TE UVS Steiermark 1999/05/18 30.4-7/99

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Veröffentlicht am 18.05.1999
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Klaus Stühlinger über die Berufungen des Herrn Dr. U Z, W, gegen folgende Bescheide des Bürgermeisters der Stadt Graz

1.)

vom 11.12.1998, GZ.: A8aP-10854M, bzw.

2.)

vom 11.12.1998, GZ.: A8aP-10711M,

wie folgt entschieden:

Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im folgenden VStG) wird den Berufungen Folge gegeben, die angefochtenen Straferkenntnisse werden behoben und die Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG eingestellt.

Text

Auf Grund des von der gemäß § 51 Abs 1 VStG sachlich und örtlich zuständigen Berufungsbehörde durchgeführten Ermittlungsverfahrens, insbesondere auf Grundlage der in Anwesenheit des Berufungswerbers und unter Beiziehung der erforderlichen Zeugin am 26.04.1999 vorgenommenen öffentlichen, mündlichen Verhandlung, ergeben sich folgende Feststellungen:

Mit den beiden im Spruch dieses Bescheides näher bezeichneten Straferkenntnissen vom 11.12.1998 waren über Herrn Dr. U Z wegen Übertretungen des Steiermärkischen Parkgebührengesetzes am 20.05.1998 in Graz, gegenüber dem Haus Burggasse 6, bzw. am 18.03.1998 in Graz, gegenüber dem Haus Marburger Kai 49, Verwaltungsstrafen verhängt worden, gegen diese Straferkenntnisse hat er fristgerecht das Rechtsmittel der Berufung eingebracht und diese unter anderem neben einer Bestreitung des Sachverhaltes damit begründet, es bestünden nach wie vor bezüglich der für den Innenstadtbereich der Stadt Graz flächendeckend verordneten, gebührenpflichtigen Kurzparkzone schwerwiegende Kundmachungsmängel, die eine Strafbarkeit auf Grundlage dieser Verordnung ausschließen würden. Konkret wurde vorgebracht, das am Lendplatz in Graz, vor der Firma Libro, aufgrund des Erkenntnisses des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark vom 03.03.1998, GZ.: UVS 30.4-216/97-8, aufgestellte Verkehrszeichen gemäß § 52 a Z 13 e StVO sei in einer die Rechtswidrigkeit dieser Verordnung begründenden Weise aufgestellt worden.

Über Aufforderung der Berufungsbehörde hat das Referat für Parkgebühren im Steueramt des Magistrates Graz diesbezüglich mit Schreiben vom 09.02.1999 mitgeteilt, dieses Straßenverkehrszeichen vor dem Haus Lendplatz 39 sei am 06.03.1998 aufgestellt worden, dies sei durch eine Angleichung an die örtliche Vorgabe der betreffenden Verordnung erfolgt, diese sei somit nicht geändert worden.

Von seiten der Berufungsbehörde wurden zur Klärung des Sachverhaltes und aller Rechtsfragen mit Ladungsbescheiden vom 15.03.1999 Berufungsverhandlungen für 26.04.1999 angeordnet, gleichzeitig wurde das vor dem Haus Lendplatz Nr. 39, vor der Firma Libro, angebrachte Verkehrszeichen zu Dokumentationszwecken fotografiert.

