TE UVS Niederösterreich 1999/07/22 Senat-BL-98-040

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Veröffentlicht am 22.07.1999
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Spruch

Der Berufung wird gemäß §66 Abs4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG) Folge gegeben und das erstinstanzliche Straferkenntnis aufgehoben.

 

Gemäß §45 Abs1 Z1 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 (VStG) wird die Einstellung des Strafverfahrens verfügt.

Text

Mit dem nunmehr vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat im Land NÖ bekämpften Straferkenntnis hat die Bezirkshauptmannschaft xx über F H Z gestützt auf §39 litb Z22 AWG eine Geldstrafe in Höhe von S 5.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 5 Tage) verhängt und gemäß §64 Abs2 VStG die Verpflichtung zur Tragung der Verfahrenskosten in Höhe von S 500,-- ausgesprochen.

 

Angelastet wurde Frau H Z, daß sie dem Bescheid der Bezirkshauptmannschaft xx vom 14.10.1996, *-A, nicht nachgekommen sei. Mit diesem Bescheid wäre ihr gemäß §32 AWG die Verpflichtung auferlegt worden, die im Bereich des Grundstückes ***/* der KG T************* abgelagerten Problemstoffe und gefährlichen Abfälle, wie Autowracks, Altautos, Motor- und Getriebeteile, bis zum 30.12.1996 ordnungsgemäß zu entsorgen und die Entsorgungsnachweise unaufgefordert vorzulegen. Bei einer Überprüfung am 9.1.1997 wäre jedoch festgestellt worden, daß sich zwei VW-Busse, ein blauer Mazda, ein roter Alfa Romeo und ein Traktor (alle mit Motor- und Betriebsmittel, nicht betriebsbereit) auf dem Grundstück befunden hätten.

 

Dagegen richtet sich die fristgerecht erhobene Berufung mit dem Hinweis, daß der Alfa Romeo einem Gesellen (F P) gehört habe und überdies mit einer gültigen Begutachtungsplakette versehen gewesen sei. Bei den beiden VW-Bussen hätten die Betriebsmittel gefehlt. Die Karosserien wären nach der Überprüfung entfernt worden. Der Mazda 323 sei für Ersatzteile verwendet worden, der Rest entfernt. Der Traktor gehöre zum Betrieb und sei fahrbereit. Es handle sich um einen Kleintraktor mit einer Fräse zum Reinigen des Betriebsgeländes. Der Traktor sei nach wie vor vorhanden.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat im Land Niederösterreich hat zur Klärung des Sachverhaltes am 16. Juli 1999 eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung durchgeführt, in deren Rahmen eine Beweisaufnahme durch Einvernahme der Berufungswerberin und Einsicht in den gesamten erst- und zweitinstanzlichen Verwaltungsstrafakt erfolgte.

 

Aufgrund dieser Beweisaufnahme ist von folgendem Sachverhalt auszugehen:

 

Die Bezirkshauptmannschaft xx hat mit Bescheid vom 14. Oktober 1996, *-A, Frau H Z verpflichtet, auf ihre Kosten die im Bereich des Grundstückes ***/* (KG T************* ** *** ******) abgelagerten Problemstoffe und gefährlichen Abfälle, wie insbesondere Autowracks, Altautos, Motor- und Getriebeteile udgl bis zum 30. Dezember 1996 ordnungsgemäß und nachweislich zu entsorgen.

 

Am 9.1.1997 waren auf dem genannten Grundstück 2 VW-Busse, ein blauer PKW der Marke Mazda, ein roter PKW der Marke Alfa Romeo und ein Traktor abgestellt. Bei beiden VW-Bussen fehlten jeweils Motor- und Getriebe, die Bremsflüssigkeit, die Bremszylinder und die Fahrzeugbatterien. Ebenso war bei beiden Fahrzeugen der Tank leer.

 

Beim blauen PKW der Marke Mazda fehlte das Motoröl. Der rote PKW der Marke Alfa Romeo stand im Eigentum eines Mitarbeiters des Berufungswerbers, der Traktor war, wie die übrigen bereits genannten Fahrzeuge, nicht zum Verkehr zugelassen, jedoch betriebsbereit.

 

Hinsichtlich des übrigen technischen Zustandes der erwähnten Fahrzeuge (insbesondere die Dichtheit der einzelnen Fahrzeugteile) konnten keine Feststellungen getroffen werden.

