Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch den Vorsitzenden Dr. Gert Ebner über die Beschwerde des Herrn M. G. H., XY, vom 28.05.1999 wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt durch den Polizeibeamten der Bundespolizeidirektion Innsbruck, Herrn Rev.Insp. T. G. am 22.04.1999 in der Zeit von 19.53 Uhr bis 20.14 Uhr, sowie über die Beschwerde wegen Verletzung von Richtlinien für das Einschreiten durch Rev.Insp. T. G. wie folgt:
I.
Gemäß § 67a Abs 1 Z 2 AVG und § 67c Abs 1 und Abs 4 AVG wird das Beschwerdebegehren, der Beschwerdeführer sei durch die willkürliche Festnahme im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf persönliche Freiheit verletzt worden, als unbegründet abgewiesen.
II.
Nach diesen Gesetzesstellen wird das weitere Beschwerdebegehren, durch Drohungen und Aussagen wie ?da herinnen seien Sie ruhig? des Polizeibeamten Rev.Insp. T. G. sei der Beschwerdeführer im Recht auf freie Meinungsäußerung verletzt worden, als unbegründet abgewiesen.
III.
Gemäß § 89 Abs 4 SPG wird festgestellt, dass durch den Polizeibeamten Rev. Insp. T. G. bei seinem Einschreiten gegen den Beschwerdeführer Herrn M. G. H. am 20.04.1999 in der Zeit von 19.53 Uhr bis 20.14 Uhr keine Richtlinien für das Einschreiten der Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes (Richtlinien-Verordnung RLV, BGBl Nr 266/1993) verletzt worden sind.
IV.
Gemäß § 79a Abs 3 und 4 AVG und § 89 Abs 5 SPG hat der Beschwerdeführer der obsiegenden belangten Behörde entsprechend § 1 Z 3, 4 und 5 der Aufwandersatzverordnung UVS, BGBl Nr 855/1995, den Vorlageaufwand in Höhe von Schilling 565,00, den Schriftsatzaufwand in Höhe von Schilling 2.800,00 und den Verhandlungsaufwand in Höhe von Schilling 3.500,00 zu ersetzen. Der Gesamtbetrag von Schilling 6.865,00 ist binnen zwei Wochen nach Zustellung dieses Erkenntnisses an das Land Tirol zur Einzahlung zu bringen.
V.
Nach § 79a Abs 1 und 3 AVG und § 89 Abs 5 SPG wird dem Beschwerdeführer als unterlegene Partei kein Aufwandersatz zuerkannt.
Herr M. G. H. brachte mit Schreiben vom 30.04.1999 bei der Bundespolizeidirektion Innsbruck eine Beschwerde gegen den Beamten mit der Dienstnummer XY des Wachzimmers Innere Stadt ein. Er verbindet diese Beschwerde mit der Bitte, den Vorfall vom 22.04.1999 zu untersuchen, da er sich durch die Vorgangsweise der Beamten in mehrfacher Weise in seinen Bürgerrechten verletzt fühle. Er hoffe, dass von der Bundespolizeidirektion Innsbruck in angemessener Weise auf sein Schreiben reagiert werde, um sein Vertrauen in die Exekutive wieder herzustellen. Bei ihm sei doch der Eindruck entstanden, dass auch rechtschaffene und unbescholtene Bürger schnell in die ?Mühlen der Justiz? gelangen und unschuldig behördliche Befehls- und Zwangsgewalt über sich ergehen lassen müssen.
Die Bundespolizeidirektion Innsbruck, Präsidialreferat, hat an Herrn M. G. H. das Schreiben vom 18.05.1999 mit folgendem Inhalt gerichtet:
?Ihre Beschwerde wurde durch die Bundespolizeidirektion Innsbruck zum Anlass genommen, eine Stellungnahme des von der Beschwerde betroffenen Sicherheitswachebeamten einzuholen. Des weiteren wurde durch die mit der Dienstaufsicht im Hause betraute Organisationseinheit (Zentralinspektorat der Sicherheitswache - vorgesetzte Offiziere des Beamten) eine Würdigung durchgeführt.
