TE UVS Steiermark 1999/04/13 20.3-10/99

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Veröffentlicht am 13.04.1999
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Erich Kundegraber über die eingelangte Beschwerde des Herrn B G B, vertreten durch Mag. H G P, Rechtsanwalt in G, wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gemäß §§ 67 a Abs 1 Z 2 und 67 c Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im folgenden AVG) und § 35 Z 1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im folgenden VStG), wie folgt entschieden:

Die Festnahme des Beschwerdeführers am 21. Dezember 1998 von 23.13 Uhr bis 23.30 Uhr durch Organe der Bundespolizei Graz war rechtmäßig und ist daher die Beschwerde abzuweisen. Der Beschwerdeführer hat gemäß § 79 a AVG in Verbindung mit der Aufwandersatzverordnung UVS, BGBl. Nr. 1995/855 entstandenen Verfahrenskosten in der Höhe von S 6.865,-- der Bundespolizeidirektion Graz binnen vier Wochen ab Zustellung des Bescheides bei sonstiger Exekution zu bezahlen.

Text

I.1. In der Beschwerde vom 28. Jänner 1999 wird nachfolgendes vorgebracht:

I. Sachverhaltsdarstellung:

Herr B wurde am 21.12.1998 um 23.12 Uhr in der Einfahrt zur Tiefgarage Leonhardstraße 100b als Lenker seines PKW G 97 XFE von den einschreitenden Beamten des Wachzimmers Schanzelgasse zu einer Lenker- und Fahrzeugkontrolle angehalten. Als Begründung wurde 'notorisches Falschparken' angegeben.

Der Beschwerdeführer hat daraufhin die Fahrzeugpapiere ausgefolgt, die Identität wurde von den Beamten überprüft und daraufhin die Papiere wieder zurückgegeben. Dies verbunden mit einer Aufforderung zur Alkoholkontrolle. Der Beschwerdeführer hat dieser Alkoholkontrolle auch zugestimmt und wurde darüberhinaus sogar aufgefordert, das KFZ ordnungsgemäß in der Garage abzustellen.

In weiterer Folge wurde die Tiefgarage in Begleitung der Beamten verlassen und hat der Beschwerdeführer ersucht, daß auch Frau Mag. G als Begleitperson zum Wachzimmer mitfahren dürfe. Dies wurde jedoch von den Beamten 'in rüder Form' abgelehnt. Im Zuge der Diskussion hat sich dann Herr B geweigert, sich erneut auszuweisen, zumal auch seitens der Beamten keine Bereitschaft gezeigt wurde, die Dienstnummern bekanntzugeben. Obwohl - wie bereits ausgeführt - zu Beginn der Amtshandlung von den Beamten bereits in den Führerschein Einsicht genommen wurde, sodaß eine Identitätsfeststellung erfolgt sein muß, wurde der Beschwerdeführer am 12.12.1998 um 23.13 Uhr in der Sonnenstraße gegenüber Nr. 16 festgenommen und in das Wachzimmer Schanzelgasse überstellt.

Nach Ausfolgung der Papiere an den Wachzimmerkommandanten wurde die Haft um 23.30 Uhr aufgehoben.

Beweis: Mag. E G, S-Straße , G, alsZeugin, Einvernahme der Beamten Dienstnummer und Wachzimmer Schanzelgasse und PV

II. Beschwerdelegitimation:

Die Festnahme erfolgte am 21.12.1998 um 23.13 Uhr und ist die 6-wöchige Beschwerdefrist daher gewahrt.

