Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch die Senatsmitglieder Dr. Klaus Stühlinger, Dr. Peter Schurl und Dr. Michael Herrmann über die Berufung der Frau E S, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Murau vom 06.05.1999, GZ.: 15.1-98/976, wie folgt entschieden:
Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im Folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im Folgenden VStG) wird der Berufung Folge gegeben, und das Verfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG eingestellt.
Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Murau vom 06.05.1999, GZ.: 15.1-98/976, wurde Frau E S zur Last gelegt, sie habe es als handelsrechtliche Geschäftsführerin der W W BetriebsgesmbH, die die Kraftwerksanlage im P betreibt, unterlassen, dafür zu sorgen, dass die unter a) im Bescheid des Amtes der Steiermärkischen Landesregierung vom 20.04.1995, GZ.: 3-32 W 24-95/7, vorgeschriebene Restwassermenge (in Abänderung des vorangegangenen Bescheides vom 19.08.1985, GZ.: 03-32 W 24-85/9) von 50 l/s eingehalten wird, da am 16.03.1998 festgestellt wurde, dass kein Restwasser in die Ausleitungsstrecke abgegeben wurde. Das Bachbett des P falle unmittelbar bachabwärts der Wasserfassung vollkommen trocken, weil das natürliche Wasserdargebot vollkommen ausgeleitet werde.
Sie habe dadurch § 137 Abs 3 lit a WRG 1959 in Verbindung mit dem obgenannten Bescheid verletzt und wurde über sie nach dieser gesetzlichen Bestimmung eine Geldstrafe in Höhe von S 15.000,--, im Uneinbringlichkeitsfall 10 Tage Ersatzfreiheitsstrafe, verhängt.
In ihrer rechtzeitigen Berufung bestritt Frau E S einerseits, dass der P tatsächlich trocken gefallen sei, andererseits wies sie darauf hin, dass die Behörde einen falschen Bescheid zitiert habe. Auch seien ihre Einkünfte bei der Strafbemessung nicht berücksichtigt worden.
Gemäß § 51 Abs 1 VStG steht dem Beschuldigten stets das Recht der Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat; somit ergibt sich die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark für die Erlassung der gegenständlichen Entscheidung.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde eine S 10.000,-- übersteigende Geldstrafe verhängt und entscheidet daher über die dagegen eingebrachte Berufung gemäß § 51 c VStG der Unabhängige Verwaltungssenat als Kammer.
Da bereits aus der Aktenlage ersichtlich ist, dass der angefochtene Bescheid aus nachstehenden Gründen zu beheben ist, erübrigt sich ein Eingehen auf die Berufungsausführungen und konnte gemäß § 51 e Abs 2 VStG auch von der Durchführung einer Verhandlung abgesehen werden.
Auf Grundlage des vorliegenden Verfahrensaktes der Verwaltungsstrafbehörde erster Instanz ergibt sich folgender Sachverhalt:
Am 16.03.1998 wurde durch den Wasserrechtsreferenten der Bezirkshauptmannschaft Murau gemeinsam mit einem wasserbautechnischen Amtssachverständigen eine Erhebung bei der Beileitung P des Kraftwerkes L durchgeführt und hiebei festgestellt, dass kein Restwasser in die Ausleitungsstrecke abgegeben wurde. Das Kraftwerk L, deren Wasserberechtigte die W W BetriebsgesmbH mit der handelsrechtlichen Geschäftsführerin E S ist, ist im Wasserbuch der Bezirkshauptmannschaft M unter der Postzahl eingetragen. Zur Energieerzeugung wird nicht nur die L, sondern auch der P verwendet, welcher beigeleitet wird. Die ursprüngliche Bewilligung wurde mit Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom 19.08.1985, GZ.: 03-32 W 24-85/9, erteilt, wobei lediglich die Nutzung der L vorgesehen war. Mit Bescheid des Landeshauptmannes vom 20.04.1995, GZ.: 3-32 W 24- 95/97, wurde der genannte Bescheid insoweit geändert, als die im Erstbescheid vorgesehene Restwassermenge von 100 l/s (Oktober bis April) bzw. 200 l/s (Mai bis September) auf mindestens 50 l/s über das Mittelschütz und 22 l/s über die Fischtreppe, somit auf insgesamt 72 l/s, reduziert wurde. Mit
Bescheid des Landeshauptmannes vom16.09.1986, GZ.: 3-32 W 24-86/29, wurde schließlich die Beileitung P als Erweiterung des Kraftwerkes L wasserrechtlich bewilligt.
Rechtliche Erwägungen:
Der Beschuldigte hat nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ein Recht darauf, schon dem Spruch unzweifelhaft entnehmen zu können, welcher konkrete Tatbestand als erwiesen angenommen, worunter die Tat subsumiert bzw. welche Strafe unter Anwendung welcher Bestimmung über ihn verhängt wurde. Die Tat muss hinsichtlich des Täters und der Tatumstände jedenfalls so genau umschrieben sein, dass die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und die Identität der Tat unverwechselbar feststeht (VwGH 13.6.1984, Slg. 11466 A). Der Berufungswerberin wurde vorgeworfen, die mit Bescheid vom 20.04.1995, GZ.: 3-32W24-95/7, vorgeschriebene Restwassermenge nicht eingehalten und dadurch gegen diese Gebotsnorm verstoßen zu haben. Die Beileitung des P wurde jedoch, wie oben festgestellt, mit Bescheid vom 16.09.1986, GZ.: 3-32W24-86/29, bewilligt und wurde mit diesem Bescheid unter Auflage 18.) eine Pflichtwasserabgabe bei der Wasserfassung von 5 l/s bestimmt.
Wird ein Sachverhalt einer Verwaltungsvorschrift unterstellt, die durch die Tat nicht verletzt worden ist, dann ist der Bescheid seinem Inhalt nach rechtswidrig.
Durch die unrichtige Zitierung des Bewilligungsbescheides im Spruch des Straferkenntnisses wurde der Sachverhalt einer falschen Rechtsnorm unterstellt. Da diese unrichtige Unterstellung im gesamten Strafverfahren erfolgte und seit dem Tatzeitpunkt bereits mehr als 1 Jahr vergangen ist, war es der erkennenden Behörde untersagt, eine Auswechslung der Rechtsnorm durchzuführen.
Das Verfahren war daher einzustellen.