Innerhalb der Berufungsverhandlungen hat der Berufungswerber sein Vorbringen nochmals wiederholt und dahingehend konkretisiert, als dieses westlich von der Firma Libro aufgestellte Verkehrszeichen nicht in Einklang mit den bestehenden Verordnungen stehen könne, da auch diesbezüglich in der Stellungnahme des Magistrates Graz vom 09.02.1999 ausgeführt würde, es sei nur eine Angleichung an die örtliche Vorgabe erfolgt. Aus der Verordnung bezüglich der Grazer Innenstadt gehe vom Wortlaut her nicht hervor, daß zwischen dem Verkehrszeichen laut planlicher Darstellung der Beilage ./A im Bereich des Trafogebäudes bis zur Südseite des Hauses Lendplatz 39 eine gerade Linie zu ziehen wäre. Das neu aufgestellte und im Akt fotografisch dargestellte Verkehrszeichen würde sich nicht einmal innerhalb einer solchen gedachten Linie befinden, sondern sei von dieser einige Meter Richtung Norden gerückt aufgestellt worden. Auch aus der planlichen Darstellung innerhalb der Verordnung ergebe sich bezüglich der Aufstellung dieses Verkehrszeichens keinerlei Anhaltspunkt. Daraus ergebe sich aus Sicht des Berufungswerbers, daß die nördliche Begrenzung der Innenstadtverordnung an diesem einen Punkt sowohl vom Verordnungstext her als auch hinsichtlich der aufgestellten Verkehrszeichen nach wie vor fehlerhaft wäre. Aufgrund dieses Berufungsvorbringens wurde von der Berufungsbehörde ein neuerlicher Ortsaugenschein am 18.05.1999 durchgeführt, wobei folgendes festgestellt wurde:

Das vor der Firma Libro am Lendplatz in Graz, vor dem Haus Lendplatz Nr. 39, aufgestellte Verkehrszeichen gemäß § 52 a Z 13 e StVO (Ende der (gebührenpflichtigen) Kurzparkzone) ist in dem einen Bestandteil der Verordnung des Stadtsenates der Landeshauptstadt Graz vom 21.03.1996, A 10/1-164/61-1996, bildenden Lageplan - diese Verordnung wurde inzwischen nicht geändert - nicht dargestellt bzw. enthalten; die im Schreiben des Magistrates Graz vom 09.02.1999, GZ.: A8aP-10711M, diesbezüglich als am 06.03.1998 erfolgte "Angleichung der betreffenden Verordnung an die örtliche Vorgabe" durch Aufstellung dieses Verkehrszeichens bezeichnete Vorgangsweise bewirkte, daß dieses Verkehrszeichen mindestens 4 m nördlich jener gedachten Linie aufgestellt worden ist, welche sich in diesem Bereich der flächendeckend verordneten, sogenannten Innenstadt-Zone aus dem Wortlaut der Verordnung und den ergänzenden planlichen Darstellungen ergibt. Zwischen der an der Straßenecke durch Bodenmarkierungen erkennbaren Sperrfläche und dem Standort dieses Verkehrszeichens befindet sich ein Parkraum in einer Länge von 1,5 m, welcher für ein mehrspuriges Kraftfahrzeug im Sinne der diesbezüglichen Judikatur (vgl. VwGH 10.10.1980, 2954/79) Gebührenpflicht begründen würde, da es diesbezüglich genügte, wenn das mehrspurige Kraftfahrzeug auch nur zu einem Teil innerhalb dieses Gebietes geparkt würde. Die Berufungsbehörde ist bei ihrer Entscheidung von folgenden Überlegungen ausgegangen:

Gemäß der Bestimmung des § 66 Abs 4 AVG, welche gemäß § 24 VStG auch im Verwaltungsstrafverfahren anzuwenden ist, hat die Berufungsbehörde, sofern die Berufung nicht wegen Unzulässigkeit oder Verspätung zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, ihre Anschauung sowohl hinsichtlich des Spruches als auch hinsichtlich der Begründung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.

Gemäß § 51 Abs 1 VStG steht dem Beschuldigten stets das Recht der Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat; somit ergibt sich die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark für die Erlassung der gegenständlichen Entscheidung.

Die Bestimmung des § 2 Abs 1 StVO 1960 enthält folgende Legaldefinitionen für die Vorgänge des Haltens und Parkens:

Ziffer 27 "Halten":

Eine nicht durch die Verkehrslage oder durch sonstige wichtige Umstände erzwungene Fahrtunterbrechung bis zu 10 Minuten oder für die Dauer der Durchführung einer Ladetätigkeit (§ 62);

Ziffer 28 "Parken":

Das Stehenlassen eines Fahrzeuges für eine längere als die in Ziffer 27 angeführte Zeitdauer.

