TE UVS Steiermark 1999/08/10 30.12-68/99

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 10.08.1999
beobachten
merken
Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Hütter über die Berufung des Herrn J P, vertreten durch Mag. G G, Rechtsanwältin, G, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Radkersburg vom 08.07.1999, GZ.: 15.1 1999/209, wie folgt entschieden:

Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im Folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im Folgenden VStG) wird der Berufung Folge gegeben, das Straferkenntnis aufgehoben und das Verfahren nach § 45 Abs 1 Z 3 VStG eingestellt.

Text

Die belangte Behörde warf dem nunmehrigen Berufungswerber mit Straferkenntnis Folgendes vor:

Anlässlich einer Kontrolle am 15.01.1999 um ca. 01.20 Uhr in seinem Betrieb Bäckerei J P, W, sei festgestellt worden, dass der Lehrling M K dort beschäftigt worden sei, obwohl Lehrlinge, die das 15. Lebensjahr vollendet haben, erst ab 04.00 Uhr beschäftigt werden dürften.

Dadurch sei § 8 Abs 1 Bäckereiarbeitergesetz i.V.m. § 20 leg. cit. verletzt worden.

Es wurde eine Geldstrafe verhängt.

Der Beschuldigte berief durch seine Vertreterin und beantragte - wegen mangelhafter Tatsachenfeststellungen und inhaltlicher Rechtswidrigkeit - die Einstellung des Verfahrens bzw. die Verhängung der Mindeststrafe.

Das Arbeitsinspektorat Graz sprach sich in der Stellungnahme vom 03.08.1999 für die Aufrechterhaltung der Strafe aus. Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat als Berufungsbehörde nach § 51 Abs 1 VStG erwogen:

§ 8 Abs 1 BäckAG 1996:

Lehrlinge im Lehrberuf 'Bäcker', die das 15. Lebensjahr vollendet haben, dürfen ab 04.00 Uhr mit Arbeiten, die der Berufsausbildung dienen, beschäftigt werden. Die regelmäßige Beschäftigung vor 06.00 Uhr ist nur zulässig, wenn vor Aufnahme dieser Arbeiten und danach in jährlichen Abständen eine Untersuchung gemäß § 51 des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes (ASchG), BGBl. Nr. 450/1994, durchgeführt wurde."

Nach § 44 a Z 1 VStG hat der Spruch, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Hiebei muss der den Deliktstatbestand erfüllende Sachverhalt mit allen rechtserheblichen Merkmalen nach Ort und Zeit konkretisiert umschrieben werden.

Diesem Erfordernis wird der Spruch des Straferkenntnisses aus folgendem Grund nicht gerecht:

Das BäckAG gilt nach dessen § 1 Abs 1 für Arbeitnehmer/innen, die in Backwaren-Erzeugungsbetrieben beschäftigt und überwiegend bei der Erzeugung von Backwaren verwendet werden. Als Backwaren-Erzeugungsbetriebe sind Betriebe anzusehen, in denen Brot oder sonstige für den menschlichen Genuss bestimmte Backwaren für den Verkauf oder den Verbrauch im Betrieb erzeugt werden.

In Backwaren-Erzeugungsbetrieben beschäftigte Arbeitnehmer/innen, die im Expedit verwendet werden, unterliegen nicht dem BäckAG, da dieses nur auf Arbeitnehmer/innen, die bei der Erzeugung von Backwaren verwendet werden, Anwendung findet (Heinl - Löbenstein - Verosta, Das österreichische Recht, IX c 2, Anmerkung 1 zu § 1 BäckAG).

Nach Abs 4 des § 1 sind auf Jugendliche im Sinne des § 3 des Bundesgesetzes über die Beschäftigung von Kindern und Jugendlichen - KJBG die §§ 2 Abs 5, 3, 4, 7, 9, 10, 11, 12, 14, 16, 17 und 19 nicht anzuwenden. Daraus folgt, dass für Jugendliche, die in Backwaren-Erzeugungsbetrieben überwiegend mit der Herstellung von Backwaren beschäftigt sind, teils - und zwar überwiegend - die Regelungen des KJBG, teils jene des BäckAG gelten.

Im hier zu beurteilenden Fall ergibt sich aus der Strafanzeige des Arbeitsinspektorates für den 11. Aufsichtsbezirk vom 26.01.1999, dass der Lehrling M K beim Sortieren mit Feingebäck und Backwaren angetroffen wurde. Daraus und aus seiner Beschäftigung in einer Bäckerei kann geschlossen werden, dass er den Lehrberuf "Bäcker" ausübte. Dieses - wesentliche - Sachverhaltselement wurde aber von der belangten Behörde nicht zum Gegenstand einer rechtzeitigen Verfolgungshandlung gemacht. Innerhalb der 6-monatigen Verfolgungsverjährungsfrist wurden nach dem 15.01.1999 als Verfolgungshandlungen die Strafverfügung vom 29.01.1999, das Rechtshilfeersuchen vom 03.03.1999 an die Bezirkshauptmannschaft Leibnitz, die Vernehmung des Zeugen M K am 27.04.1999 und die Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme vom 26.05.1999 gesetzt. Darin wird das Sachverhaltselement "im Lehrberuf Bäcker" nicht erwähnt. Auch die Begründung des Straferkenntnisses nimmt hierauf keinen Bezug. Dessen Relevanz ergibt sich - wie angeführt - daraus, dass nicht alle in einem Backwaren-Erzeugungsbetrieb beschäftigten Lehrlinge den Lehrberuf Bäcker ausüben müssen, sondern beispielsweise auch im Expedit beschäftigt sein können. Dass Letzteres tatsächlich der Fall war, geht aus dem Berufungsvorbringen, dass ein Fahrverkäufer ausgefallen sei, hervor.

Da der Spruch des Straferkenntnisses dem § 44 a Z 1 VStG somit nicht gerecht wird, war der Berufung Folge zu geben, das Straferkenntnis aufzuheben und das Verfahren nach § 45 Abs 1 Z 3 VStG einzustellen.

Schlagworte
Bäckerei Lehrling Lehrberuf Bäcker Tatbestandsmerkmal Konkretisierung
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten