TE UVS Steiermark 1999/12/22 20.3-28/1999

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 22.12.1999
beobachten
merken
Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Erich Kundegraber über die Beschwerde des M. L., vertreten durch Dr. H. K. und Dr. A. S., beide Rechtsanwälte in G., wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gemäß §§ 67 a Abs 1 Z 2 und 67 c Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im Folgenden AVG), Artikel V Einführungsgesetz zu dem Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im Folgenden EGVG), § 39 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im Folgenden VStG), § 24 Strafprozessordnung (im Folgenden StPO) und Artikel 5 des Staatsgrundgesetzes vom 21.12.1867 über die allgemeinen Rechte der Staatsbürger (im Folgenden StGG), wie folgt entschieden:

Die sicherheitsbehördliche Sicherstellung des PKWs Mercedes S 300 TD, FIN: WDB, amtliches Kennzeichen seitens eines Beamten der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Steiermark vom 1. Mai 1999 bis 6. Juli 1999 war rechtswidrig.

Die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Steiermark hat dem Beschwerdeführer gemäß § 79 a AVG in Verbindung mit der Aufwandersatzforderung UVS BGBl. Nr. 855/1995 die Kosten des Verfahrens in der Höhe von S 18.980,-- (? 1.379,33) binnen vier Wochen ab Zustellung des Bescheides bei sonstiger Exekution zu bezahlen.

Text

I.1. In der Beschwerde vom 21. Juni 1999 wird Nachfolgendes vorgebracht:

1.) Sachverhaltsdarstellung:

Der Beschwerdeführer hat im Jahre 1998 in Deutschland bei einem zu diesem Verkehre befugten Gewerbsmanne den Pkw Mercedes S 300 TD, FIN: WDB gekauft. Dieser Pkw mit dem amtlichen Kennzeichen wurde nach erfolgtem Kauf bzw. ist auf den Beschwerdeführer mit Fahrzeugschein vom 8.9.1998 behördlich zugelassen.

Anläßlich einer Anfrage seitens des Beschwerdeführers beim Fahrzeughersteller bzw. des Vertreters desselben wurde dem Beschwerdeführer - für diesen vollkommen überraschend - mitgeteilt, daß der gegenständliche Pkw als gestohlen gemeldet war.

Hinsichtlich des Eigentumserwerbes des Beschwerdeführers am gegenständlichen Pkw ist festzuhalten, daß der Beschwerdeführer zum Zeitpunkt des Kaufes und der Übernahme des Pkw auf Grund der Eigenschaft des Vertragspartners als zum Handel mit Kraftfahrzeugen befugter Gewerbsmanne über die Eigentümereigenschaft des Veräußerers in gutem Glauben war und ihm jedenfalls (!) nicht bekannt war oder bekannt sein mußte, daß der veräußernde Vertragspartner allenfalls nicht Eigentümer des gegenständlichen Pkw gewesen ist. Der Beschwerdeführer war beim Kauf des gegenständlichen Pkw redlich und hat demnach sowohl nach österreichischem als auch nach deutschem Recht gutgläubig Eigentum am gegenständlichen PKW erworben. Ungeachtet dessen wurde seitens des Beschwerdeführers von sich aus (!) mit den Sicherheitsbehörden bzw. der erstbelangten Behörde Kontakt aufgenommen und der gegenständliche Sachverhalt dargestellt.

Seitens der erstbelangten Behörde wurde der gegenständliche Pkw am 22.3.1999 aus eigener Macht vorläufig beschlagnahmt bzw. sicherheitsbehördlich sichergestellt. Dem Beschwerdeführer wurde bislang lediglich eine Bestätigung über die vorläufige Beschlagnahme seitens des Landesgendarmeriekommando für Steiermark mit 22.3.1999 ausgefolgt.

Nach Wissen des Beschwerdeführers ist bislang kein gerichtlicher Beschluß bzw. keine gerichtliche Verfügung auf Beschlagnahme erfolgt, jedenfalls ist bislang keine Zustellung einer diesbezüglichen Ausfertigung oder sonstige Verständigung des Beschwerdeführers zu verzeichnen.