In einem wird Ihnen mitgeteilt, dass gegenständliche Note sich ausschließlich auf den Kritikpunkt ?Beamtenverhalten? bezieht: in der Sache selbst behängt bei der verwaltungspolizeilichen Abteilung - Strafamt ein Verfahren. Der Beschwerdevorgang wird jedoch dem sachentscheidenden Referenten für seine Entscheidungsfindung ebenfalls mitgeteilt werden.
Der Beamte gibt an, dass es nicht den Tatsachen entspricht, dass Sie Ihr Fahrrad am Tatort geschoben hätten. Es konnte von Sicherheitswachebeamten wahrgenommen werden, dass Sie mit dem von Ihnen gelenkten Fahrrad den Innrain in Richtung Osten von der Kreuzung Josef-Hirn-Straße/Innrain, auf dem Gehsteig, befahren haben. Der Beamte konnte mit Ihnen Blickkontakt aufnehmen, da er gegenüber dem Haus Innrain Nr32 (Finanzlandesdirektion) stand und so in der Lage war, die Übertretungen, die zur Anhaltung führten, festzustellen. In seinem Bericht gibt der Beamte an, dass Sie Ihr vorschriftswidriges Verhalten fortsetzten, obwohl Sie nach Ansicht des Beamten ihn wahrgenommen hatten.
Infolge sei es bei der Amtshandlung zu einer verbalen Konfrontation gekommen, wobei Sie Ihren Unmut über die Anhaltung und Amtshandlung kundtaten.
Da Sie nicht einsichtig waren und dem Beamten des weiteren unbekannt waren, erging die Aufforderung, sich auszuweisen. Dieser Aufforderung wurde, auch nach Wiederholung derselbigen, nicht entsprochen. Was den Zahlschein anbelangt, wird vom Beamten angeführt, dass dieser erst im Wachzimmer vorgelegt wurde und in weiterer Folge zur Identitätsfeststellung mit herangezogen werden konnte. Es erfolgte sohin am 22.04.1999 um 19.53 Uhr die Festnahme.
Der Beamte gibt an, Ihnen mitgeteilt zu haben, dass Sie von ihm sehr wohl die Dienstnummer, jedoch erst nach Beendigung der Amtshandlung erhalten haben. Diesbezüglich darf auf § 9 der Richtlinienverordnung verwiesen werden. In Abs 1 ist angeführt, dass die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes den von einer Amtshandlung Betroffenen auf deren Verlangen ihre Dienstnummer bekanntzugeben haben. Dies gilt nicht, solange dadurch die Erfüllung der Aufgabe gefährdet wäre. In der vom Beamten gewählten Vorgangsweise der Bekanntgabe der Dienstnummer kann durch die Bundespolizeidirektion Innsbruck kein Fehler erkannt werden und wird durch die BPD Innsbruck kein Verstoß gegen die Richtlinienverordnung erkannt. Sollten Sie diese Ansicht nicht teilen, wird Ihnen mitgeteilt, dass auch eine Beschwerdemöglichkeit beim Unabhängigen Verwaltungssenat in Tirol (Michael-Gaismair-Straße 1, 6020 Innsbruck) besteht. Für allfällige Fragen können Sie sich an diese Stelle wenden.
Der Beamte stellt in Abrede, dass es seinerseits zu verbalen Entgleisungen gekommen ist. Es entspräche jedoch den Tatsachen, dass der Ausdruck ?präpotent? gefallen ist.
Dies wird vom vorgesetzten Offizier des Beamten für unnotwendig erachtet. Diese Ansicht wird vom gefertigten Behördenleiter geteilt.
Was den Bereich ?Informationspflichten? anbelangt, wird vom Beamten in seinem Bericht dargelegt, dass von Ihnen ein derart Unmut äußerndes lautstarkes Verhalten an den Tag gelegt wurde, dass eine Belehrung nicht möglich bzw unangebracht erschien. Auch für diesen Bereich wird auf den Hinweis zum Kritikpunkt ?Dienstnummer? verwiesen, zumal die Bundespolizeidirektion Innsbruck davon ausgeht, dass dem Beamten diesbezüglich kein Fehlverhalten angelastet werden kann, zumal auch im Wachzimmer durch den Wachkommandanten versucht wurde, die vorgesehene Belehrung ohne Erfolg vorzunehmen.
