Vorbringens). Auch brachte der Bw bei seiner Einvernahme am 5.6.1998 vor, auf dem Antragsformular sei gestanden, daß er es entweder persönlich oder jemand aus der Familie machen könne. Über Vorhalt, wo dies denn auf dem im Akt befindlichen Antrag stehe, gab der Bw dann an, er habe den Antrag persönlich nicht gesehen. Die Angabe des Bw, wonach sein Bruder bei der Abholung des Formulares gefragt habe, ob es notwendig sei, daß er persönlich nach Ungarn gehe, ist von D Yunus nicht bestätigt worden (trotz mehrerer in diese Richtung gehender Fragen der Rechtsanwältin Dr B). Der Bw hat bei seiner Einvernahme am 5.6.1998 selbst angegeben, er habe sich nicht persönlich darum gekümmert, wie es mit einer Bewilligung aussehe. Dies hätten sein Bruder und die Schwägerin gemacht. Auf die Frage seiner Vertreterin, ob sich Familienangehörige beim Magistrat zu dieser Zeit, wo er ein Visum benötigt habe, erkundigt hätten, antwortete der Bw, dies sei sein Bruder gewesen, doch wisse er nicht sehr viel darüber, weil sich mehr sein Bruder und der Rechtsanwalt darum gekümmert hätten. Der Bruder des Bw, Herr D Yunus, sprach dann selbst nur von einer Kontaktaufnahme mit der Fremdenpolizei. Daß dieser beim Magistrat (Magistratsabteilung 62) vorgesprochen hätte, hat dieser selbst nicht einmal behauptet. Die Rechtsanwältin Dr B war dann bei ihrer Befragung des Bw bemüht, von diesem (entsprechende) Antworten zu bekommen, die ihre offenkundig unrichtigen Ausführungen in der Stellungnahme vom 27.3.1998 untermauern könnten. So hat etwa die mehrfach angeschnittene Frage der Ablegung einer Deutschprüfung mit dem vorliegenden Verfahren überhaupt nichts zu tun. So kannte der Bw auch nicht das von der BwV vorgelegte Schreiben des Bundesministers für Inneres vom 17.10.1996, in dem der damalige Rechtsanwalt des Bw (Herr Dr Da) um Mitteilung gebeten wurde, ob der Bw die Deutschprüfung mittlerweile abgelegt habe. Auf die Frage, welche Rechtsauskunft ihm der Anwalt gegeben habe, nämlich ob er ihm die Auskunft gegeben habe, daß er die Erledigung des Aufenthaltsantrages im Ausland abwarten müsse oder ob er ihm gesagt habe, daß er hierbleiben könne, antwortete der Bw, so etwas habe er ihm nicht gesagt. Mit dieser Antwort wollte sich Frau Dr B aber noch nicht begnügen (es würde nämlich darauf hindeuten, daß ihr Vorbringen im Schriftsatz vom 27.3.1998 als geradezu mutwillig zu bezeichnen ist), sondern sie wiederholte die Fragen, doch blieb der Bw dabei, daß sein Rechtsanwalt nichts gesagt habe. Die Zeugin D Dilber machte bei ihrer Einvernahme einen äußerst unglaubwürdigen Eindruck. So dürfte sie es gewesen sein, die nach ha Auffassung die Anwältin Dr B bewußt unrichtig informiert hat. So erklärte sie zunächst, sie hätten nicht gewußt, daß der Bw ohne Aufenthaltsgenehmigung nicht in Österreich bleiben könne. Gerade im Hinblick darauf, daß sie selbst nach eigenen Angaben seit langem eine unbefristete Aufenthaltsbewilligung hat, ist dieses Vorbringen als völlig unglaubwürdig anzusehen, ist doch nicht anzunehmen, daß ihr persönlich nicht bekanntgewesen ist, daß ein Fremder, der seinen Wohnsitz nach Österreich verlegen möchte, hiefür einer Aufenthaltsbewilligung bedarf. Auch ihr Vorbringen, wonach auf dem Antrag gestanden sei, daß diesen auch ein Familienangehöriger einbringen könne, hat sich als unrichtig erwiesen, konnte sie doch - nach Vorhalt des im Akt befindlichen Antrages - selbst nicht angeben, an welcher Stelle dies denn angeführt gewesen sein solle. Vielmehr zweifelte die Zeugin dann an, ob dies überhaupt der Antrag sei, den sie gesehen habe. Auch habe sie den Antrag nicht ausgefüllt. Sie selbst habe auch nicht mit dem Magistrat gesprochen. Zunächst behauptete sie dann auch, ihr Mann habe mit dem Magistrat gesprochen. Auf die Frage der BwV, wann dies genau gewesen sei, erklärte die Zeugin dann, er habe nicht mit jemandem vom Magistrat gesprochen, sondern mit der Fremdenpolizei. Im Gegensatz zum Bw gab Frau D Dilber an, der damalige Rechtsanwalt des Bw habe gesagt, der Bw könne abwarten, was von der Berufungsinstanz komme. Nach Abschluß der Befragung dieser Zeugin war diese wiederum bemüht, den Sachverhalt insofern unrichtig darzustellen, als ihrem Mann gesagt worden sei, der Bw könne in Österreich bleiben. Von ihren wahrheitswidrigen Angaben ließ sich diese Zeugin offenbar nicht einmal durch die (zu Beginn ihrer Einvernahme) erfolgte Wahrheitserinnerung und den Hinweis auf die Folgen einer falschen Zeugenaussage abhalten. Herr D Yunus gab bei seiner Befragung an, bei der Fremdenpolizei habe man ihnen (Herrn S Kamil und ihm) gesagt, daß man den Antrag im Ausland stellen müsse (sonst hätte man ihnen nichts gesagt). Auf die Frage der Rechtsanwältin Dr B, ob davon die Rede gewesen sei, was für die Zeit zwischen Ablauf des Visums und Erledigung des neuen Antrages sei, antwortete dieser Zeuge, es sei darüber nicht gesprochen worden. Er habe auch nicht gefragt, ob sein Bruder im Inland den Antrag abwarten könne oder ob er diesen im Ausland abwarten müsse (auch sei dazu nichts gesagt worden). In der Folge wurde dieser Zeuge dann von der Rechtsanwältin mit den - in eine andere Richtung gehenden - Angaben seiner Ehegattin konfrontiert. Dies war dem Zeugen dann doch zuviel (insbesondere wohl im Hinblick auf die ihm erteilte Wahrheitserinnerung) und erklärte er, voriges Jahr sei bei ihm Gedächtnisverlust eingetreten und sei er auch in Behandlung gewesen. Ergänzend gab er dann noch an, er habe sich in B nicht erkundigt, was mit dem Antrag weiter geschehe. Die Befragung des Zeugen S Kamil hat ergeben, daß dieser zwar gemeinsam mit D Yunus nach Ungarn gefahren ist, um dort den Antrag abzugeben, nicht aber, daß dieser zuvor in dieser Angelegenheit bei einer Behörde mitgewesen ist. Er sei vorher nicht bei der Fremdenpolizei gewesen, um sich über die Bewilligung für den Bw zu erkundigen. Nach genauer Durchsicht des Antragsformulares erklärte er, er habe dieses Formular eher nicht ausgefüllt, wenngleich die Unterschrift seiner ähnlich sei. Über neuerliche Befragung erklärte dann der Zeuge D Yunus, er habe draußen vor dem Verhandlungszimmer mit seiner Gattin diskutiert und sei ihm nun eingefallen, daß eine Schwägerin namens Manuela Y (wohnhaft glaublich im 12. Bezirk) damals mit bei der Fremdenpolizei gewesen sei. Dem nachfolgenden Antrag der Rechtsanwältin Dr B auf Einvernahme der Manuela Y war nicht Folge zu geben, weil sich kein Anhaltspunkt dafür ergeben hat, daß dem Bw oder Herrn D Yunus die Auskunft erteilt worden wäre, er könne die Erledigung des Antrages im Inland abwarten. In ihren Schlußausführungen wiederholte die BwV dann ihr Vorbringen, daß es sich um einen entschuldbaren Rechtsirrtum handle. Daß sich hiefür freilich im gesamten Verwaltungsstrafverfahren nicht der geringste Anhaltspunkt ergeben hat, übersah die Rechtsanwältin offenbar mit Stillschweigen.

