Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch die Kammermitglieder Dr. Karl Ruiner, Dr. Erich Kundegraber und Dr. Reingard Steiner über die Berufung des F-A A, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung vom 20. Juli 1999, GZ.: 15.1 1999/6005, wie folgt entschieden:
Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im Folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im Folgenden VStG) wird die Berufung abgewiesen.
Gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG hat der Berufungswerber als Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens einen Betrag von S 4.000,-- (? 290,69) binnen vier Wochen ab Zustellung des Bescheides bei sonstigen Zwangsfolgen zu bezahlen.
Im Sinne des § 44 a Z 3 VStG wird die angewendete Gesetzesbestimmung für die Verhängung der Strafe insofern richtiggestellt, als dies der § 99 Abs 1 lit a Straßenverkehrsordnung 1960 darstellt.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde dem Berufungswerber vorgeworfen, er habe "am 11.10.1998, um 23,20 Uhr in Graz, Triesterstraße, in Höhe des Straßenbeleuchtungsmastens Nr. 2675 als Lenker des PKW mit dem Kennzeichen GU, dieses in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt. Der Test am geeichten Alkomaten ergab einen Alkoholgehalt der Atemluft von 1,10 mg/l" und habe er dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 99 Abs 1 lit a in Verbindung mit § 5 Abs 1 Straßenverkehrsordnung 1960 (im Folgenden StVO) begangen. Hiefür wurde eine Geldstrafe von S 20.000,-- (im Falle der Uneinbringlichkeit 24 Tage Ersatzfreiheitsstrafe) gemäß § 99 Abs 1 leg. cit. verhängt und gemäß § 64 VStG die Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens der Behörde erster Instanz mit S 2.000,-- vorgeschrieben.
In der rechtzeitig eingebrachten Berufung wurde angeführt, dass Herr A "bei der Verhandlung (gemeint Hauptverhandlung des Bezirksgerichtes für Strafsachen Graz, GZ.: 4 U 595/98z am 25. Februar 1999) freigesprochen wurde" und er daher "Berufung einlege".
Gemäß § 51 e Abs 3 Z 1 VStG konnte der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark von einer öffentlichen, mündlichen Verhandlung absehen, da in der Berufung nur eine unrichtige rechtliche Beurteilung behauptet wird und keine Partei die Durchführung einer Verhandlung beantragt hat.
Außer Streit steht, dass der Berufungswerber mit Urteil des Bezirksgerichtes für Strafsachen Graz vom 25. Februar 1999, GZ 4 U 595/98z gemäß § 259 Z 3 Strafprozessordnung von dem Vorwurf "er habe am 11.10.1998, um ca. 23.20 Uhr in Graz 17, Triesterstraße, in Höhe des Straßenbeleuchtungsmastens Nr. 2675, als Lenker des PKWs mit dem amtlichen Kennzeichen GU in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand durch Nichtbeachten der im Straßenverkehr gebotenen Vorsicht und Aufmerksamkeit, nämlich durch Nichteinhaltung des erforderlichen Tiefenabstandes, ein Auffahren seines Fahrzeuges auf den von E K gelenkten Kombi mit dem amtlichen Kennzeichen LB verursacht und hiedurch E K, der eine Prellung des Brustkorbes und des linken Ellbogens und D H, der eine Prellung der Halswirbelsäule und des linken Mittelhandknochens erlitten habe, fahrlässig am Körper verletzt" freigesprochen wurde. Der Freispruch erfolgte, da kein Schuldbeweis vorlag und geht aus der Begründung des Urteiles hervor, dass "aufgrund der vorliegenden objektiven Unterlagen gesagt werden kann, dass die Angaben des Zeugen K technisch nicht nachvollziehbar sind, während die Angaben des Beschuldigten hinsichtlich eines Bremsmanövers des Zeugen K vor dem Anprall technisch gut erklärbar und mit objektiven Unterlagen vereinbar sind. Ob die Fahrzeuglenker vor dem Anstoß bzw. vor dem Bremsmanöver des Zeugen K einen Spurwechsel durchführten oder nicht, kann naturgemäß nicht beurteilt werden. In jedem Fall hat der Zeuge K sein Fahrzeug vor dem Anstoß auf mindestens 20 km/h verzögert. Ob diese Verzögerung durch eine Vollbremsung, starke oder leichte Bremsung erfolgte, kann objektiv nicht beurteilt werden."
