Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat durch Mag Pfeifer als Vorsitzende, Mag Zotter als Berichter und Dr Königshofer als Beisitzer über die Berufung der Frau Vera T, vertreten durch RA, gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien vom 9.7.1998, MBA 10 - S 4568/98, wegen Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 26.5.1999 entschieden:
Gemäß § 66 Abs 4 AVG wird der Berufung Folge gegeben, das Straferkenntnis behoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG eingestellt.
Die Berufungswerberin hat daher gemäß § 65 VStG keinen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu leisten.
Begründung:
Das angefochtene Straferkenntnis enthält folgenden Spruch:
"Sie waren als handelsrechtliche Geschäftsführerin und somit als zur Vertretung nach außen Berufene im Sinne des § 9 Abs 1 VStG 1991 idgF der T-Gesellschaft mbH mit Sitz in Wien, S-gasse dafür verantwortlich, daß von Ihnen persönlich am 16.2.1998 in der Zeit von 20.00 Uhr bis 20.45 Uhr anläßlich einer Überprüfung dem Organ des Arbeitsinspektorates die Nachweisung (Auskunft) bzw die Überprüfung der Identität einer Person, die sich am 16.2.1998 in dem Gastgewerbebetrieb in Wien, S-gasse aufgehalten hat, von der Grund zur Annahme bestand, das es sich um eine Ausländerin handelte, die von der genannten Gesellschaft beschäftigt oder zu Arbeitsleistungen herangezogen werden sollte, verweigert bzw nicht nachgewiesen wurde.
Übertretene Norm: § 28 Abs 1 Z 2 lit f in Verb mit § 26 Abs 4 Ausländerbeschäftigungsgesetz, BGBl Nr 218/1975 idgF Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über Sie folgende Strafe verhängt:
Geldstrafe von ATS 30.000,-- falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von 9 Tagen, gemäß § 28 Abs 1 Z 2 lit f in Verbindung mit § 9 VStG 1991
Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:
3.000,-- Schilling als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, ds 10 % der Strafe.
Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten) beträgt daher 33.000,-- Schilling. Außerdem sind die Kosten des Strafvollzuges zu ersetzen."
Dagegen hat die Beschuldigte rechtzeitig Berufung erhoben. Sie verweist auf ihr Vorbringen im erstinstanzlichen Verfahren und vertritt die Auffassung, bewusst keine Auskunft verweigert zu haben.
Das gegenständliche Verwaltungsstrafverfahren wurde aufgrund einer Anzeige des Arbeitsinspektorates für Bauarbeiten eingeleitet. Laut des in der Anzeige wiedergegebenen Sachverhaltes sei im Rahmen einer Erhebung am 16. Februar 1998 gegen 20.00 Uhr in einem Lokal in Wien, S-gasse, festgestellt worden, dass eine Kellnerin beschäftigt gewesen sei. Diese habe angegeben, polnische Staatsbürgerin zu sein, sie habe Getränke eingeschenkt, serviert und kassiert. Die Angetroffene habe ihre Identität nicht nachweisen können. Die Berufungswerberin sei von der Genannten telefonisch verständigt worden, im Lokal erschienen und von den Organen des Arbeitsinspektorates dazu angehalten worden, dass die vermutlich polnische Kellnerin am 20. Februar 1998 in den Räumlichkeiten des Arbeitsinspektorates ihren Pass vorlegen sollte. Dieser Termin sei ohne Angabe von Gründen nicht eingehalten und damit die Nachweisung der Identität verweigert worden.
Zur Klärung des Sachverhaltes führte der Unabhängige Verwaltungssenat Wien am 26. Mai 1999 eine öffentliche mündliche Verhandlung durch.