Gemäß § 6 Abs 2 erster Satz AufenthaltsG 1992 ist der Antrag auf Erteilung einer Bewilligung vor der Einreise nach Österreich vom Ausland aus zu stellen. Mit "der Einreise nach Österreich" im Sinne dieser Bestimmung ist die Einreise des Antragstellers gemeint. Nach dem ua aus den Gesetzesmaterialien erschließbaren Normzweck des § 6 Abs 2 AufenthaltsG 1992 wird für die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung allerdings nicht nur vorausgesetzt, daß der Antrag vor der Einreise in das Bundesgebiet gestellt wird, sondern auch, daß die Entscheidung über den Antrag grundsätzlich vom Ausland aus abgewartet wird (vgl das Erkenntnis des VwGH vom 21.11.1997, Zlen 95/19/0779, 0780, und die dort zitierte Vorjudikatur). Das im § 6 Abs 2 erster Satz AufenthaltsG 1992 normierte Erfordernis, einen Antrag vom Ausland aus zu stellen und die Entscheidung über den Antrag vom Ausland aus abzuwarten, ist nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nicht als bloße Formvorschrift zu werten, sondern als Voraussetzung, deren Nichterfüllung die Abweisung eines Antrages nach sich zieht (vgl zB das Erkenntnis vom 24.1.1997, Zl 95/19/0895). Nach dem Vorgesagten entspricht eine - im übrigen durchaus zulässige - Antragstellung auf postalischem Wege oder auch durch einen Vertreter dann nicht der Bestimmung des § 6 Abs 2 AufenthaltsG 1992, wenn sich der Fremde im Zeitpunkt dieser Antragstellung im Inland aufhält (vgl das Erkenntnis des VwGH vom 31.10.1997, Zl 96/19/2576). Der Bw hat jedenfalls mit seinem Verhalten (Einreise in das Bundesgebiet mit einem Touristensichtvermerk und seinem nachfolgenden unrechtmäßigen Aufenthalt) die mit dem Aufenthaltsgesetz verfolgten Zielsetzungen einer wirksamen Steuerung der Zuwanderung nach qualitativen und quantitativen Kriterien offenbar zu unterlaufen versucht.