Im Bericht ist auch angeführt, dass der Beamte Sie aufforderte, sich im Fahrzeug ruhig zu verhalten.
Im Wachzimmer wäre nach erfolgter Identitätsfeststellung die Festnahme aufgehoben worden.
Sehr geehrter Herr H.!
Aus dem, dem gefertigten Behördenleiter vorliegenden, Aktenkonvolut scheint evident zu sein, dass zusammenfassend festgehalten von keiner Verletzung der Richtlinienverordnung ausgegangen werden kann.
Hinsichtlich der einzelnen Punkte darf auf das oben Angeführte verwiesen werden, insgesamt wird auch davon ausgegangen, dass die Amtshandlung mit der notwendigen Sachlichkeit durchgeführt wurde.?
Hierauf hat Herr M. G. H. mit Eingabe vom 28.05.1999 beim Unabhängigen Verwaltungssenat in Tirol Beschwerde wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt des Beamten mit der Dienstnummer XY vom Wachzimmer Innere Stadt erhoben. Der Beschwerdeführer rügt, dass er durch die willkürliche Festnahme im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf persönliche Freiheit verletzt worden sei. Weiters sehe er sich durch Drohungen des Beamten und Aussagen wie ?da herinnen seien Sie ruhig? ua und der Tatsache, dass die Polizeibehörde eine ?verbale Konfrontation? mit einer Geldstrafe belege, in seinem Recht auf freie Meinungsäußerung verletzt.
Verbunden mit dieser auf § 67c AVG gestützten Beschwerde erhebt Herr M. G. H. gemäß § 89 SPG Beschwerde wegen Verletzung von Richtlinien für das Einschreiten und führt dazu folgendes aus:
Durch die bedrohlichen und aggressiven Beschimpfungen, er sei eine ?unnütze Person? und er sei ?so was präpotentes? und Aussagen wie ?die Dienstnummer gib i dir, wenn i dir sag, dass i dir sie gib? und ?da herinnen seien Sie ruhig? sei unmissverständlich zu erkennen, dass der Beamte bei der Anhaltung und Festnahme nicht unter Achtung der Menschenwürde und möglichsten Schonung seiner Person vorgegangen sei. Er sehe durch diese Vorgangsweise seine Menschenwürde beeinträchtigt und sich einer erniedrigenden Strafe ausgesetzt. Zudem sei ihm bei der Festnahme das Recht, einen Angehörigen oder eine sonstige Person seines Vertrauens und einen Rechtsbeistand zu verständigen, verwehrt worden.
Die Bundespolizeidirektion Innsbruck als belangte Behörde hat mit Schreiben vom 02.07.1999 unter Vorlage des Bezugsaktes zur Beschwerde des Herrn M. G. H. Stellung genommen und eine Gegenschrift erstattet, in der auszugsweise folgendes ausgeführt wird:
?Laut Anzeige der Sicherheitswache, Wachzimmer Innere Stadt vom 25.04.1999, wurde gegen H. M. Anzeige erstattet, sowohl nach der Straßenverkehrsordnung als auch nach dem Tiroler Landespolizeigesetz.
Der Anzeige zufolge befanden sich der Sicherheitswachebeamte W.sowie der meldungslegende Beamte G. im Zuge des Funkstreifendienstes am Innrain vor Haus Nr 32 und bezettelten gegenüber Fahrzeuge, die im Halte- und Parkverbot standen.
Durch die Beamten wurde in weiterer Folge wahrgenommen, wie H. von der Kreuzung Innrain, Josef-Hirn-Straße kommend, in Richtung Osten mit dem von ihm gelenkten silberfarbenen Herrenfahrrad den Innrain entgegen die Richtungsfahrbahn auf dem Gehsteig befuhr.