Laut Auskunft der belangten Behörden ist lediglich mit 23.4.1999 seitens der Staatsanwaltschaft Graz im Rahmen des Journaldienstes eine Verfügung auf Beschlagnahme des gegenständlichen Pkw getroffen worden.

Festzuhalten ist, daß seit Beginn der vorläufigen Beschlagnahme mit 22.3.1999 nunmehr drei Monate (!) verstrichen sind und der gegenständliche Pkw weiterhin vorläufig in Beschlag genommen ist.

Der Beschwerdeführer hat mit 15.6.1999 bzw. 16.6.1999 sowohl an die Staatsanwaltschaft Graz, als auch das Landesgendarmeriekommando für Steiermark einen dringenden Antrag auf umgehende Ausfolgung des gegenständlichen Pkw an den Beschwerdeführer gestellt. Eine Ausfolgung an den Beschwerdeführer bzw. eine Entscheidung über die Ausfolgungsanträge samt Zustellung an den Beschwerdeführer ist bislang nicht erfolgt.

Der Vollständigkeit halber wird vermerkt, daß ein Strafverfahren gegen den Beschwerdeführer wegen gegenständlichem

Sachverhalt nicht eingeleitet wurde und damit wohl auch kaum zu rechnen ist.

BEWEIS: beizuschaffender Akt GZ P 938/99/32 des Landesgendarmeriekommando für

Steiermark bzw. bezughabender Akt der Staatsanwaltschaft Graz II.) Beschwerdelegitimation:

Auch wenn die vorläufige Beschlagnahme bereits mit 22.3.1999 erfolgt ist, so dauert diese vorläufige Beschlagnahme des gegenständlichen Pkw faktisch noch an, sodaß die gegenständliche Beschwerde - jedenfalls soweit es um die letzten 6 Wochen der vorläufigen Beschlagnahme geht - nicht gemäß § 67 c Abs. 1 AVG verspätet, sondern fristgerecht ist. (vergl. VwGH 3.5.1993, 93/18/0018 u.a.; Hauer/Leukauf, Handbuch des österr. Verwaltungsverfahrens, 5. Auflage, AVG § 67 c Anmerkung 6). Die Beschwerdelegitimation ergibt sich daraus, daß der Beschwerdeführer durch Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt, und zwar durch vorläufige Beschlagnahme des Pkw Mercedes S 300 TD, FIN: WDB mit dem amtlichen Kennzeichen seitens des Landesgendarmeriekommando für Steiermark laut Bestätigung Nr. 053797/Nr. 14 (Organ: F. F.) mit 22.3.1999 bzw. der Staatsanwaltschaft Graz mit Verfügung vom 23.4.1999, in verfassungsgesetzlich gewährleisteten bzw. einfachgesetzlichen Rechten verletzt wurde.

III.) Zuständigkeit:

Die gegenständliche Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt erfolgte im Sprengel des unabhängigen Verwaltungssenat für das Land Steiermark, sodaß dieser gemäß § 67 c Abs. 1 AVG zuständig ist.

IV.) Beschwerdegründe:

a)

Ein Einschreiten der erstbelangten Behörde aus eigener Macht, wäre gemäß §§ 24, 89, 143 StPO nur dann rechtmäßig

gewesen, wenn die zu treffenden vorbereitenden Anordnungen keinen Aufschub gestattet hätten und das unverzügliche Einschreiten des Untersuchungsrichters nicht erwirkt werden hätte können.

Im vorliegenden Fall wurde jedoch seitens des Beschwerdeführers von sich aus mit den Sicherheitsbehörden bzw. der erstbelangten Behörde Kontakt aufgenommen, der gegenständliche Sachverhalt den Sicherheitsbehörden freiwillig zur Kenntnis gebracht, sodaß keine Gefahr im Verzug bestand.

Auch die Mitteilung der erstbelangten Behörde an die zweitbelangte Behörde über das Einschreiten aus eigener Macht erfolgte erst nach Ablauf von mehr als einem Monat, sohin keinesfalls sogleich im Sinne des § 24 StPO.

