TE UVS Steiermark 1999/12/10 30.15-77/1999

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Veröffentlicht am 10.12.1999
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Renate Merl über die Berufung des Arbeitsinspektorates Leoben gegen Punkt 5.) des Einstellungsbescheides der Bezirkshauptmannschaft Knittelfeld vom 23.6.1999, GZ: 15.1-1998/2059 betreffend O. R. wegen Übertretung des § 153 Abs 1 Bauverordnung wie folgt entschieden:

Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im Folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im Folgenden VStG) i.d.F. BGBl. 1998/158 wird der Berufung Folge gegeben, der angefochtene Einstellungsbescheid behoben und nachstehendes Straferkenntnis erlassen:

Sie haben es als zum Tatzeitpunkt handelsrechtlicher Geschäftsführer der Firma R. GesmbH mit dem Sitz in K., K., diese wiederum persönlich haftende Gesellschafterin der Firma R. GesmbH & CO KG, Sitz ebendort und Arbeitgeber zu verantworten, dass wie hinsichtlich des anlässlich der Kontrolle des Arbeitsinspektorates Leoben vom 1.7.1998 auf der Baustelle S. in Z. festgestellt wurde, der als Aufenthaltsraum dienende Container nicht saubergehalten wurde.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift verletzt:

§ 153 Abs 1 Bauverordung, BGBl. Nr. 340/1994

Gemäß § 21 VStG wird von der Verhängung einer Strafe abgesehen und Ihnen statt dessen eine Ermahnung erteilt.

Text

Mit Punkt 5.) des Bescheides vom 23.6.1999 stellte die belangte Behörde ein Strafverfahren wegen Übertretung des § 153 Abs 1 Bauverordnung (mangelnde Reinhaltung des als Aufenthaltsraum dienenden Baustellencontainers) ein. Begründet wurde dieser Einstellungsbescheid damit, dass auf der gegenständlichen Baustelle erwiesenermaßen nicht mehr als fünf Arbeitnehmer des Beschuldigten beschäftigt gewesen seien und daher die Bestimmung des § 36 Bauverordnung gar nicht anzuwenden sei, weshalb den Arbeitgeber auch keine Reinhaltepflicht der im Anlassfall nur fakultativen Aufenthaltsräume treffe. In ihrer Berufung gegen den Einstellungsbescheid brachte die mitbeteiligte Partei vor, dass aus der Bestimmung des § 155 Abs 2 Bauverordnung abzuleiten sei, dass die in den I., II., und III. Hauptstücken der Bauverordnung geregelten Baustelleneinrichtungen jedenfalls in einem dem Gesetz entsprechenden Zustand zu versetzen und in einem solchen zu halten sind.

Gemäß § 51 Abs 1 VStG steht dem Beschuldigten stets das Recht der Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat; somit ergibt sich die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark für die Erlassung der gegenständlichen Entscheidung. Da im angefochtenen Bescheid weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine S 10.000,-- übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war gemäß § 51 c VStG die Zuständigkeit des Einzelmitgliedes gegeben.

Nach Durchführung einer öffentlichen, mündlichen Berufungsverhandlung am 18.11.1999, welche wegen ihres sachlichen Zusammenhangs (gleiche Baustelle) mit dem Verfahren 30.15-70/1999 verbunden wurde, in welcher neben dem Bestraften der meldungslegende Arbeitsinspektor Ing. H. H., weiters der Sohn des Berufungswerbers K. R., Baumeister D. T. sowie drei am Kontrolltag auf der Baustelle beschäftigte Arbeitnehmer des Bestraften als Zeugen einvernommen wurden, wird unter Verwertung der in dieser Verhandlung verlesenen Urkunden, insbesondere des vom Arbeitsinspektor angefertigten Fotos des beanstandeten Aufenthaltsraumes, nachstehender Sachverhalt als erwiesen angenommen:

Die Firma des Bestraften hatte bei dem gegenständlichen Projekt die Durchführung von Betonsanierungsarbeiten (Renovierung schadhafter Betonplatten von Balkonen) übernommen, welche Arbeiten im Zeitraum Mai bis August 1998 mit zirka vier bis fünf Mitarbeitern, darunter die drei einvernommenen Zeugen, durchgeführt wurden. Bei dem auf dem Gerüstprüfungsprotokollen als Bauvorhaben "B. Z." bezeichneten Projekt handelt es sich um fünf an verschiedenen Straßenzügen gelegene, mehrstöckige Häuser, welche von der Firma R. abschnittweise saniert wurden, wobei das angemietete Gerüst dem Baufortschritt entsprechend jeweils ab- und aufgebaut wurde.