 

Der Sachverhalt stützt sich auf nachfolgende Beweiswürdigung:

 

Unbestritten sind der bescheidmäßige Auftrag vom 14.10.1996 der Bezirkshauptmannschaft xx sowie der Umstand, daß am 9.1.1997 auf dem verfahrensgegenständlichen Grundstück zwei VW-Busse, ein blauer PKW der Marke Mazda und ein roter PKW der Marke Alfa Romeo sowie ein Traktor abgestellt waren.

 

Die Feststellungen hinsichtlich des Fehlens einzelner Fahrzeugteile bei den VW-Bussen sowie des Motoröls beim PKW der Marke Mazda stützen sich auf die durchaus glaubwürdigen Angaben der Berufungswerberin.

 

Hinsichtlich des Fehlens von Feststellungen über den sonstigen Fahrzeugzustand (insbesondere der Dichtheit von Aggregaten) hat die Erstbehörde keine Feststellungen getroffen und konnten diese mangels Vorhandenseins der Fahrzeuge im nunmehrigen Berufungsverfahren nicht nachgeholt werden.

 

In rechtlicher Hinsicht ist der festgestellte Sachverhalt wie folgt zu beurteilen:

 

Gemäß §39 Abs1 litb Z22 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist - sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet oder nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist - mit Geldstrafe von S 5.000,-- bis S 100.000,-- zu bestrafen, wer Aufträge oder Anordnungen gemäß den §§32, 34a und 35a nicht befolgt.

 

Aufgrund des rechtskräftigen und auf §32 AWG gestützten Auftrages der Bezirkshauptmannschaft Bruck an der Leitha vom 14.10.1996 ist für die Verwaltungsstrafbehörde zu prüfen, ob die am 9.1.1997 festgestellten Fahrzeuge als gefährliche Abfälle einzustufen sind. Bejahendenfalls bestünde der Strafvorwurf zu Recht, verneinendenfalls zu Unrecht.

 

Hinsichtlich der Beurteilung, ob ein Kraftfahrzeug als gefährlicher Abfall einzustufen ist, ist im jeweiligen Einzelfall auf den konkreten Fahrzeugzustand abzustellen. Aus den Umständen, daß ein Kraftfahrzeug nicht zum Verkehr zugelassen ist, mehrere Jahre alt ist und eventuell auch Reparaturen zu Wiedererlangung der Betriebsbereitschaft durchgeführt werden müßten, kann alleine nicht zwingend auf die Abfalleigenschaft und damit auf die Eigenschaft als gefährlicher Abfall geschlossen werden.

 

Vielmehr ist zunächst im Sinne des §2 AWG zu prüfen, ob überhaupt Abfall vorliegt. Bezüglich des objektiven Abfallbegriffes ist zu Beurteilung der Frage, ob eine Erfassung und Behandlung als Abfall im öffentlichen Interesse geboten ist, auf den jeweiligen Zustand abzustellen. Diesbezüglich hat die Erstbehörde keine Feststellungen getroffen und konnten diese im Berufungsverfahren nicht nachgeholt werden. Voraussetzung dafür, daß eine Sache als gefährlicher Abfall einzustufen ist, ist es aber, daß diese Sache zunächst auch die Abfallqualifikation im Sinne des §2 Abs1 AWG erfüllt. Beweispflichtig im Verwaltungsstrafverfahren hiefür ist die Verwaltungsstrafbehörde.

 

Erst für den Fall der Bejahung des Umstandes, daß ein Kraftfahrzeug als Abfall einzustufen ist, würde dieses Kraftfahrzeug unter Berücksichtigung der für den Tatzeitpunkt geltenden Verordnung über die Festsetzung gefährlicher Abfälle (BGBl 49/1991) zu einem gefährlichen Abfall. Dies aber auch nur unter der Voraussetzung, daß die entsprechenden Betriebsflüssigkeiten und Schmierstoffe noch vorhanden sind. Bei "trockengelegten" Fahrzeugen ist hingegen die Qualifikation als gefährlicher Abfall zu verneinen.

 

Da somit mit der für das Strafverfahren notwendigen Sicherheit mangels Kenntnis des genauen Zustandes der Fahrzeuge die Abfallqualifikation im Sinne des §2 Abs1 AWG nicht nachgewiesen werden kann, war spruchgemäß zu entscheiden.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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