Der Beschwerdeführer ist sohin durch die gegenständliche Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt in seinem Recht nach §§ 24, 98 (2), 143 StPO, daß eine Beschlagnahme entweder nur durch (untersuchungs-)richterlichen Beschluß bzw (untersuchungs-)richterliche Verfügung oder ausschließlich bei Gefahr im Verzug nur vorläufig durch Sicherheitsbehörden erfolgen darf, verletzt.

Auch die weiteren zwingenden Voraussetzungen für eine Beschlagnahme liegen im gegenständlichen Fall nicht vor. Der gegenständliche PKW unterliegt strafrechtlich weder der Einziehung noch dem Verfall, noch ist zur Beweissicherung eine Beschlagnahme von - wie hier nunmehr - 3 Monaten gerechtfertigt. Der Beschwerdeführer ist daher durch die gegenständliche Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt auch in seinem Recht nach §§ 24, 98 (2), 143 StPO, daß eine Beschlagnahme nur an Gegenständen, die für die Untersuchung von Bedeutung sein können oder dem Verfall oder der Einziehung unterliegen, vorgenommen - oder wie hier aufrecht erhalten - werden darf, verletzt.

b)

Der Beschwerdeführer hat am gegenständlichen oben bezeichneten Pkw - zumindest gutgläubig - Eigentum erworben und ist durch die gegenständliche Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und zwar durch die gegenständliche vorläufige Beschlagnahme entgegen den Bestimmungen der §§ 22, 98 (2), 143 StPO auch in seinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Unverletzlichkeit des Eigentums verletzt."

Der vorerst gestellte Antrag "die vorläufige Beschlagnahme bzw. sicherheitsbehördliche Sicherstellung" des Fahrzeuges vom 22. März 1999, 11.00 Uhr bzw. vom 23. April 1999 für rechtswidrig zu erklären, wurde in der öffentlichen, mündlichen Verhandlung am 22. November 1999 insofern eingeschränkt, als beantragt wurde, die sicherheitsbehördliche Sicherstellung des PKWs ab 1. Mai 1999 für rechtswidrig zu erklären. Ein Kostenverzeichnis in der zugesprochenen Höhe wurde ebenfalls vorgelegt.

2. Mit Schreiben vom 28. Juli 1999 beantragte die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Steiermark die Beschwerde als unbegründet abzuweisen und ihr die Kosten zuzusprechen. Hiebei wurde ein Schreiben des Landesgendarmeriekommandos für Steiermark, Kriminalabteilung vom 19. Juli 1999 vorgelegt, welches nachfolgenden Inhalt hatte:

Am 19.3.1999 wurde M. L. von Herrn E. von MERCEDES

AUSTRIA telefonisch verständigt, daß aufgrund einer Nachbestellung eines Zweitschlüssels für seinen oben angeführten Mercedes, beim Mercedeswerk in Deutschland festgestellt wurde, daß die Schlüsselnummer mit der Fahrgestellnummer des Fahrzeuges nicht übereinstimmt, bzw. diese Schlüsselnummer für ein Fahrzeug, gleicher Type, das in Belgien als gestohlen gemeldet ist, vorgemerkt ist.

Herr L. nahm daraufhin telefonisch am 19.3.1999 mit CI F. F. der Kriminalabteilung Steiermark Verbindung auf. Es wurde vereinbart, dass Herr L. mit dem fraglichen Fahrzeug am 22.3.1999 zum LGK Steiermark kommt, um eine Abklärung herbeiführen zu können.

Am 22.3.1999 wurde L. dann niederschriftlich vernommen. Nachdem bereits bei der ersten Durchsicht des Fahrzeuges aufgrund der Kontrollstreifen bzw. der Angaben des Herrn E. anzunehmen war, daß Manipulationen vorgenommen wurden, erklärte sich Herr L. bereit, das Fahrzeug kriminaltechnisch untersuchen zu lassen, bzw. dieses bis zur Abklärung im Areal des LGK abzustellen. Niederschrift als Beilage.