Die Berufungswerberin schilderte darin den Geschehensablauf wie folgt:
"Über Vermittlung eines Bekannten habe ich die verfahrensgegenständliche Ausländerin kennengelernt. Ich habe dem Bekannten gesagt, dass ich nur Personen beschäftige mit den entsprechenden Bewilligungen und teilte er mir mit, dass die Betreffende mit einem Österreicher verheiratet sei. Daraufhin kam die Genannte an diesem 13. Februar 1998 zu mir ins Lokal und habe ich sie an diesem Tag erstmals gesehen. Anlässlich dieses Treffens wurde vereinbart, dass die Genannte am darauffolgenden Montag zu arbeiten beginnt. Befragt nach ihren Daten hat sie ihren Namen und die Adresse sowie das Geburtsdatum auf einen Zettel geschrieben, der heute hier vorgelegt wird. Vereinbart war, dass sie um 15.00 Uhr am Montag in das Lokal kommen soll, ich selbst wusste nicht, ob ich an diesem Tag zu dieser Zeit im Lokal sein konnte. Beim Gespräch am Freitag hat mir die Genannte auch erklärt, dass sie auch schon öfter in einem Lokal gearbeitet hat und hat sie mir auch gesagt, dass sie gemeldet ist und die Papiere hat und auch, dass sie mit einem Österreicher verheiratet ist. Sie kam an diesem Freitag am Abend nach ihrer Arbeit und hatte keine Papiere bei sich, sie sagte mir aber, es sei kein Problem und sie werde die Papiere am Montag mitbringen. Am darauffolgenden Montag war ich Nachmittags beim Steuerberater und habe ihm davon erzählt, dass ich eine Arbeitskraft einstellen wollte und haben wir sonstige Steuererklärungen besprochen. Ich zeigte dem Steuerberater den bereits erwähnten Zettel und hat mir dieser aufgetragen die weiteren Unterlagen vorzulegen. Ich wollte diese Unterlagen am Abend von der Genannten einholen und nachreichen. Am Abend erhielt ich dann den Anruf, und zwar hat mich die Polin selbst angerufen und teilte sie mir mit, dass das AI im Lokal sei, wobei sie allerdings nur sehr schlecht Deutsch konnte. Beim Eintreffen im Lokal war nach meinem Eindruck die Kontrolle schon erledigt, die Beamtin des AI ist aufgestanden und wollte schon gehen, sie hatte mit der angetroffenen Ausländerin schon gesprochen. Die Beamtin sagte zu mir, ob ich wisse, dass die Genannte keinen Ausweis bei sich hat. Das habe ich verneint, da ich das nicht gewusst habe. Die Beamtin hat mich gefragt, ob ich die Daten des RP hätte. Ich wollte ihr daraufhin die ganze Geschichte erklären. Die Ausländerin sagte zu mir, sie habe der Beamtin schon gesagt, wer sie sei und wann sie geboren sei. Allerdings einen Ausweis hatte sie nicht mit. Sie sagte mir, sie habe den Ausweis vergessen und bringe ihn morgen. Die Beamtin hat mich nicht gefragt, wie die Betreffende heißt, sondern ob ich Beweismittel hätte. Daraufhin teilte sie mir mit, damit meine ich die Beamtin, dass ich bis Freitag Zeit hätte, die Beweismittel nachzubringen. Sie hat mich aufgefordert, beim AI diese Unterlagen bis zu einem bestimmten Tag vorzulegen. Daraufhin war die Kontrolle beendet. Ich habe daraufhin die Kellnerin aufgefordert, mir ihre Telefonnummer zu geben, worauf sie mir eine Nummer aufgeschrieben hat und habe ich sie für diesen Tag nach Hause geschickt und sollte sie am nächsten Tag um 09.00 Uhr mit den Unterlagen in das Lokal kommen. Nachdem sie bis 10.00 Uhr nicht erschienen war, habe ich die mir bekannte Telefonnummer angerufen, ich bekam allerdings das Zeichen zu hören, dass es diese Nummer nicht gibt. Ich habe mich dann noch beim Steuerberater erkundigt, nachdem ich ja die Beweise beim AI vorlegen sollte, die Polin habe ich dann nie mehr gesehen. Der Steuerberater hat mir geraten, ich sollte versuchen die Genannte zu finden. Ich habe in der Folge in meinem Freundeskreis Recherchen angestellt. Dann war ich noch im Koat im 10. Bezirk in der V-Gasse. Dort habe ich den mir gegebenen Namen bekanntgegeben; dort teilte man mir mit, dass diese Person nicht existiert, dies wurde aus dem Computer abgelesen. Der Steuerberater hat gesagt, er kann nur etwas tun, wenn er ein Schreiben vom AI bekommt, ich bin nicht zum AI gegangen. Den Namen von der Genannten habe ich bei meiner Einvernahme beim MBA von Fr Sch erfahren. Unter dem mir dort genannten Namen S habe ich die Betreffende allerdings bei der Polizei auch nicht ausfindig machen können. Wegen der illegalen Beschäftigung wurde ich bestraft mit 20.000 S, die Ausländerin wurde in diesem Straferkenntnis mit dem Namen S genannt."
Manuela B, Erhebungsorgan des Arbeitsinspektorates, sagte als Zeugin einvernommen folgendes aus:
"Die Bw kenne ich von früheren Kontrollen. Die gegenständliche Kontrolle ist mir noch erinnerlich. Ich weiß noch, dass damals eine Frau im Lokal war, die servierte und habe ich sie um ihre Identität gefragt. Ich habe sie nach ihrer Identität gefragt und hat sie verstanden, dass sie mir den Pass vorlegen sollte. Auch wurde ihr ein Personalblatt vorgelegt, das sie ausfüllen sollte. Das vorgelegte Personenblatt ist jenes, welches von der angetroffenen Ausländerin ausgefüllt wurde. Die Ausländerin hatte kein Ausweisdokument bei sich. Sie hat gefragt, ob sie die Chefin anrufen könnte und hat sie dies in weiterer Folge getan. Die Bw ist in weiterer Folge im Lokal erschienen. Ich habe zur Bw gesagt, dass ich den Pass für die Ausländerin benötige. Sie hätte zwei Möglichkeiten, entweder dass ich die Polizei rufe, damit diese die Identität feststellt, oder dass sie mit der Ausländerin zu uns auf die Behörde kommt. Es wurde daraufhin vereinbart, dass die Bw gemeinsam mit der Ausländerin zu einem bestimmten Zeitpunkt aufs Amt kommt. Der Ablauf des Gespräches war was meine Äußerungen betrifft, so wie ich es hier jetzt gesagt habe. In der Folge wurde vom AI der Name S aufgrund der Angaben im Personenblatt für die Ausländerin angenommen. Ich selber habe in der Folge diese Angaben nicht mehr weiter überprüft. Es wäre also möglich, dass diese Angaben im Personenblatt zutreffen.
