Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Monika Gasser-Steiner über die Berufung des Herrn K. S., gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Knittelfeld vom 19.11.1998, GZ.: 15.1 1998/996, wie folgt entschieden:
Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im Folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im Folgenden VStG) wird die Berufung abgewiesen.
Gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG werden die Kosten des Verfahrens der zweiten Instanz mit S 100,-- ( ? 7,27) festgesetzt und bestimmt, dass der Berufungswerber die Strafe und die Kosten des Verfahrens der ersten und zweiten Instanz binnen vier Wochen ab Zustellung des Bescheides bei sonstigem Zwang zu entrichten hat.
I.) Mit dem angefochtenen Strafbescheid wurde dem Berufungswerber zur Last gelegt, er habe am 20.3.1998, um
14.30 Uhr, in Knittelfeld, Bahnstraße , als Lenker des Fahrzeuges mit dem Kennzeichen (PKW) das Fahrzeug vor einer Hauseinfahrt gehalten und sei nicht im Fahrzeug verblieben. Wegen Übertretung der Rechtsvorschrift des § 23 Abs 3 StVO verhängte die Bezirkshauptmannschaft Knittelfeld über den Berufungswerber gemäß § 99 Abs 3 lit a StVO eine Geldstrafe von S 500,--, bei deren Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 12 Stunden; weiters schrieb sie als Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens den Betrag von S 50,-- vor. Die belangte Behörde gründete den Strafbescheid auf die Privatanzeige des Herrn A. F., der die genannte Hauseinfahrt zum angeführten Zeitpunkt mit seinem Fahrzeug nicht ungehindert benützen habe können, da der schon näher bezeichnete PKW zu einem Drittel in die Ausfahrt hineingeragt habe. Die konkrete Situation sei durch die vom Anzeigenerstatter beigebrachten Lichtbilder dokumentiert.
II.) In seiner fristgerecht erhobenen Berufung bestreitet Herr K. S. den Tatvorwurf. Er habe sein Auto nicht vor der Bahnstraße Nr. (in Knittelfeld) sondern zwischen Bahnstraße und Bahnstraße gehalten. Er habe Herrn F. (bei der Ausfahrt) nicht behindert, sondern sei Herr F. (mit dem Fahrzeug) schon auf der Straße gewesen. Als er sein Auto gesehen habe, sei er wieder rückwärts in seine Hofausfahrt gefahren. Danach habe er zu schreien begonnen und ihn beschimpft. Der Berufungswerber fühle sich nicht schuldig.
III.) Am 18. Jänner 2000 hat vor Ort in 8722 Knittelfeld, Bahnstraße eine öffentliche, mündliche Verhandlung unter Mitwirkung des Vertreters der belangten Behörde stattgefunden, in der der seinerzeitige Anzeigenerstatter Herr A. F. als Zeuge befragt wurde. Der ordnungsgemäß geladene Berufungswerber teilte dem Unabhängigen Verwaltungssenat mit dem am 11. Jänner eingegangenen Schreiben mit, er habe eine Firma in Deutschland. Daher sei es ihm nicht möglich, so kurzfristig den Verhandlungstermin in Österreich wahrzunehmen. Die Verhandlung wurde in Abwesenheit des Berufungswerbers durchgeführt. Auf Grund des Ortsaugenscheines und auf Grund der Ergebnisse der Verhandlung werden folgende Feststellungen getroffen:
Die Bahnstraße in 8722 Knittelfeld führt vom Bahnhof stadteinwärts. Das Haus Bahnstraße Nr. befindet sich stadteinwärts gesehen auf der linken Fahrbahnseite. In das zwischen dem Haus Bahnstraße und Haus Bahnstraße gelegene Hofareal führt die unmittelbar an die Hauswand Bahnstraße Nr. anschließende etwa 3 Meter breite Hauseinfahrt, die von verschiedenen Personen - im Hof befindet sich ein Garagenbetrieb, ein Reisebüro und ein Elektrohandel - regelmäßig benützt wird. Auf die Hauseinfahrt weist ein entsprechendes Hinweisschild "Einfahrt freihalten" hin. Der parallel zur Fahrbahn der Bahnstraße angelegte Gehsteig ist im Bereich der Ein- und Ausfahrt abgeschrägt.
Am 20. März 1998, um 14.30 Uhr wollte Herr A. F. - seine Gattin ist die Eigentümerin der Liegenschaft Bahnstraße samt Hofareal - mit einem PKW Kombi mit Anhänger über die Hofeinfahrt auf die Bahnstraße und in der Folge nach einem Rechtsabbiegemanöver in Richtung Bahnhof fahren. Er konnte sein Vorhaben nicht ausführen, weil das Heck des vor der Hauseinfahrt am Fahrbahnrand abgestellten Fahrzeuges mit dem Kennzeichen etwa 60 Zentimeter in den Einfahrtsbereich hineinragte. Der Lenker befand sich nicht im Fahrzeug. Nachdem Herr F. das Fahrzeug samt Anhänger wieder zur Gänze in die Hofeinfahrt zurückgeschoben hatte, kam der Besitzer des abgestellten PKW auf diesen zugelaufen. Herr F. ersuchte den Fahrzeughalter - es war dies der Berufungswerber - die Hauseinfahrt gänzlich frei zu machen. Der Berufungswerber ließ sich auf kein Gespräch ein, sondern sagte nur in Richtung Bahnhof weitergehend, er sei von der Zeitung und könne mit seinem Fahrzeug stehen wo er wolle. Die Feststellungen zur Tatörtlichkeit gründen sich auf den durchgeführten Ortsaugenschein, jene zum Standort des Berufungswerberfahrzeuges auf die vom Zeugen F. unmittelbar nach dem Vorfall gemachten Lichtbilder, die dokumentieren, dass der Berufungswerber sein Fahrzeug zumindest teilweise vor der Hauseinfahrt Bahnstraße Nr. abgestellt hat. Vor dem Hintergrund dieser Beweislage geht die Behauptung des Berufungswerbers, er habe sein Fahrzeug zwischen den Häusern und der Bahnstraße in Knittelfeld abgestellt, ins Leere. Dass der Berufungswerber während der Zeit, wo sein Fahrzeug im Hauseinfahrtsbereich gestanden ist, im Fahrzeug verblieben wäre, wurde selbst von diesem nicht behauptet.
