Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Gerhard Wittmann über die Berufung des Herrn B L, G, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Graz vom 22.6.1998, GZ.: A8aP-20/24-1997, wie folgt entschieden:
Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im Folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im Folgenden VStG) wird die Berufung abgewiesen.
Gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG hat der Berufungswerber als Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens einen Betrag von S 600,-- binnen vier Wochen ab Zustellung dieses Bescheides bei sonstiger Exekution zu bezahlen.
Die verletzte Verwaltungsvorschrift lautet:
§ 7 Abs 1 iVm § 12 Abs 1 Z 2 Bundesstraßenfinanzierungsgesetz 1996 - BStFG 1996, BGBl. Nr. 201/1996 i.d.F. BGBl Nr. 656/1996".
Im Übrigen bleibt der Spruch unberührt.
Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Graz vom 22.6.1998, GZ: A8aP-20/24-1997, wurde dem Berufungswerber vorgeworfen, er habe am 1.3.1997, um 17.25 Uhr das Kraftfahrzeug der Marke Ford Transit, Probefahrtkennzeichen G auf der Südautobahn A 2, in Richtung Graz, im Gemeindegebiet St. Johann/H., Bezirk Hartberg, beim Autobahnkilometer 113,5 gelenkt, ohne die zeitabhängige Maut durch Anbringen einer Mautvignette am Fahrzeug ordnungsgemäß entrichtet zu haben. Dadurch habe der Berufungswerber eine Verwaltungsübertretung gemäß § 7 Abs 1 Bundesstraßenfinanzierungsgesetz (im Folgenden BStFG) begangen und wurde über ihn von der Erstbehörde eine Geldstrafe von S 3.000,-- (im Uneinbringlichkeitsfall drei Tage Ersatzarrest) verhängt. Gegen dieses Straferkenntnis erhob der Berufungswerber fristgerecht das Rechtsmittel der Berufung, wobei er ausführte, dass die Verwendung eines Probefahrtkennzeichens völlig unabhängig von Vignetten am Fahrzeug sei. Dem trage auch die jetzige Vorgangsweise insofern Rechnung als bei Probefahrtkennzeichen eine Vignette, allerdings nicht eine Jahresvignette, mitgeführt statt aufgeklebt werden dürfe und dies seine Rechtsansicht bestätige, wobei die einschränkende Verwendung einer Vignette (nicht für ein Jahr), selbst diese Bestimmung verfassungswidrig mache. Er habe immer eine Vignette mitgeführt, da die Vignette immer Bestandteil der Probefahrtkennzeichen, aber nicht des jeweiligen sich ändernden Fahrzeuges sein könne. Er beantrage daher das Strafverfahren einzustellen, in eventu die Strafe auf eine Verwarnung zu reduzieren.
Von einer Berufungsverhandlung konnte gemäß § 51 e Abs 3 Z 3 VStG abgesehen werden, da im angefochtenen Bescheid keine S 3.000,-- übersteigende Geldstrafe verhängt wurde und keine Partei die Durchführung einer Verhandlung beantragt hat. Bei der nunmehrigen Entscheidung wird von folgendem Sachverhalt ausgegangen:
Der Berufungswerber befuhr am 1.3.1997, um 17.25 Uhr mit einem Kraftfahrzeug der Marke Ford Transit mit dem Probefahrtkennzeichen G die Südautobahn A 2, in Fahrtrichtung Graz, bei Km. 113,500. Der Berufungswerber wurde in weiterer Folge von den beiden Gendarmeriebeamten P und Insp. T angehalten. Am Fahrzeug war keine gültige Mautvignette angebracht. Der Berufungswerber gab bei der Anhaltung an, dass er im Auftrag der Fa. B unterwegs sei und auf die Vignette vergessen habe. Seiner Meinung nach sei eine Vignette auf Fahrzeugen mit Probefahrtkennzeichen nicht notwendig. Da er sich weigerte die Maut samt Zusatzbetrag zu bezahlen, erstattete Herr P schließlich bei der Bezirkshauptmannschaft Hartberg, die das Verfahren an die Wohnsitzbehörde des Berufungswerbers abtrat, eine Anzeige gegen den Berufungswerber.
Beweiswürdigung:
Der Sachverhalt basiert auf der Anzeige des Gendarmeriebeamten P vom Landesgendarmeriekommando für Steiermark, vom 3.3.1997. Der Berufungswerber hat in keinem Stadium des Verfahrens bestritten, dass zum Tatzeitpunkt am Fahrzeug tatsächlich keine Vignette angebracht war. In seinem Einspruch gegen die Strafverfügung vom 16.5.1997 erklärte der Berufungswerber lediglich, dass er die Tat nicht begangen habe. In seiner Rechtfertigung im ordentlichen Verfahren vom 11.5.1998 gab er an, dass "für Probefahrtkennzeichen eine Mautvignette selbst dann nicht erforderlich ist, wenn dies im Bundesstraßenfinanzierungsgesetz oder entsprechenden Verordnungen derart formuliert ist, da dies faktisch unmöglich ist". In eventu beantragte er auf Grund seiner ungünstigen finanziellen Verhältnisse die Geldstrafe mit maximal S 300,-- festzusetzen. Erstmalig in seiner Berufung brachte der Berufungswerber vor, dass er immer eine Vignette mitgeführt habe. Dem steht die Anzeige des Meldungsleger vom 3.3.1997 gegenüber, wonach der Berufungswerber angegeben habe, dass er die Vignette vergessen habe und eine Vignette auf Fahrzeugen mit Probefahrtkennzeichen nicht notwendig sei. Die Berufungsbehörde sieht keinen Anlass, den Angaben in der Anzeige keinen Glauben zu schenken, zumal der Berufungswerber erst in der Berufung mehr als 1 « Jahre nach dem Tatzeitpunkt behauptete, er habe ohnehin immer eine Vignette mitgehabt. Aus Parallelverfahren ist auch bekannt, dass der Berufungswerber am 5.6.1997 und am 8.6.1997 ebenfalls mit Fahrzeugen mit dem Probefahrtkennzeichen G bzw. G auf Autobahnen unterwegs war und keine Autobahnvignette mit hatte. Dies begründete der Berufungswerber ebenfalls damit, dass er bei Fahrzeugen mit Probefahrtkennzeichen keine Vignette brauche.
Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 7 Abs 1 BStFG in der zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung unterliegt seit 1.1.1997 die Benützung der Bundesautobahnen und der Bundesschnellstraßen einer zeitabhängigen Maut. Die Maut ist vor der mautpflichtigen Straßenbenützung durch Anbringen einer Mautvignette am Fahrzeug zu entrichten.
Gemäß § 12 Abs 1 Z 2 BStFG in der Fassung BGBl. Nr. 656/1996 begehen Lenker von Kraftfahrzeugen, die mit diesen mautpflichtige Bundesstraßen A (Bundesautobahnen) oder Bundesstraßen S (Bundesschnellstraßen) benützen, ohne die zeitabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben, eine Verwaltungsübertretung und sind von der Bezirksverwaltungsbehörde mit Geldstrafe von S 3.000,-- bis zu S 60.000,-- zu bestrafen.
Grundsätzlich ist die Maut vor der mautpflichtigen Straßenbenützung durch Anbringen einer Mautvignette am Fahrzeug zu entrichten. Die Vignette ist innen direkt auf der Windschutzscheibe gut sichtbar und unbeschädigt anzukleben. Auf Grund des festgestellten Sachverhaltes ist davon auszugehen, dass zum Tatzeitpunkt an dem vom Berufungswerber gelenkten Fahrzeug keine entsprechende Vignette angebracht war. Zum Einwand des Berufungswerbers, eine Autobahngebühr sei bei einem Probefahrtkennzeichen überhaupt nicht zu entrichten gewesen, ist auszuführen, dass das BStFG eine derartige Ausnahmebestimmung nicht kennt. Viel mehr wurde mittlerweile in der Mautordnung verfügt, dass bei Fahrzeugen, die mit einem Probefahrtkennzeichen oder Überstellkennzeichen ausgerüstet sind, anstelle des direkten Anklebens das getrennte Mitführen einer zeithaltig gemachten Wochenvignette gestattet ist. Der Berufungswerber kann sich auf diese Bestimmung aber nicht berufen, weil er zum Tatzeitpunkt überhaupt keine Vignette (auch keine ordnungsgemäß entwertete Wochenvignette) mitgeführt hat. Die Berufungsbehörde ist nicht der Ansicht des Berufungswerbers, dass die anzuwendenden Bestimmungen des Bundesstraßenfinanzierungsgesetzes verfassungswidrig wären. Bei der Beurteilung, ob die über den Berufungswerber in erster Instanz verhängte Geldstrafe schuld- und tatangemessen anzusehen ist, ging die Berufungsbehörde von folgenden Überlegungen aus:
Gemäß § 19 Abs 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.
Gemäß § 19 Abs 2 VStG sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.
Erschwerungs- und Milderungsgründe liegen nicht vor. Der Strafrahmen beträgt gemäß § 12 Abs 1 BStFG S 3.000,-- bis S 60.000,--.
Bei den Autobahnauffahrten wird ausdrücklich durch entsprechende Verkehrszeichen darauf aufmerksam gemacht, dass die Autobahn nur mit einer entsprechenden Mautvignette am Fahrzeug befahren werden kann. Wenn der Berufungswerber tatsächlich Zweifel gehabt hat, ob er für Fahrzeuge mit Probefahrtkennzeichen eine Mautvignette benötigt, wäre es seine Aufgabe gewesen, sich bei der zuständigen Stelle zu erkundigen. Da er dies offensichtlich nicht gemacht hat, kann sein Verschulden als nicht nur geringfügig angesehen werden. Mit Schreiben des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark vom 21.9.1999 wurde der Berufungswerber aufgefordert seine aktuellen Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse bekannt zu geben. Dem Berufungswerber wurde mitgeteilt, dass sollte er dieser Aufforderung binnen zwei Wochen nicht nachkommen, davon ausgegangen werde, dass er über ein monatliches Nettoeinkommen von S 12.000,-- verfüge. Der Berufungswerber beantwortete das angeführte Schreiben nicht, sodass von einem monatlichen Nettoeinkommen von S 12.000,-- ausgegangen wird.
Über den Berufungswerber wurde von der Erstbehörde nur die Mindeststrafe von S 3.000,-- verhängt. Diese erscheint jedenfalls als schuld- und tatangemessen. Der Ausspruch lediglich einer Ermahnung im Sinne des § 21 VStG kam bereits auf Grund des nicht nur geringfügigen Verschuldens nicht in Betracht. Gemäß § 64 Abs 1 VStG ist in jedem Straferkenntnis und in jeder Entscheidung eines Unabhängigen Verwaltungssenates, mit der ein Straferkenntnis bestätigt wird, auszusprechen, dass der Bestrafte einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu leisten hat.
Gemäß § 64 Abs 2 VStG sind die Kosten für das Strafverfahren erster Instanz mit 10 % der verhängten Strafe, für das Berufungsverfahren mit weiteren 20 % der verhängten Strafe, mindestens jedoch mit S 20,-- zu bemessen. Darauf stützt sich die im Spruch vorgenommene Kostenentscheidung.