Gemäß Artikel 4, 7. ZP EMRK darf "niemand wegen einer strafbaren Handlung, wegen der er bereits nach dem Gesetz oder dem Strafverfahrensrecht eines Staates rechtskräftig verurteilt oder freigesprochen worden ist, in einem Strafverfahren desselben Staates erneut vor Gericht gestellt oder bestraft werden".
Der gerichtliche Freispruch mangels Schuldbeweises gründet sich ausschließlich auf die technische Nachvollziehbarkeit des Verkehrsunfalles. In concreto liegt hier eine Idealkonkurrenz von Straftaten - Verdacht der Körperverletzung nach dem Strafgesetzbuch und Verdacht des alkoholisierten Lenkens eines Kraftfahrzeuges nach der Straßenverkehrsordnung - vor. Werden durch eine Handlung - Lenken eines Kraftfahrzeuges im alkoholisierten Zustand - mehrere Straftatbestände erfüllt, verstößt es nicht gegen Artikel 4, 7. ZP EMRK, wenn jemand für dieselbe Handlung in zwei getrennten Verfahren bestraft wird. Das Doppelbestrafungsverbot verbietet es bloß, einen Menschen mehr als einmal wegen desselben Straftatbestandes zu verfolgen (siehe EGMR Fall Oliveira gegen die Schweiz, Urteil vom 30.7.1998, 84/1997/868/1080). Der Einwand des Berufungswerbers, er sei in der Gerichtsverhandlung freigesprochen worden, zieht also für das Verfahren vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat in concreto keine Konsequenzen nach sich.
Gemäß § 19 Abs 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.
Die Bestimmung des § 99 Abs 1 lit. a in Verbindung mit § 5 Abs 1 StVO zielt darauf ab, dass Personen, die sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befinden, ein Kraftfahrzeug weder lenken, noch in Betrieb nehmen, da dies ein erhöhtes Unfallsrisiko darstellt, weil durch die Alkoholbeeinträchtigung das Reaktionsvermögen sowie die Aufmerksamkeit in einem erheblichen Maß herabgesetzt wird. Der Berufungswerber wies einen Atemalkoholgehalt von 1,1 mg/l auf, wodurch er aufgrund der Alkoholisierung eine große Gefahr für die übrigen Verkehrsteilnehmer darstellte.
Gemäß § 19 Abs 2 VStG war noch zu prüfen, ob Erschwerungs- und Milderungsgründe vorliegen, bei deren gegenseitiger Abwägung eine Strafmilderung möglich wäre.
Milderungsgründe wurden nicht festgestellt. Als Erschwerungsgrund war eine einschlägige Vorstrafe aus dem Jahre 1997 zu werten und ist die verhängte Strafe in Anbetracht des Erschwerungsgrundes als äußerst milde zu werten. Auch im Sinne der Spezialprävention ist die Strafe gerechtfertigt, da offensichtlich die Höhe der verhängten Strafe notwendig ist, um den Berufungswerber zukünftig vor Verwaltungsübertretungen der gleichen Art abzuhalten. Da der Berufungswerber trotz Aufforderung (Schreiben vom 1. Juni 1999) seine Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse nicht bekanntgegeben hat, wird von einem geschätzten monatlichen Einkommen von S 15.000,--, Vermögenslosigkeit und dem Fehlen von Sorgepflichten bei der Strafbemessung ausgegangen.
Aus oben angeführten Gründen konnte dem Berufungsantrag keine Folge gegeben werden.