Die Bestimmung des Art. 1 § 1 Abs 3 des Stmk.

Parkgebührengesetzes 1979 unterwirft in nahezu wortgleicher Übernahme dieser Begriffsbestimmung des Parkens nur ein Parken im Sinne der StVO der Gebührenpflicht.

Daraus folgt, daß nur ein Abstellen von mehrspurigen KFZ auf jenem Bereich öffentlicher Verkehrsflächen, auf welchen das Parken in abstracto, wenngleich unter zeitlicher Beschränkung und - wie in Graz - bestehender Gebührenpflicht, gestattet ist, den Bestimmungen des Stmk. Parkgebührengesetzes unterliegt. Gemäß § 6 Abs 1 Steiermärkisches Parkgebührengesetz sind Handlungen oder Unterlassungen, durch die die Parkgebühr hinterzogen oder verkürzt wird, sowie Übertretungen der Auskunftspflicht nach Abs 5 als Verwaltungsübertretungen mit Geldstrafen bis zu S 3.000,-- zu bestrafen.

Voraussetzung für das Entstehen einer Gebührenpflicht entsprechend diesen Bestimmungen des Steiermärkischen Parkgebührengesetzes ist somit das Bestehen einer entsprechenden Verordnung gemäß § 25 StVO. Die bereits erwähnte Verordnung des Stadtsenates der Landeshauptstadt Graz vom 21.03.1996 beschreibt das in sich geschlossene Gebiet der flächendeckend verordneten, gebührenpflichtigen Kurzparkzone für den Bereich der Innenstadt der Landeshauptstadt Graz im Bereich des Lendplatzes wie folgt:

Lendplatz - Ostseite - bis zur südlichen Gebäudekante des Hauses Lendplatz Nr. 39; Lendplatz - Ostseite - bis zur Verlängerung der südöstlichen Begrenzung der Volksgartenstraße.

Die in § 2 dieser Verordnung taxativ aufgezählten, mit zentimetergenauen Standortangaben versehenen Standorte der einzelnen Verkehrszeichen werden im Bereich des Lendplatzes wie folgt beschrieben:

Lendplatz - westliche Begleitfahrbahn: 1,0 m nördlich der nordöstlichen Gebäudekante des Hauses Lendplatz Nr. 10;

Lendplatz: Die Lage dieser Verkehrszeichen ist in der Beilage 1 dargestellt.

Aus der somit einen Bestandteil dieser Verordnung bildenden Beilage 1 - es handelt sich hiebei um eine Planskizze - ist der Standort jenes Verkehrszeichens, welches gemäß dem diesbezüglichen Schreiben des Magistrates Graz vom 09.02.1999 am 06.03.1998 aufgestellt worden ist, nicht ersichtlich. Gemäß § 44 Abs 1 StVO sind die in § 43 bezeichneten Verordnungen, sofern sich aus den folgenden Absätzen nicht anderes ergibt, durch Straßenverkehrszeichen oder Bodenmarkierungen kundzumachen und treten mit der Anbringung dieser Zeichen in Kraft.

Dies bedeutet im konkreten Fall, daß eine (flächendeckend verordnete) Kurzparkzone dann gesetzmäßig gekennzeichnet ist, wenn an allen, für die Ein- und Ausfahrt in Frage kommenden Stellen Vorschriftszeichen gemäß § 52 lit a Z 13 d StVO als Anzeige des Anfanges bzw. gemäß § 52 lit a Z 13 e leg. cit. als Anzeige des Endes aufgestellt sind. Ist diese Kennzeichnung erfolgt, so sind von der Kurzparkzone alle Straßen in den von diesen Vorschriftszeichen umgrenzten Gebieten erfaßt (VwGH 15.01.1980, 1859/78).