Die Beschwerdelegitimation ergibt sich daraus, daß der Beschwerdeführer durch die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt in verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt wurde. III. Beschwerdegründe

Nach der Bestimmung des Artikel 8 StGG ist die Freiheit der Person gewährleistet. Diese Verfassungsnorm und das Gesetz zum Schutz der persönlichen Freiheit schützen wohl - ebenso wie

Artikel 5 EMRK - nicht vor jeglicher Beschränkung der Bewegungsfreiheit schlechthin, sondern nur vor willkürlicher Verhaftung, rechtsunwidriger Inverwahrungnahme, sowie rechtswidriger Internierung und Konfinierung (VFSlg 8815/1980). Eine 'Verhaftung' liegt aber dann vor, wenn Amtsorgane im Zuge einer Amtshandlung unter Anwendung physischen Zwangs persönliche Ortsveränderungen entweder überhaupt unterbinden, oder auf bestimmte nach allen Seiten hin begrenzte Örtlichkeiten oder Gebiete, die nicht verlassen werden dürfen, einschränken (VFSlg 3447/1958 usw.).

Aus den erwähnten Bestimmungen ergibt sich, daß die zur Anhaltung berechtigten Organe der öffentlichen Gewalt nur in den vom Gesetz bestimmten Fällen eine Person in Verwahrung nehmen dürfen.

§ 35 VSTG räumt den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes unter den dort genannten Voraussetzungen die Festnahme von Personen ein.

In konkreten Fall stützen sich die einschreitenden Beamten auch auf die Bestimmung des § 35 VSTG.

Abgesehen davon, daß im konkreten Fall weder nachvollziehbar ist, auf welcher Art 'frischer Tat' der Beschwerdeführer betreten wurde, ist darüberhinaus auch unrichtig, daß die Identität den amtshandelnden Organen nicht bekannt war.

Wie bereits ausgeführt, hat der Beschwerdeführer seine Fahrzeugpapiere schon im Zuge der Anhaltung den Beamten zur Einsichtnahme ausgefolgt und ist wohl anzunehmen, daß sich die Beamten auch über die Identität des Beschwerdeführers kundig gemacht haben.

Spätestens seit diesem Zeitpunkt ist aber der Beschwerdeführer den Organen soweit bekannt, daß eine Festnahme zur Feststellung seiner Identität nicht gerechtfertigt ist. Der Beschwerdeführer wurde daher durch die gesetzten Amtshandlungen in seinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf persönliche Freiheit und darüberhinaus in seinem Recht nicht entgegen die Bestimmungen des § 35 VSTG festgenommen und angehalten zu werden, verletzt.

Es wurde beantragt, daß der Beschwerdeführer durch "die Festnahme am 21.12.1998, um 23.13 Uhr, durch Organe der Bundespolizeidirektion Graz in der Sonnenstraße gegenüber Nr. 16 in seiner nachfolgenden Anhaltung bis 23.30 Uhr des gleichen Tages im Wachzimmer Schanzelgasse im verfassungsrechtlich gewährleisteten Recht auf persönliche Freiheit, sowie in seinem Recht, nicht entgegen den Bestimmungen des § 35 VStG festgenommen und angehalten zu werden, verletzt worden ist" und wurde beantragt ihm die Kosten des Verfahrens zuzusprechen.

2. Die Bundespolizeidirektion Graz gab am 23. Februar 1999 nachfolgende Gegenäußerung ab:

1) Sachverhaltsdarstellung:

