TE UVS Wien 1999/10/18 04/G/21/369/99

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Veröffentlicht am 18.10.1999
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat durch das Mitglied Dr Hollinger über die Berufung der Frau Edith G, vertreten durch Rechtsanwalt, gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistatisches Bezirksamt für den 1./8. Bezirk, vom 27.04.1999, Zl MBA 1/8 - S 6095/99, wegen Übertretung des § 367 Ziffer 25 der Gewerbeordnung 1994, BGBl Nr 194/1994 in der geltenden Fassung in Verbindung mit der Auflage Nr 51) und

61) des Bescheides des Magistratischen Bezirksamtes für den 1./8. Bezirk, vom 28.11.1983, Zl MBA 1/8 - Ba 61388/1/83, entschieden:

Gemäß § 66 Abs 4 AVG wird der Berufung zu Punkt 1) Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis in diesem Punkt behoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs 1 Ziffer 3 VStG eingestellt.

Gemäß § 65 VStG hat die Berufungswerberin keinen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu Punkt 1) zu leisten. Gemäß § 66 Abs 4 AVG wird der Berufung zu Punkt 2) keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, dass die Zahl des rechtskräftigen Bescheides des Magistratischen Bezirksamtes für den 1./8. Bezirk, vom 28.11.1983, richtig mit: "MBA 1/8 - Ba 61388/1/83" zu zitieren ist. Die Berufungswerberin hat daher gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu Punkt 2) in der Höhe von Schilling 60,--, das sind 20 % der verhängten Geldstrafe, zu bezahlen.

Text

Das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den 1./8. Bezirk, vom 27.04.1999, Zl MBA 1/8 - S 6095/99, hat folgenden Spruch:

"Sie haben als gewerberechtliche Geschäftsführerin der P-Gesellschaft mbH zu verantworten, dass in der Betriebsanlage dieser Gesellschaft am 13.10.1998 in Wien, F-markt, wo das Gastgewerbe in der Betriebsart Hotel ausgeübt wird, folgende Auflagen des rechtskräftigen Bescheides des Magistratischen Bezirksamtes für den 1./8. Bezirk vom 28.11.1983, Zahl: MBA 1/8 - Ba 6158/1/83, nicht eingehalten waren:

1) Auflage Nr 51) "Deckendurchbrüche und Mauerdurchbrüche in brandabschnittsbegrenzenden Wänden im Verlauf von Installationsleitungen müssen brandbeständig (F 90) gemäß ÖNORM B 3800 verschlossen bzw abgeschottet sein.

Ausgenommen davon sind Installationsschächte, die durchgehend brandbeständig (F 90) ausgestattet sind und deren Öffnungen brandbeständig (T 90 bzw F 90) gemäß ÖNORM B 3850 bzw 3800 verschlossen sind."

da 4 Installationsschächte nicht F 90 abgeschottet waren.

2) Auflage Nr 61) "In den Gästezimmern ist ein mehrsprachiges "Merkblatt für das Verhalten im Gefahrenfall" aufzulegen. Dieses Merkblatt muss insbesondere folgende Hinweise enthalten: .... - Notrufnummer der Feuerwehr mit allfälliger hoteleigener Vorwahl bzw die interne Nummer des Hotels, die von einem Brandfall im Haus zu verständigen ist."

da auf den Merkblättern die Telephonnummer der Rezeption, die im Brandfall zu verständigen ist, nicht angeführt war.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§ 367 Ziffer 25 der Gewerbeordnung 1994, BGBl 194/1994 in der geltenden Fassung in Verbindung mit der Auflage Nr 51) und 61) des Bescheides des Magistratischen Bezirksamtes für den 1./8.

Bezirk, vom 28.11.1983, Zahl: MBA 1/8 - Ba 61388/1/83. Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über Sie folgende

Strafe verhängt:

zu 1) Geldstrafe von S 900,--, im Nichteinbringungsfall Ersatzfreiheitsstrafe von 10 Stunden

zu 2) Geldstrafe von S 300,--, im Nichteinbringungsfall

Ersatzfreiheitsstrafe von 3 Stunden

gemäß § 367 Einleitungssatz der GewO 1994 idgF.

Ferner haben Sie gemäß § 64 Verwaltungsstrafgesetz 1991 -

VStG, in der geltenden Fassung, zu zahlen:

ATS 120,-- als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10 % der Strafe.

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten) beträgt daher S 1.320,-- (einspricht 95,93 EUR). Außerdem sind die Kosten des Strafvollzuges zu ersetzen."

Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die fristgerechte Berufung der Beschuldigten.

Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien führte am 22.09.1999 eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, an welcher die Beschuldigte zusammen mit ihrem rechtsfreundlichen Vertreter teilnahm und in welcher die Zeugin Dipl-Ing R einvernommen wurde.