Laut Anzeige des Sicherheitswachebeamten fiel ihm auf, dass der Angezeigte mit ihm (dem Sicherheitswachebeamten) Blickkontakt aufgenommen hatte und somit die Anwesenheit der Exekutivorgane bemerkt hätte. Trotzdem sei der Gehsteig in vorschriftswidriger Weise weiter befahren worden. Dies nahm der Beamte zum Anlass, H. anzuhalten, der wenige Meter vor dem Wachebamten vom Fahrrad sprang. Infolge eskalierte die Amtshandlung und wurde H., laut Anzeige, am 22.04.1999 um 19.53 Uhr in 6020 Innsbruck, Innrain Nr 32 (Finanzlandesdirektion) gemäß § 35, 1 und 3 VStG festgenommen und in das Wachzimmer Innere Stadt eskortiert. Im Wachzimmer eingetroffen, wurde H. von BI T. (Wachkommandant) hinsichtlich seiner Identität befragt. Ebenso wurde er dabei über den Grund der Festnahme informiert und über seine Rechte belehrt. Dabei begehrte der Beschwerdeführer die Bekanntgabe der Dienstnummer, die ihm über sein Begehren hin nach Abschluss der Amtshandlung und der Aufhebung der Festnahme bekannt gegeben wurde (Übergabe der Visitenkarte mit der Dienstnummer).
Im Bericht des zuständigen Abteilungkommandos vom 11.05.1999 wurde eine Würdigung durchgeführt. Laut Bericht des vorgesetzten Offiziers des von der Beschwerde betroffenen Beamten wurde davon ausgegangen, dass unter Zugrundelegung der Aktenunterlagen die Ansicht vertreten wurde, dass RI G. bei Durchführung der in Rede stehenden Amtshandlung ein Fehlverhalten bzw eine Fehlleistung nicht unterstellt werden kann. Unklug und unnotwendig sei jedoch die Äußerung gewesen, dass man so ein Verhalten als ?präpotent? erachten könne.
Es wurde daher mit Note vom 17.05.1999 dem Beschwerdeführer eine Beantwortung zugemittelt. Dabei wurde ausdrücklich auch die Meinung des vorgesetzten Offiziers hinsichtlich der in Beschwerde gezogenen Äußerung dem Beschwerdeführer mitgeteilt.
In Entsprechung des Manuduktionsprinzips wird in derartigen Fällen auch auf die Beschwerdemöglichkeit beim Unabhängigen Verwaltungssenat, so die Voraussetzungen nach dem Sicherheitspolizeigesetz vorzuliegen scheinen, verwiesen.
Dies wurde durch M. G. H. zum Anlass genommen, bei der do. Behörde Beschwerde zu führen.
Der gesamte in gestraffter Form geschilderte Sachverhalt ist beiliegendem Konvolut zu entnehmen.
Maßnahmebeschwerde - Würdigung:
Grundsätzlich wurde bereits, wie angeführt, durch die mit der Dienstaufsicht im Hause betraute Organisationseinheit für Sicherheitswachebeamte eine Würdigung der Amtshandlung durchgeführt. Ergänzend darf festgestellt werden, dass die Festnahme gemäß § 35 VStG erfolgte, zumal der Beschwerdeführer bei einer Verwaltungsübertretung auf frischer Tat betreten wurde und der Betretene dem anhaltenden Organ unbekannt war, sich nicht ausweisen konnte und seine Identität auch sonst nicht sofort feststellbar war bzw weil der Betretene trotz Abmahnung einer strafbaren Handlung (Lärmerregung) verharrte. Laut Bericht der Sicherheitswache wurde die Amtshandlung am 22.04.1999 um 19.50 Uhr begonnen und um 20.14 Uhr des selben Tages nach Aufhebung der Festnahme beendet. Die Festnahme dauerte sohin 24 Minuten und nicht, wie vom Beschwerdeführer angeführt, ca 45 Minuten.
Laut Angaben des Sicherheitswachebeamten wurde der Beschwerdeführer während der gesamten Amtshandlung mit ?Sie? angesprochen, was den Bestimmungen des § 5 der Richtlinienverordnung entspricht.
Gefertigter Behördenleiter geht daher im Einvernahme mit den mit der Dienstaufsicht betrauten Stellen davon aus, dass die Amtshandlung den einschlägigen Normen entsprechen, durchgeführt wurde. Auf den Aspekt des Ausdrucks ?präpotent? - diesbezüglich wurde dem Beschwerdeführer geantwortet - wurde bereits verwiesen.?