Ich habe deshalb nicht die Polizei gerufen, weil ich die Angelegenheit im Guten lösen wollte. Sie konnte mich so weit verstehen, dass sie das Personenblatt ausfüllte und die Chefin anruft. Sie hat auch verstanden, dass es um die Feststellung ihrer Identität ging."
Laut dem in der Berufungsverhandlung vorgelegten Personenblatt, das die angetroffene polnische Staatsbürgerin bei der Erhebung ausgefüllt hat, heißt diese Renata S, geb am 4.4.1972, polnische Staatsbürgerin, Wohnadresse: A-gasse.
Auf Grundlage des Ergebnisses des Ermittlungsverfahrens hat der Unabhängige Verwaltungssenat Wien erwogen:
Gemäß § 26 Abs 4 AuslBG ist der Arbeitgeber, dessen Auftraggeber oder deren Bevollmächtigter verpflichtet, über die Identität von Personen, die sich an einem im Abs 2 genannten Ort oder in einem dem Arbeitgeber zurechenbaren Fahrzeug aufhalten, Auskunft zu geben, wenn Grund zur Annahme besteht, dass es sich bei den in Frage kommenden Personen offensichtlich um ausländische Arbeitskräfte handelt, die beschäftigt werden oder zu Arbeitsleistungen herangezogen werden sollen. Die einschreitenden Organe der im Abs 1 genannten Behörden und die Träger der Krankenversicherung sind berechtigt, die Identität dieser Personen zu überprüfen.
Gemäß § 28 Abs 1 Z 2 lit f AuslBG begeht, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde zu bestrafen, wer entgegen den § 26 Abs 4 den in § 26 Abs 1 genannten Behörden und Rechtsträgern die Nachweisung oder die Überprüfung der Identität einer Person, die sich an einem im § 26 Abs 2 genannten Ort oder in einem dem Arbeitgeber zurechenbaren Fahrzeug aufgehalten hat, verweigert, mit Geldstrafe von 30.000 S bis 50.000 S zu bestrafen. Nach dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens steht fest, dass in einem der von der Berufungswerberin vertretenen Gesellschaft gehörigen Lokal von Organen des Arbeitsinspektorates eine polnische Staatsangehörige arbeitend angetroffen wurde. Weiters steht fest, dass die Angetroffene einen Namen, ein Geburtsdatum und eine Wohnadresse in ein Personenblatt eingetragen hat. Die Berufungswerberin ist wegen der verbotenen Beschäftigung dieser Ausländerin rechtskräftig bestraft worden.
Sowohl im Verfahren wegen der verbotenen Beschäftigung als auch im gegenständlichen Verfahren ist nicht hervorgekommen, dass die von der Ausländerin bekanntgebenen persönlichen Daten falsch sind. Gemäß § 26 Abs 4 AuslBG sind die dort genannten Adressaten verpflichtet, über die Identität von ausländischen Arbeitnehmern Auskunft zu geben. Diese Verpflichtung kann nur dann bestehen, wenn der Behörde die Identität der ausländischen Arbeitnehmer nicht bekannt ist. Im vorliegenden Fall war die Identität soweit geklärt, dass die Berufungswerberin wegen verbotener Beschäftigung rechtskräftig bestraft wurde. Eine Verpflichtung der Berufungswerberin über die Identität Auskunft zu geben hat daher nicht bestanden.
Im Übrigen werden nach Auffassung des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien die in § 26 Abs 4 AuslBG normierten Pflichten nur ausgelöst, nachdem eine entsprechend konkrete Aufforderung ergangen ist, über die Identität von ausländischen Arbeitnehmern Auskunft zu geben. Auch diese Voraussetzung scheint im vorliegenden Fall nicht gegeben, da die Berufungswerberin lediglich dazu angehalten wurde, das Reisedokument der Angetroffenen dem Arbeitsinspektorat nachzureichen. Aus den angeführten Gründen war das angefochtene Straferkenntnis spruchgemäß zu beheben und das Verfahren einzustellen.