Zu Punkt 1):

Gemäß § 367 Ziffer 25 GewO 1994 (GewO) begeht eine Verwaltungsübertretung, die nach dem Einleitungssatz dieser Gesetzesbestimmung mit Geldstrafe bis zu S 30.000,-- zu bestrafen ist, wer Gebote oder Verbote von gemäß § 82 Abs 1 oder § 82a Abs 1 erlassenen Verordnungen nicht befolgt oder die gemäß den Bestimmungen der §§ 74 bis 83 oder 359b in Bescheiden vorgeschriebenen Auflagen oder Aufträge nicht einhält.

Gemäß § 44a Ziffer 1 VStG bestimmt, dass der "Spruch" (§ 44 Abs 1 Ziffer 6 VStG), wenn er nicht auf Einstellung lautet, "die als erwiesen angenommene Tat" zu enthalten hat. Das heißt, dass jene Tat im Spruch so eindeutig umschrieben sein muss, dass kein Zweifel darüber besteht, wofür der Täter bestraft worden ist. Der Vorschrift des § 44a Ziffer 1 VStG ist dann entsprochen, wenn

a) im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen ist, dass er (im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren, gegebenenfalls auch in einem Wiederaufnahmeverfahren) in die Lage

versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um diesen Tatvorwurf zu widerlegen und

b) der Spruch geeignet ist, den Beschuldigten (Bestraften) rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden. Danach ist in jedem einzelnen Fall zu beurteilen, ob die im Spruch eines Straferkenntnisses enthaltene Identifizierung der nach Ort und Zeit dem § 44a Ziffer 1 VStG genügt oder nicht genügt (vgl ua VwGH verst Senat 13.06.1984, VwSlg 11.466/A).

Die Tatumschreibung entspricht nun in mehrerer Hinsicht nicht dem Konkretisierungsgebot des § 44a Ziffer 1 VStG:

Laut Bescheidauflage Nr 51) müssen nur Deckendurchbrüche und Mauerdurchbrüche in brandabschnittsbegrenzenden Wänden im Verlauf von Installationsleitungen brandbeständig (F 90) gemäß ÖNORM B 3800 verschlossen bzw abgeschottet sein. Die Tatumschreibung lässt es einerseits offen, welche vier Installationsschächte nicht F 90 abgeschottet waren und andererseits, ob diese vier Installationsschächte in brandabschnittsbegrenzenden Wänden gelegen sind.

Weiters sind von der Verpflichtung, die Installationsschächte brandbeständig (F 90) gemäß der ÖNORM B 3800 abzuschotten, solche Installationsschächte ausgenommen, die durchgehend brandbeständig (F 90) ausgestattet sind und deren Öffnungen brandbeständig (T 90 bzw F 90) gemäß ÖNORM B 3850 bzw B 3800 verschlossen sind.

Daraus ergibt sich, dass nicht sämtliche Installationsschächte F 90 abgeschottet werden müssen, sondern nur solche die in brandabschnittsbegrenzenden Wänden verlaufen bzw ist eine F 90-Abschottung dann nicht erforderlich, wenn die Installationsschächte durchgehend brandbeständig (F 90) ausgestattet sind und deren Öffnungen brandbeständig (T 90 bzw F 90) gemäß der ÖNORM B 3950 bzw B 3800 verschlossen sind. Gegenständliche Tatanlastung entspricht somit deshalb nicht dem Konkretisierungsgebot des § 44a Ziffer 1 VStG, da der Berufungswerberin innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist nicht vorgeworfen wurde, dass die beanstandeten vier Installationsschächte in brandabschnittsbegrenzenden Wänden verlaufen. Ferner wurde der Berufungswerberin auch nicht vorgeworfen, dass diese vier Installationsschächte nicht unter die Ausnahmebestimmung des 2. Satzes der Auflage Nr 51 fallen, da sie nicht durchgehend brandbeständig (F 90) ausgestattet sind und ferner deren Öffnungen nicht brandbeständig (T 90 bzw F 90) gemäß ÖNORM B 3850 bzw 3800 verschlossen sind.

Es war daher schon aus diesem Grunde spruchgemäß zu entscheiden, ohne näher auf die Frage einzugehen, ob der Berufungswerberin tatsächlich ein Verschulden an gegenständlicher Verwaltungsübertretung zur Last gelegt werden kann, zumal es bislang bei voran gegangenen Begehungen der Betriebsanlage keine Beanstandungen der vier Installationsschächte gegeben hat.

Zu Punkt 2):

Die Beschuldigte legte bereits ihrer Berufung das mehrsprachige Merkblatt "Brandschutzhinweise für unsere Gäste" bei. Auf diesem Merkblatt befindet sich u a folgende Aufforderung (in deutsch und in englisch): "Im Brandfall sofort die Rezeption kontaktieren, Tel Nr 1000". Dieses Merkblatt wurde aber erst nach der Begehung vom 13.10.1998 durch das Einfügen der Telefonnummer der Rezeption ergänzt. Somit befand sich zur Tatzeit die Telefonnummer der Rezeption, somit jene Stelle, die von einem Brandfall im Hause zu verständigen ist, nicht auf dem Merkblatt. Der objektive Tatbestand der der Berufungswerberin angelasteten Verwaltungsübertretung erweist sich somit als gegeben, wobei der Umstand daran nichts ändert, dass die Telefonnummer der Rezeption auf einem Aufsteller aus Plexiglas neben dem Telefon aufliegt, verlangt doch die Auflage Nr 61) eindeutig, dass die interne Nummer des Hotels, die von einem Brandfall im Haus zu verständigen ist, dies ist im konkreten Fall die Telefonnumer der Rezeption, auf dem mehrsprachigen Merkblatt für das Verhalten im Gefahrenfall angeführt werden muss.

Zum Verschulden:

Bei gegenständlicher Verwaltungsübertretung handelt es sich um ein Ungehorsamsdelikt, weil zum Tatbestand weder der Eintritt eines Schadens noch einer Gefahr gehört und die Verwaltungsvorschrift über das zur Strafbarkeit erforderliche Verschulden nichts bestimmt (vgl VwGH 27.3.1990, 89/04/0226). In einem solchen Fall ist gemäß § 5 Abs 1 VStG Fahrlässigkeit anzunehmen, wenn der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Das bedeutet, dass der Beschuldigte initiativ alles darzulegen hat, was für seine Entlastung spricht, was in erster Linie durch ein geeignetes Tatsachenvorbringen und durch die Beibringung von Beweismittel bzw die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen hat. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl u a VwGH 6.11.1974, 1779/73), sind allgemein gehaltene Behauptungen nicht geeignet, die Glaubhaftmachung mangelnden Verschuldens an einer

angelasteten Verwaltungsübertretung als erbracht anzusehen. Ein entsprechendes Vorbringen, welches mangelndes Verschulden glaubhaft machen könnte, wurde von der Berufungswerberin nicht erstattet. Anders als die Einhaltung des Auflagepunktes 51) ist das Verfassen eines entsprechenden Gefahrenmerkblattes im Brandfall auch einem technischen Laien möglich und konnte auch das Merkblatt nach Beanstandung von der Berufungswerberin leichtest verbessert werden. Auch der Umstand, dass das Merkblatt bei sämtlichen vorangegangenen Prüfungen der letzten 14 Jahre nicht beanstandet worden sein soll, kann ein mangelndes Verschulden nicht begründen, da - wie sich aus der Zeugenaussage Dipl-Ing R ergibt - im Rahmen der Begehung von Betriebsanlagen lediglich stichprobenartige Überprüfungen durchgeführt werden können. Bei der von der Berufungswerberin als gewerberechtliche Geschäftsführerin eines großen Hotelbetriebes verlangten Sorgfalt hätte die Berufungswerberin anlässlich der Übernahme ihrer Pflichten durchaus leicht erkennen können, dass das Gefahrenmerkblatt unvollständig ist. Dazu bedarf es nämlich weder eines technischen Wissens noch einer Spezialausbildung.

Somit war auch die subjektive Tatseite als gegeben anzusehen.

Zur Strafbemessung:

Die Tat schädigte in nicht unerheblichem Maße das Interesse an der Einhaltung von Bescheidauflagen für gewerbliche Betriebsanlagen, die deren gefahrloses Betreiben sicher stellen sollen, hier im Speziellen das Interesse an einem möglichst umfangreichen Brandschutz. Der Unrechtsgehalt der Tat war daher selbst bei Fehlen sonstiger nachteiliger Folgen nicht geringfügig.

Das Verschulden der Berufungswerberin kann nicht als geringfügig angesehen werden, da weder hervorgekommen ist, noch auf Grund der Tatumstände anzunehmen war, dass die Einhaltung der Vorschrift eine besondere Aufmerksamkeit erfordert habe oder dass die Verwirklichung des Tatbestandes aus besonderen Gründen nur schwer hätte vermieden werden können.

Die bisherige verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit der Berufungswerberin wurde bereits von der Behörde erster Instanz zutreffend als mildernd gewertet. Erschwerend war kein Umstand. Der Berufungswerberin ist der Einschätzung der Erstbehörde, es würden durchschnittliche finanzielle Verhältnisse vorliegen, nicht entgegen getreten. Es ist daher mangels entsprechender Angaben auf Grund des Alters der Beschuldigten und ihrer Stellung als gewerberechtliche Geschäftsführerin eines großen Hotelbetriebes von durchschnittlichen Einkommensverhältnissen und von einer zu Gunsten der Berufungswerberin angenommenen Vermögenslosigkeit auszugehen. Sorgepflichten konnten mangels Hinweises bei der Strafbemessung keine Berücksichtigung finden. Unter Bedachtnahme auf diese Strafzumessungsgründe und auf den bis zu S 30.000,-- reichenden gesetzlichen Strafsatz erweist sich die verhängte Geldstrafe als durchaus angemessen und keineswegs zu hoch, zumal im Verfahren keine weiteren Milderungsgründe hervor getreten sind.

Eine Herabsetzung der verhängten Geldstrafe kam somit nicht in Betracht.

Die Vorschreibung des Beitrages zu den Kosten des Berufungsverfahrens stützt sich auf die zwingende Vorschrift des § 64 Abs 1 und 2 VStG.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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