Im Zuge des exekutiven Streifendienstes mit dem Funkstreifenwagen sahen die Sicherheitswachebeamten RevInsp S H und RevInsp S A den PKW G 97 XFE in der Leonhardstraße. Als das Fahrzeug in den Reiterweg einbog, folgten sie dem PKW und hielten ihn im Bereich der Garageneinfahrt L. zur Lenker- und Fahrzeugkontrolle an. RevInsp S forderte den Lenker - den BF B - zur Aushändigung von Führerschein und Zulassungsschein auf. Der BF verblieb während dieser Amtshandlung auf seiner Position am Lenkerplatz des PKW. Nachdem der BF dem Beamten das Ausweisetui, in dem sich der Führerschein befand, übergeben hatte, äußerte er, dass er für eine eventuelle Beschädigung des Ausweisetuis den Beamten haftbar machen werde, falls er beim Herausnehmen des Führerscheines dieses beschädigen sollte. Auf Grund dieser Äußerung gab der Beamte dem BF das Etui mit dem Hinweis zurück, er solle selbst den Führerschein aus dem Etui nehmen, falls er eine Beschädigung befürchte. Schließlich sei er als Lenker zum Aushändigen den Dokumentes verpflichtet. Daraufhin nahm der BF das Etui zurück und steckte dieses samt dem Führerschein wieder ein. Da sich das Kfz direkt in der Garageneinfahrt befand und somit für Ein- oder Ausfahrende ein Hindernis darstellte, lenkte der BF sein Kfz auf einen Abstellplatz in die Tiefgarage. Zu diesem Zeitpunkt war zwar aus dem Inneren des Kfz Alkoholgeruch wahrnehmbar, die Beamten konnten diesen aber noch nicht klar dem Lenker oder der Beifahrerin zuordnen. Als der BF aber nach dem Abstellen des Kfz aus dem PKW stieg und im Gespräch neuerlich die Aufforderung zur Aushändigung des Führerscheines mißachtete, war für die beiden einschreitenden Beamten klar, dass der Alkoholgeruch vom BF stammte. Sie konnten deutlichen Alkoholgeruch aus dem Mund wahrnehmen. Diesen Verdacht auf eine Beeinträchtigung durch Alkohol bestätigte der BF mit der Aussage, im Laufe des Tages 2 Gläser Bier (0,33 l) getrunken zu haben. Somit bestand für die einschreitenden Beamten der Verdacht des Lenkens eines Fahrzeuges in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand (§ 5 der StVO), sodass der BF vorerst von RevInsp S zur Durchführung einer Atemluftprüfung aufgefordert wurde. Diese Aufforderung ignorierte der BF, mit der Forderung nach Bekanntgabe der Dienstnummer. Es wurde ihm von RevInsp S zugesichert, dass ihm bei Abschluß der Amtshandlung eine Visitenkarte ausgefolgt werde, er aber vorerst die Atemluftprobe abzulegen habe. Da der das Gespräch mitverfolgende RevInsp S den Eindruck hatte, dass der BF die Aufforderung zur Durchführung der Atemluftprobe nicht richtig verstanden hatte, forderte er den BF zur Atemluftprüfung im Wachzimmer Schanzelgasse auf. Dieser Aufforderung stimmte der BF unter der Bedingung zu, dass seine Begleiterin ebenfalls mit dem Funkstreifenwagen mitfahren dürfe. Die Beamten erklärten, dass eine derartige Mitfahrt in einem Dienstkraftfahrzeug nicht vorgesehen und somit auch nicht zulässig sei. Als Entgegenkommen wurde aber über das Wachzimmer

Schanzelgasse zur Beförderung der Begleiterin ein Taxi angefordert. Mit dieser Lösung gab sich der BF aber nicht zufrieden, er gab weiterhin an, nur gemeinsam mit der Begleiterin im Funkstreifenwagen zur Dienststelle mitzufahren. Daraufhin wurde der BF von RevInsp S auf die Folgen der Verweigerung der Atemluftprobe aufmerksam gemacht. Da er trotz dieses Hinweises seine Verweigerung aufrecht hielt, wurde die Amtshandlung i.S. des § 5 Abs. 2 der StVO abgebrochen und war der Tatbestand des § 99 Abs. 1 lit b StVO vollendet.

Zur Finalisierung der Amtshandlung war es nun notwendig, die Personaldaten des BF zu eruieren. Er war ja den einschreitenden SWB unbekannt und durch das kurze 'Hineinblicken' in den Führerschein war eine Identitätsüberprüfung sowie das Erfassen der Daten gar nicht möglich gewesen. Hiezu kommt noch, dass auch die gesetzliche Verpflichtung zur Abnahme des Führerscheines gem. § 39 Abs. 1 FSG vorlag.