Am 24.3.1999 wurde dieses Fahrzeug dann beim LGK für Steiermark von einem Beamten der KTU Graz (OI L.) kriminaltechnisch untersucht. Aufgrund des vorerst mündlich mitgeteilten Untersuchungsergebnisses wurde dann am 23.4.1999 der diensthabende StA. Frau Mag. W., verständigt. Von dieser wurde die vorläufig Sicherstellung des Fahrzeuges angeordnet. Der schriftliche Untersuchungsbericht der KTU Graz langte am 14.5.1999 bei der ho Abteilung ein.

Ebenfalls am 23.4.1999 wurde über die Sicherheitsdirektion Steiermark das BMI, Abteilung II/10 um Einleitung des Auslandsschriftverkehrs ersucht. Ein Ergebnis ist bislang nicht eingelangt. Ablichtung als Beilage.

Ein Zwischenbericht an die Staatsanwaltschaft Graz wurde am 16.6.1999 erstattet. Ablichtung als Beilage."

Ebenso wurde ein Schreiben des Landesgendarmeriekommandos für Steiermark, Kriminalabteilung vom 23. April 1999 an das Bundesministerium für Inneres vorgelegt, wonach ein Ersuchen um Einleitung eines Auslandschriftverkehrs betreffend der Eruierung der Herkunft und Befragung der beim Kaufvertrag beteiligten Personen des Fahrzeuges.

Vorgelegt wurde auch eine Niederschrift mit dem Beschwerdeführer vom 22. März 1999, wonach dieser sich einverstanden erklärte, dass das Fahrzeug "bis zur Abklärung beim LGK Steiermark verbleibt". Ein weiterer Bericht des Landesgendarmeriekommandos für die Steiermark, Kriminalabteilung, GZ.: P-938/99/32, wonach das Fahrzeug in Belgien als gestohlen gemeldet wurde und ausgeführt wird, dass der Sachverhalt "am 23.4.1999, um 15.15 Uhr der Staatsanwältin Frau Mag. W. telefonisch angezeigt wurde. Sie ordnete die vorläufige Sicherstellung des Fahrzeuges und weitere Erhebungen an".

3. Im anhängigen Verfahren vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat wurde noch der Kaufvertrag, der Fahrzeugbrief, der Fahrzeugschein, der Schriftverkehr des Landesgerichtes für Strafsachen Graz in dieser Angelegenheit mit dem Landesgendarmeriekommando für Steiermark, GZ::18 Ns 47/99, sowie der Beschluss des Landesgerichtes für Strafsachen

Graz vom 7. Juli 1999, GZ.: 18 Ns 47/99 das Fahrzeug "gemäß § 143 Abs 1 StPO in Beschlag zu nehmen" vorgelegt (Beilage A). Des Weiteren der Beschluss des Landesgerichtes für Strafsachen

Graz vom 23. September 1999, GZ.: 18 Ns 47/99, wonach "die vorläufige Beschlagnahme vom 7.7.1999" aufgehoben "und das Fahrzeug dem Bezirksgericht für Zivilrechtsachen Graz, zuständige Außerstreitabteilung als Verwahrschaftsgericht zur Hinterlegung bzw. Bestimmung eines Verwahrers, überwiesen wird". Die Hinterlegung erfolgte zu Gunsten des Beschwerdeführers als auch einer Versicherung in Belgien. Im Wesentlichen wird der Beschluss damit begründet, dass "sich nicht eindeutig und in angemessener Zeit klären lässt, wer tatsächlich Eigentümer des genannten PKWs ist. Insoferne ist davon auszugehen, dass das Recht auf Eigentum in einem Zivilstreit zu klären sein wird" (siehe Beilage B). Ein Untersuchungsbericht der Bundespolizeidirektion Graz, kriminaltechnische Untersuchungsstelle, vom 14. Mai 1999, wurde überdies beigebracht (siehe Beilage C).

