TE UVS Steiermark 1999/08/31 30.12-74/99

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Veröffentlicht am 31.08.1999
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Hütter über die Berufung des Herrn H K, K, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Knittelfeld vom 05.01.1999, GZ.: 15.1 1998/2540, wie folgt entschieden:

Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im Folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im Folgenden VStG) wird der Berufung Folge gegeben, das Straferkenntnis aufgehoben und das Verfahren nach § 45 Abs 1 Z 1 VStG eingestellt.

Text

Die belangte Behörde (Bezirkshauptmannschaft Knittelfeld als Behörde der ersten Rechtsstufe) warf dem nunmehrigen Berufungswerber mit Straferkenntnis folgenden Sachverhalt vor:

Durch die Führung der Abkürzung 'Dr.' verstoßen Sie gegen den § 69 Abs. 1 Z. 3 iVm. Abs. 2 Z. 1-4 des Universitäts-Studiengesetzes vom 25.4.1997, BGBl. 48/1997, Teil I, durch die Führung der Bezeichnung 'Doctor of Divinity' gegen Abs. 1 Z. 3 iVm. Abs. 2 Z. 1-4 leg. cit. des Univ.-Studiengesetzes, da das Führen eines akademischen Grades oder einer den inländischen oder ausländichen akademischen Graden oder Titeln gleiche oder ähnliche Bezeichnung verboten ist."

Dadurch sei § 69 Abs 1 Z 1 und Abs 1 Z 3 i.V.m. Abs 2 Z 1 - 4 UniStG verletzt worden.

Nach § 69 Abs 1 Z 3 UniStG wurde eine Geldstrafe von S 10.000,-- (Ersatzarrest 10 Tage) verhängt.

Der Beschuldigte berief mündlich vor der belangten Behörde mit der "Begründung", dass er die ihm zur Last gelegten Übertretungen (!) "ohnehin" nicht begangen habe.

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat

erwogen:

§ 67 Universitäts-Studiengesetz (UniStG):

(1) Personen, denen von einer anerkannten inländischen oder ausländischen postsekundären Bildungseinrichtung ein akademischer Grad verliehen wurde, haben das Recht, diesen in der in der Verleihungsurkunden festgelegten Form zu führen. Dazu gehört auch das Recht, die Eintragung des akademischen Grades in der abgekürzten Form in öffentliche Urkunden zu verlangen.

(2) Die Diplom- und Doktorgrade sind im Falle der Führung dem Namen voranzustellen, die 'Master'-Grade dem Namen nachzustellen."

§ 69 UniStG:

(1) Wer vorsätzlich

1.

einen oder mehrere inländische akademische Grade,

2.

eine dem inländischen oder ausländischen Universitäts- oder Hochschulwesen eigentümliche Bezeichnung oder

 3. eine den inländischen oder ausländischen akademischen Graden oder Titeln gleiche oder ähnliche Bezeichnung unberechtigt verleiht, vermittelt oder führt, begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von S 10.000,-- bis S 200.000,-- zu bestrafen ist, wenn die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet oder nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist.

(2) Unberechtigt ist die Verleihung, Vermittlung oder Führung insbesondere dann, wenn der akademische Grad oder die gleiche oder ähnliche Bezeichnung

1. von einer Einrichtung stammt, die einer postsekundären Bildungseinrichtung nicht gleichrangig ist,

2. von einer Einrichtung stammt, die vom Sitzstaat nicht als postsekundäre Bildungseinrichtung anerkannt ist,

3. nicht aufgrund entsprechender Studien- und Prüfungsleistungen oder wissenschaftlicher Leistungen erworben oder

4. nicht aufgrund des wegen wissenschaftlicher Leistungen hohen Ansehens in Fachkreisen oder wegen hervorragender Verdienste für die wissenschaftlichen oder kulturellen Aufgaben der postsekundären Bildungseinrichtung ehrenhalber verliehen wurde."