Da der BF sich weiterhin weigerte den Führerschein auszuhändigen, wurde er um 23.13 Uhr, gem. § 35 Z. 1 VStG festgenommen und mit dem Streifenwagen zum Wachzimmer Schanzelgasse gebracht. Dort angelangt, entsprach er der durch den Wachkommandanten BezInsp P ausgesprochenen

Aufforderung zur Aushändigung seines Führerscheines, sodass um 23.30 Uhr die Freiheitsbeschränkung aufgehoben werden konnte. Der Führerschein wurde dem BF abgenommen und darüber eine Bestätigung ausgestellt. Nach Aushändigen der Visitenkarten von beiden Streifenbeamten verließ der BF das Wachzimmer.

Der BF wurde wegen Verweigerung der Atemluftprüfung gem. § 99 Abs. 1 lit. b der StVO und wegen Nichtaushändigen des Führerscheines gem. § 14 Abs. 1 des FSG zur Anzeige gebracht.

2) Rechtliche Begründung:

Gem. § 97 Abs. 5 der StVO sind die Organe der Straßenaufsicht berechtigt, Lenker von Fahrzeugen zwecks Durchführung einer Lenker- und Fahrzeugkontrolle zum Anhalten aufzufordern. Von dieser Befugnis haben die Beamten Gebrauch gemacht, als sie den BF auf der Fahrt zur Tiefgarage als Lenker des PKW G - 97 XFE im Rahmen ihres polizeilichen Streifendienstes wahrgenommen hatten.

Gem. § 14 Abs. 1 des FSG sind die Lenker verpflichtet, den für das Lenken von Kraftfahrzeugen vorgeschriebenen Führerschein mitzuführen und auf Verlangen von Überwachungsorganen diesen zur Überprüfung auszuhändigen.

Dieser Aufforderung kam der BF nur in unzureichender Weise nach. Er händigte den Führerschein gemeinsam mit einem Etui aus, was durchaus üblich ist. Ungewöhnlich war nur die Äußerung des BF, bei einer eventuellen Beschädigung des Etuis durch Herausnehmen des Führerscheines aus der Kunstoffhülle den SWB belangen zu wollen. So gab der Beamte nach kurzem Hineinblicken in den Führerschein das Etui mit der Aufforderung lediglich den Führerschein auszufolgen zurück.

Dazu muß gesagt werden, dass die ho. Exekutivbeamten geschult wurden, bei Ausweiskontrollen, insbesondere bei Bedenken über die Echtheit des Dokumentes, dieses jedenfalls frei von jeder Umhüllung zu überprüfen. Durch das folgende Wegstecken des Führerscheinetuis ohne Aushändigung des 'bloßen' Dokumentes hat der BF der Bestimmung des § 14 Abs. 1 FSG nicht entsprochen.

Wenn der BF anführt, dass nach Überprüfung der Identität die Papiere verbunden mit der Aufforderung zur Alkoholkontrolle zurückgegeben wurde, so muß dem entgegengehalten werden, dass eine derartige Vorgangsweise der Praxis des Einschreitens absolut widerspricht. Wenn bei einem Lenker der Verdacht der Alkoholisierung vorliegt, so wird der Führerschein nicht sofort wieder ausgefolgt. Ganz im Gegenteil, er wird jedenfalls bis zur Beendigung der Atemluftprüfung einbehalten. Denn je nach Ergebnis wird dieser bei Unterschreiten der 0,4 mg/l Atemluftalkoholkonzentration ausgefolgt oder bei Erreichen oder Überschreiten dieses Wertes gem. § 39 Abs. 1 FSG

abgenommen. Den Führerschein vor Beendigung der Atemluftprobe zurückzugeben, würde bedeuten, dass er bei Erreichen oder Überschreiten des o.a. Grenzwertes wiederum zwecks Abnahme desselben abverlangt werden müßte. Zu diesem Zeitpunkt sind aber die Betroffenen in Kenntnis der nicht unerheblichen Rechtsfolgen oft nicht mehr bereit, diesbezüglich mitzuwirken. Aus diesem Grund wird bei Atemluftprüfungen ein Führerschein grundsätzlich nicht mit einer Aufforderung zur Atemluftprüfung zurückgegeben.