Die rechtliche Beurteilung ergibt Folgendes:
§ 23 Abs 3 StVO bestimmt, dass der Lenker eines Fahrzeuges, der vor einer Haus- oder Grundstückseinfahrt hält, im Fahrzeug zu verbleiben hat und beim Herannahen eines Fahrzeuges, dessen Lenker die Haus- oder Grundstückseinfahrt benützen will, die Aus- oder Einfahrt unverzüglich frei zu machen hat. Damit ist das Halten von Fahrzeugen vor Aus- oder Einfahrten - anders das Parken - unter den genannten Voraussetzungen gesetzlich zulässig. Der Berufungswerber hat durch das ihm nachgewiesene Verhalten den strafbefreienden Voraussetzungen nicht entsprochen. Unter den erhobenen Umständen wäre der Berufungswerber verpflichtet gewesen, nach dem Anhalten des Fahrzeuges im PKW zu bleiben und erforderlichenfalls die Hofeinfahrt für Nutzungsberechtigte gänzlich frei zu machen. Stattdessen hat er seinen PKW zum Teil im Bereich der Hauseinfahrt abgestellt - es kann zumindest von einem Halten im Sinne des § 2 Abs 1 Z 27 StVO ausgegangen werden - hat das Fahrzeug verlassen und war selbst nach Aufforderung durch den Zeugen F., seinen PKW wegzustellen, dazu nicht bereit. Die belangte Behörde hat den Berufungswerber daher die ihm angelastete Verwaltungsübertretung zurecht vorgeworfen. Das teilweise Verstellen einer Hauseinfahrt ist dem gänzlichen Verstellen dann gleichzuhalten, wenn - wie hier - eine tatsächliche Behinderung der Ein- oder Ausfahrt eingetreten ist, die dem Regelungszweck des § 23 Abs 3 StVO entgegensteht.
Zur Strafbemessung ist auszuführen:
§ 19 Abs 1 VStG enthält jene objektiven Kriterien, die Grundlage für jede Strafbemessung sind. Demnach ist bei der Wertung der Tat innerhalb der Grenzen des gesetzten Strafrahmens (hier bis zu S 10.000,--) insbesondere davon auszugehen, in welchem Ausmaß diejenigen Interessen gefährdet worden sind, deren Schutz die Strafdrohung dient. Der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat, ist ebenso bei der Strafbemessung zu berücksichtigen.
Die vom Berufungswerber übertretene Bestimmung der Straßenverkehrsordnung soll die ungehinderte Aus- und Einfahrt bei Haus- und Grundstückseinfahrten gewährleisten. Durch das vorschriftswidrige Verhalten des Berufungswerbers hat ein Nutzungsberechtigter die gegenständliche Hauseinfahrt nicht auf die von ihm beabsichtigte Weise passieren können, wodurch der oben dargestellte Schutzzweck des § 23 Abs 3 StVO verletzt worden ist.
Gemäß § 19 Abs 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.
Im Sinne dieser Bestimmung liegen weder Erschwerungs-, noch Milderungsgründe vor. Das von der belangten Behörde als mildernd gewertete Nichtvorliegen einer einschlägigen Verwaltungsübertretung stellt keinen Milderungsgrund im eigentlichen Sinne dar, weshalb die von der Erstinstanz vorgenommene Strafzumessung im Hinblick auf den Unrechtsgehalt der Tat gerechtfertigt, sowie unter Einbezug des Verschuldens des Berufungswerbers am Zustandekommen der Übertretung - es muss zumindest grobe Fahrlässigkeit angenommen werden - jedenfalls schuldangemessen ist. Die persönlichen Verhältnisse des Berufungswerbers werden im Einschätzungswege als durchschnittlich angenommen: Es wird von einem monatlichen Einkommen von etwa S 15.000,--, von Sorgepflichten und Vermögen ausgegangen. Die verhängte Strafe ist auch diesbezüglich angepasst, soll sie doch den Berufungswerber in Hinkunft anhalten, grundlegende
Bestimmungen der StVO für den ruhenden Verkehr einzuhalten. Die Festsetzung des Kostenbeitrages zum Verwaltungsstrafverfahren zweiter Instanz ergibt sich aus § 64 VStG, wonach im Fall der vollinhaltlichen Bestätigung des Straferkenntnisses erster Instanz durch die Berufungsbehörde dieser Betrag mit 20 % der verhängten Strafe festzusetzen ist.