TE UVS Salzburg 1999/06/22 3/10752/7-1999th

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Veröffentlicht am 22.06.1999
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Salzburg erlässt durch das Einzelmitglied Mag. Thomas Thaller über die Berufung der E in Z, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Zell am See vom 22.10.1998, Zahl 6/369- 17743-1997, folgendes Erkenntnis:

Gemäß § 66 Abs 4 AVG iVm § 24 VStG wird der Berufung keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis mit folgenden Maßgaben bestätigt:

1. Der Tatvorwurf hat wie folgt zu lauten:

"Frau Andrea Eberl, geb. 21.10.1974, hat am 02.12.1997 um 06:50 Uhr den Pkw mit dem Kennzeichen ZE-17 RF in P auf der B 168 im Bereich des W-Bichl in Richtung Z gelenkt und dabei vor der dort beginnenden unübersichtlichen Linkskurve den vor ihr fahrenden Pkw des Zeugen GI K überholt."

2. Die übertretene Verwaltungsvorschrift hat "§ 16 Abs 2 lit b StVO" zu lauten.

Gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG hat die Beschuldigte zusätzlich zu den erstinstanzlichen Verfahrenskosten einen Kostenbeitrag zum Berufungsverfahren in Höhe von S 300,-- (21,80 Euro) zu leisten.

Text

Begründung:

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wird der Beschuldigten vorgeworfen, sie habe am 02.12.1997 um 06:50 Uhr den Pkw mit dem Kennzeichen ZE-17 RF in P, auf der B 168 im Bereich des W-Bichl in Richtung Z gelenkt und dabei vor der beginnenden Linkskurve den vor ihr fahrenden Pkw ZE-89 RD trotz Gegenverkehr überholt, obwohl dadurch andere Verkehrsteilnehmer gefährdet und zum Abbremsen genötigt wurden.

Sie habe dadurch eine Verwaltungsübertretung gemäß § 16 Abs 1 lit a StVO begangen und wurde wegen dieser über sie gemäß § 99 Abs 3 lit a leg cit eine Geldstrafe in Höhe von S 1.500,--, im Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 51 Stunden, verhängt.

 

Gegen dieses Straferkenntnis hat die Beschuldigte fristgerecht eine Berufung eingebracht, worin sie im wesentlichen vorbringt, dass sie die ihr zur Last gelegte Tat nicht begangen habe. Sie habe insbesondere zu keiner Zeit einen Pkw mit dem Kennzeichen ZE-89 RD überholt. Die Behörde habe es verabsäumt, den Zulassungsbesitzer des Kraftfahrzeuges ausfindig zu machen und einzuvernehmen, denn dabei hätte sich herausgestellt, dass sie dieses Fahrzeug nicht überholt habe. Das Straferkenntnis sei auch insofern mangelhaft, als in der Begründung angeführt werde, sie habe ein Kraftfahrzeug mit dem Kennzeichen ZE-96 RD überholt. Die Angabe im Spruch und in der Begründung widersprechen sich. Dadurch werde ihre Angabe bestärkt, dass sie das im Spruch angeführte Fahrzeug nicht überholt habe und daher die ihr zur Last gelegte Tat nicht begangen habe. Sie beantrage, das Straferkenntnis aufzuheben und das Strafverfahren einzustellen.

 

Am 14.6.1999 fand in der Sache eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung statt, in der der meldungslegende Gendarmeriebeamte als Zeuge einvernommen wurde. Der Beschuldigtenvertreter ergänzte das Berufungsvorbringen dahin, dass nach seiner Auskunft bei der Zulassungsbehörde das angegebene Kennzeichen des überholten Fahrzeuges (ZE-89 RD) zum vorgeworfenen Tatzeitpunkt nicht ausgegeben gewesen sei. Im übrigen bestritt die Beschuldigte, dass sie zur vorgeworfenen Tatzeit überhaupt ein Fahrzeug überholt habe.

 

Der meldungslegende Gendarmeriebeamte gab hingegen an, dass er von dem Pkw der Beschuldigten vor der unübersichtlichen Linkskurve vor dem sogenannten W-Bichl überholt worden sei. Er sei damals mit seinem Privatfahrzeug von P zu seiner Dienststelle Richtung K unterwegs gewesen. Er selbst fahre diese Strecke täglich und habe zum damaligen Zeitpunkt, 06:50 Uhr, noch Dunkelheit geherrscht. Es sei ihm das erste Mal untergekommen, dass er im dortigen gefährlichen Bereich vor der unübersichtlichen Linkskurve von einem Fahrzeug überholt worden sei. Als er bemerkte, dass er von der Beschuldigten überholt werde, habe er zunächst noch keinen Gegenverkehr wahrgenommen. In weiterer Folge habe er dann einen Gegenverkehr erkannt und habe sofort sein Fahrzeug auf die rechte Seite gelenkt und dieses stark abgebremst, damit die Beschuldigte ihr Fahrzeug wieder auf den rechten Fahrstreifen habe einordnen können. Er könne aber nicht mehr sagen, ob der Gegenverkehr durch das Überholmanöver der Beschuldigten habe abbremsen müssen.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Salzburg stellt hiezu gemäß § 51c VStG durch ein Einzelmitglied fest:

 

Im Ermittlungsverfahren unbestritten blieb, dass die Beschuldigte den Pkw, VW Polo rot, mit dem Kennzeichen ZE-17 RF zur vorgeworfenen Tatzeit auf der  B 168 im Bereich des sogenannten W-Bichl in Richtung Z lenkte. Die Angabe des Zeugen GI K, dass es sich bei der dortigen Kurve um eine unübersichtliche Linkskurve gehandelt habe, blieb von der Beschuldigten unbestritten. Bestritten wurde dagegen, dass sie im dortigen Bereich das im Straferkenntnis angeführte Fahrzeug bzw überhaupt ein Fahrzeug überholt habe.

