Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Erich Kundegraber über die Berufung des Herrn R A, vertreten durch Dr. W V, Rechtsanwalt in G, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Feldbach vom 11. Februar 1999, GZ.: 15.1 1997/1744, wie folgt entschieden:
Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im Folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im Folgenden VStG) wird der Berufung Folge gegeben, und das angefochtene Straferkenntnis behoben.
In dem angefochtenen Bescheid wurde dem Berufungswerber vorgeworfen, er habe am 27.02.1997, um 21.35 Uhr, in Wildon und Stocking, auf der Landesstraße 215, von Strkm. 13,9 bis 12,6, als Lenker des Fahrzeuges mit dem Kennzeichen GU-1SZJ (Probefahrtkennzeichen)
1.) im Ortsgebiet Strkm. 13,9 bis 13,150 die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h um mindestens 50 km/h überschritten,
2.) im Ortsgebiet von Strkm. 12,850 bis 12,6 die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h um mindestens 60 km/h überschritten
und habe dadurch zwei Verwaltungsübertretungen nach § 20 Abs 2 Straßenverkehrsordnung 1960 (im Folgenden StVO) begangen. Hiefür wurde jeweils eine Geldstrafe verhängt und die Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens der Behörde erster Instanz gemäß § 64 VStG vorgeschrieben.
In der rechtzeitigen Berufung wird vorgebracht, dass die Erlassung des Straferkenntnisses im Hinblick auf ein mündliches Straferkenntnis in derselben Sache vom 29. April 1997 unzulässig sei und bereits eine res judicata vorliege. Überdies wäre - es liegt zwar keine Strafe vor - eine Doppelbestrafung gegeben, da man zumindest von einer Ermahnung im Sinne des § 21 VStG auszugehen habe.
Dem Vorbringen des Berufungswerbers kommt Berechtigung zu. Mit dem mündlich verkündeten Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Feldbach, GZ.: 15.1 1997/1744, vom 29. April 1997, wurden dem Berufungswerber im Spruch im Sinne des § 44 a Z 1 VStG dieselben Verwaltungsübertretungen in Punkt
1) und 2) vorgehalten. In den Punkten 3), 4) und 5) wurde der Berufungswerber mit dem Straferkenntnis wegen Übertretungen des Kraftfahrgesetzes 1967 bestraft. Bei den Punkten 1) und 2) wurden die Verwaltungsvorschriften, die durch die Taten verletzt worden sind, zwar angeführt, jedoch handschriftlich gestrichen. Spruchbestandteile wegen der Übertretungen im Sinne des § 44 a
Z 3 und 5 fehlen. In der Begründung des Straferkenntnisses wird dargetan, dass die dem Berufungswerber zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen (somit auch Punkt 1.) und 2.)) aufgrund des Gendarmerieberichtes und des Geständnisses des Beschuldigten als erwiesen anzunehmen sind. Eine ausdrückliche Feststellung, dass die Punkte 1) und 2) - die den Gegenstand des nunmehrigen Berufungsverfahrens bilden - nicht Gegenstand des dortigen Straferkenntnisses wären, fehlt. Das Straferkenntnis wurde vom Berufungswerber als auch vom Leiter der Amtshandlung unterschrieben. Ein Rechtsmittel dagegen wurde nicht erhoben, sodass das Straferkenntnis in Rechtskraft erwuchs. Mit der mündlichen Verkündung ist der Bescheid rechtlich existent geworden (Slg. 1941A). Er hat durch die niederschriftliche Beurkundung Wirksamkeit erlangt (VwGH 30.4.1992, 92/02/0003 u. a.). Da somit durch einen in Bescheidform - anders als in Form eines Aktenvermerkes (vgl. etwa die bei Ringhofer, Verwaltungsverfahrensgesetze II 1992, S 210, E 30, zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes) - ergangenen Ausspruch über die Schuld die Tatbegehung bindend festgestellt wird, verletzt auch der nur einen Schuldausspruch, ohne einen Strafausspruch enthaltene angefochtene Bescheid vom 29. April 1997 den Grundsatz nebis in idem. Durch die materielle Rechtskraft des Straferkenntnisses vom 29. April 1997 ist eine Unwiederholbarkeit verbunden (VwGH 21.9.1988, 88/01/0007; 15.9.1992, 88/04/0182; 8.2.1994, 93/08/0166; 29.7.1998, 96/01/0301). Auch wenn das Straferkenntnis vom 29. April 1997 in Ansehung der Punkte 1) und 2) essentielle Mängel im Sinne des § 44 a VStG aufweist, kann dennoch aufgrund der mündlichen Verkündung des Bescheides nicht von einem Nichtbescheid in den beiden Punkten ausgegangen werden. Im Übrigen läßt der fehlende Strafausspruch eine Vorgangsweise der Behörde im Sinne des § 21 Abs 1 erster Satz VStG zu (Absehen von der Strafe) denkmöglich erscheinen.
Da somit der angefochtene Bescheid gegen den Grundsatz nebis in idem verstößt, war mit einer Aufhebung vorzugehen.