II.1. Aufgrund des vorliegenden Akteninhaltes, sowie der Einvernahme des Beschwerdeführers, der Zeugen Staatsanwältin Mag. R. W. und Kriminalinspektor P. F. in den öffentlich, mündlichen Verhandlungen am 14. September 1999 und 22. November 1999 geht der Unabhängige Verwaltungssenat von nachfolgendem entscheidungsrelevantem Sachverhalt aus:

Der Beschwerdeführer erwarb im Jahr 1998 in Deutschland einen PKW Mercedes S 300 TD und wurde das Fahrzeug für den Beschwerdeführer mit dem Kennzeichen zugelassen. Als er im März 1999 einen Reserveschlüssel bei einer Mercedesvertretung bestellen wollte, wurde er in Kenntnis gesetzt, dass das Fahrzeug in Belgien gestohlen wurde. Er setzte sich daraufhin mit dem LGK Steiermark, Kriminalabteilung, Herrn F. in Verbindung und übergab das Fahrzeug freiwillig am 22. März 1999 dem LGK Steiermark zur kriminaltechnischen Untersuchung. Es wurde ihm vom Kriminalbeamten, Herrn F., mitgeteilt, dass er das Fahrzeug zirka nach 14 Tagen wieder bekommen würde. Nach Verstreichen der Frist urgierte der Beschwerdeführer fernmündlich die Herausgabe des Fahrzeuges und wurde ihm vom

Kriminalbeamten mitgeteilt, dass das Fahrzeug beschlagnahmt sei und er einen richterlichen Beschluss bekomme. Dies war im Monat April 1999. Die Auskunft des Kriminalbeamten gründete sich auf ein Telefongespräch am 23. April 1999 mit der Frau Staatsanwältin Mag. R. W. vom Landesgericht für Strafsachen Graz. Bei dem Telefongespräch wurde von Seiten der Staatsanwältin keine FIN-Nummer des Fahrzeuges verlangt, sondern hat sie im Journalbuch vermerkt, dass es sich um einen Mercedes handle und Manipulationen der Fahrgestellnummer festgestellt wurden. Es wurde auch von der Staatsanwaltschaft diesbezüglich kein Akt angelegt, auch kein Antrag beim Untersuchungsrichter auf Beschlagnahme des Fahrzeuges gestellt und wurde auch der Kriminalbeamte allgemein aufgefordert, dass er weiter erheben solle, ohne konkrete Schritte anzuordnen. Das fernmündliche Gespräch diente ausschließlich einem Informationsaustausch.

Da der Beschwerdeführer keinen Beschlagnahmebeschluss erhielt und er fernmündlich dem Kriminalbeamten mitteilte, dass er auf jeden Fall sein Fahrzeug zurückhaben wolle, schaltete der Beschwerdeführer in weiterer Folge einen Rechtsanwalt ein. Aufgrund der Mitteilung, dass es einen Beschlagnahmebeschluss wegen des Gespräches vom 23. April 1999 zwischen dem Kriminalbeamten und der Staatsanwältin gäbe, war der Beschwerdeführer bereits im April 1999 darüber informiert, dass er das Fahrzeug nicht mehr zurückbekomme. Die kriminaltechnische Untersuchung wurde am 14. Mai 1999 abgeschlossen.

Aufgrund der Intervention des Rechtsvertreters des Beschwerdeführers bei der Staatsanwaltschaft wurde am 1. Juli 1999 der Antrag an den Untersuchungsrichter auf Erlassung eines Beschlagnahmebeschlusses gestellt und erging dieser am 7. Juli 1999. Von Seiten der Staatsanwaltschaft wurde bis dato gegen den Beschwerdeführer kein Ermittlungsverfahren eingeleitet, da sich keine Anhaltspunkte auf ein deliktisches Verhalten ergaben.

2. Die getroffenen Feststellungen gründen sich auf die im Wesentlichen übereinstimmenden Aussagen der einvernommenen Zeugen und des Beschwerdeführers. Soweit der Kriminalbeamte P. F. wegen des Telefongespräches vom 23. April 1999 mit der Staatsanwältin von einem Antrag auf Erlassung eines Beschlagnahmebeschlusses bzw. eines Beschlagnahmebeschlusses ausging, geht dies zu Lasten der belangten Behörde. Laut Zeugenaussage der Staatsanwältin hätte sie dem Kriminalbeamten andernfalls "den zuständigen Untersuchungsrichter genannt und hätte ihn gebeten, dass er (gemeint der Kriminalbeamte) den Untersuchungsrichter anruft und ihm mitteilt, dass die Staatsanwaltschaft den Antrag auf Beschlagnahme stellt bzw. hätte ihm mitgeteilt, dass sie den Antrag und den Untersuchungsrichter verständigen werde. Dies ist alles nicht geschehen".