 

Dem steht die glaubwürdige Aussage des Gendarmeriebeamten gegenüber, der angab, dass sein Privatfahrzeug von der Beschuldigten im Bereich der beginnenden Linkskurve überholt wurde. Es sind hinsichtlich des von ihm geschilderten Überholvorganges keinerlei Anhaltspunkte hervorgekommen, die die Glaubwürdigkeit des Zeugen in Zweifel ziehen könnten. Der Zeuge hatte keinerlei Gründe, die ihm völlig unbekannte Beschuldigte zu Unrecht zu belasten. Einen Wahrnehmungsirrtum des Zeugen schließt die Behörde aus, zumal Fahrzeugtype, Fahrzeugfarbe und Fahrzeugkennzeichen übereinstimmen und die Beschuldigte nicht bestritt, zum Tatzeitpunkt die B 168 im gegenständlichen Bereich befahren zu haben. Der Umstand, dass der Zeuge, wie sich in der Berufungsverhandlung herausstellte, in der Anzeige versehentlich eine falsche Kennzeichennummer seines Fahrzeuges (ZE-89 RD statt richtig ZE-59 RD) anführte, schadet nicht, da die Bezeichnung des überholten Fahrzeuges nach dem Kennzeichen kein erforderliches Tatbestandsmerkmal einer Übertretung nach § 16 StVO darstellt. Im übrigen wird aber als erwiesen angenommen, dass die Beschuldigte tatsächlich das Fahrzeug des Zeugen Kellner im näher angeführten Bereich am Beginn der Linkskurve vor dem W-Bichl überholt hat.

 

Entgegen der Ansicht der Strafbehörde erster Instanz stellt dieses Überholmanöver aber keine Übertretung des § 16 Abs 1 lit a StVO, sondern eine Übertretung des § 16 Abs 2 lit b StVO dar. Bei der Übertretung des § 16 Abs 1 lit a StVO kommt es nicht auf den Eintritt einer Gefährdung am Ende eines unerlaubten Überholmanövers, sondern auf ein bei Beginn des Überholvorganges (bzw was das Abbrechen eines Überholvorganges anlangt, während dieses Vorganges) erkennbares Gefährden können an. Aus der Aussage des Gendarmeriebeamten ergibt sich, dass zu Beginn des Überholmanövers ein Gegenverkehr für ihn und folglich somit auch für die Beschuldigte noch nicht erkennbar war. Ein Gegenverkehr wurde erst während des Überholvorganges für den Zeugen als auch für die Beschuldigte erkennbar. Ob zu diesem Zeitpunkt für die Beschuldigte noch ein Abbruch des Überholvorganges möglich gewesen ist, ist aus der Aussage des Zeugen Kellner nicht ableitbar. Nach der Aussage des Zeugen hat die Beschuldigte ihren Überholvorgang noch rechtzeitig vor dem Gegenverkehr beenden können, wenngleich der Zeuge dazu sein Fahrzeug an den rechten Fahrbahnrand gelenkt und stark abgebremst hat. Es liegt daher im vorliegenden Fall keine Übertretung des § 16 Abs 1 lit a StVO vor, sondern ist, da das Überholmanöver am Beginn einer unübersichtlichen Linkskurve und dazu bei jahreszeitlich bedingter Dunkelheit durchgeführt wurde, von einer Übertretung des § 16 Abs 2 lit b StVO auszugehen. Die wesentlichen Tatumstände (unübersichtliche Linkskurve, ungenügende Sicht) wurden der Beschuldigten innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist in der Stellungnahme des Gendarmeriebeamten vom 14.01.1998 ausdrücklich vorgehalten, sodass eine entsprechende Spruchpräzisierung erfolgen konnte.

 

Zur Strafbemessung ist folgendes festzuhalten:

Gemäß § 99 Abs 3 lit a StVO ist für die vorliegende Übertretung ein Höchststrafrahmen von S 10.000,-- vorgesehen. Das vorschriftswidrige Überholen an unübersichtlichen Straßenstellen bzw bei ungenügender Sicht stellt aufgrund des besonderen Gefährdungspotentials an sich schon einen bedeutenden Unrechtsgehalt dar. Gerade durch solche Überholmanöver werden oft schwerste Verkehrsunfälle verursacht. An subjektiven Strafbemessungskriterien ist als mildernd die bisherige Unbescholtenheit der Beschuldigten zu werten. Besondere straferschwerende Umstände sind nicht hervorgekommen. Die Einkommensverhältnisse der Beschuldigten sind als knapp unterdurchschnittlich anzusehen.

Insgesamt erweist sich bei Berücksichtigung des bereits beträchtlichen Unrechtsgehaltes die mit S 1.500,-- ohnedies noch im unteren Bereich des Strafrahmens verhängte Geldstrafe auch in Anbetracht des Milderungsgrundes nicht als unangemessen. Gegen eine Herabsetzung des Strafbetrages sprechen vor allem spezialpräventive Erwägungen, um die Beschuldigte in Hinkunft von weiteren ähnlichen Übertretungen abzuhalten.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
Überholverbot; das Kennzeichen des überholten Fahrzeuges ist kein erforderliches Tatbestandsmerkmal einer Übertretung nach § 16 StVO; Keine Übertretung gemäß § 16 Abs 1 lit a StVO, wenn der Gegenverkehr zu Beginn des Überholmanövers noch nicht erkennbar war; Überholmanöver am Beginn einer unübersichtlichen Linkskurve bei jahreszeitlich bedingter Dunkelheit stellt eine Übertretung gemäß § 16 Abs 2 lit b StVO dar
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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