Auf der Baustelle wurde ausschließlich bei Schönwetter gearbeitet, da die Sanierungsarbeiten an den Balkonen bei Regen gar nicht durchgeführt werden konnten. Die Arbeitnehmer der Firma R. nahmen ihre Pausen an den Tischen und Bänken der umliegenden Grünanlage ein.

Der verfahrensgegenständlichen Baustellenkontrolle waren bereits zwei weitere Kontrollen am 28.4.1998 und am 12.5.1998 durch Herrn Ing. H. vorangegangen. Bei diesen Kontrollen wurden jeweils mehrere Punkte beanstandet und zum Gegenstand einer schriftlichen Mängelrüge gemacht. Die Mängelrüge vom 19.5.1998 enthält unter anderem folgende für dieses Verfahren relevante Punkte:

6. Den Arbeitnehmern sind ergonomische Sitzgelegenheiten zur Verfügung zu stellen (§ 36 Bauverordnung).

7. Den Arbeitnehmern ist im Aufenthaltsraum eine Einrichtung zum Kühlen von Speisen zur Verfügung zu stellen (§ 36 Abs 7 Bauverordnung)."

Diese beiden Punkte des Aufforderungsschreibens wurden vom Bestraften so verstanden, dass er seinen Arbeitnehmern auf der Baustelle einen Aufenthaltsraum mit entsprechender Ausstattung zur Verfügung stellen müsse. In Entsprechung dieses Auftrages wurde daher vom Sohn des Bestraften, K. R., ein sogenannter Mannschaftscontainer angemietet. In diesem befand sich ein Tisch sowie Bänke und ein alter Kühlschrank. Am 1.7.1998 fand Ing. H. anlässlich der Baustellenkontrolle den Mannschaftscontainer in jenem stark verschmutzten und unaufgeräumten Zustand vor, wie er auf dem erstinstanzlichen Akt befindlichen Foto abgebildet ist. Dieses Foto gibt allerdings jenen Teil des Containers wieder, welcher sich in dem schlimmsten Zustand befand. Der übrige nicht abgebildete Teil des Aufenthaltsraumes befand sich in einem einigermaßen passablen hygienischen Zustand.

Vor der verfahrensgegenständlichen Kontrolle hatte der Bestrafte den angemieteten Container nie selbst besichtigt, wohl aber wussten sein Sohn und auch der auf der Baustelle als Vorarbeiter fungierende Arbeitnehmer P. von dem verschmutzten und unaufgeräumten Zustand des Aufenthaltscontainers. Die beiden kümmerten sich jedoch nicht weiter darum und veranlassten insbesondere keine Säuberung des Containers, da dieser von den Arbeitnehmern ohnedies nicht als Aufenthaltsraum genutzt wurde. Die gesamte Baustellenmannschaft zog es nämlich vor, bei Schönwetter im Freien zu jausnen, zumal die Bauarbeiten im Hochsommer durchgeführt wurden und bei Schlechtwetter ohnedies nicht gearbeitet wurde. Erst nach der Kontrolle vom 1.7.1998 wurde der Mannschaftscontainer vom Lehrling S. aufgeräumt und gereinigt.

Beweiswürdigung:

Die getroffenen Feststellungen gründen sich auf die in allen wesentlichen Punkten übereinstimmenden, vollkommen glaubwürdigen Angaben der Zeugen. Dies gilt sowohl für den vom Bestraften ohnedies nicht bestrittenen, unaufgeräumten und unhygienischen Zustand des Aufenthaltscontainers, als auch für die Tatsache, dass dieser von den Arbeitnehmern gar nicht als solcher benutzt wurde, da kein Bedarf an einer schlechtwettertauglichen Pausenunterkunft bestand.

Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 36 Abs 1 Bauverordnung muss auf einer Baustelle, auf der von einem Arbeitgeber mehr als fünf Arbeitnehmer beschäftigt werden und auf welcher die voraussichtliche Arbeitsdauer mehr als eine Woche beträgt, den Arbeitnehmern zum Umkleiden sowie zum Aufenthalt in den Arbeitspausen und bei ungünstiger Witterung ein Aufenthaltsraum zur Verfügung stehen. Die folgenden Absätze dieser Bestimmung enthalten nähere Regelungen hinsichtlich der Ausstattung dieser Aufenthaltsräume (z. B. ergonomische Sitzgelegenheiten gemäß Abs 5 bzw. Einrichtungen zum Wärmen und Kühlen von Speisen gemäß Abs 7). Da auf der verfahrensgegenständlichen Baustelle erwiesenermaßen nicht mehr als fünf Arbeitnehmer des Bestraften beschäftigt waren, ist diesem zunächst dahingehend zu folgen, dass die Zurverfügungstellung eines Aufenthaltsraumes nicht obligatorisch war. Gleiches gilt auch für die Ausstattung eines solchen Aufenthaltsraumes. Die belangte Behörde hat daher zu Recht das Verfahren in den Punkten 2.) und 3.) des Straferkenntnisses (fehlende Einrichtungen zum Wärmen und Kühlen von Speisen) eingestellt.

Die von der mitbeteiligten Partei angezogene Bestimmung des § 153 Abs 1 Bauverordnung enthält folgende Regelung:

Für die Reinhaltung der Arbeitsplätze und Zugänge zu diesen, der Betriebseinrichtungen und sonstigen mechanischen Einrichtungen und Betriebsmittel, Aufenthaltsräume, Unterkünfte und sanitären Einrichtungen, der Schutzausrüstung und sonstigen Einrichtungen oder Gegenstände für den Schutz der Arbeitnehmer ist Sorge zu tragen."

Die allgemeine Reinhaltungspflicht des Arbeitgebers umfasst sowohl obligatorische Einrichtungen, welche auf jeder Baustelle vorhanden sein müssen (z. B. Aborte gemäß § 35 Bauverordnung) als auch fakultative Baustelleneinrichtungen, welche erst einer bestimmten Zahl von Arbeitnehmern zur Verfügung gestellt werden müssen (z. B. Sanitätsräume gemäß § 32 Bauverordnung oder die verfahrensgegenständlichen Aufenthaltsräume gemäß § 36 Bauverordnung). Da die Bestimmung des § 153 Abs 1 Bauverordnung hinsichtlich der Reinhaltepflicht zwischen obligatorischen und fakultativen Baustelleneinrichtungen nicht unterscheidet, kann diese Regelung sinnvollerweise nur so verstanden werden, dass den Arbeitgeber jedenfalls eine Reinhaltepflicht trifft. Diese Verpflichtung hat der Bestrafte zumindest fahrlässigerweise verletzt, indem er sich nicht einmal um den Zustand des angemieteten Aufenthaltscontainers kümmerte, geschweige denn den Auftrag erteilte, diesen entsprechend zu reinigen.

Zu Gunsten des Bestraften ist allerdings verschuldensmildernd zu berücksichtigen, dass der angeschaffte Mannschaftscontainer den übereinstimmenden Aussagen sämtlicher Arbeitnehmer zu Folge tatsächlich überhaupt nicht als solcher benutzt wurde, da es die gesamte Belegschaft vorzog, im Freien zu jausnen und bei Schlechtwetter ohnedies auf der Baustelle nicht gearbeitet wurde. Der Mannschaftscontainer wurde de facto nur aufgrund einer Fehlinterpretation der zugegebenermaßen missverständlich abgefassten Mängelrüge des Arbeitsinspektorates angeschafft und erschiene es unbillig, dem Bestraften für die unterbliebene Reinigung des ungenützt herumstehenden Aufenthaltsraumes die von der Berufungswerberin beantragte Geldstrafe von S 2.000,-- aufzuerlegen. Nach Auffassung der erkennenden Behörde erscheint die Erteilung einer Ermahnung ausreichend, um dem Bestraften klarzumachen, dass er als Arbeitgeber für die Reinhaltung sämtlicher Baustelleneinrichtungen Sorge zu tragen hat, unabhängig davon, ob diese nach den anzuwendenden Gesetzesbestimmungen auf der konkreten Baustelle nun obligatorisch oder bloß fakultativ sind. Für die Erteilung einer Ermahnung sprechen neben den überwiegenden

Milderungsgründen und dem Nichtvorhandensein von Erschwerungsgründen auch Aspekte der Spezialprävention, da der Bestrafte seit Kurzem pensioniert ist und daher keine Wiederholungsgefahr besteht.

Es konnte daher aus den dargestellten Gründen von der Verhängung einer Geldstrafe abgesehen werden.

Schlagworte
Reinhaltepflicht Baustelle Aufenthaltsraum Baustellencontainer
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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