III. Die Rechtsbeurteilung ergibt Folgendes:

1. Die Beschwerde über die Nichtherausgabe des Fahrzeuges durch das LGK Steiermark, Kriminalabteilung, zumindest ab 1. Mai 1999, wurde am 22. Juni 1999 (Datum des Poststempels) beim Unabhängigen Verwaltungssenat für die Steiermark eingebracht, wodurch die sechswöchige Beschwerdefrist gemäß § 67 c Abs 1 AVG gewahrt wurde. Auch ist die örtliche Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark gegeben, da die von dem Organ der belangte Behörde vorgenommene Handlung im Sprengel des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark durchgeführt wurde.

2. Die vom Beamten den Landesgendarmeriekommandos

Steiermark im Dienst der Strafrechtspflege ohne unmittelbar erteilten gerichtlichen Auftrag vorgenommene bekämpfte Amtshandlung, nämlich die Zurückbehaltung des Fahrzeuges des Beschwerdeführers, ist nach ständiger Rechtssprechung des Verfassungsgerichtshofes der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Steiermark zuzurechnen (VfSlg 4692/1964, VfSlg 9389/1982).

Die erkennende Behörde geht davon aus, dass die Übergabe des Fahrzeuges an das LGK für Steiermark am 23. März 1999 vorerst freiwillig von Seiten des Beschwerdeführers war, jedoch bereits Ende April 1999 man hievon nicht mehr ausgehen konnte, da der Beschwerdeführer fernmündlich die Herausgabe seines Fahrzeuges urgierte und ihm auch der Kriminalbeamte mitteilte, dass ein Beschlagnahmebeschluss (aufgrund des fernmündlichen Gespräches mit der Staatsanwaltschaft am 23. April 1999) ergangen sei. Der Beschwerdeführer führte keine Aufzeichnungen über die fernmündlichen Urgenzen, jedoch kann davon ausgegangen werden, dass mit 1. Mai 1999 jedenfalls von einer Maßnahme, nämlich der zwangsweisen Zurückbehaltung des Fahrzeuges, auszugehen ist. Der Beschwerdeführer schränkte auch auf die Frist den Antrag ein.

Gemäß Artikel V EGVG finden, sofern sich aus Verwaltungsvorschriften über das strafgerichtliche Verfahren nichts anderes ergibt, die Bestimmungen des VStG über das Verwaltungsstrafverfahren auch auf die Amtshandlung sinngemäß Anwendung, die von Verwaltungsbehörden im Dienste der Strafjustiz vorzunehmen sind.

Es ergibt sich somit aus Artikel V EGVG eine unmittelbare (VwGH 16.1.1991, 90/01/0211) Anwendbarkeit der Vorschriften des VStG über das Verwaltungsstrafverfahren (§§ 23 ff VStG) auf jene Amtshandlungen, die die Verwaltungsbehörden im Dienste der Strafjustiz vorzunehmen haben.

Der Anwendung der einschlägigen Bestimmungen des Verwaltungsstrafgesetzes (§§ 37 und 37 a VStG) scheiden bereits von vornherein mangels des Verdachtes einer Verwaltungsübertretung aus.

Die Erforschung strafbarer Handlungen und die damit im Zusammenhang stehenden Vorerhebungen sind im § 84 ff StPO geregelt. Die Bestimmungen der StPO binden hiebei auch die Sicherheitsbehörden (siehe § 22 Abs 3 SPG). Gemäß § 88 Abs 2 StPO haben die Untersuchungsrichter und Richter der Bezirksgerichte auch bei diesen Vorerhebungen die Rechte und Obliegenheiten, die dem Untersuchungsrichter in der Voruntersuchung zukommen.