Soweit sich der Bw also auf eine unverschuldete Unkenntnis der Rechtslage (einen entschuldbaren Rechtsirrtum) beruft, ist ihm zu erwidern, daß ein solcher Schuldausschließungsgrund dann nicht gegeben ist, wenn es Sache der Partei ist, sich mit den einschlägigen Vorschriften vertraut zu machen und im Zweifel bei der (zuständigen) Behörde anzufragen. Im Interesse der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung muß von einem Fremden verlangt werden, daß er sich über die den Aufenthalt von Ausländern im Inland regelnden österreichischen Vorschriften informiert. Unterläßt er Erkundigungen, so kann er sich nicht auf unverschuldete Rechtsunkenntnis berufen (vgl das Erkenntnis des VwGH vom 4.9.1996, Zl 95/21/0815). Da sich der Bw nach seinen eigenen Angaben bei seiner Einvernahme selbst überhaupt nicht über die Voraussetzungen für einen legalen Aufenthalt in Österreich informiert hat und ihm auch keine Auskünfte in die Richtung erteilt worden sind, daß er die Erledigung des Antrages im Inland abwarten könne (der Unabhängige Verwaltungssenat Wien wertet dieses Vorbringen der Rechtsanwältin Dr B in der Eingabe vom 27.3.1998 als bloßen Versuch, das Verfahren in die Länge zu ziehen), scheidet ein relevanter Rechtsirrtum von vornherein aus. Abschließend ist noch anzumerken, daß der Bw sich auch durch das anhängige Verwaltungsstrafverfahren nicht veranlaßt gesehen hat, seinen unrechtmäßigen Aufenthalt im Bundesgebiet zu beenden, auch wenn er nach wie vor keine Aufenthaltsberechtigung besitzt. Dem Bw war nach der Aktenlage ein Touristensichtvermerk vom 13.9.1995 bis 13.10.1995 ausgestellt worden. Dem Bw mußte somit zumindest bekannt sein, daß es für den Aufenthalt (insbesondere zur Wohnsitznahme) eines Fremden in Österreich einer Bewilligung (in welcher Form auch immer) bedarf. Es war daher als Verschuldensform zumindest grobe Fahrlässigkeit anzunehmen, weil aufgrund dieser Umstände ein positives Wissen des Bw über die Notwendigkeit einer (und zwar erteilten und nicht bloß beantragten) Aufenthaltsbewilligung evident ist.