Hinsichtlich der gemäß der Judikatur zulässigen Abweichungen bezüglich der Anbringung von Verkehrszeichen in Abweichung vom diesbezüglichen Verordnungstext sind verbindliche Angaben dahingehend, welche Abweichungen toleriert werden können, nicht möglich; da jedoch eine gesetzmäßige Kundmachung im Sinne dieser Judikatur nicht besteht, wenn nur ein einziges Verkehrszeichen nicht dort aufgestellt ist, wo laut Verordnung das betreffende Verbot beginnt oder endet, ist im Einzelfall das Vorliegen oder Nichtvorliegen eines Kundmachungsmangels zu beurteilen. Diesbezüglich sei beispielsweise auf das Erkenntnis des UVS Wien vom 02.08.1991, ZVR 1992/119, verwiesen, wonach bereits bei einer Differenz von 1,10 m zwischen Aufstellungsort des Verkehrszeichens laut Verordnung und dem tatsächlichen Aufstellungspunkt von einer gesetzmäßigen Kundmachung nicht mehr ausgegangen werden kann.

Im konkreten Fall wurde durch die Anbringung des Verkehrszeichens bei der Firma Libro am Lendplatz in Graz eine bereits beschriebene, um mindestens 4 m abweichende, räumliche Erweiterung der sogenannten Innenstadt-Zone nach Norden bewirkt, die auch unter Berücksichtigung straßenverkehrsrechtlicher Voraussetzungen das gebührenpflichtige Parken eines mehrspurigen Kraftfahrzeuges im Bereich zwischen der beschriebenen Sperrfläche und dem Standort dieses Verkehrszeichens ermöglicht.

Durch diesen Umstand der räumlichen Erweiterung des Geltungsbereiches der zitierten Verordnung des Stadtsenates kann nicht mehr von einer tolerierbaren Abweichung ausgegangen werden, diese als schwerwiegend zu qualifizierende Verletzung grundlegender Kundmachungsvorschriften hat somit zur Folge, daß die Grazer Innenstadtverordnung nach wie vor als zur Gänze nicht gehörig kundgemacht anzusehen ist (vgl. VfGH 08.10.1980, B 243/79). Diesbezüglich sei noch auf das Erkenntnis des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark vom 03.03.1998, GZ.: UVS 30.4-216/97-8, verwiesen, aus welchem sich aus anderen Gründen die Rechtswidrigkeit dieser Verordnung durch Kundmachungsmängel zumindest bis zum 03.03.1998 ergibt; solche schwerwiegenden Kundmachungsmängel teilweise anderer Art sind somit zumindest bis zum 18.05.1999 festzustellen.

Für das Verwaltungsstrafverfahren bedeutet dies, daß die Nichtbeachtung eines gesetzwidrig angebrachten Verkehrszeichens nicht strafbar ist (vgl. VwGH 04.07.1963, 2042/62) und daher sämtliche, bisher bezüglich der Grazer Innenstadtverordnung durchgeführten Verwaltungsstrafverfahren wegen Übertretung parkgebührenrechtlicher Vorschriften mit Rechtswidrigkeit belastet sind.

Gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn der Beschuldigte die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen hat oder Umstände vorliegen, die die Strafbarkeit aufheben oder ausschließen. Gemäß § 45 Abs 2 AVG hat die Behörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht. Weiters sind gemäß § 25 Abs 2 VStG die der Entlastung des Beschuldigten dienlichen Umstände in gleicher Weise zu berücksichtigen wie die belastenden.

Gemäß den Bestimmungen der Grazer Parkgebührenverordnung 1997 hat die Einhebung einer Parkgebühr eine - gesetzeskonform kundgemachte - Verordnung gemäß § 25 StVO zur Voraussetzung. Wie die rechtliche Beurteilung des geschilderten Sachverhaltes ergeben hat, bestehen bei der im Innenstadtbereich von Graz flächendeckend verordneten Kurzparkzone zumindest bis zum 18.05.1999 wesentliche Kundmachungsmängel, sodaß eine Gebührenpflicht im Sinne der dargestellten Rechtslage nicht entstehen konnte, weshalb der Berufungswerber die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen haben kann und spruchgemäß zu entscheiden war.

Schlagworte
Kurzparkzone Parkgebühren Kundmachung Straßenverkehrszeichen Aufstellung
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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