Nach § 44 a Z 1 VStG hat der Spruch des Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Der den Deliktstatbestand erfüllende Sachverhalt muss individualisiert, das heißt, insbesondere nach Ort und Zeit seiner Verwirklichung präzise und so konkret umschrieben werden, dass kein Zweifel daran aufkommen kann, wofür der Täter bestraft worden ist, und die eindeutige Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird (Ringhofer, Verwaltungsverfahrensgesetze II [1992], Anmerkung 4 zu § 44 a VStG, sowie E 381 ff.). Neben der Umschreibung des objektiven Tatbestands bedarf es der Anführung der Verschuldensform im Spruch dann, wenn das Gesetz ausdrücklich nur vorsätzliches Verhalten unter Strafe stellt (s. § 5 Abs 1 1. Satz VStG). Bezüglich der hinsichtlich des unberechtigten Führens akademischer Grade dem § 69 UniStG vergleichbaren Bestimmung des § 109 Abs 2 Universitäts-Organisationsgesetz hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass es sich um ein Dauerdelikt handelt (VwGH 86/12/0282 vom 20.08.1987).

Bei einem Dauerdelikt ist es zur Feststellung der Identität der Tat erforderlich, Anfang und Ende des strafbaren Verhaltens im Spruch des Straferkenntnisses anzuführen. Dies gilt unabhängig davon, dass die mit dem erstinstanzlichen Straferkenntnis getroffene Verurteilung das gesamte vor ihr liegende deliktische Verhalten erfasst, wobei der Zeitpunkt der Erlassung des Straferkenntnisses maßgeblich ist (VwGH 95/04/0005 vom 06.11.1995).

Insbesondere aber ist es wesentlich, welches Verhalten der Täter gesetzt hat, das als Führung eines akademischen Grades zu qualifizieren ist (beispielsweise das Absenden eines Briefes, in dem der akademische Grad unberechtigt verwendet wird, nicht aber das bloße Verfassen eines Schreibens (VwGH 91/12/0159 vom 18.09.1992)).

Die Feststellung des Tatortes des Führens des akademischen Grades ist für die Beurteilung der (inländischen) Strafbarkeit der Tathandlung von entscheidender Bedeutung (VwSlg. 13.698A/1992).

Der Spruch des Straferkenntnisses wird den zitierten

Anforderungen aus folgenden Gründen nicht gerecht:

Es ist nicht "die Führung der Abkürzung 'Dr.'" verboten, sondern nach § 69 UniStG ist unter anderem die unberechtigte Führung akademischer Grade verpönt. Es fehlen somit zwei wesentliche Tatbestandsmerkmale.

Die belangte Behörde warf dem Berufungswerber auch vor, das Führen eines akademischen Grades sei verboten. Dies ist unzutreffend, da lediglich das unberechtigte Führen eine akademischen Grades verboten ist, was aber dem Berufungswerber nicht vorgeworfen wurde.

Die belangte Behörde unterließ jeden Hinweis darauf, durch welches Verhalten der Berufungswerber unberechtigt die beiden akademischen Grade bzw. Bezeichnungen geführt habe, wann dies der Fall war und wo es stattgefunden hat.

Sie unterließ aber auch jeglichen Hinweis auf eine allfällige vorsätzliche Begehungsweise und hat damit einen weiteren relevanten Mangel des Spruches des Straferkenntnisses bewirkt. Da kein Tatort ermittelt wurde, kann nicht einmal die Zuständigkeit der belangten Behörde verlässlich beurteilt werden. Laut Niederschrift vom 17.12.1998 wurde der Beschuldigte zwar im erstinstanzlichen Verfahren vernommen. Die im Protokoll enthaltenen Angaben lassen aber jeden Bezug zu den §§ 67 und 69 UniStG vermissen.

Da - abgesehen von den nicht erfüllten Anforderungen an Tatort, Tatzeit, Verschulden und sachverhaltsrelevantes Verhalten - die Tat laut Straferkenntnis - das Führen einer Abkürzung - keine Verwaltungsübertretung bildet, war das Straferkenntnis aufzuheben und das Verfahren nach § 45 Abs 1 Z 1 VStG einzustellen.

Da sich die Verfahrenseinstellung bereits aufgrund der Aktenlage ergibt, konnte die Entscheidung ohne öffentliche mündliche Verhandlung getroffen werden (§ 51 e Abs 2 Z 1 VStG).

Schlagworte
Universitäts-Studiengesetz akademischer Grad Führung Verbotsnorm Konkretisierung Vorsatz Tatbestandsmerkmal
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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