Ebenfalls nicht entsprochen hat der BF der darauffolgenden Aufforderung zur Atemluftprüfung gem. § 5 Abs. 2 StVO. Gem. § 5 Abs. 2 der StVO sind die zur Durchführung von Atemluftprüfungen ermächtigten Organe berechtigt, die Atemluft von Personen, die verdächtig sind, in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand ein Fahrzeug gelenkt zu haben auf Alkoholgehalt zu untersuchen. Die Vermutung durch Alkoholbeeinträchtigung ergab sich durch den deutlichen Alkoholgeruch aus dem Munde des BF. Diese Feststellung wurde durch die Angabe des BF über den Genuss von zwei Gläser Bier bestätigt. Somit lagen die formellen Voraussetzungen zur rechtsverbindlichen Aufforderung zur Atemluftprüfung vor. Der BF hat die Befolgung dieser mehrmaligen Aufforderung in unzulässiger Weise von Bedingungen (Bekanntgabe der Dienstnummer, Mitnahme der Begleiterin im Dienstkfz) abhängig gemacht und somit der gesetzlichen Verpflichtung zur Atemluftprüfung nicht Folge geleistet. Somit hatte der BF den Tatbestand gem. § 99 Abs. 1 lit. b StVO verwirklicht. Diese Übertretung ist sicherlich als eine sehr schwerwiegende, mit einer Mindeststrafe von 16.000.- S behafteten Verwaltungsübertretung anzusehen, sodass eine ausreichende, verlässliche Feststellung der Person des Täters notwendig ist. Die Identiätsfeststellung (gem. § 35 Abs. 2 SPG das Erfassen der Namen, des Geburtsdatums und der Wohnschrift eines Menschen) kann nicht mit einem kurzen Blick in den Führerschein erfolgen, sie besteht eben im Erfassen (= Niederschreiben, auf Tonband festhalten etc.) der relevanten Daten.

Somit war die Person des BF für die einschreitenden Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes unbekannt. Weiters wies er sich nicht aus und seine Identität war auch sonst nicht sofort (z.B. Vorhandensein eines sonstigen amtlichen Lichtbildausweises) sofort feststellbar. Somit war der Festnahmegrund nach § 35 Z. 1 VStG gegeben, denn zweifelsohne haben die Organe den BF bei Begehung einer Verwaltungsübertretung (§ 99 Abs. 1 lit b StVO) auf frischer Tat betreten.

Da auf Grund der Erfahrung in derartigen Fällen eine Überstellung in Polizeiräumlichkeiten dem Betroffenen oftmals die Ernsthaftigkeit des polizeilichen Handelns bewußt wird, erfolgte noch keine Vorführung zur Behörde, sondern eine Überstellung in das nahegelegene Wachzimmer. Dort kam der BF der Aufforderung zur Aushändigung des Führerscheines nach, es erfolgte somit die Identitätsfeststellung und die Aufhebung der Freiheitsbeschränkung.

Aus ho. Sicht ist die Festnahme zur Identitätsfeststellung in der angeführten Form gesetzlich gerechtfertigt. Anlaßbezogen war diese kurzfristige Freiheitsbeschränkung von 17 Minuten auch das gelindeste Mittel, um die erforderliche Identitätsfeststellung zu gewährleisten.