Die belangte Behörde beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Am 21.10.1999 wurde über diese Beschwerde beim Unabhängigen Verwaltungssenat in Tirol die mündliche Verhandlung durchgeführt, bei der der Beschwerdeführer befragt und die Zeugen F. B., Rev.Insp. T. G., Rev.Insp. M. W. und Bez.Insp. G. T. als Zeugen einvernommen wurden. Die belangte Behörde war durch Herrn Mag. M. vertreten.
Unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens, der Gegenschrift der belangten Behörde und dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung vom 21.10.1999 wird von der erkennenden Behörde folgender Sachverhalt als erwiesen angesehen:
Am 22.04.1999 abends haben die Polizeibeamten Rev.Insp. G. und Rev. Insp. W. am Innrain auf Höhe der Johanneskirche Fahrzeuge bezettelt, die im dortigen Halte- und Parkverbot gestanden sind. Von dort aus haben beide Polizeibeamten einen Radfahrer gesehen, der von der Kreuzung mit der Josef-Hirn-Straße den nördlich des Innrain befindlichen Gehsteig in Richtung Finanzlandesdirektion (Richtung Osten) befuhr. Rev.Insp. G. überquerte hierauf die Fahrbahn und begab sich auf den Gehsteig vor der Finanzlandesdirektion. Dort hielt er den Radfahrer an und beanstandete diesen wegen des vorschriftswidrigen Befahrens des Gehsteiges mit dem Fahrrad. Vom Radfahrer wurde dieser Vorwurf bestritten, worauf er von Rev. Insp. G. aufgefordert wurde, sich zu legitimieren bzw auszuweisen, da der Radfahrer dem Polizeibeamten gänzlich unbekannt war. Die Aufforderung, sich auszuweisen, wurde vom Polizeibeamten wiederholt, doch auch der wiederholten Aufforderung nicht entsprochen. Um 19.53 Uhr wurde gemäß § 35 Abs 1 und 3 VStG mit den Worten ?Sie sind festgenommen? die vorläufige Festnahme des Radfahrers verfügt. In weiterer Folge verbrachten die beiden Polizeibeamten Rev.Insp. G. und Rev.Insp. W. die ihnen zu diesem Zeitpunkt nach wie vor nicht bekannte männliche Person mit dem Patrouillenfahrzeug vom Festnahmeort bei der Finanzlandesdirektion zum Wachzimmer Innere Stadt, das sich im Gebäude des Oberlandesgerichtes in der Maximilianstraße befindet. Während der Fahrt wurde der Festgenommene aufgefordert, sich ruhig zu verhalten und nicht zu schreien. Nach der Ankunft im Wachzimmer Innere Stadt schilderte Rev.Insp. G. dem Wachkommandanten Bez.Insp. T. den Vorfall. Bez.Insp. T. erklärte dem Festgenommenen hierauf den Grund für die von Rev.Insp. G. gesetzte Amtshandlung und die vorläufige Festnahme. Hierauf händigte der Festgenommene Bez.Insp. T. einen Zahlschein aus, von dem der Name M. H. abzulesen war. Auf Rückfrage durch Bez.Insp. T. sagte der Festgenommene, dass er M. H. sei und seine Freundin dies bestätigen könne. Erst durch ein von B
ez.Insp. T. geführtes Telefonat mit der Freundin konnte geklärt werden, dass es sich bei dem Festgenommenen um den nunmehrigen Beschwerdeführer, M. G. H., handelte. Von Rev. Insp.G. wurde gegenüber dem Beschwerdeführer vernehmbar zum Ausdruck gebracht, dass er dessen Verhalten als präpotent empfinde. Nachdem die Identität des M. G. H. fest stand, wurde um 20.14 Uhr die vorläufige Festnahme aufgehoben und hat der nunmehrige Beschwerdeführer das Wachzimmer verlassen können. Zuvor wurde ihm von Rev. Insp. G. dessen Dienstnummer bekanntgegeben. Er begab sich in weiterer Folge zu Fuss zum Standort seines vor der Finanzlandesdirektion versperrt abgestellten Fahrrades.
