TE UVS Niederösterreich 1999/06/22 Senat-GD-98-033

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Veröffentlicht am 22.06.1999
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Spruch

Gemäß §66 Abs4 AVG 1991 in Verbindung mit §24 VStG 1991 wird der Berufung Folge gegeben, das Straferkenntnis aufgehoben und das Verfahren gemäß §45 Abs1 Z2 VStG 1991 eingestellt.

Text

Mit Straferkenntnis vom 2.7.1998 wurde der Berufungswerber für schuldig befunden am 17.1.1998, 13,45 Uhr, in xx auf der C************ nächst dem Lokal "*** ****" in Richtung W***** ein dem Kennzeichen nach bestimmten Personenkraftwagen in Betrieb genommen zu haben, obwohl er sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden hat.

Wegen Übertretung § 5Abs1 StVO 1960 wurde gemäß §99 Abs1 lita StVO eine Geldstrafe in der Höhe von S 16.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe: 14 Tage) verhängt.

 

Die Erstbehörde hat den angeführten Sachverhalt auf das durchgeführte Ermittlungsverfahren gestützt. Demnach wurde der Berufungswerber am 17.1.1998, um 15,18 Uhr, durch Alkomattest ein Atemluftalkoholgehalt von 0,39 mg/l festgestellt. Unter Berücksichtigung des BAG-Abbaues ergibt sich zum Zeitpunkt der Inbetriebnahme um 13,45 Uhr ein Blutalkoholgehalt von 0,97 %o. Am 17.1.1998 um 13,50 Uhr hatte der Beschuldigte als Lenker eines dem Kennzeichen nach bestimmten Personenkraftwagens auf der B ** bei Strkm **,*** einen Verkehrsunfall, bei dem der entgegenkommende Lenker am Körper leicht verletzt wurde. Der Beschuldigte wurde wegen des Vergehens der fahrlässigen Körperverletzung nach §88 Abs1 StGB vom Bezirksgericht Gmünd verurteilt. Bei der Strafbemessung wurde als erschwerend ua die knapp unter der Qualifizierung nach §81 Z2 liegende Alkoholisierung gewertet. Die Inbetriebnahme des Fahrzeuges in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand bildet eine Verwaltungsübertretung.

 

Gegen diesen Bescheid wurde innerhalb offener Frist das Rechtsmittel der Berufung eingebracht.

 

Im wesentlichen wird ausgeführt, daß vom Gericht die Frage der Alkoholisierung im Rahmen des gerichtlichen Strafverfahrens geprüft worden sei. Letztendlich sei er mit Urteil des Bezirksgerichtes xx vom 20.4.1998, 1 U **/98 d, lediglich eine Verurteilung wegen des Vergehens der fahrlässigen Körperverletzung gemäß §88 Abs1 StGB erfolgt. Es sei wohl richtig, daß die knapp unter der Qualifizierung des §81 Z2 StGB liegende Alkoholisierung als Erschwerungsgrund herangezogen wurde. Im Hinblick darauf, da die Alkoholisierung im gerichtlichen Strafverfahren bereits geprüft worden sei, hätte die Bezirkshauptmannschaft xx mit einer Einstellung vorgehen müssen. Die Entscheidung verstoße einerseits gegen die Bindungswirkung und andererseits gegen den Grundsatz ne bis in idem und den Grundsatz der res iudicata. Die Bezirkshauptmannschaft xx meine offensichtlich, daß die Inbetriebnahme und das Lenken eines Kraftfahrzeuges getrennt bestraft werden könne. Wenn man jedoch ein Fahrzeug in Betrieb nimmt und lenkt, sei die Inbetriebnahme selbst, nämlich das Starten des Fahrzeuges, nicht selbständig strafbar. Im Bezug auf die Inbetriebnahme sei keinesfalls die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes anzuwenden, die davon ausgehe, daß die schädliche Wirkung des Alkoholes auch die Fahrtüchtigkeit bei einem Sturztrunk sofort und somit bereits in der Anflutungsphase beeinträchtige. Bei der Inbetriebnahme komme es gar nicht auf die Fahrtüchtigkeit an. Die Splittung zwischen Inbetriebnahme und Lenken des Kraftfahrzeuges nehme die Bezirkshauptmannschaft offensichtlich deshalb vor, um der Bindungswirkung und der gerichtlichen Entscheidung zu entgehen.