Es wird daher beantragt, die Beschwerde abzuweisen. Für die erstattete Gegenschrift wird Kostenersatz (Schriftaufwand) beantragt. Sollte es auch zu einer mündlichen Verhandlung kommen, so wird auch der Ersatz für diesen Aufwand beantragt. Als Beilage wurde die Anzeige der Bundespolizeidirektion Graz, Wachzimmer Schanzelgasse/C 1 vom 22. Dezember 1998, Anzeigen-Nr. ,die Vorstellung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid über Entziehung der Lenkerberechtigung sowie die Rechtfertigung des Beschwerdeführers im Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 99 Abs 1 lit. b Straßenverkehrsordnung 1960 beigeschlossen.

II. Nach Durchführung einer öffentlichen, mündlichen Verhandlung am 7. April 1999, wobei die Zeugen Rev. Insp. H S, Rev. Insp. A S, Frau Mag. E G und der Beschwerdeführer einvernommen wurden sowie unter Heranziehung des Akteninhaltes, wird folgender entscheidungsrelevanter Sachverhalt festgestellt:

1. Am 21. Dezember 1998, um ca. 23.00 Uhr, wurde der Beschwerdeführer als Lenker des Fahrzeuges, Kennzeichen G-97 XFE, vor dem Tor zur Tiefgarage Leonhardstraße 100b, 8010 Graz, zu einer Lenker- und Fahrzeugkontrolle von einem Sicherheitswacheorgan der Bundespolizeidirektion Graz aufgefordert. Der Beschwerdeführer öffnete das Seitenfenster des Kraftfahrzeuges und überreichte dem Exekutivorgan den Zulassungsschein als auch den Führerschein, der in einem Etui steckte, welches aufgeklappt war und auch Kreditkarten des Beschwerdeführers enthielt. Der Beschwerdeführer machte das Sicherheitswacheorgan aufmerksam, daß im Falle einer Beschädigung des Etuis, das Sicherheitswacheorgan zur Verantwortung gezogen werden würde. Im Beisein des Beschwerdeführers war die Zeugin Mag. E G. Als das Tor offen war, wurde vereinbart, daß der Beschwerdeführer das Fahrzeug in die Tiefgarage stellen soll, um die Zufahrt nicht zu behindern. Da die Stelle am Garagentor nicht gut beleuchtet war, konnte das Exekutivorgan die Daten im Führerschein nicht lesen. Nach Abstellen des Fahrzeuges gingen die beiden Exekutivbeamten, die Zeugin als auch der Beschwerdeführer wieder in Richtung des abgestellten Streifenwagens. Als der Beschwerdeführer wiederum erwähnte, daß das Exekutivorgan bei einer Beschädigung des Etuis haftbar gemacht wurde, wurde ihm von Rev. Insp. H S das Etui mit dem Führerschein ausgefolgt. Im Zuge dessen wurde auch der Beschwerdeführer nach seinem Alkoholkonsum gefragt und gab an, im Laufe des Tages zwei Gläser Bier getrunken zu haben. Sodann wurde der Beschwerdeführer von Rev. Insp. S zum Alkotest aufgefordert und stimmte dieser dem Test zu. Als dem Beschwerdeführer sodann zur Kenntnis gebracht wurde, daß er mit dem Streifenwagen zum Wachzimmer mitfahren müsse, um dort den Alkotest durchzuführen, gab er zu verstehen, daß er dem Alkotest nur dann zustimme, wenn Frau Mag. G mit dem Dienstfahrzeug mitfahre. Dieses Anliegen wurde vom Exekutivorgan abgelehnt und der Beschwerdeführer aufgefordert den Führerschein herauszugeben. Die Herausgabe des Führerscheines wurde verweigert und wurde der Beschwerdeführer sodann ein zweites Mal von Rev. Insp. S zum Alkotest aufgefordert. Der Beschwerdeführer gab wiederum an, daß er nur mitfahren würde, wenn auch Frau Mag. G im Dienstkraftfahrzeug mitfahre und er ansonsten den Alkotest verweigern würde. Daraufhin wurde der Beschwerdeführer nochmals aufgefordert den Führerschein herauszugeben und lehnte er dies wiederum mit der Begründung ab, daß er den Füherschein nicht hergebe, wenn seine Beifahrerin nicht mit dem Polizeifahrzeug mitfahren dürfe. Es wurde sodann die Festnahme nach § 35 Z 1 VStG von Rev. Insp. S ausgesprochen und der Beschwerdeführer mittels Dienstfahrzeug auf das Wachzimmer gebracht. Dorthin folgte ihm die Zeugin Mag. G, welche dort auf Grund eines von Rev. Insp. S fernmündlich bestellten Taxis hingelangte. Am Wachzimmer folgte sodann der Beschwerdeführer dem Kommandanten den Führerschein aus und wurde die Festnahme aufgehoben.