Im Rahmen der Beweiswürdigung folgt die erkennende Behörde den als glaubwürdig zu beurteilenden Aussagen der einvernommenen Polizeibeamten. Wenn der Beschwerdeführer vorbringt, er habe das Fahrrad auf dem Gehsteig lediglich geschoben und sei nicht mit diesem gefahren, ist ihm entgegenzuhalten, dass er von zwei Polizeibeamten auf kurze Entfernung fahrend auf dem Fahrrad gesehen wurde. Hätte der Beschwerdeführer sein Fahrrad tatsächlich nur geschoben, was auf einem Gehsteig auch in Längsrichtung erlaubt ist, hätte für den Polizeibeamten Rev. Insp. G. kein Anlass bestanden, mit dem Bezetteln der vorschriftswidrig abgestellten Kraftfahrzeuge aufzuhören, den Innrain zu überqueren und sich auf dem Gehsteig vor der Finanzlandesdirektion aufzustellen, um den Radfahrer zu beanstanden. Selbst wenn sich im hinteren Reifen des Fahrrades keine Luft befunden haben sollte, spricht dies nicht gegen die Annahme, dass der Beschwerdeführer den Gehsteig befahren und nicht das Fahrrad geschoben hat, da mit einem Fahrrad auch dann noch gefahren werden kann, wenn wenig oder keine Luft im hinteren Reifen ist. Der bezüglich der Fahruntüchtigkeit des Fahrrades vom Beschwerdeführer angebotene Zeuge Franz B. konnte nur angeben, dass das Fahrrad geklappert habe und das Hinterrad platt gewesen sei. Franz B. wurde vom Beschwerdeführer nach einem Seminar auf der Uni Innsbruck zur Haltestelle des Busses der Linie O begleitet, wobei der Beschwerdeführer sein Fahrrad geschoben hat. Das Klappern des Fahrrades und das Fehlen der Luft im Hinterrad hat der Zeuge nach seinen Angaben dabei wahrgenommen. Beim Eintreffen des Busses der Linie O ist F. B. in diesen eingestiegen und ist in Richtung Westen gefahren, während sich der Beschwerdeführer in Richtung Osten entfernt hat. Damit konnte dieser Zeuge keine Angaben dazu machen, ob der Beschwerdeführer sein Fahrrad auf dem Gehsteig geschoben hat oder damit gefahren ist und hat dieser Zeuge auch nicht das Einschreiten des Polizeibeamten Rev.Insp. G. wahrnehmen können.
Dem Beschwerdeführer kann unter diesen Gesichtspunkten auch hinsichtlich seiner Beschwerdebehauptungen, er sei von Rev.Insp. G. als ?unnütze Person? bezeichnet und von diesem geduzt worden, kein Glauben geschenkt werden. Rev. Insp. G. hat dies als Zeuge entschieden in Abrede gestellt und haben die beiden anderen Polizeibeamten ausgeschlossen, dass in ihrer Gegenwart eine derartige Äußerung gefallen sei und der Beschwerdeführer von Rev.Insp. G. geduzt worden sei. Dass Rev.Insp. G. im Wachzimmer Innere Stadt das Verhalten des Beschwerdeführer als präpotent bezeichnete, ist - wie bereits zuvor ausgeführt - erwiesen.
Dieser Sachverhalt führt zu folgender rechtlicher Würdigung:
I.Zur Beschwerde wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt:
1. Gemäß § 35 VStG dürfen die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes außer den gesetzlich besonders geregelten Fällen Personen, die auf frischer Tat betreten werden, zum Zweck ihrer Vorführung vor die Behörde festnehmen, wenn
1. der Betretene dem anhaltenden Organ unbekannt ist, sich nicht ausweist und seine Identität auch sonst nicht sofort feststellbar ist oder
2. der Betretene trotz Abmahnung in der Fortsetzung der strafbaren Verhandlung verharrt oder sie zu wiederholen sucht.
Im Beschwerdefall wurde der Beschwerdeführer beim vorschriftswidrigen Radfahren auf einem Gehsteig von Rev.Insp. G. auf frischer Tat betreten. Er war dem einschreitenden Polizeibeamten unbekannt, konnte sich nicht ausweisen und konnte seine Identität auch sonst nicht sofort festgestellt werden.