In concreto wäre daher die korrekte Vorgangsweise gewesen, dass über Antrag der Staatsanwaltschaft bzw. durch die Sicherheitsbehörde der zuständige Untersuchungsrichter des Landesgerichtes für Strafsachen Graz das Fahrzeug im Sinne des § 143 Abs 1 StPO in Beschlag zu nehmen gehabt hätte, wie dies letztendlich durch Beschluss vom 7. Juli 1999, GZ.: 18 Ns 47/99 des LG für Strafsachen Graz geschehen ist. Gegen einen derartigen Beschluss wäre das Rechtsmittel der Beschwerde an die Ratskammer beim Landesgericht für Strafsachen Graz zulässig gewesen.

Keinesfalls bestand Gefahr im Verzug, da dem Kriminalbeamten die Sachlage bekannt war und er das Fahrzeug bereits durch die freiwillige Herausgabe in Gewahrsam hatte, wodurch für die Anwendung des § 24 StPO kein Raum bleibt.

Die missverständliche Auslegung des Telefongespräches vom 23. April 1999 durch den Kriminalbeamten des Landesgendarmeriekommandos für Steiermark nämlich, dass aufgrund des Gespräches eine vorläufige Beschlagnahme beim Untersuchungsrichter beantragt wird bzw. ein Beschluss ergeht, kann keinesfalls zu Lasten des Beschwerdeführers ausgelegt werden. Der Kriminalbeamte räumt selbst ein, dass er bei gegenteiliger Annahme "das Fahrzeug dem Beschwerdeführer wieder ausgefolgt hätte". Ob der Beschwerdeführer rechtmäßiger Eigentümer durch einen gutgläubigen Ankauf des Fahrzeuges geworden ist oder nicht, ist im konkreten Verfahren nicht näher zu untersuchen und obliegt in weiterer Folge dem Zivilgerichtsverfahren. Fest steht jedenfalls, dass durch die Einbehaltung des Fahrzeuges ohne Rechtsgrundlage das Gebrauchsrecht am Fahrzeug unterbunden wurde, und ist dies dem verfassungsrechtlichen Eigentumsschutz des Artikel 5 MRK unterstellt (ähnliche Entscheidungen VfSlg 8294/8414, VfSlg 6402/7931, VfSlg 7633/9331). Gerade bei einem derartigen Eingriff in das Eigentumsrecht des Beschwerdeführers, wäre es an dem Beamten der belangten Behörde gelegen, sich zu vergewissern, ob eine entsprechende Rechtsgrundlage für die Einbehaltung des Fahrzeuges bestand oder nicht. Der Beschwerdeführer konnte erst durch Einschaltung eines Rechtsvertreters eine rechtliche Grundlage (Beschluss des Landesgerichtes für Strafsachen Graz vom 7.7.1999) erhalten und wurde ihm dadurch die Möglichkeit eröffnet ein Rechtsmittel dagegen zu erheben.

Durch die Zurückbehaltung des Fahrzeuges mit dem Kennzeichen, Mercedes S 300 TD vom 1. Mai 1999 bis zur Erlassung des Beschlusses des Landesgerichtes für Strafsachen Graz vom 7. Juli 1999 ohne Rechtsgrundlage wurde jedenfalls in das Eigentumsrecht des Beschwerdeführers eingegriffen und begründet dies eine rechtswidrige Maßnahme.

IV. Gemäß § 79 a AVG in Verbindung mit der Aufwandersatzforderung UVS BGBl. Nr. 855/1995 waren dem Beschwerdeführer Kosten in der Höhe von S 18.980,-- (? 1.379,33) zuzusprechen. Dem Beschwerdeführer gebühren S 8.400,-- (? 610,45) an Schriftsatzaufwand, S 10.400,-- (? 755,80) an Verhandlungsaufwand und S 180,-- (? 13,08) an Stempelgebührenersatz [S 180,-- (? 13,08) für den Beschwerdeschriftsatz].

Schlagworte
Sicherstellung Zurückbehaltung Gefahr Beschlagnahmebeschluss Sorgfaltspflicht
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten