TE UVS Wien 1999/05/06 03/P/42/1011/99

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Veröffentlicht am 06.05.1999
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat durch das Mitglied MMagDr Tessar über die Berufung des Herrn Johannes S gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien, Strafamt - Revisionsbüro für Polizeistrafsachen, vom 1.3.1999, Zl S 104776/SR/97, mit welchem der Einspruch vom 27.4.1998 gegen die Strafverfügung vom 9.10.1997 gemäß § 49 Abs 1 VStG als verspätet zurückgewiesen wurde, entschieden:

Gemäß § 66 Abs 4 AVG wird der Berufung keine Folge gegeben und der angefochtene Bescheid bestätigt.

Text

Begründung:

Der erstinstanzliche Bescheid enthält folgenden Spruch:

"Ihr Einspruch vom 27.4.98 gegen die Strafverfügung AZ wie oben, wird gemäß § 49 Abs 1 VStG als verspätet zurückgewiesen."

In der gegen diesen Bescheid fristgerecht eingebrachten Berufung brachte der Berufungswerber unter anderem vor wie folgt:

"Ihr Schreiben vom 01.03.99 habe ich zur Kenntnis genommen. Sie schreiben, ich hätte am 27.04.98 Einspruch erhoben gegen die Strafverfügung (AZ siehe oben). Das ist so nicht ganz richtig, da mir zu diesem Zeitpunkt diese noch gar nicht vorgelegen hat. Die Verfügung war nach Ihren Angaben zwar niedergelegt worden, zu diesem Zeitpunkt befand ich mich allerdings im Urlaub, weshalb die Urkunde wohl wieder an Sie zurückgeschickt wurde.

Wie ich schon in meinem letzten Schreiben vom 04.07.98 geschrieben habe, konnte ich deshalb von meinem Recht, Einspruch zu erheben, keinen Gebrauch machen, da mir, da ich die Strafverfügung erst im Juni 1998 erhalten habe.

Einspruch gegen sämtliche Ihrer Bescheide erhebe ich nach wie vor aus dem Grund, daß der Verstoß verjährt ist, da selbst das Datum der Niederlegung die Verjährungsfrist von 3 Monaten (D) bzw 6 Monaten (A) überschreitet."

§ 182 deutsche Zivilprozeßordnung lautet:

"Ist die Zustellung nach diesen Vorschriften nicht ausführbar, so kann sie dadurch erfolgen, daß das zu übergebende Schriftstück auf der Geschäftsstelle des Amtsgerichtes, in dessen Bezirk der Ort der Zustellung gelegen ist, oder an diesem Ort bei der Postanstalt oder dem Gemeindevorsteher oder dem Polizeivorsteher niedergelegt und eine schriftliche Mitteilung über die Niederlegung unter der Anschrift des Empfängers in der bei gewöhnlichen Briefen üblichen Weise abgegeben oder, falls dies nicht tunlich ist, an die Tür der Wohnung befestigt oder einer in der Nachbarschaft wohnenden Person zur Weitergabe an den Empfänger ausgehändigt wird."

Aus dem erstinstanzlichen Akt ist ersichtlich, daß die verfahrensgegenständliche Strafverfügung der Bundespolizeidirektion Wien vom 9.10.1997 in Vollziehung des Europäischen Übereinkommens vom 24.11.1977 über die Zustellung von Schriftstücken in Verwaltungssachen im Ausland via das Regierungspräsidium G durch die Deutsche Post AG gemäß § 3 Abs 3 (deutsches) VerwaltungszustellungsG iVm § 182 (deutsche) Zivilprozeßordnung durch Niederlegung am 18.12.1997 zugestellt worden ist.

Mit Schreiben vom 23.4.1998 brachte der Berufungswerber vor, daß ihm die og Strafverfügung nicht zugegangen sei. Er ersuchte um neuerliche Zusendung der Strafverfügung.

Mit Schreiben vom 24.3.1998 teilte das Regierungspräsidium G der Erstbehörde mit, daß die og Strafverfügung (nach deutschem Recht) als ordnungsgemäß zugestellt anzusehen ist.

Daraus folgt unter Zugrundelegung der Ermittlungsergebnisse, daß mit 18.12.1997 die zweiwöchige Rechtsmittelfrist zu laufen begonnen hat und diese daher am 2.1.1998 geendet hat. Es war daher davon auszugehen, daß das verfahrensgegenständliche behördliche Schriftstück dem Berufungswerber rechtswirksam durch die zuvor angeführte Ersatzzustellung zugestellt worden ist. Der mit 23.4.1998 datierte verfahrensgegenständliche Schriftsatz wurde jedoch laut Poststempel auf dem Briefumschlag erst am 27.4.1998 zur Post gegeben.

DER UNABHÄNGIGE VERWALTUNGSSENAT WIEN HAT ERWOGEN:

§ 234 deutsche Zivilprozeßordnung lautet:

"Die Wiedereinsetzung muß innerhalb einer zweiwöchigen Frist

beantragt werden.

Die Frist beginnt mit dem Tage, an dem das Hindernis behoben ist. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden."

Gemäß § 49 Abs 1 VStG ist ein Einspruch gegen eine Strafverfügung von der Partei binnen zwei Wochen bei der Behörde einzubringen, die den Bescheid in erster Instanz erlassen hat.

Gemäß § 13 Abs 1 AVG können Anträge, Gesuche, Anzeigen, Beschwerden und sonstige Mitteilungen, soferne gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, bei der Behörde schriftlich oder, soweit es der Natur der Sache nach tunlich erscheint, mündlich oder telefonisch eingebracht werden. Schriftliche Anbringen können nach Maßgabe der zur Verfügung stehenden technischen Mittel auch telegrafisch, fernschriftlich, im Wege automationsunterstützter Datenübertragung oder in jeder anderen technisch möglichen Weise eingebracht werden.

Gemäß § 33 Abs 4 AVG iVm § 24 VStG kann die gesetzliche Rechtsmittelfrist nicht behördlich verlängert werden. Voraussetzung für die Zurückweisung eines Rechtsmittels als verspätet ist allein die Versäumung der Rechtsmittelfrist und nicht auch ein Verschulden der Partei an der Verspätung (vgl VwGH 11.7.1988, 88/10/0113).

Zum Vorbringen des Berufungswerbers, daß er zum Zeitpunkt der Niederlegung der erstinstanzlichen Strafverfügung auf Urlaub gewesen wäre, ist auszuführen, daß nach deutschem Zustellrecht - und nur dieses ist im konkreten Fall hinsichtlich der Frage, ob und wann die verfahrensgegenständliche Strafverfügung zugestellt worden ist, anzuwenden - die nicht mehrere Monate überschreitende Ortsabwesenheit von der Abgabestelle nicht die Niederlegung eines behördlichen Schriftstückes unzulässig macht (vgl München NJW-RR 87,895). Nach deutschem Recht ist eine Zustellung durch Niederlegung auch dann als ordnungsgemäß erfolgt anzusehen, wenn ein Nachsendeauftrag des vorübergehend abwesenden Zustellungsempfängers nicht befolgt worden ist (vgl BayObLG MDR 81,60) oder der Zustellungsempfänger von der Niederlegung keine Kenntnis erlangt hat (vgl BayObLG FamRZ 90, 428).

Im Falle der unverschuldeten Unkenntnis des Adressaten eines behördlichen Schriftstückes von einer erfolgten Zustellung durch Niederlegung steht ihm aber gemäß § 233 deutsche Zivilprozeßordnung das Recht auf Wiedereinsetzung zu. Gemäß § 234 deutsche Zivilprozeßordnung muß ein Wiedereinsetzungsantrag innerhalb von vierzehn Tagen nach Beendigung der Verhinderung gestellt werden.

Nach Ansicht der erkennenden Behörde ist aber das Schreiben des Berufungswerbers vom 23.4.1998 (zur Post gegeben am 27.4.1998) nicht als Wiedereinsetzungsantrag zu werten, zumal in diesem Schreiben mit keinem Wort ausgeführt worden ist, daß der Berufungswerber an der Behebung der niedergelegten Strafverfügung am Niederlegungstag gehindert gewesen war. Zudem behauptete er in diesem Schreiben nur, die oa Strafverfügung nicht erhalten zu haben. Daß ihm aber die Niederlegungsnachricht nicht rechtzeitig zugegangen ist, wurde von ihm weder im Schriftsatz vom 23.4.1998 noch im Berufungsschriftsatz behauptet. Nach Ansicht der erkennenden Behörde wurde vom Berufungswerber sohin binnen der absoluten Einbringungsfrist von 1 Jahr (vgl § 234 dritter Satz deutsche Zivilprozeßordnung) kein Wiedereinsetzungsantrag gestellt. Diesfalls ist aber nach deutschem Recht der Umstand, daß der Berufungswerber zum Niederlegungstag auf Urlaub gewesen ist, als nicht beachtlich anzusehen.

Doch selbst dann, wenn der Schriftsatz vom 23.4.1998 als Wiedereinsetzungsantrag zu werten gewesen wäre, wäre das Vorbringen, zum Niederlegungszeitpunkt auf Urlaub gewesen zu sein, nicht zu beachten. In diesem Fall wäre nämlich der Wiedereinsetzungsantrag zurückzuweisen gewesen.

Der Berufungswerber hat nämlich in keinem seiner Schreiben vorgebracht, vom 18.12.1997 bis 13.4.1999 auf Urlaub gewesen zu sein. Im übrigen würde solch ein Vorbringen auch nicht der alltäglichen Lebenserfahrung entsprechen.

Sohin wäre aber davon auszugehen, daß vom Zeitpunkt der Rückkehr aus dem Urlaub bis zum 27.4.1997, dem Tag, an welchem das og Schreiben zur Post gegeben wurde, mehr als 14 Tage verstrichen waren. Es wäre sohin dieses Schreiben als nicht innerhalb der 14-tägigen Wiedereinsetzungsantragseinbringungsfrist eingebracht anzusehen. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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