Die vorläufige Festnahme des Beschwerdeführers am 22.04.1999 um
19.53 Uhr erfolgte somit auf der Rechtsgrundlage des § 35 Z 1 VStG.
Da die vorläufige Festnahme um 19.53 Uhr rechtmäßig war, und die Enthaftung des Beschwerdeführers sofort nach Feststellung seiner Identität um 20.14 Uhr erfolgt ist, ist das Beschwerdebegehren, der Beschwerdeführer sei durch seine willkürliche Festnahme in seinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf persönliche Freiheit verletzt worden, als unbegründet abzuweisen.
2. Eine Verletzung des Rechtes auf freie Meinungsäußerung glaubt der Beschwerdeführer dadurch gegeben, dass ihm von Rev.Insp.
G. während der Fahrt mit dem Patrouillenfahrzeug von der Finanzlandesdirektion zum Wachzimmer Innere Stadt gesagt wurde, er möge sich ruhig verhalten und nicht herumschreien.
In einer solchen Aufforderung kann eine Verletzung des Rechtes auf freie Meinungsäußerung nicht gesehen werden. Beim Fahren in einem Kraftfahrzeug mit den damit gegebenen beengten Raumverhältnissen muss allein schon aus Gründen der Verkehrssicherheit von den Wageninsassen ein ruhiges Verhalten verlangt werden, da der Lenker durch lautes Schreien eines Wageninsassen in seiner Aufmerksamkeit und Konzentration beeinträchtigt werden kann.
Eine Verletzung des Beschwerdeführers in seinem Recht auf freie Meinungsäußerung ist bei dieser Sachlage zu verneinen und das diesbezügliche Beschwerdebegehren somit als unbegründet abzuweisen.
II. Zur Beschwerde wegen Verletzung von Richtlinien für das Einschreiten:
1. Gemäß § 5 Abs 2 der Richtlinien-Verordnung - RLV, BGBl Nr 266/1993, haben die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes alle Menschen, bei denen dies dem üblichen Umgang entspricht oder die es verlangen, mit ?Sie? anzusprechen.
Wie bereits bei den Ausführungen zum Sachverhalt dargelegt, sieht die erkennende Behörde nicht als erwiesen an, dass Rev.Insp. G. den Beschwerdeführer ?geduzt? hat.
2. Gemäß § 9 Abs 1 RLV haben die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes den von einer Amtshandlung Betroffenen auf deren Verlangen ihre Dienstnummer bekanntzugeben. Dies gilt nicht, solange dadurch die Erfüllung der Aufgabe gefährdet wäre. Die Bekanntgabe der Dienstnummer aus anderen Anlässen ist dem Organ freigestellt.
Gemäß § 9 Abs 2 RLV ist die Dienstnummer in der Regel durch Aushändigung einer mit der Dienstnummer, der Bezeichnung der Dienststelle und deren Telefonnummer versehenen Karte bekanntzugeben.
Auch hier ist auf die Feststellungen zum Sachverhalt zu verweisen. Rev.Insp. G. hat im Wachzimmer Innere Stadt sofort nach Beendigung der Amtshandlung seine Dienstnummer mit Bezeichnung der Dienststelle und deren Telefonnummer dem Beschwerdeführer bekanntgegeben. Damit hat er entsprechend der Regelung des § 9 Abs 1 RLV gehandelt.
3. Gemäß § 6 Abs 1 Z 2 RLV ist dem Betroffenen der Zweck des Einschreitens bekanntzugeben, es sei denn, dieser wäre offensichtlich oder die Bekanntgabe würde die Aufgabenerfüllung gefährden.
Auch hier ist auf die Ausführungen zum Sachverhalt zu verweisen. Dem Beschwerdeführer wurde der Zweck des Einschreitens von Rev.Insp. G. bekanntgegeben. Im Wachzimmer Innere Stadt wurde darüber hinaus noch eine entsprechende Information durch den Wachkommandanten Bez.Insp. T. erteilt.
4.§ 8 Abs 1 RLV bestimmt, dass, sofern das Gesetz einem Menschen ein Recht auf Verständigung oder Beiziehung einer Vertrauensperson oder eines Rechtsbeistandes einräumt, ihn die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes von diesem Recht in Kenntnis zu setzen haben 1. bei Festnahmen, Hausdurchsuchungen und Durchsuchungen nach § 40 Abs 4 SPG; 2. sobald abzusehen ist, dass die Amtshandlung länger als 1 Stunde dauern wird.