Zur Strafbemessung ist folgendes auszuführen:

Gemäß § 19 Abs 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Gemäß § 19 Abs 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40-46 VStG) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches (StGB) sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Dem öffentlichen Interesse an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften kommt aus der Sicht des Schutzes der öffentlichen Ordnung ein hoher Stellenwert zu. Dieses maßgebliche öffentliche Interesse hat der Bw durch seinen seit 14.10.1995 (bis 28.7.1997 laut Spruch des Straferkenntnisses) unberechtigten Aufenthalt in der Dauer von knapp zwei Jahren gravierend verletzt. Daß er sich auch danach weiterhin unrechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat, sei an dieser Stelle nur angemerkt.

Das Verschulden des Bw war als erheblich angesehen, da er - wie oben näher ausgeführt worden ist - zumindest grob fahrlässig gehandelt hat.

Bei der Strafbemessung wurde als mildernd berücksichtigt, daß der Bw zur Tatzeit verwaltungsstrafrechtlich noch unbescholten war. Erschwerungsgründe sind im Verfahren keine hervorgekommen. Hinsichtlich der Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse ging der Unabhängige Verwaltungssenat Wien von den eigenen Angaben des Bw aus (ledig, kein Vermögen, keine Sorgepflichten, er werde vom Vater erhalten). Dem Bw ist nun zuzugeben, daß seine bei der Strafbemessung gemäß § 19 Abs 2 VStG mitzuberücksichtigenden Einkommens- und Vermögensverhältnisse ungünstig sind. Daraus folgt aber nicht schon, daß er etwa Anspruch auf Verhängung einer noch milderen Strafe hätte, da § 19 VStG nicht ausschließlich auf diese Umstände abstellt (vgl dazu die Erk des VwGH vom 15.5.1991, Zl 90/02/0204 und vom 22.6.1995, Zl 94/09/0306).

Hinzuweisen ist nämlich darauf, daß nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch über Personen, die kein oder nur ein geringes Einkommen beziehen, Geldstrafen verhängt werden können (vgl das Erk des VwGH vom 6.12.1965, Zl 926/65, VwSlg 6818/A). Die Geldstrafe ist somit auch dann zu verhängen, wenn die Vermögens- und Einkommensverhältnisse des Bestraften es wahrscheinlich erscheinen lassen, daß er nicht in der Lage sein wird, sie zu bezahlen (vgl das Erk des VwGH vom 13.3.1991, Zlen. 90/03/0016, 0042).

Unter Bedachtnahme auf diese Strafzumessungsgründe und den bis zu S 10.000,-- reichend

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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