2. Die getroffenen Feststellungen gründen sich auf die Aussagen der einvernommenen Exekutivbeamten, die in den wesentlichen Punkten eine logische Sachverhaltsdarstellung abgaben. Soweit es um die Herausgabe des Führerscheines geht, wird dies auch von der Zeugin Mag. G bestätigt, die angab, daß der Beschwerdeführer den Exekutivbeamten geantwortet hätte, er habe den Führerschein bereits zehn Minuten gehabt und gebe ihn nicht mehr her. Dies wird selbst vom Beschwerdeführer bei seiner Einvernahme angegeben. Insoweit stehen sämtliche Aussagen bezüglich des entscheidungsrelevanten Sachverhaltes nicht in Widerspruch und war über die Verweigerung des Alkotestes selbst - hiezu ist in dem Verfahren nicht abzusprechen - keine näheren Feststellungen zu treffen.

III. Die Rechtsbeurteilung ergibt folgendes:

1. Gemäß § 67 a Abs 1 Z 2 AVG entscheiden die Unabhängigen Verwaltungssenate bei Beschwerden von Personen, die behaupten, durch die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt in ihren Rechten verletzt zu sein, ausgenommen in Finanzstrafsachen des Bundes.

Die Beschwerde langte beim Unabhängigen Verwaltungssenat für die Steiermark am 29. Jänner 1999 ein (Postaufgabestempel 28. Jänner 1999), wodurch die 6-wöchige Beschwerdefrist gemäß § 67 c Abs 1 AVG gewahrt wurde. Auch ist die örtliche Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark gegeben, da die von Beamten der Bundespolizeidirektion Graz vorgenommene Handlung im Sprengel des Unabhängigen Verwaltungssenates durchgeführt wurde.

2. Gemäß Artikel 2 Abs 1 Z 3 Bundesverfassungsgesetz über den Schutz der persönlichen Freiheit darf die persönliche Freiheit einen Menschen in folgenden Fällen auf die gesetzlich vorgeschriebene Weise entzogen werden: Zum Zweck seiner Vorführung vor die zuständige Behörde, wegen des Verdachtes einer Verwaltungsübertretung, bei der er auf frischer Tat betreten wird, sofern die Festnahme zur Sicherung der Strafverfolgung oder zur Verhinderung weiteren gleichartigen strafbaren Handelns erforderlich ist.