Nach § 36 Abs 3 VStG ist dem Festgenommenen ohne unnötigen Aufschub zu gestatten, einen Angehörigen oder eine sonstige Person seines Vertrauens und einen Rechtsbeistand zu verständigen; über dieses Recht ist der Festgenommene zu belehren. Bestehen gegen eine Verständigung durch den Festgenommenen selbst Bedenken, so hat die Behörde die Verständigung vorzunehmen.
Im vorliegenden Fall ist davon auszugehen, dass die Festnahme des Beschwerdeführers nur 21 Minuten (von 19.53 Uhr bis 20.14 Uhr) gedauert hat, eine Verständigung oder Beiziehung einer Vertrauensperson oder eines Rechtsbeistandes vom Beschwerdeführer selbst nicht verlangt wurde und darüber hinaus nach Mitteilung der Telefonnummer seiner Freundin der Wachkommandant Bez.Insp. T. sofort telefonisch Verbindung mit dieser aufgenommen hat. Eine Verletzung der in § 8 RLV geregelten Informationspflichten ist im Anlassfall zu verneinen.
5. Gemäß § 5 Abs 1 RLV haben die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes bei der Erfüllung ihrer Aufgaben alles zu unterlassen, das geeignet ist, den Eindruck von Voreingenommenheit zu erwecken oder als Diskriminierung aufgrund des Geschlechts, der Rasse oder Hautfarbe, der nationalen oder ethnischen Herkunft, des religiösen Bekenntnisses, der politischen Auffassung oder der sexuellen Orientierung empfunden zu werden.
Es ist erwiesen, dass Rev.Insp. G. im Wachzimmer Innere Stadt das Verhalten des Beschwerdeführer als präpotent empfunden und sich in diesem Sinne gegenüber dem Beschwerdeführer geäußert hat. Diese Äußerung fiel zu einem Zeitpunkt, als das Amtshandeln bereits auf den Wachkommandanten Bez.Insp. T. übergegangen war und kann nicht als Indiz für eine Voreingenommenheit des Rev.Insp. G. bei seinem vorangegangenen Amtshandeln gegenüber dem Beschwerdeführer gewertet werden. Sie ist lediglich als Ausdruck dessen anzusehen, wie das Gesamtverhalten des Beschwerdeführers von Rev.Insp. G. empfunden worden ist.
Als nicht erwiesen gilt für die erkennende Behörde, dass Rev.Insp. G. den Beschwerdeführer ad personam als ?unnütze Person? und als ?präpotent? tituliert hat.
Die erkennende Behörde erachtet daher auch einen Verstoß gegen die Regelung des § 5 Richtlinien-Verordnung als nicht gegeben.
Der Beschwerdeführer ist mit seiner Beschwerde in keinem Punkt durchgedrungen, weshalb diese zur Gänze abzuweisen ist.
Gemäß § 79a Abs 1 AVG hat die im Verfahren nach § 67c obsiegende Partei Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei. Gemäß § 79a Abs 3 AVG ist die belangte Behörde die obsiegende und der Beschwerdeführer die unterlegene Partei, wenn die Beschwerde zurückgewiesen oder abgewiesen wird oder vom Beschwerdeführer vor der Entscheidung durch den Unabhängigen Verwaltungssenat zurückgezogen wird.
Nach der Aufwandersatzverordnung UVS, BGBl Nr 855/1995, § 1, gebührt der belangten Behörde als obsiegender Partei der Vorlageaufwand in Höhe von Schilling 565,00, der Schriftsatzaufwand in Höhe von Schilling 2.800,00 und der Verhandlungsaufwand in Höhe von Schilling 3.500,00.
Rev.Insp. G., der dem Personalstand der Bundespolizeidirektion Innsbruck angehört, ist beim Vorfall vom 20.04.1999 in Vollziehung der Straßenpolizei, somit in einer Angelegenheit nach Art 11 Abs 1 Z 4 B-VG, eingeschritten. Damit ist obsiegende Partei das Land Tirol und steht dieser Behörde der Aufwandersatz zu.