 

Hiezu wurde von der Berufungsbehörde erwogen:

 

Wer sich in einem durch Alkohol oder Suchtgift beeinträchtigten Zustand befindet, darf ein Fahrzeug weder Lenken noch in Betrieb nehmen. Bei einem Alkoholgehalt des Blutes von 0,8 g/l (0,8 Promille) oder darüber oder bei einem Alkoholgehalt der Atemluft von 0,4 mg/l oder darüber gilt der Zustand einer Person jedenfalls als von Alkohol beeinträchtigt (§5 Abs1 StVO 1960). Nach der Anzeige des Gendarmeriepostens W***** war der Berufungswerber am 17.1.1998, um 13,50 Uhr, als Lenker eines dem Kennzeichen nach bestimmten Personenkraftwagens auf der B ** in Fahrtrichtung A******** bei einem Verkehrsunfall mit Personen- und Sachschaden ursächlich beteiligt. Aufgrund von Alkoholisierungsmerkmalen wurden um 15,18 Uhr und 15,20 Uhr im Krankenhaus **** xx Untersuchungen der Atemluft auf Alkoholgehalt vorgenommen. Es wurden Werte von 0,39 mg/l und 0,43 mg/l gemessen. Der Berufungswerber wurde vom Bezirksgericht xx wegen des Vergehens der fahrlässigen Körperverletzung nach §88 Abs1 StGB bestraft. Bei der Strafbemessung wurde die knapp unter der Qualifizierung nach §81 Z2 liegende Alkoholisierung als erschwerend gewertet.

 

Nach dem Erkenntnis des VfGH vom 5.12.1996, G 9/96, wurde unter anderem das Verbot der Doppelbestrafung gemäß Art4 Abs1 des 7. ZPEMRK, im Wege verfassungskonformer Auslegung der einzelnen gesetzlichen Straftatbestände zum Ausdruck gebracht. Der Gesetzgeber, der ausdrücklich die Subsidiarität eines Straftatbestandes gegenüber einem anderen anordnet bzw ausschließt, ist von Verfassungs wegen verhalten, das Verbot der Doppelbestrafung zu beachten. Es widerspricht der gesetzlichen Strafdrohung dann dem Art4 des 7. ZPEMRK, wenn sie den wesentlichen Gesichtspunkten eines Straftatbestandes, der bereits Teil eines von den Strafgerichten zu ahndenden Straftatbestandes ist, neuerlich einer Beurteilung und Bestrafung durch die Verwaltungsbehörde unterwirft.

 

Der Berufungswerber wurde vom Bezirksgericht xy wegen fahrlässiger Körperverletzung verurteilt. Dabei wurde das Lenken des Kraftfahrzeuges in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand verhandelt und bei der Strafbemessung berücksichtigt. Der Tatbestand des §5 Abs1 StVO umfaßt zwei Tatbilder. Von der Erstbehörde wurde der Berufungswerber hinsichtlich des der Lenkung des Fahrzeuges vorhergehenden Tatbestandes bestraft. Würde man den Ausführungen der Erstbehörde folgen, wäre bei jedem Lenken eines Fahrzeuges in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand (ohne Gerichtszuständigkeit) auch die der Lenkung vorausgehende Inbetriebnahme strafbar. Nach Ansicht der Berufungsbehörde liegt jedoch kein Fall der Idealkonkurrenz vor, die eine Bestrafung zuließe, sondern vielmehr eine Konsumtion des Tatbestandes der Inbetriebnahme durch die nachfolgende Lenkung eines Kraftfahrzeuges. Durch die Bestimmung des §99 Abs6 litc StVO 1960 war daher die Zuständigkeit des Gerichtes für das Lenken eines Fahrzeuges in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gegeben, die keine Kompetenz der Verwaltungsstrafbehörde zur Ahndung des Tatbestandes der Inbetriebnahme zuläßt.

 

Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß §51e VStG Abstand genommen werden, weil der Berufung Folge gegeben wurde.

 

Es war sohin spruchgemäß zu entscheiden.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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