Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Karl Ruiner über die Berufung der Frau M K, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Liezen vom 5.7.1999, GZ.: 15.1-1999/550, wie folgt entschieden:
Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im folgenden VStG) wird der Berufung Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG eingestellt.
Mit dem aus dem Spruch ersichtlichen Straferkenntnis der belangten Behörde wurde der wegen Übertretung des § 76 Abs 6 StVO eine Ermahnung erteilt, da sie am 17.12.1998 um 22.10 Uhr in A die E-straße B, bei Strkm. 87,100, auf Höhe Gasthaus P Z, überquert und es dabei unterlassen habe, den etwa 21,4 Meter in südlicher Richtung von Gasthauseingang entfernten Schutzweg zu benutzen.
Dagegen wurde rechtzeitig die Berufung eingebracht und im wesentlichen hiezu ausgeführt, dass sie in Begleitung zweier weiterer Damen vom Gasthaus Z zu dem 35 Meter nördlich vom Schutzstreifen geparkten Auto der Frau F gegangen sei. Dabei haben sie zunächst den Gehsteig in nördlicher Richtung benutzt und sei dann nach etwa 30 Meter vom Schutzweg entfernt über die Bundesstraße gegangen. Daraus ergebe sich, dass sie die ihr zur Last gelegte Verwaltungsvorschrift nicht begangen habe, weshalb sie beantragte, den angefochtenen Bescheid aufzuheben. Gemäß § 51 e Abs 3 VStG war eine Berufungsverhandlung nicht anzuberaumen.
Auf Grund der Aktenlage wird nachstehender Sachverhalt festgestellt:
Am 17.12.1998, gegen 22.10 Uhr, überquerte die Berufungswerberin auf Höhe der nördlichen Hauskante des Gebäudes A Nr. 6 (Gasthaus P Z) im Ortsgebiet von A - etwa 28 bis 32 Meter nördlich eines Schutzweges - die B. Etwa in der Mitte der 6,5 Meter breiten Fahrbahn wurde auch die Berufungswerberin vom PKW mit dem Kennzeichen LI- erfasst und zu Boden gestoßen.
Diese Feststellungen gründen sich auf die Verkehrsunfallanzeige sowie insbesondere auf das im Verfahren 6 U 19/99 des Bezirksgerichtes Liezen gegen den Lenker des Pkw LI-erstattete Sachverständigengutachten zum Unfallshergang. Aus dem Befund und Gutachten des Sachverständigen Dr. B P ergibt sich, dass sich der Zusammenstoß an der vom genannten Sachverständigen gewählten Bezugslinie ereignete und sich der gegenständliche Schutzweg, der im Ortsgebiet von A über die B führt, zwischen 28 Meter und 32 Meter südlich dieser Bezugslinie befindet.
In rechtlicher Hinsicht ist nachstehendes auszuführen:
Gemäß § 76 Abs 6 StVO haben Fußgänger, wenn Schutzwege oder für Fußgänger bestimmte Unter- oder Überführungen vorhanden sind, diese Einrichtungen zu benützen. Ist jedoch keine dieser Einrichtungen vorhanden oder mehr als 25 Meter entfernt, so dürfen Fußgänger im Ortsgebiet die Fahrbahn nur an Kreuzungen überqueren, es sei denn, dass die Verkehrslage ein sicheres Überqueren der Fahrbahn auch an anderen Stellen zweifellos zulässt.
Diese Bestimmung verfolgt den Zweck, das Verkehrsgeschehen auf bestimmte Straßenstellen zu konzentrieren, um einerseits eine Behinderung des Fahrzeugverkehrs durch Fußgänger so weit wie möglich auszuschalten und andererseits Fußgängern eine möglichst gefahrlose Fahrbahnüberquerung zu ermöglichen. Die Pflicht zur Benützung von Schutzwegen besteht allerdings nur dann, wenn diese nicht mehr als 25 Meter von jenem Standort entfernt liegen, von dem aus ein Fußgänger eine Überquerung beginnt, wobei die 25-Meter-Grenze in gedachter Verlängerung des Schutzweges zu berechnen ist.
Auf Grund des Umstandes, dass sich die Berufungswerberin nach Verlassen des Gasthauses auf dem Gehsteig in Richtung Norden bewegte und erst etwa 28 bis 32 Meter nördlich dieses Schutzweges die Fahrbahn betreten hat, ist der ihr zur Last gelegte Tatvorwurf verfehlt. Daran vermag auch die Tatsache nichts zu ändern, dass sich der Eingang des Gasthauses noch innerhalb des 25-Meter-Bereiches im Sinne des § 76 Abs 6 StVO befunden hat. Wie von der Berufungswerberin durchaus glaubwürdig angeführt, beabsichtigte sie, mit Frau F zu deren etwa 35 Meter nördlich des Schutzweges geparkten Auto zu gehen, weshalb sie mit dieser vorerst auf dem dort befindlichen Gehsteig in Richtung Norden gegangen war. Das Überqueren der Fahrbahn erfolgte sodann in einer Entfernung von etwa 28 bis 32 Meter nördlich des gegenständlichen Schutzweges. Aus der Bestimmung des § 76 Abs 6 StVO lässt sich jedenfalls keine Verpflichtung dafür ableiten, dass die Berufungswerberin die Fahrbahn ausschließlich über den gegenständlichen Schutzweg überqueren hätte müssen, um in der Folge zum abgestellten Fahrzeug zu gelangen, wenn dieses außerhalb der 25-Meter-Grenze im Sinne des § 76 Abs 6 StVO abgestellt ist. Auf Grund all dieser Erwägungen war der Berufung Folge zu geben und wie im Spruch ersichtlich zu entscheiden.