Gemäß § 35 Z 1 VStG dürfen die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes außer den gesetzlich besonders geregelten Fällen Personen, die auf frischer Tat betreten werden, zum Zweck ihrer Vorführung vor die Behörde festnehmen, wenn der Betretene dem anhaltenden Organ unbekannt ist, sich nicht ausweist und seine Identität auch sonst nicht sofort feststellbar ist. Die Festnahme des Beschwerdeführers am 21. Dezember 1998, um 23.13 Uhr, stellt jedenfalls eine Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt dar. Zu prüfen war, ob die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes dem Beschwerdeführer in Ansehung der Voraussetzung des § 35 Z 1 VStG festnehmen durften. Hiezu wird ausgeführt, daß eine Person auch schon dann "auf frischer Tat betreten" wird, wenn es vertretbar erscheint, die Tat als strafbar zu beurteilen, wenn also das Organ mit gutem Grund annehmen konnte, daß eine Verwaltungsübertretung begangen wird, oder - negativ ausgedrückt - wenn nicht Umstände vorliegen, die es völlig ausgeschlossen erscheinen lassen, eine Verwaltungsübertretung als gegeben anzunehmen. Auf frischer Tat wird jemand dann betreten, wenn das Sicherheitsorgan die Begehung der Tat unmittelbar wahrnimmt, ohne, daß zur Feststellung der Tat Erhebungen notwendig sind und aus den erhobenen Tatsachen Schlüsse gezogen werden müssen (VfGH 15.6.1974, Slg. 7987, 10.6.1977, Slg. 8045). Im Hinblick auf den festgestellten Sachverhalt konnte das Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes durchaus von der Vermutung einer schweren Verwaltungsübertretung - nämlich der Verweigerung des Alkotestes - ausgehen, die unmittelbar gegenüber dem Exekutivorgan gesetzt wurde. Ob die daraufhin erstattete Anzeige vom 22. Dezember 1998 (Anzeigen-Nr.: 10641) tatsächlich zu einer Bestrafung des Beschwerdeführers im Verwaltungsstrafverfahren führt, kann dahingestellt bleiben. Unbestritten blieb auch die Aussage des Zeugen Rev. Insp. S, daß er bei erstmaliger Aushändigung des Etuis mit dem Führerschein beim Tiefgaragentor auf Grund der dortigen Lichtverhältnisse die Daten nicht lesen konnte (siehe Zeugenaussage Verhandlungsschrift Seite 7). Da der Beschwerdeführer nach dem Verdacht der Alkotestverweigerung die Herausgabe des Führerscheines und damit die Feststellung seiner Identität verweigerte bzw. an die Bedingung knüpfte, daß die Zeugin Mag. G im Polizeifahrzeug mitfahren müsse, hat er ein Verhalten gesetzt, welches die Ausweisleistung verhindert. Zudem wurde der Beschwerdeführer noch aufmerksam gemacht, daß er im Falle des Nichtaushändigen des Führerscheines festgenommen werde, jedoch dies keine Veranlassung von Seiten des Beschwerdeführers initiierte, sich auszuweisen. Das Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes war auch in Kenntnis, daß der Beschwerdeführer seine Identität durch den Führerschein hätte ausweisen können und war die Identität des Beschwerdeführers auch sonst nicht "sofort" feststellbar. Da der Beschwerdeführer sodann am Wachzimmer den Führerschein dem Wachkommandanten aushändigte, wurde die Festnahme

unverzüglich aufgehoben und ist daher dem § 36 Abs 1 VStG

Genüge getan.

Es kann somit davon ausgegangen werden, daß der Beschwerdeführer durch sein Verhalten, nämlich die Nichtherausgabe des Führerscheines rechtmäßig zwecks Identitätsfeststellung im Sinne des § 35 Z 1 VStG am 21. Dezember 1998 festgenommen wurde. Die herangezogene Gesetzesstelle läßt auch keine Bedenken des verfassungsrechtlich gewährleisteten Rechtes auf persönliche Freiheit aufkommen, da Artikel 2 Abs 1 Z 3 des Bundesverfassungsgesetzes über den Schutz der persönlichen Freiheit eine Vorführung wegen des Verdachtes einer Verwaltungsübertretung, bei der der Beschuldigte auf frischer Tat betreten wird, zur Sicherung der Strafverfolgung zuläßt. Die Beschwerde war somit abzuweisen.

IV. Gemäß § 79 a AVG in Verbindung mit der Aufwandersatzverordnung UVS, BGBl. Nr. 855/1995, gebührt der belangten Behörde ein Betrag von S 6.865,--. Der Betrag setzt sich aus S 565,-- an Vorlageaufwand, S 2.800,-- an Schriftsatzaufwand und S 3.500,-- an Verhandlungsaufwand zusammen.

Schlagworte
Festnahme Identitätsfeststellung Verdacht persönliche Freiheit
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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